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nicht, er lag auf einem weichen Bette des Consuls, von Liebe und Sorgfalt umgeben, und rang zwischen Lebe» und Tod. Er war einst des Consuls JngenPfrcund'gewesen und in glück lichen Verhältnissen ausgewachsen. Als Kaufmann lernte er die Tochter eines Arztes kennen, er war begütert, Wohlfahrt arm, sie liebte den Letzteren, während der Vater den wohlhabenden Brander vorzvg und sie mit ihm verlobte. Vor der Hochzeit entfloh sie mit dem Geliebten nach Amerika, der dort einen reichen kinderlosen Onkel besaß. Brander liebte die schöne Marie bis zum Wahnsinn, er raste vor Verzweiflung und schwor, sich an den Verräthern zu rächen. So folgte er ihnen über's Meer und fand endlich ihre Spur im Süden, wo sie sich völlig sicher wähnten. Hier raubte er ihr dreijähriges Söhnchen und floh mit ihm nach dem Norden. Das Gewissen ließ ihm keine Ruhe, er hatte kein Glück in der Welt und sank von Stufe zu Stufe, bis er endlich eine Stellung bei Mr. Wilkins in Chicago fand, wo er die erste Nachricht über seinen Todfeind wieder erhielt und in Erfahrung brachte, daß Karl Wohlfahrt als Millionär in Deutschland lebe. Da ließ es ihm keine Ruhe mehr drüben, er mußte sich Geld verschaffen und betrog die Firma um bedeutende Summen, womit er sich aus dem Staube machte. Sein Sohn, dem er eine sorgfältige Ausbildung gegeben, ahnte die Verbrechen des Vaters, ohne jedoch Gewißheit darüber zu haben, er trug schwer an diesem furcht baren Gedanken und hoffte, die deutsche Heimath würde ihn bessern. Es war bemerkenswerth, daß der junge Willrich eine durchaus deutsche Erziehung erhalten hatte und sich, obschon in Amerika geboren und aufgewachsen, doch für einen Deutschen hielt. Jetzt befanden sich beide, Vater und Sohn, unter dem Dache des Konsuls, den letzterer mit seinem Leben geschützt hatte. Sie lebten beide noch, und während an des noch immer besinnungslosen Vaters Bett die einstige Verlobte desselben mit zarter Sorgfalt wachte, kniecte Erika vor dem Lager des Geliebten, die Hand desselben mit Küssen und Thränen bedeckend. Und der Consul, welcher daneben stand, ließ es ruhig geschehen. Es war in der dritten Nacht nach dem Aufruhr; die Consulin saß unbeweglich hinter dem Bettschirm, sie schien entschlummert zu sein, doch war sie es nicht; wie im Traum zogen die Bilder der Vergan genheit an ihr vorüber und eine Thräne rann über die Wangen in ihren Schooß herab. Schwere Seufzer entstiegen ihrer Seele, jener Treubruch der Vergangenheit, wie er es doch im Grunde nicht ein mal gewesen, hatte sich furchtbar an ihrem Familienglück gerächt. Da regte sich leise der Kranke, ängstlich erhob sie sich von ihrem Stuhl und trat geräuschlos an sein Bett. Die Lampe warf ihr mattes Dämmerlicht aus sein erdfahles, lcicheuhaftes Gesicht, und erschreckt fuhr sie zurück, als sie die weitgeöfsneten Augen desselben groß auf sich gerichtet sah. Sie holte ihm zu trinken; sie hob sein Haupt und hielt das Glas an seine Lippen. Er trank begierig und sank dann zurück. „Wer seid Ihr?" fragte er leise. Sie schwieg einen Augenblick, dann sagte sie sanft: „Eure Pfle gerin!" Der Kranke starrte sie an, sein Antlitz schien zu zucken. „Gebt das Licht!" sagte er mühsam. Die Consulin ergriff zögernd die kleine Lampe und hielt sie em por, das Licht viel voll auf ihr edles Antlitz. „Das ist sei» Gesicht," murmelte der Kranke; „seine Augen sind's. Ja, Du bist seine Mutter, Marie!" Die Consulin erbebte, wie von einem elektrischen Schlage getroffen, eine Ahnung durchzog das Muttcrherz, sie setzte die Lampe hin, sank neben dem Lager nieder und sprach unter Thränen: „Brander, ver zeihen Sie! Gott hat mich schwer gestraft, indem er es zuließ, daß mein süßes Kind mir geraubt wurde. — Ich habe keinen Ersatz dafür erhalten, er ließ mich kinderlos und einsam bleiben. Doch habe ich es wohl verdient um Sie, den ich verließ, dem ich das Herz brach." „Und den Du dadurch zum elenden, schlechten Menschen, zum Dieb und Mörder gemacht," flüsterte der Kranke kaum vernehmbar; „o, wie die bösen Geister mich quälen. Sprich, Marie, muß ich sterben?" — Sie schwieg und weinte still, ihr Haupt auf's Bett gedrückt. (Schluß folgt.) Vermischtes. *Die Menge der Nahrung ist fast ebenso wichtig als-<hre Güte Qualität, ja in gewisser Beziehung noch wichtiger. Wie viel wir essen, ist nicht immer Sache der Erziehung und Gewohnheit. Die Kräfte des Magens können, wie wir bei großen Festen rc. sehen, außer ordentlich gesteigert werden. Wenn ein Mensch nicht viel geistige und körperliche Anstrengung hat und sein ganzes Sinnen auf das Essen richtet, kann er es täglich auf 10—12 Pfund Nahrung bringen. Ka pitän Parry fand Sibirier, welche auf einen Sitz 20 Pfd. Hammel fleisch vertilgen konnten. Major Butler berichtet, daß die regelmäßigen Portionen der Beamten der nordwestlichen Pelzgesellschaften 12 Pfd. Rind- oder 15 Pfd. Büffelfleisch betragen; außerdem essen sie noch Brod und allerlei Pflanzenkost. So namentlich im hohen Norden. Andrerseits leben sehr thätige und kultivirte Menschen vollkommen ge sund bei weniger als einem Pfund fester Nahrung, so sehr ist die Menge Sache der Gewöhnung. Fast jeder Mensch, welcher über diese Sache nachgedacht und Versuche gemacht hat, wird erklären, daß er sich um so wohler fühlt, je weniger er vernunftgemäß ißt. So viel steht fest, daß auf Einen, der sich durch zu wenig Essen schadet, Hun dert kommen, die sich durch zu viel Essen benachtheiliaen. * Falsch die Menschen und gefälscht, was sie essen und trinken? Ist das ein Zeichen unserer Zeit? Der Apotheker und Chemiker Bohlen in Zeitz hat im vorigen Jahr 78 Nahrungs- und Genüßmittel amt lich untersucht und davon 28 — 36 PC. verfälscht gefunden. Von 4 untersuchten Butterproben waren 3, von 4 Milchproben 2, von 43 Weinen 21 gefälscht. (Die Verkäufer dieser Weine nahmen sie unter Tragung sämmtlicher Kosten zurück.) Zum Einstürze der Tad-Brücke. Eine vernichtendere Kritik kann man sich gar nicht denken, als den Bericht der Regierungs-Kommissare, welche über die Ursache» des Einsturzes der Eisenbahnbrücke über den Fluß Tay in Schottland ihr Gutachten abzugcben hatten. Jedermann erinnert sich noch der grausigen Katastrophe am Sonntag den 28. Dezember vorigen Jahres, als ein aus Edinburg kommender Personenzug von der Taybrücke unmittelbar vor der Stadt Dundee in den Strom stürzte, wobei sämmtliche Menschen, die sich in dem Zuge be funden hatten, ihr Leben verloren. Die Untersuchung war eine lange, eingehende und sehr genaue. Die Kommissare kamen zu dem Schlüsse, daß die Brücke im Plane schlecht entworfen, schlecht konstruirt und schlecht im Stande erhalten worden sei, und daß der Sturz durch Mängel in der Konstruktion ver ursacht worden sei, welche früher oder später ganz gewiß das Unglück herbeisühren mußten. So lauten die allgemeinen Beschlüsse der Sachverständigen. Und sie der gründen dieselben bis in die kleinsten Details. Sie Wersen nach, daß der Ingenieur Sir Thomas Bonch radikal gegen alle Gesetze der Mechanik in dem Plan für die Brücke gefehlt hätte. Sie zeigen auf das Klarste, daß das zum Bau benutzte Ma terial fehlerhaft an und für sich gewesen und überdies noch schlecht aneinander ge fügt wurde. Die Bolzen, Schrauben, die Balken und Nieten, Alles war zu schwach, nicht am rechten Platze oder nicht kunstgemäß befestigt. Anstatt steinerner Grundlagen brauchte man gußeiserne Säulen, und so geht es in allen Details weiter. Der Auf seher, der den Bau leitete, verstand sein Geschäft nicht, oder wollte die Mängel nicht rügen Und das Schlimmste von Allein: der mit der Prüfung der Brücke betraut« Kommissar des Handelsamtes prüfte nur deren Tragfähigkeit, soweit ein Druck von oben, senkrecht, in Betracht kommt, allein einen Seitendruck zufolge eines heftigen Windes zog er nicht in Betracht. Er äußerte wohl, nachdem er die Brücke für den Verkehr als tauglich erklärt hatte, daß er gern den Einfluß eines starken Win des auf die Brücke während des Passirens eines Zuges sehen würde, allein er wartete ein solches nicht ab, und Alles, was dieser „vorsichtige" Beamte that, bestand darin, daß er der Eisenbahngesellschaft empfahl, die Züge über die Brücke nicht schneller als 25 englische Meilen per Stunde fahren zu lassen. Allein auch diese letztere Mahnung wurde nicht berücksichtigt. Das Resulat dieser Untersuchung ist wohl geeignet, Schrecken in der Brust eines jeden Reisenden zu erwecken. Wenn derlei Nachlässigkeit und schändliche Sorglosigkeit bei einem so hervorragenden Objekte, wie die Tahbrückc war, vorkommen kann, wie sieht es mit der Sicherheit der Hun derte von Brücken, Viadukten, Tunnels und anderen Bauten aus, die täglich von Millionen befahren werden. * Ein interessanter, gegen eine Eisenbahn anhängiger H aftpflicht- prozeß wurde in Mainz verhandelt. Bei dein Eisenbahnunfall in Bischofsheim (hessische Ludwigsbahn) erlitt der Ingenieur Klein von Kempten zwei Brüche am rechten Bein und andere Verletzungen. Das rechte Bein ist schief geheilt und verkürzt, die Brüche an den Knöcheln haben eine verminderte Beweglichkeit der Füße zurückgelassen. Die Frau Klein erhielt u. a. eine bedeutende Kopfwunde mit völliger Ab lösung der Kopfhaut, sowie eine Reihe von Verletzungen an verschie denen Körpertheilcn, deren Folgen sich theils in intensivem Kopfschmerz, theils in Stichen in Rücken und Brust geltend machen. Entsprechend seinen bisherigen Einkünften verlangt Herr Klein von der Ludwigsbahn: 1. die Kosten der ärztlichen Behandlung, 2. für entgangenen Verdienst und innerhalb der nächsten Zeit Badekuren rc. 30,000 M., 3. für den Verlust der dermaligen Einkünfte und Stellung 150,000 M. eventuell eine jährliche Rente von 8500 M.; falls der Ehemann vor seiner Frau sterben sollte, soll diese Rente auf seine Frau eventuell auf seine Kin der übergehen. 4. Für die Frau für die Eiudüßung der Gesundheit in Folge ihrer Verletzung, welche ihr jede Thätigkeit unmöglich macht und vermehrte Bedienung erfordert, eine jährliche Entschädigung von 500 Mark. Von Seiten der Ludwigsbahn wird die Klage nicht be stritten, doch gehen ihre Vorschläge bezüglich der Höhe der zu leistenden Entschädigung von dem Verlangen des Klägers weit auseinander. Die Bahn erbietet sich zu bezahlen: 1. für Badekuren rc. 10,500 M., 2. die bis jetzt und in Zukunft aufgewendeten Heilungskosten, 3. eine Rente von 2500 M. jährlich. Das Gericht verurtheilte die Ludwigs bahn zur sofortigen Bezahlung von 6000 Mark als Verläge auf die spätere Entschädigung und vertagte die Festsetzung des weiteren Ver handlungstermins bis nach den Gerichtsferien. * Eine ergötzliche Scene spielte sich in der Anmeldestube deS Berliner Landgerichts am Donnerstag gegen Mittag ab. Eine Frau meldet sich bei dem diensthabenden Nuntius. Befragt, was sie wolle, theilte sie dem Beamten mit, daß sie gegen ihren Ehemann auf Tren nung der Ehe klagen wolle, weil dieser sie fortgesetzt mißhandele. Der Nuntius ließ die Frau Platz nehmen, da andere Personen vor ihr noch abtzefertigt werde» mußten. Etwa eine Viertelstunde fpäter er« scheipt ein Mann im Vorzimmer der Anmeldestube. Dieser erklärt nach Befragen, daß er gegen seine Ehefrau auf Trennung der Ehe kbgen wolle. Auch dieser nimmt im Vorzimmer Platz und zwar ge genüber der früher erschienenen Frau. Es dauert nicht lange, so ent wickelt sich im Zimmer zwischen beiden Personen eine so laute Unter haltung, daß der Nuntius nach der Ursache forscht. „Det is ja mein lieber Mann," erwiedert die Frau, und „det is ja meinö liebe Frau" replicirt der Ehegatte. Der Nuntius bedeutet dem Ehepaare, daß der artige laute Unterhaltungen an der Gerichtsstelle nicht erlaubt sind. Nunmehr setzt sich die Ehefrau an die Seite ihres Mannes und die Unterhaltung der Beiden wird nur noch flüsternd geführt. Plötzlich stehen Beide auf, gehen zu dem Nuntius und erklären, daß sie sich wieder „verdragen thäten." Unter großer Heiterkeit der anderen har- renden Parteien verließen die Versöhnten das Local. * Vor dem Gerichtshof m New-Bern (Süd-Carolina) wird gegen wärtig ein Prozeß um hu nde rt Küsse verhandelt. Ein Goldschmied Finch hatte in seinem Auslagekasten ein. Juwel von großem Werthe ausgestellt. Ein hübsches Mädchen, Miß Waters, geht vorbei, sieht es und es entschlüpft ihr die Aeußerung, daß sie dem glücklichen Be sitzer gern hundert Küffe dafür geben würde. Finch erfährt das und trägt als echter Amerikaner der Miß an, einen Contract abzuschließey, wonach er ihr das Juwel gegen hundert Küsse, täglich einen, abtreten wolle; die schöne Miß Waters, noch mehr Amerikanerin, nimmt den Antrag an. Einen Monat hindurch begiebt sich Finch, pünktlich wie eine Uhr, jeden Tag zu seiner schönen Clientin und küßt sie auf die Lippen. Beim dreißigsten Kuß dreht die Schöne den Kopf und bietet ihm statt der Lippen die Wange dar. Finch weigert sich. Für ihn ist ein Kuß auf die Wange ungültig. Die Miß ist hartnäckig und weigert sich entschieden, ihre Rechnung mit dem Munde zu begleichen. Der Goldschmied macht einen Prozeß wegen Contractsbruch geltend, und die amerikanischen Rechtsgelehrten zerbrechen sich den Kopf, um zu bestimmen, was ein „gesetzlicher Kuß" sei. ^Uen den Hoden Levoknerv von ^VU8drnkk, veleke mied dei meinem ^vsrnßs als stellvertretender KekütrendüniK ävrvd ehrenvolle Lexleltunx, 8oviv iv8de8onderv durvk vorrüxliekv 8ekmnelinnF der 6edLudv ru erfreuen sovktva and «olvdv LundAeduvx »uvk erreiedt Kuden, 8»xv iek klermit weinen innigsten und kerrlieksten vuolc. 8ind 8iv »llv versickert, d»88 mir diese Lvveise «ter I-lede und upevieU der Tkeilnukme den derreitigen Umwänden nued reckt rvvkigetksn und erkeitvrnd aut mein 6vmütd gewirkt Kuden. UocduektungsvoU