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dem Gedanken finden, die löbliche Sache angeregt und im Stillen ge fördert zu haben; weiter aber darf feine Thätigkeit dabei nicht gehen." „Amen!" fprach der Doctor feierlich. „Das war in der That eine Prophetenstimme, und ich erkenne hiermit kraft meines richterlichen Amtes nach Pflicht und Gewissen, daß Philipp v. Wüllen sich weder als Präses, noch Mitglied bei dem neuen Bürgerclub auf dem „Neuen Hause" zu betheiligen, sondern nur im Stillen dafür zu wirken habe." Philipp schien die Sache ernster zu nehmen, als die Uebrigen glaubten; ja, was Niemand ahnte, — er baute feine absonderlichen und klugen Pläne darauf. Und wenn man den kalten Spötter und Humoristen in ihm theils fürchtete, theils liebte, so konnte man nicht ahnen, daß ein Herz ächt und lauter wie Gold in seiner Brust schlug. „Nun gut," sagte er endlich nachdenkend, „ich erkläre mich für besiegt, doch schlage ich vor, um den Club überhaupt zu Staude zu bringen und sein Fortbestehen zu sichern, Herrn Josias Burchard dafür zu gewinnen und als Präses an die Spitze zu stellen." „Angenommen!" rief der Doctor, und auch die Damen nickten Beifall. „Zweitens müssen wir in den Statuten den Paragraphen durch setzen, daß Nichtmitgliedern der Zutritt gestattet und besonders die Einführung von Damen beschlossen wird." „0, magnifigue!" jubelte der Doctor, während die Damen sich erschrocken anblickten und Hedwig mißbilligend das Köpfchen schüttelte. „Darin hätte ich also die Zustimmung des Schiedsrichters," suhr Philipp ruhig fort, „und hoffentlich werden die Frauen und Töchter der Bürger ihr eigenes Wohl und ihreü Bortheil nicht so eigensinnig von sich stoßen. Ich will ihr Erlöser von der Haustyrannei sein, und wehe! lassen sie den Moment vorübergehen, dieses Jahrhundert wird denselben sicherlich nicht zum zweiten Male herbeiführen, und erst das künftige Geschlecht kann das große Werk aufs Neue beginnen und vielleicht glücklich fortführen!" „Himmel! der Ppilipp wird Seher und Prophet, mir graut vor solchem Gesicht!" rief Charlotte mit komischer Angst. „Und wenn die armen Frauen und Töchter der ehreuwehrtheu Bürger nun trotz Deinem Auathema in ihrer Einfalt verharren und lieber nach alter Deutscher Sitte sein züchtig und ehrbar daheim am häuslichen Hcerd, im Kreise der Kinder bleiben, als in der Männer rohe Gesellschaft sich zu mischen; sprich, weiser Philippus! was würdest Du dann beginnen?" „Ich würde den Paragraphen streichen und dem einfältigen Ge schlecht meine offene Verachtung weihen," versetzte der Assessor achsel zuckend. „Und worin würde diese Verachtung ihren Ausdruck finden?" fragte Hedwig lächelnd. „Daß ich in den Orden der Hagestolze trete," entgegnete Philipp kalt und mit einem so ernsten Gesicht, daß man die Ucberzeugnng ge winnen mußte, er werde sein Wort unter allen Umständen halten. Mathilde Burchard errölhete und erbleichte abwechselnd, und mit einem schmollenden Trotze senkte sie das Antlitz tief auf ihre Arbeit. „Dabei würden die armen Frauen in der That nur gewinnen," bemerkte Charlotte ruhig. „Halt! keinen boshaften Streit und Unfrieden im eigenen Lager," rief der Doctor, „oder ich muß als Schiedsrichter Fräulein Charlotte v. Wüllen in Strafe nehmen. Wir müssen uns zusammennehmen, um mit unserm Club nicht dem Gespött der Feinde anheimzufallen. Und wir haben's nötljig, in allen Dingen auf der Wacht zu stehen, denn irrte ich nicht, so sah ich vorhin ein Gesicht, das mir wie eine alte, häßliche Erinnerung auffiel; der Himmel mag wissen, welche Jntrigue den Hofnarren von der Britischen Jnsti hierher geworfen hat, — denn etwas Gutes führt ein Albendyl niemals im Sinne." „Ach, Sie halten ihn also auch für den Junker Richard?" fragte Hedwig lächelnd. „Nun freilich, wofür sonst?" „Sein Zwillingsbruder Horace ist es," — bemerkte Philipp ruhig; „schon in London hörte ich von dieser sellsamen Aehnlichkeit." „Nicht möglich, sonst muß die Natur ein Wunder hervorgebracht haben," rief der Doctor ungläubig. „Zum Henker! können Zwillinge auch die gleichen —" Ein bedeutungsvoller Wink des Assessors machte ihn verstummen; er ahnte ein Geheimniß, lehnte sich deshalb in den Sessel zurück und murmelte: „Wunderbarer Zufall! mir gleich, Richard oder Horace, sie taugen Beide nichts; sind sie doch aus gleichem Stoff gewoben." In diesem Augenblick wurde die Thür geöffnet und Ludwig's ernstes, ausdrusvolles Gesicht wurde sichtbar. „Auf zwei Minuten, Assessor!" rief er im ruhigsten Tone» „Du mußt uns ein schweres Exempel lösen helfen." „Lxcuse, meine Damen! das Rechnen ist nun einmal mein Ele ment." (Fortsetzung folgt.) — Schon seit langer Zeit ist es als ein Bcdürsniß empfunden worden, daß das im Jahre 1812 eingeführte Kirchenbuch, wellt cs im I. Theile die Evangelien nnd Episteln für die Festtage des Kirchen jahres und im 2. Theile die Formulare für die gottesdienstlichen Hand lungen enthielt, durch eine den Anforderungen der Gegenwart ent sprechende Agende ersetzt werde. Dies ist, so viel die zu den Pre- digttexten und zu den Vorlesungen bei dem öffentlichen Gottesdienste bestimmten Schriftabschuitte betrifft, bereits durch Vie in den Jahren 1840 und 1842 erfolgte Einführung eines neuen Pcrikvpenbnchs für die evangelischen Kirchen des Landes geschehen. Noch mangelte es aber bisher an einer neuen, in jeder Beziehung zweckdienlichen Zu sammenstellung der bei dem öffentlichen Gottesdienste in Anwendung zu bringenden Gebete, sowie an einer gleich zeitgemäßen Feststellung der Formulare für besondere gottesdienstliche Handlungen. Auch konnte der wiederholt laut gewordene Wunsch, daß, während das Kirchenbuch vom Jahre 1812 Mehreres, z. B. eine Begräbnißliturgie gänzlich ver missen ließ, eine vollständige, alle gottesdienstliche Handlungen des kirchlichen Gemeindclebens gleichmäßig berücksichtigende Agende darge- boten werde, nur gerechtfertigt und darum der Beachtung werth er scheinen. Das evangelisch-lutherische Laiidesconsistorium hat die hier mit angedcutele wichtige Aufgabe vom Anfang seiner Wirksamkeit an ins Auge gefaßt und die Lösung derselben unter steter Beobachtung der von ihm dafür aufgestellten und von der zweiten ordentlichen Laudessyuvde gebilligten Grundsätze sich angelegen sein lassen. Es galt der Herstellung einer Agende, welche ihrem Inhalte nach in allen Stücken ui Uebereinstimmung mit dem Bekenntnis; der evangelisch- lutherischen Kirche stehe und welche unter klarer Kenuz ichnuug des lilurgifch Wesentlichen durch die Maunichfaltigkeil ihrer Vorlagen die Füglichkeit der Auswahl des im einzelnen Falle Zweckdienlichen ge währe. Zugleich war in die neue Agende eine Beschreibung der Ord nung des sonn- und festtägigen Hauptgottesdienstes auszunehmen; denn, obschon die bisher bestandene Goltesdienstordnung im Allgemeinen eine Abänderung nicht erfahren sollte, so war hiermit doch eine vollere Ausstattung einzelner Theile derselben durch Stücke, welche insbesou- dere zur Herbeiführung einer lebendigeren Betheiligung der Gemeinde an dem Gottesdienste geeignet sind, nicht ausgeschlossen. Die Be- reicheruug, welche die Gollesdienstordnung hierdurch erfahren hat, be steht, so viel den Eingang des Gottesdienstes betrlsft, in der Ein fügung deS Bittgebets: „Herr, erbarme Dich" und eines allgemeinen PrelstS der göttlichen Gnade, ferner in kurzen Lobjprücheu nach den der Predigt vorangehenden biblischen Vorlesungen, endlich rücksichtlich der Abendmaylslilurgie in der Einschaltung des „Heilig, heilig, heilig rc." mit dem den Gesang desselben einleitenden Gebet. Nachdem nun die in dieser Weise fertig gestellte Agende die Genehmigung der in kvungolivw beauftragten Herren Staatsminister gefunden, so hat das Landescvusistorium beschlossen, dieselbe mit dem ersten Sonntage des Advents, als dem Beginn eines neuen Kirchenjahres, in den öffent lichen Gebrauch in alle» evangelisch-lutherischen Kirchen des Landes eluzuführen, und ist das zu diesem Zweck Erforderliche allenthalben vorgesehen und verfügt worden. Das Laiidesconsistorium übergiebt die neue Agende den evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden des Landes in der Ueberzeugung, daß dieselbe durch den Reichthum der in ihr dargebotenen Gebete und durch die das Bedürfniß der Gegen wart allseitig berücksichtigende Anordnung der kirchlichen Handlungen sich bei ihrem Gebrauche als wohl geeignet erweisen wird, in wirk samer Weise die Feierlichkeit des Gemeindegvttesdienstes, sowie die Erbaulichkeit der besonderen gottesdienstlichen Handlungen zu erhöhen und somit zur Hebung des gesammten kirchlichen Lebens wesentlich beizulragen. Damit aber, soviel die Liturgie des sonn- und festtägigen Hauptgvttesdienstes betrifft, einem jeden Gemeindegliedc die selbstthäiige Betheiligung an derselben erleichtert werde, ist Fürsorge für einen übersichtlichen Abdruck derselben nebst den dazu gehörigen Intonationen und Refpvnsorien getroffen worden, der, wenige Blätter enthaltend, einem jeden Gesangbucht beigefügt werden kann. Auch ist, wo be sondere Umstände dies uöthig machen, der Gebrauch einer abgekürzten einfacheren Liturgie nachgelassen. Kirchennnchrichtcn aus Wilsdruff. Zum Todtenfest Vormittags predigt Herr ?. 0r. Wsbl. Nach dem 2. Einlauten Beichte und nach der Predigt Abendmahl. Kirchenmusiken: . . , Am Bußtage: Necstanv und Arie aus dem Oratorium „LIias" von Mendelssohn- Bartholdy. Am Todtenfeste: „lieber den Sternen pp." von Abt; n ospsU». In nächster Zeit flüssig werdende Cassengelder sollen in größeren oder kleineren Beträgen gegen Verpfändung von Landgrundstückcn anderweit ausgeliehen werden durch das Kleiderstoffe. Die Auswahl in diesem Artikel ist überraschend und habe ich Alles aufgeboten, das Neueste billigst zu beschaffen, und mache hauptsächlich aufmerksam auf einfarbige Genre, z. B.: dlrois«, Elle von 40 Pf. an, DlsikoirsI, Elle von 50 Pf. an, Elle von 55 Pf. an, ILtrirrw. 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