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ob auch andere an andern Orten in eben solcher Weise ihr Gewerbe treiben, oder ob er ihnen wird einige Kunstgriffe ablernen können. Das sich ihm Darbietende erlernt er nun durch Absehen und Nachmachen, nicht aber durch eigentliches Denken und Forschen. Ein großer Theil unsrer Jugend hält auch das nicht einmal sür nörhig, sondern tritt, wenige Jahre, nachdem er die Gesellenschaft errungen, als Meister auf, um sein Gewerbe nicht nur selbst eben so mechanisch zu betreiben, sondern um es auch andere zu lehren. Durch die an sehr vielen Orten bestehende unbedingte Ge- werbefreibeit wird er hierin besonders begünstigt. DaS System, sich einen oder gar einige Lehr linge zu halten, ist zu lockend, als daß er ihm nicht gleichfalls huldigen sollte. Er darf ja einen solchen jungen Menschen, im Fall derselbe Lehrgeld bezahlt 3 Jahre und ohne solches 4 und öfter noch länger behalten. Ein solcher muß ihm im er sten Jahre die gewöhnlichen Hausarbeiten ver richten, den Garten oder das Feld bestellen helfen, die Kinder beaufsichtigen, Handlangern rc., ohne daß ihm, dem sogenannten Meister, daraus beson dere Kosten entsprängen; im Gegentheile, diese Dienste sind ihm nur Gewinn. Im zweiten werden dem Lehrlinge einige Fertigkeiten so lange gezeigt, bis er sie mechanisch auszuführen im Stande ist und erst im dritten oder vierten lernt er den ganzen Reichlhum seines zu erlernenden Ge schäftes mcchanisch-practisch. Jegliche gei stige Interessen sind ihm während dieser ganzen Laufbahn fremd geworden; er hatte ja keine Zeit, keine Gelegenheit, keine Anleitung und zuletzt lei der keine Lust mehr zu seiner ferneren Ausbildung. Darf es uns nach diesem noch wundern, daß ein so ausgewachsener Mensch nichts mehr gelesen, noch weniger gedacht oder geschrieben hat? Wa§ war aber eine weitere Folge von allem diesen? — Die geistige Abstumpfung ließ ihn seine Zuflucht zu rohen Gesellschaften nehmen, denn gleich und gleich gesellt sich gern, und ihr wüstes Treiben wie die Folgen desselben brachte ihn in seiner Schulbildung so weit zurück, daß er sogar unfähig geworden, sich selbstständig weiter auszubilden, tollte ihm auch wirklich noch einmal ein solcher Gedanke in den Sinn kommen. Diese traurige und nieder- schlagende Erscheinung würde sich indcß ganz an ders und viel erhebender gestalten, wenn zunächst die Volksschule durch Kleinkinderschulen entwickelte und vorbereitete Schüler erhielte; diese sie in der früher angedeuteten Weise fortentwickelle und un terrichtete und sie dann der Sonntagsschule über gäbe, damit in ihnen die bereits erworbenen Kennt nisse befestigt und vermehrt würden. Dann wür den wir vielleicht einst überall mit Schiller sagen können: So laßt uns jetzt mit Fleiß betrachten, Wa§ durch die schwache Kraft entspringt; Den schlechten Mann muß man verachten, Der nie bedacht, was er vollbringt. Das ist's ja, was den Menschen zieret, Und dazu ward ihm der Verstand, Daß er im innern Herzen spüret, Was er da schafft mit seiner Hand. Es kann wohl nach dem Vorstehenden an der Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit von Sonn- tagsschulen nicht mehr gezweifelt werden und jeder Menschenfreund, jeder Freund der Hebung der Hebung der Menschheit wird gewiß freudig seine Hand darbieten, damit solche Anstalten gegründet werden. Wird doch durch sie das wahre Wohl der Menschheit immer mehr befördert; wird doch durch sie, indem man den Menschen anregt, seine Körper- und Geistesbildung zweckmäßig anzuwcn- den, dieser sein Geschäft denkend zu treiben sich bemühen unv eben dadurch einen größern Gewinn erzielen, mit und durch diesen aber der Wohlstand sich vermehren und vergrößern und das Glück vie ler Lausende sich günstig gestalten. Wird nicht der Reiche unter solchen Umständen gern die Mit tel an die Hand geben, durch welche auch der Arme sich aus der Liefe cmporschwingen könnte! Die nun zu beantwortende Frage dürfte etwa die sein: Wie sind solche Anstalten zweck- und zeitgemäß einzurichten? — Nach unserm Da fürhalten müßten die Schüler sogleich nach dem Austritte aus der Volksschule in die Sonntags schulen ausgenommen werden, damit im Unter richte keine Unterbrechung eintrate. ES müßten demnach solche Schulen ein Gemeingut werden, nicht etwa blos für Handwerker in Städten, oder vielleicht nur für Einzelne, welche und wann sie gerade Lust haben; nein, alle müßten diese Schulen besuchen, denn alle bedürfen noch de§ Unterrichts, alle der Fortbildung. In jeder Ge meinde sollten demnach solche Anstalten gegründet werden; jede könnte sie ihren Bedürfnissen nach weiter ordnen. Von'den Lehrgegenständen lassen sich alle die, welche in der Volksschule vorkommen, nicht culti- viren, besonders aus Zeitmangel. Doch ist dieses auch wohl nicht nöthig. Sorgt ja die Kirche durch ihre Predigten rc. für eine weitere Fortbil dung und Befestigung in den Wahrheiten der Religion und wird der ferner zum Denken ange- haltcne Schüler durch den fortgesetzten Unterricht zur Selbstständigkeitrc. angehalten. Der Sprach unterricht, die Mathematik, Zeichnen und Naturwissenschaften, zu denen sich am Schluffe eines solchen Lehrcursus noch eine schon früher in der Schule durch den Geschichtsunter richt angedcutetc Belehrung über die Pflichten ei nes Bürgers, die etwaige Landesverfassung, Ge meindeordnung rc. anschlicßcn könnte, dürften die vorzüglichsten Lehrgegenstände sein, in deoen^ der Unterricht fortgesetzt und befestigt werden müßte.