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Nach einem Telegramm des Rotterdammer „N. Courant" aus Petersburg hätte das Nihilistenkomitee die Summe von 6000 Rubel an das finnländische Garderegiment gesandt, um dieselbe an die Angehörigen desselben, die bei der Explosion im Winterpalaste verwundet, oder an die Hinterbliebenen der Umgekommenen zu vertheilen. Der Winter tritt in diesem Jahre in der Krim mit einer furcht baren Strenge auf und richtet großen Schaden an. So sind in den dortigen Tatarendörfer die meisten Rinder, Hammel und Pferde wegen Mangels an Futter krepirt oder von den Wölfen zerissen worden. Während der häufig vorgekommenen Schneestürme haben auch mehrere Menschen ihren Tod gefunden. OertlicheS und Sächsisches. — Dresden, 3. März. Das k. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts hat durch eine Bekanntmachung eröffnet, daß es sich in der Lage befindet, an Zugehörige seines Ressorts drei Unterstützungen im Betrage bis zu je 100 M. zum Gebrauche einer Kur in Marienbad, nach Befinden freie Wohnung daselbst auf die Kurzeit zu gewähren. Bewerbungen um diese Unterstützungen sind längstens bis zum 15. März d. I. an die Kultus-Ministenal-Kanzlei einzureichen. — Wiederum ist unser engeres Vaterland Sachsen von einem größeren Bergunglücke heimgesucht worden. Am 29. Febr. ist im Abrahamsschachte bei Freiberg die Fahrkunst gerissen, wobei 13 Bergleute, meistens Familienväter, verunglückten. Von denselben sind 11 todt, während 2 noch am Leben, aber bewußtlos und schwer ver letzt sind. — Die Einstellung der Rekruten findet in diesem Jahre bei allen im Königreiche Sachsen garnisonireuden Truppentheilen am 6. No vember statt. Die Oekonomiehandwerker und die Krankenwärter werden zum 1. October, die Trainrekruten mit halbjähriger Dienstzeit zum 2. November dieses und 2. Mai nächsten Jahres einberufen. — Vor dem Schandauer Amtsgericht wurde am Donnerstag über nicht weniger als 16 Hazardspieler in öffentlicher Sitzung ver handelt, die zu wiederholten Malen in zwei Restaurants das Glücks spiel getrieben haben. Am schlimmsten kamen dabei die beiden Re staurateure weg, die zu einer Geldstrafe von 200 Mark bez. 150 Mark verurtheilt wurden. Die Spieler dagegen wurden, bis auf einen, sämmtlich mit Geldstrafen von 100 Mark bis herab auf 20 Mark belegt. — Meerane. Die am vergangenen Sonnabend von Anhängern der Socialdemokratie einberufene, im Saale des Bayerischen Hofes abgehaltene Wählerversammlung wurde, nachdem Auer gesprochen und der mit erschiene Reichstagsabgeordnete A. Bebel in seiner Rede bei dem Passus über die Annektirung Elsaß-Lothringens vom Standpunkte der Sozialdemokratie aus die Regierung angriff, vom Stadtrath Beutler aufgelöst, worauf die zahlreiche Versammlung ruhig aus- einanderging. — Altenberg. Als vor einigen Tagen ein Gendarm in einer kiesigen Restauration einen Menschen wegen Legitimationslosigkeit ar- retircn wollte, erhielt er von demselben mit einem dvlchartigenMesser zwei Stiche in die Brust; doch gelang es einem zweiten Gendarm, den Thäter dingfest zu machen. Zum Glück scheinen edlere Theise bei dem Verwundeten nicht verletzt zu sein. — Roßwein. In der Grube „Glücklicher Kalter Born" in Zella bei Nossen hat den dort beschäftigten Bergleuten ein freundlicher Kobold gewinkt, indem es gelungen ist, 15 Lachter vom Schacht einen reichhaltigen Silbergang aufzuschließen. Somit steht dem in unserer Umgegend seit langer Zeit darniederliegenden Bergbau, resp. den des halb vielfach darbenden Bergleuten eine bessere Zukunft in Aussicht. Aus Thüringen. Die Eisenindustrie in Unterwellenborn entfaltet sich in einem immer sich steigernden Grade. Nachdem der zweite Hochofen vor Kurzem angeblasen worden ist, werden jetzt täg lich 2400 bis 3000 Ctr. Roheisen abgestochen und 1000 Ctr. Stahl (Bessemer) aufbereitet. Das neuerrichtete Walzwerk verarbeitet den Rohstahl zu «Schienen, die jetzt ihren Absatz nach Rußland haben. Innerhalb 24 Stunden werden 1000 Ctr. Schienen fertiggestellt, außer dem 2000 Ctr. Spiegel und Graueisen, welches als vorzügliche Waare über die Grenzen des Reiches hinaus gesucht wird. Vermischtes. * Ans seinen „Erinnerungen" erzählt ein Amerikanischer Bahn- inspector folgendes merkwürdige Abenteuer: Der Zug N. 39 war eine ganze Stunde verspätet. Die Ursache dafür ergab sich von selbst. Ein furchtbarer Sturm wüthete schon zwölf Stunden lang; der Regen fiel in Strömen aus einem dunklen Gewölle, welches den ganzen Himmel überhing, und dabei folgte ein Donnerschlag nach dem andern. Es war schon 7 Uhr, als endlich die rothen Lichter des Zuges bei der nächsten Curve sichtbar wurden, und ich fühlte mich erleichtert beim Anblicke dieser Lebenszeichen. Zwei Brücken auf meiner Strecke gehörten zu den unsichersten der ganzen Linie. Was konnte bei solchen Wetter nicht alles geschehen! Doch, jetzt war der Zug da und meine Sorgen vorüber. Nervös hatte mich die Sache aber doch gemacht und dazu kamen an diesem Abende noch andere Dinge, um mich in Aufregung zu versetzen. Um 11 Uhr 30 Minuten Vormittags sollte ich ein Geldpacket mit 13,000 Dollars erhalten. Es kam mit und war mir mit diesem Zuge avisirt. Der Gedanke, diese große Summe Geldes über Nacht in meiner Verwahrung lassen zu müssen, war eben nicht angenehm, da ich ganz allein die Station bewohnte. Zwei Passagiere verließen den Train; eigentlich sollte ich sagen, nur ein Passagier, denn der andere wurde in einem hölzernen Sarge aus dem Gepäckwagen gehoben. „Wer ist es?" fragte ich, als die unheimliche Fracht in dos Stationsgebäude getragen wurde. „Die Leiche meiner Schwägerin," antwortete der fremde Herr, welcher ausgestiegen war. „Sie war die Nichte des Herrn Eldridge, den Sie wohl kennen werden, und soll nun hier in der Familiengruft beigesetzt werden." „Dann muß ich den Leichnam wohl über Nacht hier lassen," fragte ich wieder. „Ja," sagte er kurz. „Glauben Sie, daß ich selbst noch nach der Villa des Herrn Eldridge gelangen kann?" „In diesem Sturm," erwiederte ich, „wird es wohl schwer sein; ich rathe Ihnen lieber in dem nahen Hotel zu übernachten." Ich Zeigte darauf dem Fremden noch die Richtung, in welcher das eine Viertelstunde Weges entfernte Hotel lag und ging selbst zum Zugführer. Dieser übergab mir das Packet mit dem Gelde und meinte: „Sei auf Deiner Hut, Bill. In dem Packete hier ist genug enthalten, um einen unserer Buschklepper zn veranlassen, eine Kugel in Deinen Kopf zu logiren, ohne daß Du Gelegenheit hättest, gegen diese Einmiethung zu pro- testiren." Ich gab eine scherzhafte Antwort, die aber, offen gestanden, nur gezwungen von meinen Lippen kam; dann gab der Conducteur das Zeichen, ein schriller Pfiff der Locomotive ertönte und im nächsten Augenblicke setzte sich der Zug in Bewegung. Ich blickte noch den rothen Lichtern nach und als sie im Dunkel der Nacht verschwunden waren, überkam mich das Gefühl der Einsamkeit und Verlassenheit in seiner ganzen Schwere. Im Hause eingetreten, warf ich noch einen letzten Blick nach dem Sarge; der in einer Ecke des Gepäckraumes aufgestellt war, und ging dann in mein anstoßendes Zimmer, um mich möglichst gemüthlich für den Abend einzurichten. Ich legte einige frische Scheite Holz in das Kaminfeuer, stellte Wasser zu, um mir einen Grog zu brauen, stopfte die Pfeife, nahm ein Zeitungsblatt zur Hand und setzte mich in meinen alten Lehnstuhl. Alles war vorbe reitet, um einen ruhigen Abend zn genießen. Der Sturm, der draußen heulte, machte ein warmes Zimmer doppelt schätzenswerth. Trotz Allem vermochte ich mich aber nicht behaglich zu fühlen. Die Pfeife wollte nicht brennen, der Grog schmeckte mir nicht und für die Zeitung fand ich keine Aufmerksamkeit. Nur um mich zu zerstreuen, begann ich auf das Spiel des Morse'schen Telegraphen-Apparates zu lauschen, dessen Geklapper mir zur leicht verständlichen Sprache eines Freundes geworden war. Ein furchtbarer Donnerschlag übertäubte für einen Augenblick Alles, dann hörte ich wieder auf den Apparat und fuhr plötzlich erschrocken zusammen. Ganz deutlich hörte ich ihn rufen: „Wutoll tbo box." (Gieb Acht auf den Sarg.) Nach einer Weile abermals: „Gieb Acht auf den Sarg." Und daun zum dritten Male: „Gieb Acht aus den Sarg." Mit meiner Ruhe war es nun ganz vorüber. Wer sandte die Depesche? Was sollte sie bedeuten? Ich empfand nun klar und deutlich, daß mir etwas Besonderes bevorstand. Unwillkürlich nahm ich meine alte Pistole vom Kasten herunter, die mir, ungeladen und verrostet, wie sie war, freilich von keinem großen Nutzen ;ein konnte. Dann sah ich nochmals nach, ob das Haus gut verwahrt sei, schloß sorgfältig die Fensterläden und öffnete gänzlich die Thüre, welche von meinem Zimmer in den Gepäckraum führte, damit ich den Sarg immer im Auge behalten könne. Ich setzte mich daun zum Apparat und fragte die Stationen auf der Linie, ob sie an mich depeschirt hätten. Alle antworteten: „Nein." Ich dachte, daß ich mich am Ende doch überhört hätte, setzte mich wieder zum Fenster und hielt meinen Blick auf den Sarg gerichtet, der mir ganz unheimlich geworden war, als plötzlich der Apparat wieder ganz deutlich ries: „Gieb Acht auf den Sarg," und diese Warnung dreimal wiederholte. Ich war jetzt fest entschlossen, die Nacht zu durchwachen und warf mich, nachdem lch meine schweren Stiefel von den Füßen gezogen hatte, angekleidet auf das Bett. Der Sturm hate sich gelegt, und langsam hörte ich mit dem Pendelschlage meiner alten Wanduhr die Zeit vorü- berfließen. Es schlug 11 Uhr, cs schlug Mitternacht. Alles ruhig. Die Lampe rm Gepäckraum brannte und ich behielt fortwährend den Sarg im Auge. Auf einmal wurde die Ruhe abermals durch das Spiel des Apparats unterbrochen, der mir wieder zurief: „Gieb Acht auf den Sarg." Und ich gab Acht. Da war es mir, als hörte ich in der Richtung des Sarges ein Geräusch, wie wenn langsam eine Schraube im Scharniere gedreht würde. Mein Herz pochte hörbar, ich lauschte und als sich das Geräusch wiederholte, erhob ich mich leise, nahm die Pistole zur Hand und schritt unhörbaren Schrittes zum Sarge. Ruhig stand ich dort und vernahm, wie in demselben ein Niegel zurückgeschoben wurde; im nächsten Augenblicke begann sich der Deckel tansam zu heben. Mir wurde freilich bange zu Muthe. Der Anblick war eben ein ganz eigenlhümlicher, aber rasch entschlossen warf ich mich auf den Sarg. Wer oder was darin sein mochte, durfte nicht hinaus, das war mir klar, und während ich den Deckel mit meiner ganzen Schwere niederhielt, ertönte ein Aufschrei des Schmerzes. Ich wußte nun, daß ich es mit keinem Gespenst zu thun habe. Mit Gewalt versuchte jetzt der im Sarge Eingeschlosscne den Deckel zu heben. Seine Kraft reichte aber dazu nicht aus. Ich saß oben und blickte um mich, um irgend etwas zu finden, womit ich den Deckel verschließen könnte. Lin Strick lag mir zur Seite. Ich erfaßte ihn, zog ihn unter den Füßen des Sarges durch, schlang ihn zweimal um denselben und machte einen tüchtigen Knoten. Schnell nahm ich nun Hammer und Nägel und vernagelte trotz allen Flehens meines Gefangenen den Sarg, und brauche wohl nicht zu sagen, daß ich mit den Nägeln nicht sehr sparsam umging. Dann eilte ich zum Apparat gab Alarm nach der nächsten Station und bat dringend um einen Hilfszug; denn ich war gewiß, daß damit die Ereignisse der Nacht ihren Abschluß nicht gesunden hätten. Ich löschte die Lampe aus und bewaffnete mich mit einem kurzen Eisenstabe, ,^>ilfszug abgegangen!" kam das Signal und ich wartete nun der Dinge, die noch kommen sollten, mit weit größerer Nuhe. Es mochten keine 10 Minuten oer gangen sein, als ich Schritte vernahm. Vor der Thür machte Jemand Halt; dann wurde leise geklopft. Ich gab keine Antwort. „Michel!" rief eine Stimme und als Alles ruhig blieb, pochte der nächtliche Besucher etwas lauter. Ich verhielt mich noch immer still. Plötzlich wurde ein kräftiger Schlag gegen die Thürx geführt. Das eine der Felder wurde hinausgeschlagen und ein Arm fuhr nach dem Thür- riegel. Rasch entschlossen packte ich die Hand. Ein furchtbares Ringen entstand. Mit aller Gewalt suchte mein Gegner sich freizumachen. Ich aber hielt ihn mit eisernem Griffe fest. Wir mochten unsere Kräfte wohl an 10 Minuten gemessen haben, als mein zudringlicher Gast mir mit einem derben Fluche die Ankunft des Zuges ankündigte. Mit letzter Anstrengung versuchte er es noch einmal, sich loszureißen. Steigerte aber bei ihm die Angst seine Kräfte, so gab mir die Hoffnung neuen Muih. Ich ließ ihn nicht los. Jetzt pfiff die Locomotive uud der Zug fuhr ein. Eilige Schritte nahten. „Da ist er!" riefen mehrere Stimmen, und ich fühlte, wie mein Gefangener von draußen gezerrt wurde. „Mach' auf!" rief mein College von der nächsten Station. Ich ließ die Hand frei und öffnete die Thüre. Der Räuber, denn ein solcher war es, lag gebunden am Boden. Die Vahnbediensteten traten ein und freuten sich, zur Zeit gekommen zu sein. „Ein guter Fang," meinten sie, „der bringt Dir 500 Dollars." „Es ist nicht Alles," sagte ich, „ich habe noch einen zweiten Gefangenen." „Wo, wo?" tönte es von allen Seiten. Ich zeigte nach dem Sarge und erzählte meine Geschichte. Wir machten uns jetzt daran, den Inhalt des Sarges näher zu betrachten. Es war keine leichte Aufgabe. „Wenn alle Särge so vernagelt wären," sagte mein Freund, „so konnte keine Seele am jüngsten Tage auferstehen." Endlich aber war der Deckel frei. Rasch öffneten wir ihn und ehe noch die Pseudo-Leiche Zeit hatte, sich zu erheben oder von dem in ihrer Hand befindlichen Revolver Gebrauch zu machen, hatten wir uns derselben versichert. Es war einer der gefährlichsten Räuber von Michigan, auf dessen Kopf ein Preis von 1000 Dollars gesetzt war, und ich hatte so durch