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aber die Freunde des Lichts und der Aufklärung, dann, ja dann hat die Geschichie nicht gelogen. Werfen wir den Rhein entlang die Blicke stromabwärts, so sehen wir daS kleine schulden, beladene Holland, wie cs mit eifersüchtigem Auge den großen deutschen Strom bewacht, daß nicht der Kiel eines deutschen Schiffes ungehin dert seine Wellen durchschncide und das Meer erreiche. Durch diese fortwährende Flußsperrc, bie der kleinlichste Krämergeist hcrvorgcrufcn, und die alles Recht verhöhnende Weigerung, Luxem burg dem deutschen Zollverbande einzuverlcibcn, hat sich Holland einen Flecken mehr in das große Schuldbuch der Vergangenheit eingetragen. Möge doch Preußen recht bald durch ein Machtwort diesem widerrechtlichen Zustand ein Ende machen! Wohin aber sollen wir, am Ocean angclangt, im Geiste die Blicke wenden, um dir, stolzes Britannien nicht zu begegnen? Deine Flaggen wehen an den Ufern des Ganges so gut, wie auf dem geheimnißvollcn Nigerstrom, die Zeichen deiner Macht sind am rothen Meere so sichtbar, wie im Norden Amcrika's oder am Pontus Euxinus, denn du bist die Beherrscherin des Meeres. Und weil du das Meer beherrschest, willst du auch dcn Frevel nicht dulden, der auf ihm getrieben wird durch den Menschenhan» del. Deine Kreuzer durchstreifen ohne Unterlaß die weite Wasserfläche, um die mit dem Fluch aller Jahrhunderte beladenen Sclavenschiffe auf- zugreifen, und die jüngst geschlossenen Tractale mit Deutschland, Rußland und Frankreich, das gegenseitige Schiffdurchsuchungsrecht be treffend, geben Zeugniß von dem schönen Eifer, den du für die Sache der Menschheit hegst. Nur der freie Amerikaner widersetzt sich, thcils im zu weit getriebenen Freiheitsgefühle, thcils weil seine südlichen Provinzen ohne Sclaven noch nicht bestehen können, den Aufforderungen zum gleichen Beitritt. Die Zukunft muß lehren, ob es dir im neunzehnten Jahrhundert gelingen wird, die schwarze Mcnschensracht von den Schiffs« ladungen auszuschlicßen, oder ob dieser empö rende Handel noch ferner als dunkler Flecken die Jahrbücher der Geschichte füllen wird. Im grellen Widerspruche mit diesen philan- tropischen Ideen, die sogar das ferne Indien nicht ausschlicßen, wo man das Verbrennen der Witwen möglichst zu hindern sucht, steht daheim das Verfahren Englands mit seinen Untcrchanen. DaS starre Festhalten an den Getreide ge- setzen hat schon namenloses Elend in dcn unter- stcn Vvlksklassen hnbeigcführt, und Tausende von brotlosen Arbeitern irrcn gegenwärtig in den Straßen der Städte umher/ das Mitleid der Reichen auf herzzerreißende Weise in Anspruch nehmend. England möge sich aber hüten, durch eigne Schuld nicht das Elend seiner Untcrchanen auf den höchsten Gipfel zu steigern. Jetzt bittet noch der Bettler. Doch cs kann eine Zeit kom men, und sie ist vielleicht nicht so fern, wo der Bettler fordert, und wenn die Forderung ihm verweigert wird, mit Gewalt nimmt. Sind aber die Schranken, welche das Gesetz gezogen, einmal nicdergcrisscn oder übersprungen, dann wehe Euch, Ihr stolzen Söhne Albions! Der Pöbel, besonders der hungrige Pöbel, gleicht, wenn die schlummernden Dämonen in seinem Innern einmal wach gerüttelt sind, dem Raub- thiere der Wüste, dessen Begierden der Genuß nicht sättigt, sondern steigert. Möchte es doch Euch gelingen, recht bald durch weisere Gesetze dcn Sturm zu beschwören, der schon von fern herantvbt. Wenden wir jetzt die Blicke über das Meer und Demschland hinweg nach Osten zu, so brei tet sich das ungeheure russische Reich vor uns aus, dessen Grenzen der äußerste Norden und der glühendste Süden bezeichnen. Schritt vor Schritt, aber um so sicherer, verfolgt Ruß land seinen großen Plan, die Oberherrschaft über Europa, ja vielleicht die Weltherrschaft, zu er- langen. Die letzte Spur der polnischen Nativ- nalität ist verschwunden und die Umwandlung des Königreichs Polen in eine russische Provinz bereits bewerkstelligt worden. So grenzt also Deutschland im Osten unmittelbar an Rußland, und die zärtlichen Freundschaftsbeweise der Co saken an der Grenze» mit welchen sie die Deut schen überhäufen, geben ein eben so lautes Zeug, niß von dem innigen Einverstandniß mit Preu ßen, wie die goldnen Lettern auf dem Denkmal bei Kalisch. — Im Süden des Riesenreichs steht eine schlagfertige Armee, um beim ersten günstigen Augenblick Konstantinopel zu besetzen, woraus die vereinigten Flotten Englands, Frank reichs und Deutschlands sie wohl schwerlich wie der verdrängen dürften, vorausgefctzt, wenn in diesem Falle diese drei Machte auch wirklich einig waren. Einmal aber im Bcsitz der Haupt stadt des türkischen Reichs, nach dem schon Ca tharina H. so eifrig trachtete, könnte es dann nicht fehlen, daß die ganze europäische Türkei Rußland zufiele und der schöne Traum vom europäischen Gleichgewicht weiter nichts als cbcn ein schöner Traum bliebe. Das nun das osmanische Reich selbst gegenwärtig für das Schicksal und den Frieden Europas von der höchsten Bedeutung ist, liegt auf der Hand. Dieses Land, bedroht von allen Seiten von mächtigen Feinden oder beunruhigt von Vasallen, die mehr seinen Feinden als ihm selbst gehorchen; gequält im Innern von Elend und Entvölkerung; verheert durch die Unordnung, Sorglosigkeit und Habsucht der Verwaltung; verrathcn in seinen Wünschen nach Derbesierung durch den üblen Willen und Entmuthigunq der Subalternen; gespalten durch Mangel an Einheit der Bevölkerung und bedroht durch die Unwissen heit und Faulheit der eignen Untcrchanen, bietet