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128 führen, nicht aber der Mangel an guten Prcdi- gern. Denn was ich von der erbauenden Kraft deS gemeinschaftlichen Gebels und Gesanges ge sagt habe, gilt hier auch, aber daS kann nur ein frommes Gcmülh fühlen, unsre Zeitgenossen ha« ben aber meist die Köpfe voll von unfrommen Einbildungen; wer sich beim Gebet und Gesang nichts denken kann, der hört auch die Predigt nicht aus frommem Bedürfnis wer sie aber aus frommem Bedürfniß hört, der erbaut sich auch, wenn sie weniger gut ist, denn er weiß, daß er noch lange nicht alles weiß. — Ich bin nicht gewiß, ob Ihnen meine Beweisführung deutlich geworden ist, aber ich setze voraus, es mit ei« nein einigermaßen gebildeten Manne zu lhun zu haben, als solcher verstehen Sie mich wohl. 3) Nach mehreren Aeußerungen möchte ich glauben, Ihr Aufsatz rühre nicht vom wahren Eifer, sondern von der Absicht her, den Herrn Pastor selbst anzuklagcn. Wenigstens bemerken Sie, „daß der Pastor an jenem Sonntage selber zu predigen nicht Zeil oder nicht Kraft halte," und die Anführung der Zeiten, wo schon „eine theologische Perücke die Gemeinde in Respect und Andacht setzte," — zeigt Ihr hämisches, unchristliches Bemühen den Herrn Geistlichen des Orts zu blamiren, was überhaupt durch Ihren Aufsatz in diesem öffentlichen Blatte geschehen ist. Wie soll aber der Geistliche segensreich wirken, wenn seine Verhöhnung auf den Dorfkneipen im Wochcnblatte gelesen wird? Sie geben einen schlechten Beweis von Ihrem Christcnlhum, und einen noch schlechteren von Ihrer Einsicht in's praktische Leben. 4) Aber noch mehr. Warum gehen Sie denn nur immer so um den Brei herum (ich brauche diesen Ausdruck, da Sie selbst vom „be köstigen" und vom „zulangen" „in der Kirche" sprechen), und reden von nichts, als von der armen, kraftlosen Predigt, vom schlechten Vor träge u. s. w.? — Warum beweisen Sie nicht durch die Hauptsätze der Predigt, daß dieselbe gehaltlos war? Wissen Eie das Thema? So geben Sie es gefälligst zum Besten, und bleiben dem verehrlichen Publikum die Beweise für Ihre Behauptung nicht schuldig, sonst müßte man Ihre Anklage außerdem noch für schlecht begründet ansehen. Hierzu kommt 5) Wo soll denn der Candidat, Wenn er nicht mehr in Leipzig ist, sich im Predigen üben, wenn es nicht vor dem Volke geschieht? Grade vor einem so gebildeten, so Helles Licht der Aufkla- rung von sich strahlendem Publikum, wie das ist, welches Sie mit bilden helfen — grade da muß der Anfänger sich üben, muß sich grade da ei ner Benrthcilung von befähigten Männern unterwerfen, damit er's künftig besser mache. Wenn Sie das überlegt hätten, würden Sie nicht so in's Blaue hinein, sondern besonnener, aber nicht im Wochcnblatte, sondern am passen deren Orte geurtheilt haben. Aber 6) bitte ich Sie recht sehr, bekümmern Sie sich besser um den Stand der Wissenschaft, um de Anforderungen, die jetzt an den Theologen gemacht werden. Wenn Sie nicht irre geredet hätten, würden Sic nicht behauptet haben, daß die theologischen Prüflings, und Bildungsbehör- den zu große Nachsicht üben. DaS kann nur einer sagen, der etwas reden will, wovon er nichts versteht. Wenn Sie sich gefälligst näher erkundigen wollen, werden Sie finden, daß jetzt das theologische Studium kaum mit viertehalb Jahren, den strengen Anforderungen gemäß, auf der Universität vollendet wird, während man frü her oft mit zwei Jahren abgmg. Ferner muß jetzt jeder Candidat der Theologie noch zwei Jahre fortarbeiten, ehe er daS Wahlfähigkeitsexamen machen kann. Endlich wird bei der Candidaten prüfung die 1. Ccnsur fast gar nicht, die 2. sel ten gegeben; wenn Sie also das Gesetz (Rcgu- lativ, die auf der Universität zu Leipzig zu hal tenden theologischen Candidaten «Prüfungen be treffend; abgedruckt in Nr. 24. der Leipziger Zci« lung 1833.) und die Erfahrung sachkundiger Leute fragen, werden Sie demnach von „zu großer Nachsicht der Prüfungsbchörde" nicht nur nicht „Einiges," sondern gar nichts reden können. Endlich 7) könnte es scheinen, als wenn der unter Ihrem Aufsatze stehende Name nicht Ihr wirk- lichcr Name wäre; ich möchte aber nicht glau ben, daß ein so weit strahlen wollender Leuchter sich unter einen Scheffel verkriechen sollte, denn wer ein gut Gewissen hat, nennt seinen Namen. Darum erlaube ich mir die Versicherung hinzu- zufügen, daß ich in Herrn Jeremias Frei den guten Willen ehre, welchen er hat; wenn ich auch mit seinem. Aufsatze nicht übcreinstimme; und daß ich durchaus nicht etwa von andcrm Interesse, als von dem der Wahrheit zur Ent« gegnung bewogen wurde, denn ich kenne keine der betreffenden Personen. Uebrigcns machen Sie, Herr Redacteur, Sich verdient, wenn Sie diese Erwiederung in die Spalten Ihres Blattes aufnehmcn, denn Sie geben dann der Wahrheit die Ehre, und Viele werden Ihnen dafür dankbar sein. Moritz Tutschmann. Erklärung. Daß die in Nr. 8 des zweiten Jahrgangs d. B. be- sindlichen Werse, deren letzte Strophe mit Len Buchstabe» „P. d. m. s. sieh schließt," keinen Bewohner des durch die Buchstaben angedcuteten Ortes zum Verfasser haben, wird auf besonderes Verlangen hierdurch bescheinigt. Die Redaction. Druck von Moritz Christian Klinkicht inn. in Meißen.