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Ich denke, ich habe Dir meine Meinung Wenn Gott verzeiht, muß es der Mensch, au Sachsens vertheilt, kommt auf den Kopf für sämmtliche Kollekten zu« sammen ein Beitrag von 2 Pfennigen. Zur Erklärung dieser auf fallend geringen Betheiligung muß beigefügt werden, daß für die kirch lichen Liebeswerke fast überall außerkirchliche Sammlungen veranstaltet und besondere Liebesgaben dargereicht werden, welche den Ertrag der Kirchenkollekten bei Weitem übertreffen. — Die letzte Nummer des „Nerordnungsblattes des evangelisch - lutherischen Landesconsistoriums" enthält über das kirchliche Leben im Königreiche Sachsen interessante und zumeist ersreuliche Mittheilungcn aus den von den Epho ren erstatteten allgemeinen Jahresberichten auf das Jahr 1878. Ueber den sittlichen Zustand in den Gemeinden äußert sich der Bericht wie folgt: Eine allgemeinere ernste Umkehr zu einfacherer Sitte und Zucht läßt sich aus den eingegangenen Schilderungen noch nicht entnehmen. Die Klagen über das durch die Häufung der Schankstätten vermehrte Wirthshausleben, über die vielfachen Uebertretungen des sechsten Gebotes besonders bei dem Gesinde, über Trunksucht, über Verwilderung der Jugend, über Zunahme der Verbrechen und Vergehen sind im Wesentlichen noch dieselben. Aus einer Ephorie wird berichtet, daß die Gerichtsgesängnisse noch nie so gefüllt gewesen seien, als im vergangenen Jahr. Ungeachtet der gedrückten Erwerbsverhällnisse ist eine Abnahme der Veranstaltung von Vergnügungen kaum zu bemerken. Unkirchliche Gesinnung oder doch Gleichgiltigkeit gegen die Ordnungen der Kirche macht sich viel fach noch ungescheut geltend. Verzögerungen der Tause sind selbst in den gebildeten Ständen häufiger, während unter diesen die Trauung noch die allgemeine Regel bildet. Die secialdemvkratischen Neigungen und Bestrebungen treten infolge des so genannten Socialistengesetzes zwar weniger offen zu Tage, glimmen aber unter der Oberfläche fort und sind offenbar noch weit verbreitet, sollen sogar in einigen Ge genden noch überhand nehmen. Andererseits wird von mehreren Berichterstattern erwähnt, daß das gedachte Gesetz einen heilsamen Einfluß insofern geäußert habe, als dadurch der Sinn sür die Autorität gestärkt worden, die besser Gesinnten den Spöttern gegenüber mehr Muth gewonnen hätten. Auch sonst wird im Einzelnen von Spuren einer anscheinenden Besserung berichtet. In einigen Gemeinden, auch in den Jndustriebczirken scheint das Verlangen nach Ruhe und Ordnung zuzunehmen. In vielen Gemeinden ist die Zahl der Kirchenbesucher und der Communicanten im Wachsen begriffen. Die kirchlichen Vereinsseste und sonstige öffentliche Feierlichkeiten finden immer zahlreiche Theilnahme. An einer allgemeinen und regen Theilnahme bei den christlichen Liebeswerken hat es bei unserer Bevölkerung ohnehin nie gefehlt, offenbar ist der Sinn dafür aber in neuerer Zeit noch mehr geweckt. Ueberhaupt darf nicht vergessen werden, daß, sowie äußere Ehrbarkeit noch in ganzen Districten vorherrschend ist, die Arbeitsamkeit und Genügsamkeit der Bevölkerung besonders auch in den ärmeren Theilen des Erzgebirges alle Anerkennung verdient, es auch in den meisten Gemeinden an einem Kerne christlich gesinnter Hausstände nicht fehlt, und daß wenigstens das Interesse für kirchliche und religiöse Fragen offenbar im Wachsen ist. Man darf daher die Hoffnung nicht aufgeben, daß die vielfachen Be strebungen von Kirche und Staat, ans ein Wachsen der Gottesfurcht, der Sittlichkeit und der Bildung hinzuwirken, nicht ohne den erstrebten Erfolg sein werden. — Vom Arbeitsmarkt berichtet die „Social-Corr.": Zu dem Dresdner Ge sindemarkte am Sylvester hatten sich etwa 600 männliche, dagegen nicht viel über 50 weibliche Dienstboten eingesunden. Die Löhne für Erstere gingen — gegen das Borjahr — noch weiter zurück und erzielten Schirrmeister durchschnittlich nur 210 Mark jährlichen Lohnes, während man Großknechten 180, Mittelknechten von 120 bis 150 und Kleinknechten von 60 bis 105 Mark sie nachdem Letztere als soge nannte Pferde-, Ochsen- oder Kühjungen gedingt wurden) bewilligte. Ungleich höhere Löhne erzielten wegen geringen Angebots weibliche Dienstboten, von denen Wirth- schafterinnen außer ansehnlichen Weihnachtsgeschenke» rc. 180 Mark und darüber, Großmägden 150 bis 180, Mittelinägden 120 bis 150 und den sogenannten Klein- Mägden 60 bis 120 Mk. zugesagt wurden. Am Neujahrstage fanden sich noch etwa 100 männliche und 20 weibliche Dienstboten und eine namhafte Zahl Oekonomen aus der Großenhainer, Meißner, Mügelner, Lommatzscher und Wilsdruffer Gegend ein. Welche vorzugsweise Schirrmeister engagircn wollten. In Folge des lebhaften Be gehrs stiegen die Löhne der Schirrmeister von 210 Mark rasch auf 240, 270 und und 300 Mark. Alle andern Klassen der männlichen Dienstboten blieben wenig ge fragt und kamen über die oben mitgetheilten Jahrestötzne nicht hinaus, während Mägde so begehrt waren, daß Wohl die dreifache Zahl Unterkommen gefunden hätte. Noch in der vierten Nachmittagsstunde, als Ler ursprünglich auf dem Theatciplatz abgehaltene Markt in Helbigs Etablissement fortgesetzt wurde, bestürmte man die Agenten mit Zuweisung von Mägden. Von Knechten dagegen sind mindestens 100 unverdingt geblieben. Deutliches urrL Sächsisches. Wilsdruff. Auf das morgen Mittwoch Abend im Lvwensaale stattfindende 2 Abonnement-Concert unseres Stadtmusikchors machen wir die geehrten Leser von Stadt und Umgegend hier noch ganz be sonders aufmerksam; dasselbe verspricht dem uns vorliegenden Pro gramm nach allen Musikfreunden einen höchst genußreichen Abend zu bereiten. Möge deshalb der Besuch ein recht zahlreicher sein. — Riesa. Der hiesige Gewerbeverein hat die Veranstaltung einer Gewerbeausstellung in diesem Jahre gegen 2 Stimmen be schlossen und für die Vorarbeiten bezw. die Ermittelung derjenigen Mo dalitäten, unter denen die Ansstellung entrirt werden soll, eine Kom mission von 5 Mitgliedern niedergesetzt. — Der 3. Strafsenat des Reichsgericht in Leipzig hat die ihm zur Entscheidung vorgelegene Frage, ob ein in offenem Laden feil haltender Conditor als Kaufmann zu betrachten sei, in bejahendem Sinne entschieden. — Großenhain, 7. Januar. Hier hat man schon längst gegen den Wucher agitirt und endlich hat sich hier ein Berein konstttuirt, welcher dem Unwesen des Wuchers steuern will durch Gewährung kleiner Dahrlehne unter billigen Bedingungen. Der Verein nennt sich „Dar- lehnsverein zu Großenhain" und bezeichnet als seinen Zweck, in Noth gerathene Personen durch Darlehen bis zu 100 M. zu unterstützen. Die hierzu erforderlichen Kapitalien werden erworben theils durch un verzinsliche Darlehen der Mitglieder, theils durch verzinsliche, welche je nach Bedürfniß zu einem billigen Zinsfuß ausgenommen werden müssen. — Pirna. Bezüglich des an Füssel in Langenhennersdorf ver übten Mordes erfährt der „P. Anz.", daß beide Stephan'sche Eheleute ^-fiulunehr ein Geständniß abgelegt haben. Der arme Manu hat nicht weniger als 18 verschiedene Nippenbrüche gehabt. Stephan soll übrigens in seiner Zelle bereits einen Selbstmordversuch gemacht haben, der aber durch rechtzeitiges Einschreiten noch vereitelt wurde. —"Der wegen aus Eifersucht voüsührter Ermordung des am 24. v. I. todt aufgefundenen Musikdirektors Steindel aus Zwickau an geklagte 22jührige Bäckergeselle Oettel aus Langenbernsdorf wurde vom Zwickauer Schwurgericht am 22. v. M. des Todtschlags schuldig be- suuden und zu 12jähriger Zuchthausstrafe verurtheilt. — In Chemnitz ist am Sonntag Nachmittag ein wegen Unred lichkeit verhaftetes, in Diensten befindlich gewesenes Mädchen auf dem Transport nach der Polizeiwache dem sie begleitenden Beamten ent sprungen und hat sich in der Nähe der Auebrücke in den Chemnitz fluß gestürzt. Trotz sofot angestcllter Rettungsversuche gelang es nicht, das Mädchen dem Wasser zu entreißen. Dasselbe ist ertrunken und wurde der Leichnam in der Nähe des Pfortensteges aufgefunden. — In Zwickau wurde ein sogenannter Sympathiedoctor, der Fabrikarbeiter Dittrich aus Crimmitschau, zu 1 Jahr Gefänguiß ver urtheilt. Derselbe hatte u. A. gegen Lähmung bekritzelte Stücke Pa pier „verschrieben", welche neun Tage um den Hals zu tragen wa hren und unfehlbar helfen sollten, aber natürlich nichts halfen. i— Im Staatsforstrevier Brund öbra im Voigtlande sind 20 000 Meter Windbrüche constatirt worden, so daß daselbst 3 Jahre stein Holz abgeschlagen zu werden braucht. Auch im Revier Lands- nde, das dem Sturme weniger ausgesetzt ist, liegen l500 Fest- l nieder. Daß diese Sturmschäden zum Theil davon herrühren, e Nachbarn ihre Waldungen planlos niedermachen und dadurch Lenzenden Gebiete dem Winde und Wetter schutztos preisgeben, lerholt nachgewiesen worden. Wenn der Staat in dortiger Ge- och mehr Waldbesitz erworben haben wird, dürften solche Vor Der schlechte Kerl im Dorfe Original-Novelle von Oscar Gießler. Nachdruck verboten. efürchtet das englische Cabiuet, daß der Krieg in Afghanistan im Frühjahr aufs Neue entflammen werde, da auch eine Wiederholung der russischen Expedition gegen Merw fest beschlossen ist. Die englische Regierung ist daher in innigere Beziehungen zu Persien getreten, um mit diesem gemeinschaftlich die drohenden Uebergriffe Rußlands abzu- wehrcn, anch werden die Engländer das im Nordwesten Afghanistans gelegene Herat besetzen, sobald Merw durch die Russen bedroht wird. Der entsetzliche Unfall in Schottland, welcher vor etwa 14 Tagen durch den Zusammenbruch der Tay-Brücke so viele Menschen leben kostete, ist nicht geeignet gewesen, den kühnen Unternehmungs geist der Engländer auch nur für eine kurze Zeit irgendwie zu cnt- muthigen. Im Gegentheil, mit um so größerer Energie arbeitet man daselbst an der Vollendung eines Werkes, welches wo möglich noch großartiger und gewagter angelegt ist, als die zusammcngestürzte Tay- Brücke. Das ist die ebenfalls in Schottland im Bau begriffene Forth- Brücke, welche, IH2 englische Meile lang, von Pfeilern getragen wer den soll, die bei einer Spannweite von 1600 Fuß, die imense Höhe von nahezu 600 Fuß erreichen werden. Interessant ist, daß die deut sche Industrie au dem Unternehmen in hervorragender Weise bctheiligt ist. Fr. KruvMin Essen hat nämlich der englischen Konkurrenz im eigenen Lande, saft unmittelbar an ihrem Hauptproduktionsgebiete, die Spitze geboten und die Lieferung von ca. 200,000 Ctr. Bessemer Stahl zum Bau der Forth-Brücke von den englischen Unternehmern in Auftrag erhalten — ein neuer Beweis, wie wenig die deutsche Eisenindustrie auf Protektionszölle angewiesen ist. Um sich einen Be griff von der Größe dieser Brücke zu machen, sei noch erwähnt, daß die Sheffielder Firma Jonas u. Colver, deren Mitinhaber Jonas ein Rheinländer ist, allein für eine halbe Million Mark Werkzeugstahl und Handwerkzeuge zu diesem Zwecke kontraktlich zu liefern übernommen hall Die gejammten Herstellungskosten der Forth-Brücke sind auf die Summe von 25 Millionen Mark veranschlagt. Die Tugendrose scheint bei den spanischen Königinnen erblich zu sei». Der Papst hat den Nuntius in Madrid beauftragt, der neu vermahlten Königin Marie Christine die geweihte goldene Rose zu überreichen. Galvestou, Texas, 23. Dezember. Ein Frachtzug au der Missouri-Kansas und Texas Eisenbahn stürzte gestern in der Nähe von Durant-Station durch eine brennende Brücke. DieLocomotive kam glücklich hinüber, aber der Tender und zwanzig Wagen stürzten hinunter und wurden fämmtlich zertrümmert und verbrannt. Der Heizer fiel in das Feuer und fand darin seinen Tod. Der Bremser erlitt leichte Verletzungen. (Fortsetzung.) „So, so! Empfindlichkeit und Eigenart nennt Ihr das, alter Schlaufuchs? Ich nenn's Beharren auf meinem guten Rechte!" brauste der Andere auf. „Also hübsch still halten und sich alles gefallen lassen, das ist Eure Staatsraisou? Seid Ihr so alt geworden, um nichts Besseres zu wissen? Weil ich anders bin und anders denke, als die Andern im Dorfe, soll ich deshalb schlechter sein als sie? Geht, geht, Ihr seid am Wege zurückgeblieben, Fuchslieb und versteht die Welt und die Menschen nicht mehr." Der Markedenter hatte sich selbst in Hitze geredet und war, ohne es eigentlich zu wollen, in eine herausfordernde, beleidigende Sprech weise verfallen. Der Greis ließ sich nicht irre machen. „Hast Recht, Wilm, hast Recht, ich bin sehr alt geworden und verstehe auch Dich nicht mehr. Wie »ft hast Du mir zugesagt, Du wolltest Deinen Jäh zorn, Deine eckige Art, den Menschen gegenüber, einmal fahren lassen, wolltest etwas weniger verbittert, etwas gerechter gegen die Mitwelt sein, — aber ich armer zurückgebliebener Mann habe Dich eben falsch verstanden. Du hast nur einen Freund, den Du zu Rathe ziehst, aber das ist ein recht unsauberer Gesell, auf den Du nicht stolz zu sein brauchst: Weißt's wohl, wen ich meine?" setzte der Alte blin zelnd hinzu. „Es ist der Branntwein — eine recht trübe Quelle, die keines Menschen Bild richtig wiederspiegelt." Wilhelm Bär sah düster vor sich nieder. „Wenn man so unglück lich ist, wie ich es bin" versetzte er endlich leise, „dann greift man wohl gern zur Flasche, die den Trank des Vergessens enthält". „Sage: den Trank des Elends", mahnte der alte Mann auf der Ofenbank, „denn der Genuß des Giftwassers bringt nur Betäubung, nicht Vergessenheit. Fürchtest Du Dich denn niemals vor dem Er wachen?" „Laßt das!" gebot Bär streng, „ich will keine Predigt!" „Das heißt: ich will keine Einkehr bei mir selbst", fuhr der unerbittliche Mahner fort. „Du steifst Dich darauf, elend zu bleiben und wühlst in Deinem Schmerze mit der Wollust der Verzweiflung. Das ist ein unseliger, gottloser Stolz, der zum zeitlichen und ewigen Verderben ausarttt. Wie anders könntest Du's haben, Wilm!" „Was plagt Ihr mich mit Vorwürfen über die Vergangenheit? Ihr seid heute unausstehlich!" erwiederte der Andere barsch. „Kann ich dafür, daß sich mein Weib auf die leichte Seite legte, als ich im Kriege war? War es ein Fehler, daß ich meine Tochter aus dem. Hause wies, als sie sich mit dem Laffen, dem August Heinz, einge lassen hatte, der noch nicht einmal mündig war und dessen Vater die Einwilligung zur Heirath mit der „Markedenter-Liese", wie er sie nannte, beharrlich verweigerte? Sollte ich die Schande erleben, in meinem Hause unehelich geborene Kinder aufziehen zu lassen? That ich Unrecht, daß ich die Liese aus dem Hause entfernte?" „Gewiß thatest Du das" sagte der Greis furchtlos, ohne sich von nn weniger oft zu verzeichnen sein. ! Die allgemeinen kirchlichen Laudeskollekten haben im Jahre chende Erträge ergeben: für die äußere Mission 7337 M., für lstssion 6639 M., für die Bibelgesellschaft 6553 M., für den len Kirchenfond 8745 M., für den Gustav-Adolf-Verein 5716 .den Kirchenbau zu Wilkau 6466 IN., zusammen 41,458 M., s seinem Platze zu rühren. Vorjahr 3128 M. weniger. Auf die evangelische Bevölkerung ! nicht verschwiegen. Wo