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68 griff gegen den Regenten jetzt als einen Ang'iff gegen das eigne Recht betrachten möchte! Nur so kann cs die abermals drohenden Graueln des Bürge, kriegs von sich abwendcn. Frankreich. In einer der letzten Sitzungen der Dcputirtenkammer legte der Großsiegel- bewahrer einen Gesetzentwurf vor, der eine be- mcrkenswerthe Lücke des französischen Strafge- sctzes ausfüllcn soll. Als Veranlassung zu seinem Anträge gab der Minister an, daß bisher jeder Franzose im Auslande ungestraft jedes Verbre chen begehen durfte, wenn dies nur nicht gegen einen Franzosen gerichtet war, und wenn es ihm nur gelang, aus dem Auslande wieder nach Frankreich zu kommen. Ausgclicfcrt konnte der Verbrecher nach französischem Staatsrechte nicht werden und die französischen Gerichte waren auch nicht competent, ihn wegen der Dinge, die er im Auslande begangen, zur Untersuchung zu zie hen, cs sei denn, daß ein Franzose dadurch ver letzt worden wäre. Ein solcher Zustand der Dinge mußte natürlich zu manchen Mißbrauchen führen und mit Hinweisung auf diese so wie auf die moralische Nothwendigkcit, daß keinem Ver brecher Straflosigkeit zugesichert werde, verlangte der Minister für die französischen Gerichte die Befugniß auch die von Franzosen im Auslande gegen Ausländer begangenen Verbrechen zur Untersuchung zu ziehen. — Von welcher Wich tigkeit die Annahme dieses Gesetzentwurfs für Deutschland, namentlich für die an Frankreich angrenzenden Lander ist, bedarf wohl keiner wei tern Beweisführung wenn man erwägt, daß cs doch geradezu dem Verbrechen Thor und Thür öffnen heißt, wenn der Verbrecher nur für die im Vatcrlande und an Landsleuten verübten Ver gehungen bestraft wird, in allen übrigen Fallen aber vor jeder Ahndung der Gesetze sicher ist, sobald er nur erst den heimischen Boden wieder betreten. Sonach wird cs also französischen, an der deutschen Grenze wohnenden Unterthanen außerordentlich leicht, an ihren deutschen Nach- barn die größten Frevel zu verüben, da sie nach vollbrachter That auf weiter nichts bedacht zu sein brauchen, als den französischen Boden wie- der zu erreichen, um in größter Ruhe und Sicher heit des Gelingens ihrer bösen Thatcn sich zu erfreuen. Zur Ehre Frankreichs wollen wir glauben, daß der beantragte Gesetzentwurf bal digst angenommen werden und seine heilsame Kraft ausüben wird. Vermischtes. Im December v. I. wurde, wie in Nr. 48 d. Bl. bereits berichtet worden ist, in Diekirch im Luxemburgischen ein gewisser v?-. Küborn von einem Beamten, Namens Dumont, auf einem Balle erstochen, weil Küborn eine zu Gunsten des Königs-Großherzog gehaltene To astrede, die sich auf die Weigerung desselben, Luxemburg dem deutschen Zollverbandc einzuvcr- leiben, bezog, scharf kritisste. Die zahlreichen Freunde des Mörders suchten bekanntlich auf alle Weise die ruchlose That desselben als ein Werk des Zufalls darzustcllen, was ihnen jcdoch, da die Absichtlichkeit des Mordes offen und klar zu Tage lag, nicht gelingen konnte. — Am 14. Februar d. I. waren nun die Assisen mit Du- mont's Prozeß eröffnet worden. Nach Beendi gung der Zeugcnvcrhöre (45 an der Zahl) be gann das Plaidiren der Advvcaten. Eine große Masse Menschen füllte den Saal. Das Urtel wurde dahin ausgesprochen, daß der Meuchel mörder Dumont aus mildernden Gründen die Strafe eines zweijährigen Gefängnisses zu erdulden hat und außerdem zum Tragen der Prozcßkosten verpflichtet ist. Ob der Verur- theilte nach ausgestandener Strafe scm Amt wie der antreten wird, ist gesetzlich zu bezweifeln; doch möchte es insofern zu wünschen sein, als er, obwohl vermögend, doch Vater einer zahlrei chen Familie ist und der Witwe des Erstochenen eine jährliche Rente ausgesetzt hat. — Man bezweifelt also, daß Dumont nach überstan dener Strafzeit sein Amt wieder antreten wird. Jeder Zweifel laßt aber die Möglichkeit zu, daß auch das Gcgenthcil von Dem, was man bezweifelt, geschehen kann. Im Luxemburgischen muß es demnach möglich sein, daß ein Meuchel- Mörder, nachdem er seine Strafe überstanden, in sein Amt als Staatsdiener wieder eintre ten und das öffentliche Vertrauen nach wie vor genießen kann. Man wünscht diesen Wiedereintritt des reichen Verbrechers in den Staatsdienst aus dem Grunde, weil derselbe Vater einer zahlreichen Familie ist und dabei in einer Anwandlung von unerhörter Großmuth der Witwe des Erstochenen eine jährliche Rente ausgesetzt hat. Die öffentliche Meinung im Luxemburgischen (wenn anders der mitgcthcilte, der L- A. Z. entnommene Bericht als Organ der öffentlichen Meinung daselbst gelten kann) halt also einen Mörder, wenn er Familienva ter und vermögend ist, um durch Geld sein Verbrechen sühnen zu können, für weniger straf würdig, als bei einer gleichen That einen armen Teufel, der ein hingeopfertes Menschenleben nicht mit Gold bezahlen kann und noch dazu das Un- glück hat — keine Kinder zu haben. — Wie doch die Ncchtsdcgriffe so verschieden sein können! Seit vielen Jahren haben sich im Thürin ger Walde bei so niedrigen Kältegraden nicht so ungeheure Schnccmasscn aufgchauft als im gegenwärtigen. Die Bewohner der dortigen Gegend sind im vollsten Sinne des Worts cin- geschneiet. Gewöhnlich liegt der Schnee manns hoch; an vielen Orten aber hat ihn der Wind zu gewaltigen Bergen aufgethürmt, so daß man-