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le er bald, die Einfald seiner Umgebung kennend, einen andern Entschluß, der rascher die Leiden sei ner ihm unerträglichen Lage endigen sollte. Ihr seht, sagte er, diesem Querbalken. Ich werde einen Strick hinüber werfen und das eine Ende um meinen Hals befestigen, mit dem andern Ende müßt ihr mich dann rasch und kräftig gegen Len Balken ziehen, aber vor allen Dingen nicht auf mich, sondern unverwandt zu jenem Fenster hinaussehen, durch welches ich bald darauf, in ein Schwein verwandelt, von außen in die Stube fliegen werde. Gesagt, gethan, der Strick wurde um den Bal ken geschlungen, das Ende um den Hals befestigt, und einige zogen mit einem tüchtigen Ruck den zappelnden Körper in die Höhe. Die Versammelten blickten nun neugierig zum Fenster hinaus, die Ankunft Lek Schweines durch dasselbe erwartend, und als einige Zeit darüber verging, lösten selbst Mägde die Knechte im Strickhaltcn ab. Einem der An wesenden, der endlich sich umblickte und den Kör per bewegungslos an der Zimmerdecke hängen sah, schien die Sache doch verdächtig. Er eilte zu dem nebenan wohnendcnjSchulzen, einem Juristen, wel cher seine Laufbahn aufgegebcn und einen bedeu tenden Grundbesitz im Dorfe sich angekauft hatte, und thcilte diesem die Vorgänge in der Schenke mit. Derselbe begab sich sogleich dorthin, wo die Knechte und Mägde ausdauernd noch immer zum Fenster hinausstarrten. Der Unglückliche hing an Lem Balken, wurde herabgclasscn, war aber na türlich eine Leiche; alle angewandten Wiederbele bungsversuche blieben erfolglos. Unsere socia len Verhältnisse müssen an großen Gebrechlich keiten leiden, wenn die Martern materieller Le benssorgen so häufig zum Selbstmord führen. Die Alten kannten das Gespenst des Pauperismus nicht, welches mehr als alle andere Principienfragen un sere bürgerliche Verhältnisse mit einer endlichen Auflösung bedroht. Iägerstücklein von Berthold Auerbach. (Aus Lcm „deutschen Familienbuch.") Der bestrafte Wilderer. Nicht wahr, so was hört der Leser gern? Piff, paff! wenn's recht knallt, und man sitzt dabei ruhig in seiner warmen Stube, und hört von al lerlei Fährlichkeiten draußen im wilden Wald er zählen. ES ist aber auch wahr, außer den Wasch weibern und alten Soldaten wissen die Jäger am meisten Geschichten zu erzählen, und wenn sie ein wenig aufschncidcn, so heißt man daS Jägerlatein. Das, was ich jetzt erzähle, ist buchstäblich wahr, und geschehen im Jahre 1842, ich weiß nicht am 12. oder 13. October. „Ich habe," so erzählt ein Doktor und nimmt einen tüchtigen Schluck, „die Jagd von Grünheim gepachtet; aber die Wilderer schossen mir die meisten Hasen weg. Ich denke nun, du mußt einmal recht aufpassen und sehen, daß du so einen Wilderer dran kriegst. Ich setze mich also in einen Busch und warte." Ich brauche aber nicht lange zu warten. Da kommt der Stephan gegangen, führt einen alten Gaul, der kaum mehr die Haut über den Knochen hat, dabei aber noch ganz gut läuft, am Halfter, und trägt untcrm rechten Arm die Flinte. Am Walde läßt er den Gaul weiden und stellt sich auf den Anstand. Ich springe vor und sage: „„Was will Er da?"" „„Ich .... ich will den Gaul da todt schie ßen,"" sagt der Stephan ganz- verblüfft. „„Da kann geholfen werden,"" sag' ich, und paff! jag' ich dem Gaul eine Kugel in's Hirn, plums da liegt er. Mein Stephan ist aber nicht mehr auf das Wildern ausgegangen." Jägerlatein. In einer Stadt am Main, sie soll mit dem ersten Buchstaben Offenbach heißen, da war ein Jäger der konnte mit dem großen Messer auf schneiden. Man hörte ihm gern zu, denn es war alles gesalzen und geschmalzcn, was er so vor brachte, und er verlangte auch weiter nicht, daß man ihn glaube, sondern daß man ihn zuhörc. So kommt er eines Abends ins Wirthshaus, wo viele Leute beisammen sitzen. „Ja!" sagt er, „es ist unerhört, unerhört, was mir passirt ist; aber so wahr, so wahr wir hier bei einander sitzen. Ihr kennt doch alle meinen Waldmann, daß ist ein Thier, es hat mehr als Menschenverstand. Ich schieß' nun heut in der grimmen Kälte einen Hasen. Ich will nur 3 schießen, was soll ich die Lhierchcn so plagen, die Kälte plagt sie schon ge nug. Ich hab' also den dritten eins tüchtig auf's Fell geprotzt; ich geb meinen Waldmann nur einen Wink, er versteht mich schon, daß er apportiren soll. Mein Waldmann läuft und läuft über den Ha sen hinaus; ich versteh mich nicht, was das sein soll. Ich pfeif ihm, er hört nicht auf mich, läuft und läuft immer weiter und kommt endlich zurück, und was bringt er mir? einen erfrornen Hand werksbursch. Ich denk', was sollst du mit dem da anfangen so im weiten Feld draußen? Ich sag: Waldmann: trägst ihn gleich wieder hin, wo du ihn hergeholt hast, und daS Thier folgt mir auf das Pünktchen hin. So erzählte der Jäger, stopfte sich eine frische Pfeife, und begann gleich darauf aus dem reichen Schatze seiner Wcidmannserfahrungen eine neue Historie vorzutragen, während die Zuhörer noch lange das Erstaunen über das soeben Vernomme ne in starrer Betäubung fcsthiclt. Vermischtes. Die Schützengildc in Königsberg hat in Bezug auf das Attentat auf den König vo