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98 die Handlungsweise ihrer Unterdrücker begründet und dem Charakter der asiatischen Völkerstämme angemessen, die, von Christi milder Lehre nichts wissend, die Rache für das süßeste aller Gefühle halten und kein Mittel scheuen, dieses Gefühl sich zu verschaffen. Wenn aber ein ganzes Volk von diesem Gefühle durchdrungen ist, dann, so lehrt uns die Geschichte, durchbricht es, den empörter: Wasserwegen gleich,, alle Damme und verderben bringend wogt es über das Land dahin jeder Schranke spottend. Das Cabinet zu St. James hat die große ihm drohende Gefahr gar wohl er kannt und mit ihm das Volk, daher auch der allgemeine Angstschrei durch ganz Attengland. Einem großen Unglück zu begegnen oder, wenn dasselbe bereits hereingcbrochen, ihm mnthig die Stirn zu bieten, sind außergewöhnliche Mittel nöthig. So auch in England. Denn wenn England seine indischen Besitzungen verlöre, würde es augenblicklich und -unaufhaltsam von dem Gip fel der Größe und Macht herabstürzcn, den es im Laufe der Jahrhunderte auf krummen und geraden Wegen, immer, aber mit bcwunderungs- wcrthcr Ausdauer und Beharrlichkeit, erklommen. So ist cs denn gekommen, daß der englische Premierminister Sir Robert Peel es gewagt hat, eine allgemeine Besteuerung aller Ein nahmen zu beantragen. Wenn wir sagen, er hat es gewagt, so findet dieser Ausdruck darin seine Begründung, weil das englische Volk einen unaussprechlichen "Abscheu, einen, wir möchten säst sagen angeborenen Haß gegen jede Besteuerung des Eigenthums hegt, da eine solche Steuer nur mittels einer Art Inquisition sich erheben laßt, die allen Volksklassen einen unbesiegbaren Wider willen einfloßt. Daher muß England sehr krank sein, da es zu so verzweifelten Mitteln greift. Das Bcsteucrungssvstem ist folgendes: Jeder, dessen Einkommen mehr als 150 Pfd. St. be tragt, zahlt von 100 Pfo. St. Einkommen 2 Pf. 18 Sch. 4 Pence. Die dadurch zu erlangende Summe ist auf 3,773,000 Pfd. L>t. veranschlagt worden. Diese Steuer soll drei und nach Befin den auch fünf Jahre hintereinander erhoben wer den. Von dieser Bürde bleibt jedes jährliche Ein kommen unter 150 Pfd. St. frei, sodaß also die Klasse der Arbeiter keinen Beitrag zu liefern hat. Von Seiten der Letzter» erfreut sich daher auch die Fiuanzmaßrcgcl des ungetheiltcstcn Beifalls, wahrend die Industriellen sich derselben auf das heftigste entgegensetzen, weil sie dadurch die per- sonlichc Thätigkeit mit einer Abgabe belastet sehen, die natürlich den äußeren Verhältnissen und einer Menge von Zufälligkeiten fortwährend unterworfen ist. Demnach verdient wohl Sir Robert Peels Plan ein großartiger genannt zu werden, da er nur den Bemittelten und Reichen die Opfer auf den Altar des Vaterlandes niedcr- zulcgen gebietet, welche allein cs vor dem drohen den Unheil bewahren können, während die ohne dem im tiefsten Elend schmachtende Klasse des eigentlichen Volks frei ausgcht. Auch findet der Vorschlag durchweg die .Billigung Der Mehrzahl solider Handelshäuser in den großen Handels städten, und die Aristokratie, die Gefahr erkennend, wird ihre Interessen mit denen des Landes ver schmelzen und der Drang der Umstande das Ge hässige sie übersehen lassen, das die Besteuerung allerdings in ihrem Gefolge mit sich führt. Um übrigens bei den Gewerbtreibcnden so wenig als möglich zu verstoßen, sollen diese eigens zu ernen nenden Gencralcommiffaren, die auf Geheimhal tung zu vereiden sind, den Betrag ihres Einkom mens versiegelt anzeigcn, wonach dieselben die Höhe der zu bezahlenden Einkommensteuer zu be stimmen haben. Da es außerdem unangenehm sein dürfte, den Betrag des Einkommens durch die Summe, welche die Steuereinnehmer zu erhe ben haben, bekannt werden zu lassen, so sollen Einrichtungen getroffen werden, daß Jedermann, ohne seinen Namen zu nennen, der Bank von England den ihn betreffenden Steuerbetrug be zahlen kann. — Die Bedeutung von Sir R. Peels Plan, der die Veranlassung zum Umschwünge aller Verhältnisse werden kann, laßt sich in ihrem ganzen Umfange kaum schon gehörig würdigen. Die nächste Zukunft muß darüber entscheiden. Reiseskizzen. (Fortsetzung.) „Gelegenheit nach Dresden'." ließ sich plötz lich eine Stimme hinter meinem Rucken verneh men, ich wendete den Kopf, und erblickte einen leibhaftigen Dresdner Lohnkutscher, der da auf gepflanzt stand zwischen Thür und Angel und mit dreisten Blicken tue Anwesenden musterte. Wahrlich, der Mensch hätte stumm fein können, die „Gelegenheit nach Dresden" würde ich ihm vom Gesichte weg abgclescn haben. Es gibt in Freiberg wohl auch unternehmende Fuhr- lenke, die da Personen befördern nach Meisten, Frauenstein, Chemnitz und wo sonst noch hin; doch den Dresdner Fiaker getraue ich mir auf den ersten Blick unter einem Dutzend seiner College» aus anderen Städten hcrauszufindeN, wie den Hahn unter den Hühnern. Ueber dem Antlitz, der Gestalt, der Kleidung des Dresdner Lohnkutschers liegt so recht eigentlich das /e /re sais yltor des Franzosen ausgegosscn, das eigen- thümliche doch unaussprechliche Etwas, daS ver. gebens die menschliche Sprache in Worten aus zudrücken versucht. Es ist mir immer beim An blick eines Dresdner Lohnkutschers vorgekommen, als habe der Schöpfer bei seiner Geburt gesagt: „diesen da bestimme ich dazu, daß er Wagen- lcnker werde in Dresden, um für's Geld müde Menschenkinder ober Solche, die sich einbilden