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ISO schen versucht, wird man erst nach langer Zeit Herr des Feuers, überall, wo man dies unterlaßt, bekämpft man es schnell, sicher und im Entstehen. Das Ganze beruht auf folgenden, sehr einfachen Lehrsätzen. In der Weißgluh-Hitze, welche sich stets im Innern eines großen Feuers entwickelt, zersetzt sich das Wasser und tragt dadurch wesent lich zur Verstärkung der Flammen bei; es ent steht ferner durch die Lerdampfung des nicht zer setzten ein erhöhter Luftzug, und dieser verbreitet das Feuer immer mehr windabwärts. Man beob achte rin freistehendes Gebäude, in welches hincin- gcspritzt wird. Die Spritzen fahren windwärts vor, weil sic näher herankönnen; von dem Augen blick an, wo sie wirken, schlagen die Flammen mit erneuerter und verstärkter Wuth von der andern Seite heraus und lecken weit hin, wahrend sie bis her im Innern ganz ruhig zehrten. So wird das Löschungsmittel zum nachdrücklichsten Ver breiter der Feuersbrunst, und je stärker und größer sie wird, desto gefährlicher wer den die Spritzen selbst. Wenn man aber nur die Verbreitung des Feuers nachdrücklich zu verhindern sucht, indem man alle der Entzündung ausgesetzten Punkte in der Umgebung desselben durch Wasser vor der Entzündung schützt, so drangt man dadurch das Feuer auf den Ort seines Ent stehens zurück, wo es dann bald kn sich selbst sich verzehrt und verlischt. Eine oder mehre Spritzen können ein richtig bekämpftes Feuer löschen, wenn man sie nur zweckmäßig verwendet, wahrend man gewöhnlich so viel Spritzen in Thätigkeit setzt, als anlangen, ohne daran zu denken, daß gerade sie, zur Unzeit im Feuer wirkend, die Gefahr ver größern, theils unmittelbar durch Verstärkung des Feuers, theils durch den Umstand, daß sie das Schutzmittel (Wasser) ohne Noch erschöpfen. — Diese vom Ingenieur-Major gemachten Erfahrun gen und Bemerkungen sind eben so neu, als sie höchst beachtens- und nachahmungswerth erschei nen. Namentlich dürfte die Behauptung, daß heraus der Spritze unmittelbar in die Feuerglut gesendete Wasserstrahl das Feuer verstärke, statt es zu mindern, ein Gegenstand der Beurthcilung für sachverstän dige Manner und das gewonnene Resultat einer weitern öffentlichen Mitthcilung höchst würdig fein. Ein großes Unglück hat am 3. Maidie Stadt Schleiz in Trauer gestürzt. Die Wei- ßenbornfche Schauspielergcselsschast gab am Abend des genannten Tages in dem neuen Reithause, das zugleich mit zum Schauspielhause eingerichtet war, die Oper Czar und Zimmermann. Das Haus, "welches an 700 Menschen faßt, war ge drückt voll. Kaum hatte der erste Akt begonnen, so hörte man einen fürchterlichen Knall und be merkte, daß die Decke borst und herunterstürzte. Alles suchte sich unter Balken und Kalk hervor- zuarbeiten und zu retten. Viele wurden, indem sie sich retten wollten, niedergeworfen, zertreten und erdrückt, Andere erstickten. Auf der Stelle sind einige zwanzig Menschen umgekommen. Die 81 Jahre alte Fürstin-Mutter nebst den Prinzen hätte auch beinahe ihr Leben verloren; Erstere wurde unter dem Schutte hcrvorgezogcn. Der Fürst und die übrige Familie saßen vorn in der Loge und blieben unversehrt, ebenso die auf der Galerie Befindlichen. Bis zum 6.'Juni Mittag sind 28 Graber bestellt, denn mehre Verwundete sind seitdem gestorben. Die Augsburger Allgemeine Zeitung enthält folgendes Schreiben einer Dame aus Schleiz, welches sich über das daselbst stattgehabte Unglück also ausspricht: „Gestern sollte von den hier anwesenden Schauspielern die Oper „Ezar und Zimmermann" gegeben werden. Ich ging fröh lich und nichts Arges ahnend um 7; Uhr dahin; cs war gedrängt voll in dem neuen Hause. Die Oper begann erst 8^ Uhr, da die fürstlichen Per sonen nicht früher kamen. Die Ouvertüre, der erste Gesang und ein Duett gingen glücklich vor über, da auf einmal löst sich der Vorputz an der Decke in der Mitte, und Kalk, Breter und Berohrung senkte sich allmahlig auf die entsetzten Zuschauer herab. Im ersten Augenblicke herrschte Lodtenstille im Saale, Jedermann glaubte zu träumen, bis eine neue und stärkere Partie Schutt und Breter einen Jeden aus dieser Apathie riß und ermahnte, an seine Rettung zu denken. Ei nige Wenige, von Balken oder Bietern getrof fen, waren augenblicklich todt, viele Andere wur den mehr oder minder beschädigt; Alles erhob ein entsetzliches Geschrei, und nun entstand ein Drängen und Stoßen von allen Seiten nach den geöffneten Thüren zu. Ich glaubte mich im ersten Augenblicke gar nicht verwundet, erwartete aber einige Momente in fürchterlicher Todesangst den Balken, der mich nach meiner Meinung zer schmettern mußte. Rings um mich waren Bre- tcr mit losgeriffcnen Nageln, Kalk; Staubwolken und ein wirrer Menschcnknäuel; allmählig kehrte mir die volle Besinnung zurück, ich fühlte selbst ein Bret auf mir, befreite mich davon und strebte nun schiebend und geschoben dem Ausgange nahe zu kommen. Aber hier war noch das fürchter lichste Schauspiel: die Erstem an der Thüre näm lich, meistens Manner, welche standen, rissen die Barrieren, welche die Plätze trennten ein, Mam che mochten aber dabei gestolpert und gefallen fein und dio Nachdrängenden stürzten nun über diese weg, sodaß der Weg über lauter Menschen »ging. Ich schwebte gegen zehn Minuten lang m Todesgefahr: wäre ich gefallen, so war ich ganz gewiß auch verloren. Endlich erbarmte sich ein Mann meiner und zog mich aus dem Men schengewirre. Es sind im Ganzen 21 Menschen todt und viele schwer verwundet, bei denen woh auch nicht an ein Aufkommen zu denken ist."