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2 HeksMimachMg, die Vergebung von Pflasterarbeiten betreffend- Die im Laufe dieses Jahres auszuführende Umpflasterung des hiesigen Marktplatzes — 2667 Quadrat-Meter—einschließlich Her stellung und Regelung der Plame, Aufbringung von Kies und Aufbrechen und Sortiren der alten Pflastersteine, sowie Schlagen noch ver wendbarer dergleichen, soll auf dem Wege der Concurrenz vergeben werden. Hierauf Reflectirende wollen ihre zu stellenden Offerten bis spätestens den 27. dieses Monats bei dem unterzeichneten Stadtgemeinderathe einreichen, woselbst auf Verlangen die Bedingungen mitgetheilt werden. Wilsdruff, am 10. Februar 1875. Der Stadtgemeinde-Rath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Das deutsche Reich wird sich mit dem Gedanken vertrant machen müssen, einmal ohne seinen bisherigen gewaltigen Kanzler Fürsten Bismarck auszukommen. Bismarck bedarf offenbar nach mehr als ILjähriger Riesenarbeit gründlicher Ruhe für Körper und Geist und je eher ihm diese vergönnt wird, desto größer ist die Hoff nung, daß er sich vollständig erholt und im Augenblicke der Gefahr mit frischer Kraft auf den alten Platz zurückkehrt, nm die Staatsge schäfte zu leiten. Es Hal den Anschein, als ob Bismarck nicht nur Mit diesem Gedanken umgehe, sondern auch den jetzigen Augenblick zur Ausführung für günstig halte, günstig, weil die neuen Ein richtungen des deutschen Reichs eine genügende Festigkeit erlangt haben, um ihm ohne große Gefahr für Kaiser und Reich eine längere Ruhe zu gestatten. Man sagt, man müsse mindestens einmal die Probe machen, ob es ohne ihn gehe, und es werde gut thun, weil die Reichsver- verfassung, die militärische Einheit und die allerneuesten Reformen vor der Hand nicht mehr gefährdet seien. Die große Arbeitskraft, der ruhige Blick, die Erfahrung und Gewissenhaftigkeit Delbrücks, des Präsidenten des Kanzleramtes, seien eine Bürgschaft für den Aus bau der neugeschaffenen Einrichtungen; die auswärtige Politik zeige augenblicklich keine schwarzen Punkte und selbst der kirchcnpolitische Kampf kann eine Weile ohne den Kanzler geführt werden. Nachdem der Reichstag auseinander gegangen, wird in Neichs- angelegenheiteu nur mehr hinter den Coulissen, aber darum nicht minder fleißig gearbeitet. Namentlich ist es die Gewerbeordnung, deren nothwendig gewordene Ergänzung in der Reichskanzlei eifrig angegriffen wird.' Zwei Mal ist der dem Reichstage vorgelegte Ent wurf einer Gewerbeordnungsnovelle wegen prinzipieller Differenzen zurückgelegt worden, doch werden die Berathungen über den Gegen stand im Reichskanzleramte immer noch fortgesetzt. Die Errichtung von Gewerbegerichten, welche in dem ursprünglichen Entwürfe als erste Forderung aufgestellt war, wird, da sie von allen Seiten aner kannt wurde, als obligatorisch festgehalten. Die schwierigste Frage betrifft die Bestrafung des Kontraktbruches. Die freie Kommission, die sich während der letzten Session aus Mitgliedern des Reichstages gebildet hatte, um sich mit der gewerblichen Frage zu beschäftigen, hat als einzigen positiven Punkt festgesetzt, daß Lehrlinge ohne ein Entlassungszeugniß ihres Lehrherrn vou keinem Arbeitgeber ausge nommen werden dürfen. Die Frage würde sonach noch auf dem selben Standpunkt wie während der letzten Session stehen, tvenn nicht in Hamburg der erste Schritt gelhan worden wäre, um sie praktisch zu lösen. Die gesetzgebende Bürgerschaft dort hat nämlich einen Ge setzentwurf, betreffend Einsetzung eines gewerblichen Schiedsgerichts und Bestrafung des Arbeitskontraklbruches angenommen. Das Schieds gericht soll aus je 15 Arbeitgebern und Arbeitnehmern und einem Rechtsgelehrtcn als Vorsitzenden bestehen. Die Entscheidungen sollen in der Regel durch den Borsitzenden und 2 Beisitzer erfolgen, doch kann der Vorsitzende nach freiem Ermessen mehr Beisitzer in der Art zuziehen, daß stets Arbeitgeber und Arbeitnehmer in gleicher Anzahl vertreten sind. Die Entscheidungen des Gerichts sind definitiv, eine Berufung findet nich« statt. Vertretung der Parteien durch Anwälte ist ausgeschlossen. Das Gericht hat das Recht der Eidesabuahme und ist befugt, Vorladungen gegen Dritte zu erlassen. Dieser erste praktische Versuch mit gewerblichen Schiedsgerichten verdient die ernsteste Beachtung. Es wird je nachdem er sich bewährt oder nicht, auf die Fassung der Gewcrbeordnungsuovelle cinwirken. Die ultramontane Presse in Bayern ist außer sich über die nicht mehr abzuwendende Einführung der Civilehe und des Land sturmes. Es wird gejammert, geklagt, geschimpft, geflucht, gedroht und Ucbles prophezeit, uud zwar in allen feinen und groben Ton arten. Nach Anschauung des „Baierischeu Vaterlands" wandert Perle um Perle, ein Edelstein nach dem andern von München nach Berlin, und wenn endlich aus der bayerischen Königskrone keine Edelsteine und Perlen mehr herauszubrechen sind, so wird auch noch der blanke Goldreif geholt und der König von Bayern ein preußischer Statt halter. Ein herzerleichternder Fluch bildet den Schluß dieser Ge- dankcnreihe. König Ludwig von Bayern hat die Protestatio» der Bischöfe gegen die Civilehe ohne jede Bemerkung an das Justizministerium ab gegeben. Ist keine Antwort auch eine Antwort? In Oesterreich giebt es viele Leute, die 1866 nicht vergessen können und sich gern mit den Russen oder Franzosen und am liebsten mit Beiden verbinden würden, um Rache an Deutschland zu nehmen. Sie sprechen und schreiben zwar nicht von Rache, wie die Franzosen, sondern von einer Nothwehr, weil Deutschland offenbar nach den deutsch-österreichischen Provinzen lüstern sei und sie bei der nächstbesten Gelegenheit anncktiren werde. Ein österreichischer Oberstlieutcnant der Artillerie räch daher in einer Flugschrift, sich aufs Engste an Rußland anzuschließen und möglichst viele und gute Kanonen zum nahbevorstchcnden Entscheidungskampf mit Deutschland anzuschaffen. Das Schriftchen macht nur deshalb Aufsehen, weil es von dem öster reichischen Erzherzog Salvator herrührt und die stillen Ansichten hoher Kreise verräth. Seitdem das Königthum wieder in Spanien etablirt ist, wird auch der Kampf gegen die Carlisten mit bedeutend mehr Energie ge führt, als dies vorher unter dem Einflüsse der Ungewißheit der Fall war, welche die Regicrungsverhältnisse des schwergeprüften Landes kennzeichnete. Die Nordarmee, welche wir zu Anfang des neuen Jahres seit Wochen in völliger Unthätigkeit dem Feinde gegenüber stehen sahen, ist seitdem ostwärts den Ebro entlang vorgerückt, und das Hauptquartier von Logrono nach Tafalla verlegt worden. Ain ZI. Januar stand das Korps Moriones in einer Stärke von unge fähr 20 Bataillonen, 26 Geschützen und entsprechender Kavallerie im Rücken der Carlisle» und seitdem haben die Regierungslruppen stetig an Boden gewonnen. Neuere Depeschen melden zwar, daß die Car listen das verlorene Terrain theilweise wieder erlangt hätten; auch soll sich die gemeldete Einnahme von Estell durch dje alfonsistische Armee nicht bestätigt haben. Diesen Nachrichten in jedoch so deutlich der Stempel ihrer carlistischen Herkunft aufgedrück, daß man ihnen keine» Glauben fchcnkcn kann; auch meldet anderer seits wieder ein angeblich ebenfalls aus carlistischer Quelle stammendes Telegramm von einem Gerücht, das die königlichen Truppen bereits in Estella cingerückt waren. In demselben Telegramm ist auch von einem Rückzug des Don Carlos und der Tödlimg eines Carlisten- führcrs durch seine eigenen Soldaten die Rede. Von außerordent licher Wichtigkeit ist für Don Alfonso die Einnahme von Pampcloiia, respeclive die Befreiung dieses Platzes aus den Händen der Car listen. Pampelona ist der Schlüssel von Navarra und sein Besitz wird wohl entscheidend für den bald zu erhoffenden Ausgang des Krieges sein. Oertliche und sächsische Angelegenheiten. Wilsdruff, den 11. Februar 1874. Aus Meißen, 10. Februar, wird uns nachstehender Unglücks fall gemeldet: Gestern Nachmittag ist bei uns in Meißen großes Un glück passirt; gegen 4 Uhr brannte die der neuen Porzellanfabrik gegenüber gelegene Zünderfabrik ab. Hierbei sind 10 Menschen gräß lich verstümmelt worden, 4 Personen kurz darauf verschieden und 8 Personen werden noch vermißt. Wie der Brand entstanden, ist noch nicht sestgcstellt. Der Besitzer, ein junger liebenswürdiger unverhei- ralheter Mann, war nach Mittweida zu einer Kindtaufe gereist, hatte die Leitung der Fabrik einem seiner Leute übertragen und während seiner Abwesenheit passirt das Unglück. Derselbe ist natürlich sofort telegraphisch zurückgerufen worden und hat auf seiner Rückreise, da er bei seiner Fabrik vorbeifahren mußte, die Unglücksstätte sofort er blicken müssen. — Der Jammer der Verunglückten ist unbeschreiblich. In einem Schachte des Steinkohlenwerks Concordia zu Nieder öl snitz hat am 7 d. M. Vormittags in der zwölften Stunde, wäh rend darin 4 Berghäucr mit Abteufen beschäftigt gewesen sind, eine Explosion stattgefunden. Bald nachdem die Detonation gehört worden, hat man das Rettungswerk in die Hand genommen und hat auch einer der Berghäucr, welcher eine Strecke tiefer gefallen als die an dern und ohne Verletzung dabei geblieben ist, noch lebend herausge schafft werden können. Die drei andern sind leblos zu Tage geför dert worden, man hat jedoch auch an diesen eine Verletzung nicht wahrgcnommen. Unter den Verunglückten soll sich ein Familienvater von 5 Kindern befinde». Bei diesem muthmaßlich durch Entzündung von Gasen herbeigeführten Unglücksfall soll Niemanden eine Ver schuldung treffen. Der 6. sächsische Feuerwchrtag wird in den Tagen vom 4.—6. September in Waldheim abgehalten und glaubt man auf eineBe- thciligung vou circa 1500 auswärtigen Feuerwehrleuten rechnen zu können. Im Gerichtsamte zu Leisnig wurde am 4. d. M. die erste Ci- vilche zwischen einem Israeliten und einer Protestantin in Gegen wart der Familien der Verlobten geschlossen.