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Schaden, der den Betroffenen dadurch entstanden, noch nicht zu über sehen ist. Von sämmtlichen Calamitvsen hat nur ein Einziger im Orte seine Feldfrüchie versichert. Eine große Menge von Fensterscheiben wurden natürlicherweise von den schweren Hagelstücken zertrümmert. Ein niederfahrender Blitz zündete in dem Hause des Strumpfwirker Näser und brannte dasselbe bis auf die Parterremauern nieder. Durch das Feuer sind 3 Familien ihrer sämmtlichen Habe beraubt, welche sie leider nicht versichert hatten. Infolge des wüthenden Wetters war dem Feuer auch nur wenig Einhalt zu thun, und konnten selbst die Nachbarn keine Hülfe leisten. Das strömende Wasser spülte auf den Wiesen liegendes Futter fort und trat in die im Thale ge legenen Häuser bis zur Höhe von zwei Ellen. Zäune wurden eben falls durch das Wasser wcggerisscn und der Bergabhang vomRaben- steiner Wald zeigte Wasserfurchen von ziemlich 2 Ellen Tiefe. — Ebenso heftig traf das Unwetter in Stollberg auf, wo der Regen ebenfalls sämmtliche Gaffen in Flußbetten verwandelte und Schloßen von 12—16 Gramm Gewicht fielen. In Glauchau wurde der Markt durch das Gewitter gestört und hatten die Händler kaum Zeit, ihre Waaren zu schützen. In Glauchau selbst schlug der Blitz 3 Malein, wie auch vielfach in der Umgegend, so zwei Mal in den Gasthof zu Jerisau. In Oberlungwitz ist ein verheerender Wolkenbruch nieder gegangen. In Erlbach war der im Thalgrunde hinlaufende Weg vollständig unter Wasser gesetzt und der sich bildende, reißende Strom führte große Balken und Steine mit hinweg. Leider hat noch der schwer auftreffende Hagel die üppigsten Fluren zerstört. Durch den Blitz und Sturm wurden die stärksten Bäume zerschmettert und ent wurzelt. — Pleißa, 18. Juni. Gestern Abend in der 6. Stunde entlud sich über den Fluren unseres Ortes ein Gewitter von seltener Heftigkeit. Gewaltige Negenmassen strömten hernieder, zerrissen und zerwühlten die Fluren, verwandelten die Wege in Bäche und den sonst so unschuldigen Pleißbach in einen Strom, der Alles überfluthete. Ein heftiger Sturm zerbrach die Bäume und erhöhte die zerstörende Kraft der die Größe eines Taubeneics erreichenden Schloßen. Der Schloßenfall war so stark, daß dieselben an vielen Stellen fußhoch lagen; ja an einer Stelle waren dieselben bis zu einer Höhe von zwei Ellen angeschlämmt. Das Getreide auf den Fluren der Wald seite ist überall geknickt und verschlämmt, die Kartoffeln sind ausge waschen, die Krautpflanzen sind gänzlich verschwunden, viel Obst ist von den Bäumen geschlagen, so daß die betreffenden Grundstücksbe sitzer großen Schaden erleiden. Leider hat keiner derselben versichert, weil Hagel- und Schlvßenfall hier nur höchst selten Vorkommen. Wiederholt hat der Blitz in Bäume eingeschlagen, auch in das Haus des Strumpfwirkers Herrmann Aurich. Der entstandene Brand wurde aber sofort wieder gelöscht. Die Erndtchoffnungen am Bodensee sind durch ein furchtbares Hagelwetter am 10. d. total verwüstet worden. Es ist weder von Getreide noch von Gras eine Spur zu sehen. Die Schloßen fielen in Größe von Hühnereiern, im Gew. von 40—60 Gramm. Auf dem See sank ein mit Steinen beladenes Schiff, wobei ein Mann ertrank. Die Frage: ob das Blumenabvflückcn von Gräbern als Dieb stahl oder Sachbeschädigung anzusehen ist, wurde am Mittwoch vor der Criminal-Abtheilung des Kreisgerichts in Berlin in letzterem Sinne entschieden. — Zwei junge Damen wurden auf dem Jacobi- Kirchhof dabei betroffen, als die eine einen Rosenstock und die andere drei Blumen von Gräbern genommen hatte. Das Kreisgericht sah in der Handlungsweise derselben in Uebereinstimmung mit dem Staatsanwalt eine Sachbeschädigung einer öffentlichen Anlage und bestrafte sie mit je 1 Woche Gefängniß. Nach amtlich in Berlin vorliegenden Berichten über den Stand der Saaten erscheint die Hoffnung auf eine gesegnete Erndte in Preußen als gerechtfertigt. Klagen über den Stand der Saaten haben nur einen localen Charakter und sind vielfasch nur durch die Beschaffenheit des Ackers und der Gegend bedingt. Aus Brünn, 18. Juni, meldet die „C. T. C.": Die Arbeiter sämmtlicher hiesiger Fabriken haben eine Erhöhung des Lohnes ge fordert und erklärt, im Falle der Verweigerung in der nächsten Woche die Arbeit einstellen zu wollen. Der von den Arbeitern den Fabri kanten vorgelegte Lohntarif wurde von den letzteren als unannehm bar bezeichnet. Es finden daher schon jetzt Entlassungen von Arbei tern statt. Die Arbeitseinstellung der Bergwerksarbeiter im District Borinage bei Mons in Belgien gewinnt an Ausdehnung; es haben gegen 1500 Mann die Arbeit niedergelegt. Jndeß verhalten sich die Sinkenden durchaus ruhig. Spanien. Die Carlistcn haben wieder eine Schandthat ver übt, die aller Menschlichkeit Hohn spricht. Am 6. Nachmittag wurde von ihnen Carinnena angegriffen und es gelang ihnen, im ersten An lauf in die Stadt einzudringcn. Nun entspann sich ein Straßenkampf wie er nicht schauerlicher gedacht werden kann. Aus allen Häusern feuerte man aufeinander, an jeder Ecke häuften sich die Leichen, und Massen von Verwundeten wurden von beiden Seiten weggeschafft. Die Negierungstruppen hatten ihre Blessirten in ein allein auf einem freien Platze stehendes Haus geschafft, woselbst man einen Ver bandsplatz eingerichtet hatte; die Carlisten hingegen transportirten die Ihrigen zurück, weil ihnen wohl der Besitz der Stadt noch nicht sicher schien. Der einbrech-nd: Abend machte dem Kampf ein Ende, und man blieb während der Nacht in den beiderseitigen Stellungen in der Stadt. Gegen Morgen griffen die Carlisten wieder von Neuem an, warfen die Truppen in d.r ersten Ueberraschung völlig über den Haufen und besetzten den Nest der Stadt, als der Feind die letzten Häuser verlassen hatte. Nachdem sich der Schlachtcnlärm etwas ge legt hatte, wurden alle Einwohner, die noch in den Häusern zu finden waren, zusammcngetrieben, es waren besonders viel Weiber und Kinder, die sich während des Gefechts nicht auf die Straßen gewagt hatten; die Männer waren beinahe alle mit den Truppen entlaufen. Bei dieser Gelegenheit wurden 7 Frauen u. 4 Kinder niedcgemacht, die im letzten Augenblick, nachdem die Carlisten alle Thore besetzt hatten, die Stadt verlassen wollten, nm sich ihren Männern anzuschließen, andere wurden vollständig entkleidet von den Soldaten durch die Straßen geschleppt oder auf offener Straße geschändet und dann hohnlachend bei Seite gestoßen. Als man nun an diesen Frauen ge nug hatte, ging man an die armen Verwundeten, von denen man die größte Hälfte niedermachle, während man die andern auf alle mögliche Weise marterte. Dann begann eine allgemeine Plünderung und schließlich steckte man die Stadt an verschiedenen Enden an und zog ab. „Das nennen diese Barbaren Krieg führen." Wie die Madrider „Epoca" v. 17. d. meldet, haben die Carlisten von der Küste von Zarauz Guetaria aufs Neue zu bombardiren be- gvnnen. Von Guctaria wird das Bombardement lebhaft erwidert. Verrathen und Derloren. Criminal-Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Noch ehe der Beamte die nöthigen Schritte zur Verfolgung und Ergreifung Wanda's thun konnte, meldete sie sich selbst als Zeugin vor dem Richter. Sie erklärte in hastiger Weise, daß sie gekommen sei, einen Unschuldigen zn befreien, und ihr ganzes Wesen verrieth dabei eine tiefe, innere Unruhe. Rath Wertheim warf einen flüchtigen Blick auf die Harfenistin, und er fand die Angaben Fabian's bestätigt. Es gehörte ohnehin nicht viel dazu, den Charakter Wanda's zu erkennen; auf ihrem ausdrucksvollen, etwas starken Antlitz war Alles nur zu deutlich ausgeprägt, ihre heftige Leidenschaft, ihr .smng zur Uebertreibung im Guten sowohl wie im Bösen. Auch jetzt konnte man sie noch immer schön nennen, obwohl ein finsterer, fast dämonischer Zug ihr Gesicht entstellte. Ihre unruhige, hin und her gehetzte Seele brauchte Zerstreuung, Aufregung und suchte auf irgend eine Weise Vergessenheit, ohne sie je zu finden. Trotzdem lag über ihrer Er scheinung ein gewisser Adel ausgebreitet, — und wenn sie das Glü"^ auf glänzender Welle emporgetragen hätte, würde sie sich zu einem edlen, — trefflichen Fraucncharakter emporgcarbeitet haben. Wertheim forderte sie auf, — in ruhiger Folge zu berichten, was sie etwa von der Sache wisse, und sie erzählte in kurzen, abge rissenen Sätzen: „Wir spielten an jenen» Abend in Tryncck. Der alte Herr feierte seinen Geburtstag, und es ging sehr lustig zu. Wir mußten mittrinken. — Ach Herr, wir Müssen es manchmal, wenn wir uns nicht vollends Rohheiten aussetzen wollen. Ich fühlte, daß es mir zu heiß im Kopfe geworden, und als wir forlfuhren, konnte ich's im Wagen nicht lange anshalten und stahl mich heimlich fort. Die Andern schliefen Alle und merkten es nicht. Das Wandern im Walde that mir wohl und kühlte mein erhitztes Blut. Der Regen schlug mir in's glühende Antlitz, der Wind umheulte mich, und die ganzen geheimnißvollen Schauer des Waldes stürmten ans mich ein. „Es wurde ganz still im Herzen, ganz still. — Als ich die Wolss- schlucht schon hinter mir hatte, sah ich dicht am Wege einen Menschen stehen, er hatte eine Flinte in der Hand, das konnte ich deutlich be merken; aber er schien so in sich versunken, daher mein Näherkommcil gar nicht gewahr wurde. „Ich habe sehr gute Augen nnd erkannte ihn sofort, als zufällig der Mond einmal durch die Wolken brach und die Gegend etwas er hellte. Es war der junge Rajvwitz. Aus den Gesprächen im Wirths- haus hatte ich so viel entnommen, daß es zwischen Vater und Sohn zu einer furchtbaren Scene gekommen sein, der Alte mußte sogar auf seinen Sohn geschossen haben, das ging aus all' den Reden hervor. „Jetzt stand der junge Najowitz an der Landstraße mit einem Gewehr in der Hand. Er lauerte sicher den Vater auf, um den Schuß zu erwidern. Wir waren zufällig mehrmals mit dem jungen Herrn zusammengekommen, und er war dann stets so freundlich und aut zu uns — er sollte nicht zum Mörder werden — er nicht. Ich schlich mich leise näher, auch jetzt wachte er nicht aus seinem träumerischen Hinbrüteu auf — nun sang ich mit verstellter Stimme ein unheim liches Lied und tauchte wie eine Spukgestalt vor ihm auf. Zum Tod erschrocken, warf er das Gewehr weit von sich und stürzte wie ein Rasender hinweg. Die Flinte entlud sich, und zwei Schüsse krachten durch die tiefe Stille des Waldes." Wie unwahrscheinlich hatten die Angaben Thcodor's geklungen und jetzt erhielten sie plötzlich durch die Aussage Wanda's ihre volle Bestätigung. Er hatte also damals die Wahrheit gesagt. Zur Sicherheit ließ der Nath den jungen Najowitz aus dcmGe- fängiß herbeiführen, und mit sichtlicher Spannung erwartete Wanda seine Ankunft. Sie war erstaunt, als sie seine ruhige Haltung bemerkte. Es war in der That mit Theodor eine große Veränderung vor- gegangcn. Die träumerischen, sich gern in's Blaue verlierenden Augen blickten jetzt klar und verständig, der weiche Zug um die Lippen war verschwunden und hatte einer gewissen Festigkeit Platz gemacht. Seitdem der junge Najowitz den Muth gefunden, sich schuldig zu bekennen, um seinen alten Freund zu retten, war ein Anderer ge-