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Es war sehr dunkel geworden, die Blitze zuckten durch die Bäume, langsam rollte der Donner hinterdrein, schon fielen einzelne schwere Tropfen. Man hörte jetzt deutlich die gedämpfte Stimme des Künstlers. „So habt Ihr mich verstanden, Moskowiter?" „So ziemlich", brummte der Baß des Russen. „Die beiden Frauen zimmer sind gmz allein?" „Versteht sich, ein deutscher Professor zählt nicht mit; der Ehe mann ist noch nicht hier, so viel ich weiß, wagt er sich nicht hin, wo ich meine Residenz aufgeschlagen. Wollt Ihr die kleine Frau haben? Mir recht, es ist auch ein appetitlicher Bissen." „Beileibe nicht!" protcstirte der Russe. „Was soll ich mit einem Frauenzimmer beginnen? Ich bringe Ihnen also diesen Brief!" „Ja, er ist von meiner Frau, mit der sie sehr befreundet gewesen, das Bild meines Sohnes liegt darin, das wird allen Argwohn ver scheuchen." „Kennen die Dnmen denn auch die Handschrift Ihrer Frau?" „Versteht sich Moskowiter. Ihr seid ein harter Kopf und werdet mir die Sache, so glatt sie ist, am Ende noch verderben, und das würde ich Ench nie vergeben. Seht oder hört: Dieser Zettel, von der Hand meiner theuren Gemahlin, der eine Einladung an eine be freundete Dame enthält, da sie selber krank geworden — wir waren nämlich in Carlsbad — ist damals nicht abgesandt worden und in meine Brieftasche gerathen, worin er seit Jahren geschlummert hat, durch glückliche Zufälle stets der Vernichtung entgangen. Jetzt kommt er mir wie gerufen und kann seine Bestimmung famos erfüllen. — Ihr übergebt den Zettel", fnhr der Künstler fort, „die Adresse habe ich natürlich hinzugefügt, und bietet Euch zum Begleiter an; das klebrige überlasset mir." „Gut, und mein Lohn?" „Den zahle ich natürlich erst nach gelungenem Werke. Ich warte mit einem Wagen in der Klvstcrallee, das Wetter ist wie gemacht zn einer Entführung; wie wird der Kapellmeister herumwüthen, hahaha!" „Lache nur", murmelte Doctor Petermann, „wer zuletzt lacht, lacht am besten." „Sollen wir die Schurken nicht dennnciren?" flüsterte der Professor. "Oder am liebsten gleich niederschlagen?" „An wen lautet die Adresse des Briefes?" fragte der Russe im Fortgehen. „Um die Rechte herauszulocken, habe ich sie nicht an die Frau Kapellmeisterin, sondern nur gleich an Adele Oswald gerichtet, ein reizendes Kind, die Schwester der Frau, in welche ich rasend verliebt bin." „Adele Oswald", murmelte der Professor wie erstarrt. In diesem Augenblicke erhellten mehrere Blitze taghell den Raum und ließen alle Gegenstände deutlich erkennen. Der große Künstler hatte in diesem Moment den Doctor Petermann erblickt. „Zum Henker, dort steht der Kapellmeister Reinhard!" schrie er ersichtlich erschreckt. „Nun, das fehlte mir noch!" „Jawohl, der Kapellmeister Reinhard in Person!" versetzte der angebliche Astronom mit donnernder Stimme, während im selben Augenblick ein furchtbarer Donnerschlag seine weiteren Worte verschlang. ' Der Regen goß jetzt in Strömen herab. Als sich der zürnende Kapellmeister bei einem neuen Blitzstrahl nach Freund und Feind um schaute, war Alles verschwunden, der Künstler mit dem Russen, aber auch der Professor Hannibal Roßner. „Nun möge das Donnerwetter crst recht drcinschlagen!" brummle Reinhard. „Hat mir der lange Esel meinen guten Hannibal mit seinen verwünschten Enthüllungen verscheucht und unsern schönsten Plan vor der Zeit zu Wasser gemacht. Armer Doctor Petermann", setzte er mit einem komischen Seufzer hinzu, „nun wirst Du mit Deiner buck ligen Sonne in die Rumpelkammer geworfen und Hannibal jedenfalls Trappist werden!" Ec wandte sich, um heimzukehren, wobei er von Zeit zu Zeit „Herr Professor!" rief. Keine Antwort, nur der Donner grollte ihm in die Ohren und der strömende Regen durchnäßte ihn bis auf die Haut. „Er wird daheim sitzen", murmelte er, hastig weiter schreitend. ^Vielleicht packt er schon in wilder Eile den Reisekoffer. Gottlob nur, daß. deutsche Gelehrsamkeit auch in solchen Dingen ihre Gründlichkeit behauptet und keine Ueberstürzung kennt. Adele Oswald — Kapell meister Reinhard, alias Doctor Petermann, — brr! wie werden diese ominösen Namen den armen Hannibal in die Glieder gefahren sein! Armer Astronom, Du kommst aus dem Regen in die Traufe!" So philosophirte der lustige Kapellmeister, bis er endlich mit ge räuschlosem Schritt das Zimmer seiner Frau erreicht hatte. „Herr Gott, in dieser Sündfluth schwärmst Du mit dem Professor umher?" rief die kleine Frau des Kapellmeisters erschreckt und ganz entsetzt beim Anblick ihres Gemahls aus. „Still, mein Kind!" erwiderte Reinhard. „Wir haben um Euret willen viel gelitten; — er ist doch schon in seinem Zimmer?" „Wer, der Professor?" „Freilich, wer anders denn?" „Hast Du ihn denn nicht mitgcbracht, mein lieber Reinhard?" „Leider nein, er ist mir entsprungen", versetzte dieser seufzend. „Der lange Künstler, der Euch durch den Russen entführen lassen wollte, oder vielmehr Adele, denn für Dich, mein Kind, bedankte sich ja selbst Ler Russe " „Grobian!" drohte lachend Helene. „So dachte ich auch, — also die beiden Entführer wurden vou uns verfolgt, wir erwischten sie endlich in Donner und Blitz nnd hörten ihren Plan — recht allerliebst und schlau, ich werde nächstens ein kleines Libretto darüber schreiben uud in Musik setzen, cs wird Erfolg haben! — Da muß den Langen das Donnerwetter, welches gerade in größter Heftigkeit tobte, ganz regieren, daß er der richtigen Namen seines Opfers in alle Welt hinausschreit: Adele Oswald!" „O weh" seufzte die junge Frau. „Was geschah darauf?" „Ein Blitz erhellte momentan mein holdes Antlitz, der Lange er kannte mich und brüllte entsetzt meinen Namen, als habe er ein Gespenst erblickt. Ich hatte natürlich nichts Eiligeres zu thun, als meine Jn- dentität mit einem Fluche zu bestätigen, worauf gleich Alles Reißaus nahm." „Auch der gute Hannibal?" „Auch der; gut, daß Du mich au ihn erinnerst, ich muß jetzt so gleich auf sein Zimmer." „Er ist noch nicht zurückgekehrt!" rief Adele todtenbleich und mit zitternder Stimme. „Wirklich nicht? Das ist sehr fatal", brummte der Kapellmeister. „Dann muß ich auf der Stelle fort, ihn zu suchen." „In diesem Wetter und den nassen Kleidern?" rief Helene „Nimmermehr, Du würdest Dir einen tödtlichen Schnupfen hol „Uud der Professor? Soll ich den Armen umkommen Nein, mein Kind, andere Kleider sind in dieser Sündfluth unO wie ich das Zimmer schon zum Teiche umgewandelt habe." „Hier sind trockene Kleider, lieber Schwager", sagte Adel dem Nebenzimmer tretend. „Ziehe sie rasch an, ich begleite § „Du wolltest mich begleiten, Adelchen?" rief Reinhard er „Geht denn das an?" „Nein!" erwiderte Helene entschieden. l „Ja!" versetzte das junge Mädchen mit fester Stimme, Notbwcndigkeit als heilige Pflicht eintritt, hört die Frage der lichkeit auf. Der Professor ist um meinetwillen in eine viclleichü ßere Gefahr gerathen, als wir ahnen, darum ist es meine PMzj mit zn erretten, wenn es möglich ist. Vorwärts, jedes weitere ;, ist unnütz!" (Fortsetzung^! Vermischtes. , * Die sächs. Staatseisenbahnen beschäftigten im JrE. ein gegen früher noch unbedeutend reducirtes Beamten- urd dlm- Heer von ca. 25,000 Köpfen und nährten damit einen Bruchtheil der sächsischen Bevölkerung. Aber die Eisenbahn Hf, in ganz anderem Umfange Menschen und Dingen auf die Holsen und an der Hand der kürzlich erschienenen Statistik del scheu Staatseisinbahnen kann man darüber ein kleines, aber inteE , Exempel ausrechuen. Im Herbst 1845 rückte der Schiene««, Leipzig her ins Zwickauer Kohlenrevier ein. Bis dahin kos^ ^t der Zwickauer Coaks der hohen Transportkosten wegen in Risst^ als der englische. Im Jahre 1846 wurden in ganz Sachstf Millionen Centner Steinkohlen zu Tage gefördert, von denen ' lionen Centner per Eisenbahn abflossen- Zehn Jahre später die Production auf 23^ Millionen gestiegen, von denen die Eß' 12 Mill, abführte. Die Mehrproduktion gegen 1846 war ausschließlich das Werk der Transportmöglichkeit durch die E M Von Jahr zu Jahr schwoll der schwarze Strom an, dcrB^ Sachsen und seine Nachbarländler ergoß, uud so war im JE' die Kohlcnausbeute Sachsens auf 6>^ Mill. Centner gebrach^ j denen durch die Eisenbahn 46 Mill, ihren Abfluß fanden, im Jahre 1855 das Dresdener uud 1859 das Lugauer Ne« jf der Eiseubahn erschlossen worden waren. Mit Hilfe der Eise«"^ also der Steinkohlenabbau in Sachsen heute 7 Mal größer gs als er 1846 war. In dem 34jährigen Zeiträume von l8lb^ flossen auf der Eisenbahn ab: 600 Mill. Centner aus dem Revier, 130 Mill, auh dem Dresdener und 70 Mill, aus deo>^ das sind zusammen 800 Mill. Centner Steinkohlen. .«dl: * Das Schwurgericht zu Dresden hat am 8. October de» A , des Hauptmanns a. D. v. Carlowitz auf Ottendorf, den ehe«E^ seinem Opfer als Förster bedienstet gewesenen Jul. Dathe V0ii7^j den zum Tode, und überdies noch wegen versuchten schweren uud Urkundenfälschung zu zwei Jahren Zuchthausstrafe ver« Dathe unterwarf sich sofort den, Urtheile. Die Verhandlung Bezug auf den Mord selbst nichts Erwähnenswerthes, was vorher durch die Presse bekannt geworden wäre. Das rege 3E gi welches die Daihe'sche Mordlhat wachrief, wurde bekanntlich / den Hintergrund gedrängt durch den grausigen FamilienE c, Fleischers Thomas in Pirna, dem außer des Selbstmörders die beiden ältesten, fast selbständigen Söhne zum Opfer fielen«^ aber ist das Entsetzen hierüber noch nicht gewichen, da „Eibeblatt" jene That bei Riesa, wo Nachts der Lorenzkirchencr^b, Groß seine Gliebte auf die Elbbrücke bestellt und in den Stroi" "/ß gestürzt hat. Die schnelle Aufeinanderfolge solcher Thaten giest^ch Jedem Veranlassung zu ernstestem Nachdenken, und heute bere": .h- gen sich Männer, welche seit Jahren der Strafrechtspflege das endste Interesse gewidmet haben, wieder der Ansicht zu, daß streckuug von Todesurtheilen im Hinblick auf solche VerhästMNm dezu zur Nothwendigkeit wird. Das Zuchthaus mit seinem und feinem Hoffen kann und wird niemals den Missethütel «,,,it führnng seiner That so zurückschrecken, als wenn er weiß, daß s ^r- der Vollbringung einer solchen thatsächlich auch das eigene wirkt. Nicht vereinzelte Stimmen, sondern die Macht der DM selbst mahnt heute entschieden zu einem: „Landgraf werde Han * (Zwei neue und wahre Anecdoten aus dem Schnllelmst Ko rum verbarg die Blutter des Moses ihren Sohn im Schilst^^ Lehrer hatte kürzlich seinen Kleinen die Errettung des kleinen erzählt. Bei der Wiederholung fragte er: „Warum legte dä'/L Mutter ihr Söhnchen in ein Kästlein von Rohr und verbarg Schilfe?" Ein Knabe erhob die Hand zum Zeichen, daß Worten bereit sei und rief auf geschehene Aufforderung zur ung seiner Gedanken gar freudig und sichtlich überzeugt voiiE,/ tigkeit seiner Ansicht: „Weil sie ihn nicht wollte impfen l>M/ — — Wen brachte der Lehrer mit in die Schule? Zu eine»« Lehrer kam kürzlich ein Seminarsrcund zu Besuch, der alsdan" /K fach in den Schulstunden hospitirte. Die Kinder erzähltcii nE«l daheim davon und es tauchte in einer Familie die Frage am- A denn wohl der Fremde sei. Da sprach das kleinste, nur erst?./' schulpflichtig gewordene Töchterchen des Hauses mit ruhiger Best / heil: „Ich weiß es — es ist ein Kameel!" Darob allg^c Erstaunen und dringliche Nachfrage um die Bewandtnis: dieser / dings verblüffenden Auskunft — „Ja" — meinte die Kleine gestern erzählte uns Herr L., daß Abraham reich war, denn el / Rinder, Schafe, Ejel uud Kameele, uud weil wir Alle noch ß",/ Kameel gesehen hätten, wollte er gestern eines in die SchE-/ bringen, daß wir es uns ausehen könnten." — Der Lehrer dem Besuche seines Freundes sein Versprechen, die Abbildung,/' Kameels mitznbriugen, vergessen, dafür aber diesen in die CM geführt. Vrithmogryph. „Soeben habe ich im Berner Oberlande die herrlichen 123E/ nosscn," rief ich ans, als ich in einem Gasthanse unter eine «ssi selljchast trat. „Aha," fagte eine von den jungen Damen, „dc>"/ gewiß um s 132456 zn thun, sonst wäre er nicht von 1236 "/" gekommen. Bin ich nicht 124653 als manche andere?" sagtest mir, „13245 mich!" Wenn ihre Rede auch etwas 1324 war, st,/ ihr Herz doch 3246. Doch ich konnte ihr nicht folgen. „6246",« ich, „ich habe schon 2465." Auflösung: 123456 Ferien. 132456 Freien. 1236 fern. feiner. 13245 freie. 1324 frei. 3246 rein. 6246 nein 2465/ Akdartion, Druck und Verlag von H. A. Berger in Wilsdruff.