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auf dem Marktplätze ein Mörder, sein Name ist mir entfallen, mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht werden sollte und auch wirklich gebracht wurde, strömten von allen Himmels gegenden, wie sich das in unserm gebildeten Zeit- alter nicht anders erwarten laßt, Schaulustige in Menge herbei, um der Exccuiion beizuwohnen. Meinen Freund führt an demselben Morgen ein Geschäft nach Freiberg. In der Nahe der Stadt angekommen, walzt sich ihm eine wogende Men- schenmasse entgegen, woraus er abnimmt, daß das blutige Drama zu Ende und dem Gesetz sein Recht geschehen. — „Nun, mein Freund," wen det er sich fragend an einen hart an ihm vorbei- streifenden Mann, „waren denn recht viele Leute auf dem Markte versammelt, um den Kopf des Missethaters fallen zu sehen?" — „Ach ja wohl, da gab's einmal Menschen!" versetzte der An- geredete. — „Wie groß war wohl die Zahl der selben, die aus den Fenstern Hcrabschaucnden mitgerechnet?" forscht mein Freund weiter. — „Ja, das kann man so genau nicht sagen," gibt Jener zurück. — „Ich meine ja nur so ohnge. fahr, cs kommt dabei auf hundert Köpfe mehr oder weniger nicht an, drangt der ungestüme Fra ger nochmals in den Fremden. — „Nun so gegen sieben Millionen können es wohl gewesen sein," platzt dieser heraus, und schreitet darauf Wohlgemuth auf der Straße nach Nossen dahin. (Die Fortsetzung folgt.) An die Redaction des hiesigen Wochenblattes. (Ein Lückenbüßer.) Mein Herr Nedactcur! Ich habe eine kleine Bemerkung im Sinne, die vielleicht für Ihr Blatt taugen dürfte, und es wäre mir lieb, wenn Eie sie aufzunehmen nicht verschmähen wollten. Eie betrifft „den Zustand unserer äußeren Sinneswerk- zeuge wahrend des Schlafs. Es ließen sich von dieser Materie recht nette Bemerkungen sammeln, wovon einige auch einen praktischen Nutzen haben. Wenn ich den Zustand der Augen im Schlafe betrachte, so erscheint mir derselbe nicht anders als ein periodischer schwarzer Staar. So selt sam dies auch klingen mag, so dürfte cs doch wohl seine Richtigkeit haben. — Beim schwar zen Staare ist das ganze Auge unversehrt, und blos der Gesichtsncrvc ist unfähig, die Bilder bis zum Gehirn fortzupflanzen, die sich dem Auge darstellen. Eben dieser Nerve wird im Schlafe in denselben Zustand versetzt. Denn man darf nicht wahnen, daß wir im Schlafe nur darum nicht sehen, weil wir die Augen verschließen. Cs gibt gar viele Menschen, die mit ganz offnen Augen schlafen, und die doch weder am Tage noch bei Nacht im Schlafe sehen, ob sich gleich di« Bilder der Gegenstände in ihren Augen eben so deutlich als im wachen Zustande darstellen. Die Hasen schlafen stets mit offnen Augen, und sehen im Schlafe gewiß eben so wenig wie wir. Könnte man daher nicht mit Recht behaupten, daß der Schlaf eines jeden Gliedes in einer Art Erstarrung und Lähmung seines Empfindlings- nerven bestehe? und daß mithin der Schlaf den Augen einen flüchtigen schwarzen Staar verleihe? Sagt man nicht im gewöhnlichen Sprachgebrauch, wenn wir einen Fuß oder Arm lange drücken, daß er seine Empfindlichkeit verliert, das Glied sei uns eingeschlafen? — Eine andre Beobach tung gibt diesem meinem Gedanken ein neues Gewicht. Man weiß aus Erfahrung, daß oft nach dem Gebrauch des Opiums oder anderer ähnlicher betäubender Mittel, wovon die Kran ken wider Willen und Natur haben schlafen müs sen, ein schwarzer Claar übrig bleibe, und solche Leute, wenn sie ausgeschlafen haben blind erwacht und blind geblieben sind? Bei diesen Leuten hat sich der Schlaf in den Augen fixirt, und sie blei ben im Schlafe, obgleich die übrigen Theile des Körpers erwachen. Da nun dieser fortdauernde blos örtliche Schlaf der Augen von jedermann ein schwarzer Staar genannt wird, blos deshalb, weil sich diese periodische Blindheit in eine an haltende verwandelt hat, so ist eS ein der Kunst ganz entsprechender Ausdruck, wenn man den Schlaf einen vorübergehenden schwarzen Staar nennt. Die Ohren leiden im Schlafe nicht die ge ringste Veränderung; d. h. sic bleibcn offen — aber hören nicht. Ihr Nerve hat für einige Zeit seine Empfindlichkeit verloren, und in diesem Zustande kann ihm und dem Augcnnerven große Gewalt geschehen, ohne daß wir dies bemerken. Wenn wir dann erwachen, so warnt uns der Schmerz, als ein treuer Wachter, vor ähnlichezr Unfällen, die unsern Sinncswerkzeugen wider- fahren könnten. Er verursacht, daß sich das Auge nach Verhältniß der Menge und Kraft der Lichtstrahlen in seinem Sterne verengt oder er weitert, ohne daß jemals mehr Licht auf einmal ins Auge fallen darf, als der empfindliche Augen- nerve vertragen kann. Eben so können wir durch einen künstlichen Mechanismus im Wachen unser Ohr zum Empfang starker und schwacher Töne geschickt machen. Aber im Schlafe fällt dieser Vortheil weg, weil die Nerven ihrer Em pfindung beraubt sind. Daher kann nun auch in diesem Zustande ein Nerve große Beleidigung erleiden und gelähmt werden, ohne daß wir es wissen oder verhüten können. Ich will das Gefühl zur Erläuterung des Gesagten zu Hülfe anrufcn. Leute, die sehr fest schlafen, oder deren Nerven durch Cchlagfluß