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Beilage Freitag den 15. October 1880. haben die Bank betrogen, ungesetzlich gespielt und müssen bestraft werden." Ein furchtbarer Tumult entstand nach diesen Worten, die Bank war in Gefahr, demolirt zu werden. In diesem Augenblick erschien Polizeiwache, welche den Saal nach - wenigen Minuten räumte; nur die Mannschaft am Roulette blieb auf dem Posten. Der Russe tobte fürchterlich umher und drohte, die Thür zu zer schlagen. Dir bessere Gesellschaft hatte sich rasch entfernt, nur die In« dustrieritter und Spieler von Profession waren zurückgeblieben. „Bleiben wir?" fragte Hannibal leffe. „Versteht sich; wir dürfen unseren Vogel nicht aus den Augen verlieren", flüsterte der Doctor. „Ah, da kommen Sie endlich, Freund!" rief in diesem Augenblick der Russe. „Stehen Sie mir bei, die Spitzbuben wollen nicht zahlen, haben gesiegt, es ist ein Scandal!" Es war der große Künstler, welcher jetzt wie ein äeu8 ex ma- oliina auf der Scene erschien und mit souveräner Verachtung Alles, was ihm im Wege stand, zur Seite schob. „Verdammt, daß ich diesen Scandal versäumen mußte", rief er mit seinem schmetternden Discant. „Es hätte Niemand den Saal räumen sollen. Platz da, daß wir die Hallunken herausdonncrn!" „Ausgemacht!" schrie er, mit dem Fuße gegen die Thür schlagend. Vergebens; nichts rührte sich drinnen, immer wüthender donnerte er gegen die verschlossene Thür. „Heda, wer will was verdienen? Wer hat breite Schultern ge nug, diese Thür einzurennen?" > Zwei stämmige Arbeitsleute drängten sich hindurch, um das Geld zu verdienen. Und jetzt, als sich die volle Wucht ihrer Schultern gegen die Thür legte und diese bereits in allen Fugen krachte, hielten die Herren der Bank es doch für gerathener, den gewaltsamen Ueberfall nicht erst abzuwarten, sondern freiwillig die Thür zu öffnen. „Wollt Ihr zahlen?" schrie der Künstler im allerhöchsten Discant. „Nein!" erwiderte der Bankhalter. „Wir sind in unserm guten Rechte." „Dann vorwärts zur heiligen Justiz, damit diese entscheidet!" Die Herren des Roulette konnten dieser Aufforderung sich nicht entziehen, da das Publikum sich von Minute zu Minute vergrößerte und stürmischen Beifall fchrie. Der Zug ging also zum Polizeirichter, der sich zwar inkompetent in dieser Sache erklärte, indeß dem Bankhalter eröffnete, daß er wenig Aussicht auf Erfolg habe, da er den Einsatz zum Auszahlen bereits angenommen gehabt, weshalb er ihm auch rathe, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und dem Russen den Gewinn auszuzahlen. Der Bankhalter erklärte sich dazu bereit, wenn diesem der Spiel saal fortan verboten werde. „Ich werde ihnen, mein Herr, anheimgeben, noch heute Pyrmont zu verlassen und diesen Ort fortan zu meiden", wandte sich der Polizei- Commissair zu dem Moskowiter. Der Künstler wollte gegen diesen Spruch protestiren, doch der Russe zog ihn hastig mit sich fort, ans Furcht, durch diese Intervention doch noch schließlich um seine» Gewinn zu kommen. „Gott sei Dank!" flüsterte Hannibal dem Doctor zu, „nun wäre diese Hetzjagd glücklich beendet. — Wohin, zum Kuckuk! wollen Sie denn so schnell?" Doctor Petermann war schon hinaus und zwar so eilig, daß der Professor ihm kaum zu folgen vermochte. „So kommen Sie doch, Herr Professor, jetzt ist der Feind im Zuge!" rief der Astronom, wie der Sturmwind dem Feinde folgend. Hannibal lief außer Athem hinter ihm her. Wo blieb bei diesem Wettlauf seine Gelehrtenwürde? Endlich blieb Jener stehen und packte den Freund, der ihn ringe« holt, am Arm mit einem energischen „Pst!" „Ah, da hätten wir ja unsern Moskowiter wieder!" murmelte Hannibal, tief Athem schöpfend. „War das eine Hetzjagd, Gott steh' mir bei, sollte ich täglich so renne», da wäre ich sicherlich in acht Tage» todt." Der Professor haßte das Spiel wie eine Todsünde, und doch fesselte ihn der Anblick desselben bald im höchsten Grade, ohne daß es indeß irgend eine Macht über ihn gewonnen hätte. Sein Auge verfolgte aufmerksam das Spiel jenes Ruffen, der erst jedesmal bei Drehung des Rouletts seine Nummer oder Farbe besetzte und an diesem Abend viel Glück hatte. „Ihr Spiel ist unstatthaft, Monsieur!" tönte die schnarrende Stimme des Bankhalters zu dem Russen hinüber. „Ich habe Sie schon länger beobachtet und kann dasselbe nicht mehr dulden." „8E6 liian!" fluchte der Moskowiter. „Wer wagt mir das zu sagen? Nun ich Glück habe, wollen sie nicht zahlen; so lange ich verlor, haben Sie geschwiegen. Wer ist hier der Betrüger?" Es ist eine bekannte Thatsache, daß bei jedem Conflict zwischen der Spielbank und dem Spieler das gesammte Publikum stets die Partei des Letzteren ergreift, gleichviel, ob dieser sich im Recht oder Unrecht befindet; bezeichnend genug für die Achtung, in welcher das ganze von der Moral längst gerichtete Institut steht. Und so auch hier. Das dichtgedrängte Publikum aller Classen ergriff sogleich Partei für den Russen, obgleich dieser sich im offen barsten Unrecht befand, und nahm eine bedrohende Haltung gegen die Direktion an. „Nun, es sei!" rief der Bankhalter, welcher jeden Streit und jedes Aufsehen wie eine gesprengte Bank haßte. „Ich zahle Ihnen diesmal den Gewinn, später nicht mehr!" Jedenfalls war der gute Herr in dem Wahne, der Russe habe, da er in der letzten Zeit beständig verloren, höchstens mit einem Cassen scheine von einem Thaler gesetzt, es war indessen ein 25-Thalerschein, also ein Gewinn von 900 Thalern, den er auszahlen sollte. „Diesen Gewinn zahle ich nicht aus!" rief er entrüstet. „Sie Bei der DunstL-ohle. Original-Novelle von Felix Roderich. Nachdruck verbeten. (Fortsetzung.) Es war ein heißer Tag gewesen, in dumpfer Schwüle zog am Äbend ein Gewitter herauf. Die große Allee wurde nach und nach ^er, die Kurgäste und sonstigen Fremden zogen sich in ihre Logis und Hotels zurück, oder füllten die Spiel- und Convcrsationssäle. Der Professor und sein Freund betraten ebenfalls mit glühenden Gesichtern den Spiegelsaal und drängten sich durch die Menge, welche das Roulette umlagerte. Mn wählt nun ein Ausschuß, bestehend: aus dem Amtsrichter, als ^sitzenden, einem von der Landesregierung zu delegirendcn Staats- .Aaltungsbcamten, sowie sieben Vertrauensmänner» als Beisitzern, sieche aus den Einwohnern des Amtsbezirkes bekundet werden, für M nächste Geschäftsjahr die erforderliche Anzahl von Schöffen und ^schössen. Die Namen der erwähnten Hauptfchöffen, deren Jeder Melken höchstens zu fünf Sitzungen herangezogen werden kann, . Erden in die Jahrcsliste ausgenommen, und da die Tage der ordent« Mir Sitzungen des Schöffengerichts gleich für das ganze Jahr im Maus festgestellt werden, so wird die Reihenfolge, in welcher die Mplschöffen an den einzelnen ordentlichen Sitzungen Theil nehmen allen, durch das Loos bestimmt. Hierauf werden die Schöffen von EU Amtsrichter von ihrer Ausloosung, sowie von den Sitzungstagen, » welche» sie zu fungiren haben, in Kenntnis; gesetzt. Hilfsschöffen Aden in der Rege! nie zu außerordentlichen Sitzungen herangezogen. das Amt eines Schöffen ablehnen zu können glaubt, mag ein °.ffuch an den Amtsrichter eingeben, in welche»; er seine Gründe der Aehnung angiebt. Außerdem kann der Amtsrichter einen Schöffen Us dessen Antrag wegen eingetretcncr Hindcrnngsgründe von der Menstleistung eines Sitzungstages entbinden. Die Vertrauensmänner >. Ausschusses erhalten zwar Vergütung der Reisekosten, sonst aber derlei Gebühren. Wen; die Ehre zu Theil geworden ist, als Schöffe gewählt worden oM, der mag sein Amt aber auch gewissenhast und pünktlich ver- mtcn, denn wer z. B. ohne genügende Entschuldigung von den an- ,Auwten Sitzungen fern bleibt, kann eine Ordnungsstrafe von 5 bis ^O Mk. auferlegt erhalten und hat die Kosten noch extra zu tragen. In Strafsachen sprechen die Schöffengerichte Recht. Die- <n bestehen überall aus einem Amtsrichter und 2 Schössen. Diese Richter sind gleichberechtigt und hat der Amtsrichter vor den Äffen nur das voraus, daß er in den Verhandlungen den Vorsitz !lt. Die Schöffen unterfcheiden sich von den Geschworenen mrch, daß sie, während den Geschworenen nur gewisse Fragen vor- M werden, durch welche bestimmt wird, ob der Angeklagte schuldig Oder nicht, selbst mit Richter find, indem sie die Strafe mit ans- chen. Das Schöffengericht entscheidet durch Snmmenmehrheit. selben sind in folgenden Sachen zuständig: Für alle Uebertretungen, für Vergehen, welche nur mit Gefängmß von höchstens drei naten oder Geldstrafe von höchstens 600 Mark bedroht sind, oon sind aber ausgenommen: 1. gewisse beim Eisenbahn- und Te- Uphenbctrieb vorkommende Vergehen, 2. Zuwiderhandlungen gegen -Gesetz, die Nationalität der Kauffahrteischiffe betr., und 3. straf fe Handlungen in Bezug auf Aktien, Jnhaberpapieren, das Bank- h und Beurkundung des Personenstandes. Für die nur aus An- f'l zu erfolgenden Beleidigungen und Körperverletzungen, daferu die Mlgung im Wege der Privatklage geschieht; für Diebstähle und ffn Versuche, wenn der Werth des Gestohlenen 25 Mark nicht ersteigt; für Unterschlagungen und Versuche derselben, sowie für Adicbstähle, dafern der Werth nicht 25 Mk. übersteigt; für Betrug 0 dessen Versuch, wenn der Gegenstand über 25 Nik. an Werth ^übersteigt; für das Vergehen der Hehlerei, wenn der Begünstigte A einfachen Diebstahl oder eine Unterschlagung begangen Hal; für f Vergehen der Partirerei, bez. Erwerbes gestohlener Sachen rc. Eigens können den Schöffengerichten auch gewisse Strafsachen von Landgerichten zur Verhandlung und Entscheidung überwiesen Mn, in welchen auf eine Gesängnißstrafe von höchstens drei Mo- oder Geldstrafe von höchstens 600 Mark erkannt wird. Die Affen beziehen keinerlei Gehalt, auch keine Gebühren, sie bekommen sichre Reisekosten vergütet. Das Schöffenamt ist ein Ehrenamt, Alb sind unfähig ein solches zu bekleiden: wer strafgerichtlich ver- MÜl worden ist, wem die Ehrenrechte aberkannt sind und wer in ^Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist. Uebrigens sollen ^Höffen nicht berufen werden: Perfonen dte noch nicht 30 Jahre Mind, folche, die noch nicht 2 Jahre in der Gemeinde wohnen, der- - Eschen die Armenunterstützuug aus öffentlichen Mitteln empfangen An; Dienstboten, sowie Gebrechliche. Ebensowenig sind zmn Schöffen Mbar: Minister, Mitglieder der Senate der Hansastädte, Reichs-, Mts- und Polizei-Beamte, Pol.zeidiener, Schullehrer, Militärs. M Wahl als Schöffe dürfen ablehnen: Mitglieder einer deutschen Agcbenden Versammlung, Acrzte, Apotheker, die keinen ^Gehilfe» Mn, Geschworene oder Personen, die als Schöffen schon fünf Sitzuiigs- I abgehalten haben; Personen, die 65 Jahre alt sind, und solche, ?E nachweislich nicht in den Mitteln sind, den ihnen als Schöffen Erbenden Aufwand zu bestreiten. !, Was nun die Wahl der Schöffen anlangt, fo ist das Ver- Aen dabei folgendes: Der Gemeindcvorstand eines jeden Ortes stellt Anhrlich eine Urliste auf, gegen weiche man wegen unrichtiger Aragung Einspruch binnen einwöchentlicher Frist schriftlich oder Ablich erheben kann. Hierauf wird die Urliste dem Amtsrichter M Bezirks unter Beifügung erhobener Einsprüche zugesendet, und Mr prüft dies Alles und stellt die Listen zusammen. Aus diesen