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— für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, SLebenlehn und die Umgegenden. HtmLsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 48. Dienstag, den 8. Juni 1875 Zufolge Anzeige vom 12. vor. Mts. ist heute auf dem die Firma „^.uAN8t Zelimiät" in Wilsdruff betreffenden Folium 26 des Handelsregisters für hiesige Stadt verlautbart worden, daß nach dem Tode des früheren Inhabers, Herrn Friedrich August Schmidt, nunmehr Frau verw. Leüraiät geb. 'Isn? in Wilsdruff Inhaberin der Firma ist. Königl. Gerichtsamt Wilsdruff, am 5. Ium 1375. In Jnterimsverwaltnng: Dr». Assessor. Tagesgeschichte. Vor 60 Jahren. Heute sind es 60 Jahre, daß durch die j Bundesacte vom 8. Juni 1815 der deutsche Staatcnbund mit dem Bundestage zu Frankfurt sich constituirte, nachdem am 6. August 1806 ; das tausendjährige deutsche Kaiserreich durch Errichlung des Rhein bundes, dem 16 deutsche Fürsten beitraten, aus de» Fugen gegangen war. Vor 60 Jahren! Welcher Gegensatz zu heute. Nach 10 monatlichem, unfreiwilligen Aufenthalte auf Elba war Napoleon am 1. März au die franz. Küste wieder gelandet, die Herrschaft der „Hundert Tage" begann und Europa trat von Neuem gegen Frank reich unter die Waffen. Am 16. Juni werden es 60 Jahre, daß in Belgien zwei wichtige Schlachten geschlagen wurden, bei Ligny, wo Blücher von Napoleon zurückgedrängt wurde und in Lebensgefahr gerieth, aus der ihn sein Adjutant Nostitz rettete und bei Quatrebas, wo Wellington und der Herzog von Braunschweig-Oels den „Tapfersten der Tapfer»" Ney übcrwandtc» u»d der eiserne Herzog den Helden tod fand. Zwei Tage später besiegelte die Schlacht von Waterloo oder Belle Alliance Napoleons Schicksal für immer. — Der jüngste Kriegslärm in Berlin und Paris mit seinem dunkle» diplomatischen Drum und Dran war wie eine Zwiebel. Ma» muß erst die siebe» Häute vorsichtig ablöse», ehe man auf den Kern kommt, dieser Ker» aber ist sehr schmackhaft. Deutschland hat näm lich von Frankreich die feierliche Erklärung erhalten, daß es den Krieg nicht beabsichtige. An sich zwar würde diese Erklärung nicht viel zu sagen haben, wenn sic nicht zugleich allen europäischen Groß mächten gegenüber abgegeben worden wäre. Frankreich hat sich also ganz Europa gegenüber sozusagen für die Erhaltung des Friedens haftbar gemacht, es ist genöthigt gewesen, sich moralisch zu binden und es weiß, daß es ganz Europa Wider sich hat, wenn cs den Friede» von 1871 bricht. Zu gleicher Zeit haben die Großmächte, wenigstens die drei Kaiser, den Fricdensbesitzstand von 1871, also das Verbleiben von Elsaß-Lothringen beim Deutschen Reich ausdrück lich anerkannt und gewissermaßen gewährleistet. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz betreffend die Auf hebung der geistlichen Orden und ordcnsähnlichen Congreaatione» der'katholische» Kirche. Das i» seinen Folgen so wichtige Gesetze ist somit jetzt in Kraft getreten. Für seine Person kann der Fürstbischof von Breslau den Vollzug des mit dem 1. Juni in Kraft getretenen Brookorbgcsetzcs noch ruhig mit ansehe». Sei» tägliches Brod ist durch die Besitzungen des BislhuuiZ in Oesterreich-Schlesien gesichert, ohne das prächtig ge legene Schloß Johannesberg 160,000 Morgen des schönsten Waldes, 4 Mcierhöfe, i großartiges Eisenhüttenwerk, 3 Brauhäuser, Gerecht same aller Art u. s. w. umfassen und nach zuverlässiger Angabe jähr lich 300,000 Gulden österr. W. abwcrfe». Da dieser große Besitz meist durch Breslauer Fürstbischöfe «»gekauft worden und als Eigcu- thum des Bisthums Breslau zu betrachten ist, so wird bei einer Aus einandersetzung der Preußischen und österreichischen Bisthumsanthcile die Frage entstehen, ob nicht Preuße» die Herausgabe wenigstens eines Theils des jenseitige» Besitzes für das Breslauer Bisthum zu erlangen berechtigt ist. Durch die etwaige Absetzung des Fürstbischofs Förster durch Urtheil des obersten Gerichtshofs für kirchliche Ange legenheiten in Preußen rückt die Entscheidung dieser A»gelcgche,t i» nächste Nähe. Der Fürstbischof Förster in Breslau hatte dem Pfarrer und be kannten Bicncnvater Dzierzon kurzweg seine Pension gestrichen, weil es ihm am Glauben an die päpstliche Unfehlbarkeit fehlte, Dzierzon, welcher sich durch Zahlung seiner Beiträge zur Pensions kasse ein volles Anrecht auf Pension erworben, wurde darauf klag bar und das Stadtgericht in Breslau verurtheilte den Bischof zur Zahlung der Pension nebst Zinsen und Kosten. Jetzt soll der Bischof gegen das Erkenntuiß Berufung eingelegt haben. König Ludwig von Bayern hat den geistlichen Herren wieder einmal gezeigt, wer Herr im Lande ist. Diese hatten überall die römischen Jubiläums-Prozessionen angesagt und der König hat sie mit einem Federstriche verboten, weil sie nicht die königl. Erlaubniß (Placet) zur Abhaltung eingeholt haben. Die Stadt Lahr in Baden war bekanntlich so glücklich, Erbe des kürzlich verstorbenen Millionärs Janun zu werden. Sie hat seit dem das Verdienst zum Glück hinzugefügt; denn kaum hatte sie gehört, daß Fürst von Bismarck um seiner Gesundheit willen einen schönen Landsitz in Süddeutschland suche, so stellte sie ihm den zu ihrer Erbschast gehörigen Park mit Landhaus zu lebenslänglicher Be nutzung zur Verfügung. I» Konstantinopel eingegangene Nachrichten über ein in den letzten Tagen in Kleinasien stattgehabtes Erdbeben bestätigen, daß durch dasselbe mehrere Dörfer vollständig zerstört wurden, und mehr als 2000 Menschen umgekommen sind. Ocrtliche und sächsische Angelegenheiten. Die Eröffnung der neuen Berlin-Dresdner Bahn wird vielleicht erst zu Ende dieses Monats, jedenfalls aber nicht vor dem 15. erfolgen. Die Direction hatte die Abnahme der Bahn auf den 26. Mai beantragt. Dieselbe befand sich aber damals in einem so unfertigen Zustande, daß die Abnahme auf den IO. d. M. verschoben werden mußte; es wird sich dann herausstellen, ob die Eröffnung der Strecke anr 15. ds. gestattet werden kann. In Dresden hat sich ein Verein gegen Impfzwang ge bildet. Dieser Verein stellt sich die Aufgabe, mit allen ihm zu Ge bote stehenden, gesetzlich zulässige» Mitteln auf die Aushebung der allgemeine» Jmpspflicht im deutsche» Reiche hinzuwirken und motivirt sein Bestrebe» mit der Thatsachc, daß in zahlreichen Fällen den Ge impfte» aus der Impfung schwere Schädigungen ihrer Gesundheit erwachse» seien, gegen deren Wiederholung auch das Jmpfgesetz vom 8. April 1875 nicht die genügende Sicherheit biete. Zur Erreichung seines Zweckes will der Verein Unterlage» sammeln und seinerzeit Veröffentliche», welche die Entbehrlichkeit der allgemeinen Jmpspflicht verständlich machen sollen, und zwar: solche, welche darthun, daß die durch das Jmpfgesetz geschaffene allgemeine Jmpspflicht nicht einen so umfangreiche» Schutz gegen die Pocke» gewährleiste, wie man ihn als Gegenleistung für die Härte der Maßregel verlange» könnte, und solche, welche nachweisen, daß cs im Vergleich zur Impfung minder schwer in die persönliche Freiheit eingreifende sanitäre Maßregeln gebe, denen eine ebenbürtige oder mächtigere Schutzkraft gegen die Verheerungen der Pocken beizumessen sei. Ferner will der Verein alle nachweisbare» Fälle vo» Gesundheitsschädigungen durch die Impfung in den verschiedenen Theile» des Reiches zur Kenntniß seiner Mitglieder und des größere» Publikums bringen. Dresde». Die Eröffnung der Industrieausstellung ist nun definitiv auf de» 15. Juni Vormittags I I Uhr festgesetzt. Die Lokalitäten sind seit 25. Mai zur Ausnahme der Ausstellungsobjecte vollständig hcrgestellt.