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diger Weise treten die Czechen gerade heute mit einer überraschend Weitgehenden Forderung 'auf. Ihre Organe beginnen nämlich nicht mehr und nicht weniger als eine Reorganisirung der Armee auf na tionaler Grundlage zu verlangen. Was das in Oesterreich heißen würde, läßt sich leicht errathen, und deshalb darf man wohl hoffen, daß dieses Verlangen im Interesse des Donaukaiserreichs sür immer ein „frommer Wunsch" bleiben werde. Denn außer der Person des Herrschers ist nur noch die Armee der einzige starke Halt, welcher die Völkerschaften Oesterreichs in Einigkeit zusammenfaßt. Eine Auflösung des Heeres in einzelne nationale Armeen wäre sicherlich der Anfang vom Ende Oesterreichs. Paris. Für den 14. Juli, den Jahrestag der Erstürmung der Bastille, ist bekanntlich die Vertheilung der neuen Fahnen an sämmt- liche Regimenter der französischen Armee in Aussicht genommen. In republikanischen Kreisen legt man dieser Ceremonie große Wichtigkeit bei und ventilirt vielfach die Frage, ob nicht mit Austheilung der Feldzeichen auch zugleich die Ableistung eines Fahneneides zu verknüpfen sei, derart, daß Offiziere und Mannschaften zur Treue und Ergebenheit gegen das republikanische Regime verpflichtet würden. Namentlich das Gambetta'sche Organ, „Repudliqne Fran^aise", tritt mit großer Wärme zu Gunsten dieses Vorschlages auf. Unzweifelhaft leiht das Blatt da mit einem in den einflußreichsten republikanischen Kreisen gehegten Herzenswünsche Ausdruck, indessen könnte es sich leicht ereignen, daß dieser Wunsch — ein frommer bleibt. Das Offiziers cps der fran zösischen Armee ist noch zu stark von monarchisch gesinnten Elementen durchsetzt, als daß die Heranziehung desselben zur Ableistung eines Treue-Eides gegen die Republik nicht zu Schwierigkeiten führen sollte, deren Vermeidung im wohlverstandenen Interesse des herrschenden Regimes liegt. Kaiser Alexander hat die verurtheilten Nihilisten Michailow und Saburoff nicht hinrichten lassen, wie das Urtheil lautete, sondern zu 20- und 15jähriger Bergwerksarbeit und den Arzt Ur. Weimar zu 10jähriger Festungsarbeit begnadigt. Vaterländisches. Wilsdruff. Schon heute machen wir alle Freunde eines guten Concertes, wie die Gönner des seit einer langen Reihe von Jahren segensreich wirkenden hiesigen Frauenvereins auf das nächste Mittwoch im Saale des Gasthofes zum Löwen stattfindende Vocal- und Jnstru- mental-Concert der hiesigen Liedertafel in Verbindung mit unserem tüchtigen Stadtmusikchore aufmerksam, welches den Zweck hat, der er schöpften Casse des FrauenvereinL neue Mittel zuzuführen, da die Concerteinnahme dem Frauenvereine zufließen soll. — Unter Änderen werden im Concerte zum Vortrage kommen: „Columbus", melodra matische Dichtung für Chor und Orchester von Becker, „Zigeunerleben" für Chor, Solis und Clavierbegleituug von Rob. Schumann, Text von Em. Geibel, und „Berglied" aus der Frühlingsfeier für Chor und Orchester von Zedtler. Wilsdruff. Dienstag, den 1. Juni unternahm der hiesige Ge- werbeverein eine Excursion in die Fabrik der sächsischen Holzindustrie- Gesellschaft zu Rabenau und in die Thode'sche Papierfabrik zu Hains- berg. Obgleich Tags vorher und am Dienstag Morgen das Wetter ungünstig war, wodurch die Abfahrt später stattfand, waren doch einige 40 Mitglieder zusammen gekommen und fuhren in drei Omni bussen und etlichen Privatgeschirren V»d Uhr in heiterster Stimmung vom Marktplatz aus fort. Im „Deutschen Hause" in Tharandt war der erste Haltepunkt, wo nach kurzem Aufenthalt weiter bis in den Gasthof zu Hainsberg gefahren wurde. Von da aus ging es ZU Fuß durch den sehr romantischen Rabenauer Grund bis zur Raveuauer Mühle, wo nach einer Inständigen Tour ein gutes Glas Bier und eine feine Tasse Kaffee nebst anderen Erquickungen vortrefflich mun deten. Nachdem sich sämmtliche Touristen erholt, wurde zunächst die -Holzschleiferei, welche zur Thode'schen Papierfabrik gehört, besichtigt, And dann ging es den Berg hinan nach Rabenau. Nach erfolgter Anmeldung wurden sämmtliche Vereinsmitglieder in zwei Abtheilungen freundlichst von dem Aufsichtspersonal in die großartig angelegte Fabrik eingeführt und von da wo die Klötzer roh Hineinkommen aus einen Raum in den andern geführt bis dahin wo die Stuhle in Möbeltransportwagen verpackt ihrem Bestimmungsorte zugesührt wer den. Erstaunt war fast Jeder über Qualität und Quantität, äußerst fein, aber auch staunenswerth schnell griffen Maschinen mit Menschen hand an, denn es werden täglich von circa 400 Arbeitern gegen 50 Dutzend Stühle gefertigt und gehen dieselben bis in fremde Welt- theile. Nachdem sich sämmtliche Vereinsmitglieder wieder zusammeu- Zefunden, wurde vom Vorstand des Vereins, Herrn Redacteuer Berger, den Herren Führern im Namen des Vereins herzlichst gedankt und dann ging es weiter nach der „Albertshöhe"; dort wurde zuerst für Erquickung des Leibes gesorgt und dann die romantische Umgegend betrachtet, da man dort eine Fernsicht bis weit in das Gebirge und in den Weißeritz-Grund hat. Nach kurzem Aufenthatt ging es berg abwärts, wo in der Restauration zu Eckersdorf am Saume des Gar tens ein zierliches zwischen Sandgängen stehendes grünes „Seid will kommen" entgegenprangte. Kaum eingetreten, so setzte der Wirth ein Wasserwerk in Bewegung und nach einer bekannten Melodie tanzten, marschirten, schliffen, arbeiteten verschiedene Figuren; auch konnte ein Panorama und eine Menagerie unentgeltlich besichtigt werden. Doch die Zeit drängte und weiter ging es ins Thal nach Hainsberg. Dort erfolgte nach Anmeldung in der Thode'schen Fabrik der Eintritt zu gleicher Zeit in drei Abtheilungen und wurde in liebenswürdigster Weise Alles gezeigt und erklärt, von da wo das Rohmaterial liegt bis dorthin wo das Papier fertig in Bogen geschnitten weggenommen wird. Wie großartig das Etablissement arbeitet, ist staunenswerth, zwei Maschinen von ungefähr 200 Pferdekräften treiben die Werke und gegen 600 Arbeiter werden beschäftigt. Nachdem sich Alle nun ein Bild von der Fabrikation des Papieres machen konnten, wurde gegen 6 Uhr, nachdem vom Herrn Vorstand ebenfalls herzlich gedankt worden war, die Fabrik wieder verlassen und im Gasthof zu Hains berg, bei unserem früheren Mitgliede, Herrn Kroke, Abendbrod ge nossen. Um 7 Uhr begann die Rückfahrt. Nach nochmaligem kurzem Aufenthalt in Tharandt gelangten sämmtliche Vereinsmitglieder ohne irgend einin Zwischenfall Wohlgemuth um 9 Uhr hier an und werden sich noch lange Zeit mit Freuden dieser Partie erinnern. —k. — In Folge Einführung der neuen Prozeßgesetzgebung beginnen vom heurigen Jahr ab die Gerichtsferien bereits am 15. Juli und endigen erst den 15. September. Dieselben sind zwar auf das Mahn verfahren, das Zwangsvollstreckungsverfahren und das Konkursverfahren ohne Einfluß, es werden jedoch sonst während der zweimonatigen Feriendauer bei den Gerichten nur in Feriensachen Termine abge halten und Entscheidungen erlassen; als Feriensachen aber sind nur anzusehen: 1. Strafsachen; 2. Arrestsachen und die eine einstweilige Verfügung betreffenden Sachen; 3. Maß- und Marktsachen (unter welchen letzteren aber Jahr- und Wochenmärkte nicht zu verstehen); 4. Streitigkeiten zwischen Bermiethern und Miethern von Wohnungs- und anderen Räumen wegen Ueberlassung, Benutzung und Räumung derselben, sowie wegen Zurückhaltung der vom Mielher in dieMieths- räume eingebrachten Sachen; 5. Wechselsachen; 6. Bausachen, wenn über Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird; 7. beson dere Beschleunigung erfordernde Streitigkeiten. Bei der großen An zahl der nicht zu den Feriensachen gehörenden und zur Geltendmachung durch Mahnverfahren ungeeigneten Rechtssachen liegt es also im In teresse der betr. Gläubiger, welche einen mehrmonatigen Aufschub der Verfolgung ihrer Rechtsansprüche zu vermeiden wünschen, schleunigst den Prozeßweg zu betreten. — Wermsdorf, 30. Mai. Bei dem Gewitter, welches ver gangenen Freitag in unserer Gegend austrat, ist es nicht ohne Un glücksfall abgegangen. Der Gurkenhändler Gruhl, welcher sich zu dieser Zeit mit seinem Sohne und Geschirr auf dem Wege von Kotitz nach Wermsdorf befand, wurde mit seinem Pferde von einem Blitz strahl getödtet. Der Sohn, welcher in unmittelbarer Nähe war, kam mit dem Leben davon. — Wurzen. Einen vollkommenen Raub, aber unter liebens würdiger Form, führte vor eingen Tagen in Gerichshain ein ungesähr 30jähriger Mann aus. Er beehrte einen dortigen Gutsbesitzer mit seinem Besuch, um ihm ein Pferd abzukaufen, war auch nicht knickrig und ward mit dem Gutsbesitzer handelseinig. Nur den Gang des Pferdes wollte er erst noch einmal probiren, setzte sich deshalb auf und ritt dem Gutsbesitzer vor der Nase weg davon, ohne wieder zu kommen. Vermischtes. * Höllenmaschine. Die „New-Aorker Handelszeitung" vom 16. Mai erzählt: Am Mittwoch dieser Woche erhielt der hiesige spa nische Generalkonsul, de Uriarte, ein Kästchen zugeschickt, das bei der vorgenommenen Oeffnung mit einem lauten Knall in tausend Stücke zersprang, und es ist als ein wahres Wunder zu betrachten, daß der Konsul selbst nur unbedeutend an der Hand verletzt wurde, sonst aber mit dem bloßen Schrecken davon kam. Eine nachträgliche Untersuchung ergab, daß sich in dem Kästchen eine Art Höllenmaschine befanden, die wahrscheinlich mit Pulver und Nitro-Glyzerin geladen war, jedoch die von Schurken beabsichtigte Wirkung verfehlte. Soweit bis jetzt festgestellt, war das Kästchen in Philadelphia auf die Post gegeben worden und werden jetzt alle Anstrengungen gemacht, um den Absen der zu entdecken. * Eine treffliche Antwort wurde neulich in einer öffentlichen Gesellschaft einem Unglaubensapostel gegeben. „Ich glaube nur, was ich sehe!" rief der studirte Herr in prahlerischem Tone und fuhr fort: „Ich sehe Gott nicht, also glaube ich auch nicht an ihn!" — Darauf sragte ein Anwesender, der diesen Unsinn mit anhörte, den Sprecher: „Haben Sie Ihren Verstand schon gesehen?" Da der Angeredete diese Frage natürlich nicht bejahen konnte, so erklärte der Fragesteller unter allgemeiner Heiterkeit: „Dann erlauben Sie mir, zu glauben, daß Sie keinen Verstand haben!" (E i n g e s a n d t.) Wohl noch kaum bei einer Partie, die der Gewerbererein veran staltet, fand das Angenehme mit dem vielseitig Lehrreichen eine so' herrliche Verbindung, als vergangenen Dienstag. Das war denn end lich einmal — Dank in erster Linie unseres Herrn Vorstandes Berger — eine Exkursion in ganzer Weise würdig eines Gewerbevereins! -- Eine sachkundige Feder wird jedenfalls im „Wilsdruffer Wochenbl." und wohl auch der „Gewerbevereinszeitung" (Herausgeber der letzteren Herr Landtagsabgeordneter Kaufmann Walther) über die besichtigten berühmten Etablissements, der im großartig angelegten Style Rabe nauer Stuhlfabrik, oder wie das Etablissement firmirt: „Sächsische Holzindustrie-Gesellschaft zu Rabenau", der Thode'schen Papierfabrik, (Actiepgesellschaft zu Hainsberg) «nd der letzteren Fabrik gehörigen Holzschleiferei im Rabenauer Grunde Näheres hören lassen. Jupiter Pluvius machte anfänglich ein unfreund lich Gesicht, aber er dachte, die dir so sehr mißtrauen und zu Hause mit Muttern bleiben, die mußt du doch ein wenig ärgern und steckst nun eine recht passable Miene auf. Für erschlaffte Organe konnte man sich keinen besseren Tag zur Stärkung wünschen! Der Rabenauer Grund ist ein recht dankenswerther Ausflug und wenn man einmal so Weit ist, lohnt es sich rin vollen Maße der Mühe, einen Abstecher zur „Alberts- und Carola-Höhe" bei Rabenau zu machen; von hier aus hat man ein herrliches Naturpanorama vor sich. Auf dem Wege nach Hainsberg vergesse man nicht die idyllisch gelegene Eckers dorfer Restauration zu besuchen, es giebt da ein samoseS Flaschenbier. Uebcrall! war das Bier vorzüglich und die Speisen nicht minder. Einen würdigen Abschluß fand die Exkursion beim Herrn Löwenwirth Thomas hier, welcher es sich nicht nehmen ließ, Bratheringe u. s. w. zu vertheilen bez. vertheilen zu lassen. Kirchennachrichten ans Wilsdruff. Am 2. Trinitatissonntage Vormittags predigt Herr p. Ur. Vskl. Monat Mai. Getauft: Julius Otto, Carl Gustav Fischers, ans. Bürgers u. StockfabrikantS hier, Sohn; Oswald Max, Carl Friedrich Kirchners, Tagarbeiter hier, Sohn; Anton Ookar, Hugo Anton Wendisch's, Bürgers u. Klempners hier, Sohn; Ernst Martin, Ernst Gustav Gerholds, ans. Bürgers und Tischlers hier, Sohn; Heinrich Otto, Christian Heinrich Fickers, Bürgermeisters hier, Sohn; Anna Selma, Carl Moritz Eckoldt's, Wirthschaftsbesitzers in Grumbach, Tochter; Gustav Curt, Friedrich Gustav Kunze's, Cigarrensabnkants hier, Sohn; Selina Thekla, Carl Ehregott Roßberg's, Hosmeistcrs im Gasthof zum Löwen hier, Tochter; Friedrich Otto Paul, Friedrich August Otto Leglers, Bürgers und Schlossers hier, Sohn; Wilhelm Paul, Heinrich Wilhelm Musbachs, Bürgers und HolznadelfabrikantS hier, Sohn. Außerdem eine unehel. Tochter. Getraut: Moritz Georg Theodor Körner, Bürger und Schneider hier, mit Marie Elisabeth Klinkhard hier; Friedrich Robert Bode, Zimmermann in Dresden, mit Anna Bertha Rüdrich hier. Beerdigt: Ida Marie, Carl Emil WurmS, Bürgers und Tischlers hier, Tochter, 2 M. 15 Tge. alt; Ernst Heinrich Grätzschel, ans. Bürger und Röhrmeister hier, 39 I. 2 M. 27 Tg. alt; Gotthelf Ernst Dörn>-^us. Bürger und Böttcher hier, 72 I. 11 M. 6 Tg. alt; Fr. Christiane Erd Ulbricht, geb. Kreher hier, 74 I. 2 M. 21 Tg. alt; Wilhelm Paul, Musbachs, Bürgers und Holznadelfabrikantö hier, Sohn, 11 Tg. a'üL ,»Schmidtgen, Bierausgeber st, Dresd n, 17 I. 10 M. 1 Tg. alt. eine tobte unehel. Tochter.