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35 eine freiere, und doch strengere, auf Menschlich keit aber und Vertrauen begründete, Gesetzge b u n g für das herrschende Bedürfniß Sorge getragen! Hier ist nicht mehr von Folter und Staupen- schlaq, nicht mehr von Galgen und Rad, Zwicken und Viertheilen, von Ersäufen und Verbrennen die Rede. Hier nicht mehr jene schauervolle Heimlichkeit gericht licher Verhandlungen, nicht mehr jene entsetzen volle jahrelange Gefangenschaft ohne Ver- hör und Urtheilsspruch! Auf den Grundsatz, daß väterliche Fürsorge mehr fruchte, als barbarische Züchtigung, und weise gesetzliche Vorkehrungen segensvollcre Thatcn wirken als des Henkers entmenschte Hand, ist dcrMlle des Staates gebaut. So heilsame Gesetze als die letzten zehn Jahre uns gebracht haben, sind vorher in man chem Jahrhundert nicht in die Welt ausgegan gen. Sachsens Schulen waren im Verhaltniß zu denen andrer Nationen nicht in einem Zustande des Verderbens — al lein, wer wird leugnen wollen, daß ein weiser Arzt ihnen dennoch Noth gethan? Ihre Krank heiten waren der Schlendrian, und mangel hafte Lehrerbildung, — am 6. Juni 1835 ward beiden das erste große Recept verschrieben, und stehe, es hat herrlich angeschlagen! Komm, liebe Erinnerung und führe uns! Führe uns in die Lchrstuben, wo wahrend der Zeil des Sommers statt 80 kaum 5 Kinder versammelt waren, und der Lehrer für die ganze Woche von den Fehlenden nichts, von den Anwesenden aber fünf leidige Sechser bekam; wo er im Herbst von vorn aufing mit dem bischen Lesen und Schreiben, da im Schweiß deS Sommers alles verdunstet war, wie ein Rauch! Wo man cher Lehrer einer Wandelschule auf die Pedin- gung hin vociret ward, daß er bei gutem Ver halten auch in der Erndte mit helfen dürfe! Zeige uns das Bild des Dorfprofessors, der um des Hungers willen Lesen lehrt, und eigentlich Dorffchneider ist! Des invaliden Soldaten, der von dein sparsamen Gemeinde- richter, damit die Commun ihn nicht aus der Armencasse ernähren müsse, zum Schulmonarchen erhoben wird! Das war vor 50 Jahren nicht unerhört! Und nun blicke um dich, und schaue den Lehrerstand, wie er ist! Welch einen Verein höchst achtenswerther Manner wirst du erblik- kcn, welch' eine erfreuliche Ordnung und Zucht, welch' einen Zustand der Erkenntniß und des elementarischen Wissens in seinem Wirkungskreis! Welch' eine Saat keimt in dem heranwachsen, den Geschlecht einer schönen Zukunft entgegen! ' (Beschluß folgt.) Einige Worte über Schnupfen und Husten von Moritz I h l. Es ist jetzt die Jahreszeit, wo die meisten Nasen feucht sind, und in Gesellschaften fast mehr gehustet als gesprochen wird. Schnup fen und Husten machen die Köpfe und die Brust unsrer meisten Einwohner ganz wüste, und sie beweisen, was von sehr gelehrten Aerzten schon beobachtet worden ist, daß der Husten nicht selten wie eine ansteckende Seuche grassire. — Es gehört aber bei den meisten derartigen Kranken viel Zeit und ein hartnäckiges Husten dazu, ehe sie sich entschließen können, einen Arzt wegen einer solchen Brusikrankhcit zu Rache zu ziehen. Man unterhalt ihn vielmehr mit einer Menge süßen oder auch öligen Mitteln, und ist um so vergnügter, je mehr und je leichter man auswirft. Ich gönne meinen Lesern diese Ruhe die ihnen so viel unruhige Nachte bereitet. Ich könnte ihnen leicht bange machen, wenn ich nur anführen wollte, daß auch der leichteste Catarrh eine kleine Lungen - Entzündung sei, mit welcher man sehr vorsichtig umgehen müsse, wenn sic nicht bedeutendere Lungenentzündungen und sogar die Schwindsucht nach sich ziehen soll. Allein lch bin kein solcher Feind der Zufriedenheit, daß ich sie meinen sichern Lesern ohne die dringendste Nothwcndigkeit entreißen sollte. — Es ist gewiß, daß ein gemeiner, neuer Husten in vielen Fällen wenig Gefahr habe, und daß die gewöhnlichen Hausmittel, welche man dagegen zu brauchen pflegt, noch ziemlich unschuldig sind. Aber mit dem Schnupfen ist es viel kurioser! — Es gibt Leute, die sich gar nicht für gesund halten, wenn sie nicht jährlich ein- oder einigemale einen recht raisonablen Schnup fen haben. Ach wie ist er uns heilsam! sagen sie; wir möchten ihn für vieles Geld nicht missen! Da geht eine Menge Unflath aus dem Geblüte mit fort! rc. rc. Man würde sehr übel thun, wenn man einen solchen Menschen bedauern wollte, wenn er mit einer Nase, die ihm wie ein Blutschwamm im Gesichte glüht, mit Lippen, die unter der schar- sen Traufe, wie gewärmte Kopfkissen, aufschwellcn und feuern, mit weinenden Augen, denen das Licht em Gift ist, und umer beständigen Niesen und Husten seinen Freunden unter die Augen tritt, und ihnen mit einem rauhen Tone höchsi- vergnügt das Glück verkündigt, daß er einen rechtschaffnen Schnupfen und weder Geschmack noch Geruch habe. Man muß sich vielmehr mit solchen Leuten über ihre Krankheit freuen, als ob man selbst wie viel Geld gefunden halte. Ja,