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Wild zu versuchen. Erstlich fühlt er zu sehr seine Ohnmacht den Bewohnern des Waldes gegenüber, und zweitens scheint es die Natur selbst zu woll n, daß er erst mehre Studien durchlaufe, ehe die ei gentliche Waidmannslust an die Stelle seiner kin- c sichen Begierden tritt. Daher treibt ihn vor der Hand noch der Jagdleufel zu Beschäftigungen an,, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen. Er stellt im Herbst mit veitenschaft Sprenkel und wobl auch Dohnen. Befindet l-ch ein Vogelheerd in der Nähe seines Wohnorts, so kennt er kein größeres Vergnügen, als dort zu weilen, und der Vogelsteller ist sein bester Freund. Es kommt wohl auch zuweilen der Fall vor, daß wenn Ler Jagdt usel ihm allzusehr zusetzt, er es auf die Ge fahr hin eine empfindliche Züchtigung zu erleiden wagt, hinter der Schule weg zu schleichen, um im grümn Wald die Freuden des Vogelstellers zuthei- len, für welche er unbedingt jede andere Erden seligkeit willig hingeben würde. Ueberhaupt übt der Aufenthalt in Flur und Hain einen unwider stehlichen Zauber auf ihn aus. Im grünen Wald namentlich kommt ein eignes Gefühl von Glück und Lust über ihn, von dem er sich noch keine Rechenschaft zu geben vermag. Es erwacht ein Drängen und Treiben in seiner Seele, daß er laut aufjubeln möchte vor Wonne, wenn das grüne schattige Laubdach ihn ausgenommen in sein in nerstes Heiligthum, und zuweilen dämmert cs in ' seinem Geiste auf wie die Ahnung künftiger Jagd lust. Er könnte Thränen vergießen in der stillen Heimlichkeit des Waldes gleich der Jungfrau, wenn die schmelzenden Licbesklagcn der Nachtigall in die Fliederlaube und in ihr gleichfühlendes Herz drin gen. Er weiß nicht, wie ihm geschehen, und doch wünscht er, daß es ewig so bliebe. Er könnte fast sentimental werden, wenn er nicht eben auf dem schlanken Fichtenbaum da drüben zwischen den liefdunklen Zweigen ein Vogelnest gewahrte. Bald hat der gewandte Kletterer den Baum erklommen, flicke, schüngesiederte Eichelgabichte starren mit weit geöffneten Schnäbeln unter lautem Kreischen den kecken Wagehals an, und während dieser den glück lichen Fund als wohlerworbene Beute in Sicherheit bringt, jauchst der ihm inwohnende große Jagd- teufcl wiederum jubelnd Hallali! (Fortsetzung folgt.) Stoff zum Nachdenken. Ein trauriger Selbstmord hat sich in Barmen zugctragen. Der Unglückliche, der seinem Leben freiwillig ein Ende machte, war früher Schulmei ster und später in einer Fabrik beschäftigt; das Schulmeistern mußte er aufgeben und sich zu Hand arbeiten bequemen, um seine Familie ernähren zu können- Seine ehelichen Verhältnisse waren un befriedigend und schlossen mit einer Trennung von seiner Frau. In einem nachgelassenen Briefe an diese gesteht er, daß er sie niemals gehaßt habe, und bedauern müsse, daß Launen und Mißver- stänt niste ihren beiderseitigen Frieden getrübt hät ten. Vor einem Jahre etwa wurde er gefährlich krank und aus dem Dienste entlaßen. Naw seiner Gene ung konnte er keine Stelle wieder erhalte! - und wohnte seitdem in einer Handwerkerhe, berge. Der Wirth gibt ihm das Zeugniß, daß er sehr ordentlich, kein Trunkenbold, und überhaupt durch aus brav gewesen sei. Seine gedrückte Lage habe den Mann bisweilen zu bittcrn Ausdrücken veranlaßt, und einmal habe er das Verlangen an ihn gestellt, ihm die Lyürc zu weisen, da ihm der Biqen im Munde quelle, den er nicht bezahlen könne. Der Wirth, ein Ehrenmann, vertröstete ihn auf begere Zeiten, und hielt ihn bei sich im Harqe. Er har indeß die besseren Zeiten nicht abgewartet, und sich im Rathhaussaale, wo der Sradtralh sich zu versammeln pflegt, erschossen. Unter seinen Papieren befindet sich das Eoncept eines Briefes, worin er bemerkt, daß er vergebens mehre Reiche und Vornehme der Stadt, deren Namen er nennt, mit seiner Noth bekannt ge macht habe, und nun von der städtischen Verwal tung hoffe, daß sie ihm Arbeit verschaffe. Er sei bereits so heruntergekommen, daß cs eine Diebes bande gewagt, ihm zuzutrauen, er werde sich ihr anschließcn, und komme keine Hülfe, so wiße er nicht, ob seine moralische Kraft aushieltc gegen derartige Verlockungen des Lasters. In einem andern Schreiben flößt ihm seine Verlassenheit herbe Betrachtungen über den Unterschied zwischen Armen -und Reichen ein. Es empört ihn, zu sehen, wie man luxuriöse Gesellschaftshäuser baue, um zu schlemmen, während nicht daran gedacht werde, Zufluchtsstätten für ehrliche Arbeits lose zu errichten. Es empört ihn, daß die Rei chen so stolz in ihren Carosten dahinfahrcn, und kaum einen mitleidigen Blick auf den Armen von ihrer Höhe herabwerfen u. s. w. Das Alles ist ruhig und klar, mit fester Hand und in fließen dem Style, wie er eines geöildeten Mannes aus den höheren Ständen würdig ist, geschrieben. Man erkennt bald, daß der Unglückliche eine tüchtige Intelligenz besaß und vom Schicksale in eine falsche Lebenslage gebracht wurde. Der Fall ist herzer schütternd, aber lehrreich. Wir ersehen aus dieser nackten Thatsachr, wie cs in unsern Tagen mög lich ist, daß ein Mann im besten Lebensalter, mit Kenntnissen und gutem Willen versehen, Jahre lang ohne Beschaftisiung sein kann, und elend zu Grunde gehen muß. Ein Attentat auf den König von Preußen. Denjenigen, welche keine politische Zeitung lesen, theilen wir Folgendes mit: Als der König von Preußen, um eine beabsich- 31 *