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' bM Dienstag, den 23. Februar für das Königliche GerichtsamL Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 13. Dienstag, den 23. Februar 1873. für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt Verfügung an die Kirchenvorstüude resp. Pfarrämter Lu den zur Ephorie Dresden II. gehörigen Parochisn. Nach Z 22 .Abth. 4 der Kirchenvorstandsordnung ist alle 3 Jahre, oder nach Beschlus; des Kirchenvorstandes alljährlich, über Einnahme und Ausgabe bei dem Vermögen der Kirche und der mit demselben verbundenen Stiftungs- und anderen Cassen, sowie über die Bedürfnisse der Kirchengemeinde überhaupt ein Voranschlag aufzustcllen und der Kircheninspection zur Prüfung vvrzulcgen. Da dieser Anordnung nicht allenthalben entsprochen, vielmehr in einzelnen Parochien entweder gar keiner oder nur ein ungenügen der Kostenanschlag über jährliche Einnahmen und Ausgaben eingereicht worden ist, so werden die Kirchenvorstände rasp. Pfarrämter an- durch angewiesen, dieser Bestimmung künftighin genau nachzugehen. Königliche Supcrinteudur II. Dresden und Königliche Amtshauptmannschaft Meißen, am 13. Februar 1875. ZS«'. Meier, 8. Schmiedet. Bataillonsbefehl. Die diesjährige Frühjahrs-Controlvcrfammlnng für den Gerichtsamts- und Stadt-Bezirk Wilsdruff findet Mittwoch, den 10. März d. I., Vormittags V.8 Uhr, statt und haben sich am genannten Tage sämmtliche Dispositionsurlauber und Reservemannschaften des Bezirks pünktlich vor dem Gast hofe „zum goldenen Löwen" in Wilsdruff zu gestellen. Mannschaften, welche infolge des Feldzugs 1870/71 eine Dienstbeschädignng erlitten haben und dieserhalb Invalidenansprüche geltend zu machen beabsichtigen, haben dieselben bis 1. April rr. gehörigen Orts anzubringcn. Meißen, am 10. Februar 1875. Köuigl. Landwehr-Bezirks-Commaudo. von Mandslsloh, Obcrstlieutenant. TagesgeschichLe. Der Krieg zwischen Nom und Preußen geht fort. Der Papst ; hat soeben ein Rundschreiben an die preußischen Bischöfe erlassen, in welchem er die bekannten Kirchengesetze verdammt und die von dem Staate eingestellten Geistlichen in den Bann thut. Die „M. Z." schreibt: Fürst Bismarck hat seiner Zeit einigen ' Ncichstagsabgeordnctcu gegenüber die Absicht geäußert, sich vom . öffentlichen Leben zurückziehen zu wollen. Die damaligen Nachrichten ! blieben ohne eigentlichen Niederschlag, wenn man nicht als solchen die Journalgerüchte in der auswärtigen Presse über die permanente Kanzlerkrisis ansehen wollte. Heute verlautet endlich aus som in- formirtcn Kreisen, daß das Verbleiben des Kanzlers außer Frage i stehe. Wir theilcn diese von w rhrhaften Freunden des Kanzlers her- rührende Nachricht mit, ohne eine Bürgschaft für deren Nichtigkeit zu § übernehmen. Der bezeichneten Quelle zufolge hätte Fürst Bismarck ! mit dem Kaiser eine den Gegenstand betreffende Unterredung gehabt, § in welcher der Monarch von den Forderungen der Pflicht und Ehre s sprach, welche ihm sowohl wie dem Kanzler trotz Alter und Krank- § hcit auszuharrcn" und von der Durchführung ihrer schwierigen Auf- - gaben nicht abzulassen gebieten. Fürst Bismarck habe diesem Appell § an den Patriotismus nicht widerstehen können und seinem Monarchen das Verbleiben im Amte zngesagt. — Eine weitere Mittheilung will wissen, daß Bismarcks Verbleiben nur in Verbindung mit einer we sentlichen Entlastung von seinen Geschäften stattfindcn würde. Diese bestände in der Heranziehung eines Botschafters des deutschen Reiches (Fürsten Kohcnlohe?), welcher eine noch nicht genau dcfinirte Stell ung an der Spitze des auswärtigen Amtes erhalten soll. Die Wege der Geschworncu in Frankreich sind unerforschlich. Paul de Cassagnac ist freigcsprochen und der General Wimpffen ist also ein Verräther, eine Memme und ein Einfaltspinsel. Die Pariser Jury wollte dem Kriegsgerichte von Trianon nichts nachgeben, und warum sollte in der That nicht auch sie dem Moloch der National- citelkeit ein Opfer in den Nachen werfen? Der Verthcidigcr von Paris hatte in einem Prozesse gegen den „Figaro" schon vor einiger Zeit dasselbe Schicksal erfahren. Bazaine, Trochu, Wimpffen, Alle sind sie Verräther und die französische Nation ist nach wie vor un überwindlich. Das ist die Moral, welche Frankreich aus den Ereig nissen von 1870 zieht. Den Pariser Zeitungen zufolge bestätigt sich das Gerücht, daß der Papst die Absicht habe, vermittelnd zwischen die kämpfenden Par teien in Spanien zu treten. Er hat an Don Carlos ein Schreiben gerichtet, in welchem er ihn beschwört, aus Gründen der Menschlich keit und im Namen der christlichen Liebe dem Kriege ein Ende zu machen, der jetzt Spanien verwüstet. Die Einmischung des heiligen Vaters dürf e insofern.von Einfluß sein, als sie viele hochgestellte Anhänger der carlistischen Sache und Generale der carlistischcn Armee veranlassen dürfte, die Fahne des Prätendenten zu verlassen. Viele Blicke sind auf die große Arbeitseinstellung in Süd ivales in England gerichtet. 120—140,000 Kohlen- und Eisenarbciter feiern seit 14 Tagen sammt ihren Familien, weil sie in eine Er mäßigung ihrer Löhne um 10 Prvc. nicht willigen wollten. Sie hatten die ArbcitSflüth der letzten Jahre benutzt, um die Löhne bis zu 50 Proc/ hinänfzutrcibcn und wollen nun der jetzigen Ebbe auf dem großen Märkte nicht nachgeben. Die Arbeitsgeber haben sich geeinigt und ihre sämmtlichcu Werke geschlossen. Der Staat Ohio gilt als einer der wohlgeordnetsten Staaten in der nordamerikanischen Union und dennoch ist in dem Städtchen Urbana dieser Tage ein Mann, Namens Ullrich, welcher ein scheuß liches Verbrechen an einem jungen Mädchen begangen haben soll, von einer aufgeregten Volksmenge gewaltsam aus dem Gefängnis; entfernt und ohne Weiteres ausgcknüpft worden. In Staaten, in denen die Gesetze mehr oder weniger als tobte Buchstaben betrachtet werden, mag zuweilen unter Umständen ein solches Verfahren am > Platze sein; allein hier, wo derartige Verbrecher selten der vcrdien- i tcn Strafe entgehen, kann eine derartige Volksjustiz in keiner Weise ! entschuldigt werden. Trotzdem ist kaum anzunehmen, daß den Be- IhcUigten etwas geschieht. Kürzlich ist dort ein Schenkwirth, welcher ! von einer vcrhciralheten Frau angcklagt war, deren Ehemann, einem i Gewohnheitstrinker, gegen ihren Willen berauschende Getränke ver- ' abrcicht zu haben, zu einer Strafe von 1500 Dollars, die der Klä gerin als „Schmerzensgeld" Zufällen, verurtheilt worden. Wie viele Schmerzensgelder würden wohl die Schenkwirthe in Deutschland zu bezahlen haben, wenn die Gesetze dort so große Fürsorge für das Recht (?) des zänlicl en Geschlechts wie in Amerika trügen?' Kein Wunder, daß die deutschen Jungfrauen mit sehnsuchtsvollen Blicken nach Amerika schauen, wo die Frau außer dem Recht, Gardinenpre digten zu haltcu, schließlich auch noch zu dem Gesetze ihre Zuflucht