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amien wird z. B. wenn es eine Weiche zu stellen giebt, vom Zuge springen, der Zug hält an, der Beamte fungirt an der Weiche und schwingt sich dann auf den langsam fahrenden Zug. Einen Kassirer giebt es auch nicht bei dem Sekuudärbetrieb; vielmehr kassirt der Schaffner, wie bei der Pferdebahn, von den Passagieren während der Fahrt das Fahrgeld ein. Zur Kenntnißnahme der sonstigen Betriebs- einrichtungen bei Sekundärbahnen wird das k. Finanzministerium dem nächst einen höheren Beamten (man nennt den Geh. Finanzrath Ritter- städt) nach der Feldbahn in Thüringen und der Pröhlthalbahn in Westphalen entsenden. — Wie leicht man sich der Hinterziehung der Wechsel-Stempel- Steuer schuldig machen kann, zelgt folgender Vorfall. Ein Geschäfts mann in Sebnitz, welcher zufällig eine Reise nach Dresden machen mußte, von der einer seiner Bekannten Kenntniß hatte, erhielt von diesem einen Wechsel von mehreren Tausend Mark, in Dresden zahl bar, zum Jncasso. Das Papier war mit der vorschriftsmäßigen Marke von 1,50 Mark versehen und die Marke war auch durchfchrieben. Die Sache schien also ganz in Ordnung. Der Wechsel wurde prä- sevtirt und mußte M. Z. protestirt werden. Ler Beauftragte giebt den Wechsel nebst Protest seinem Auftraggeber zurück und für ihn ist die Sache nach seiner Meinung erledigt. Plötzlich erhält er indessen von irgend einem Steueramte einen Strafbescheid, lautend auf 75 M., und zwar deswegen, weil bei dem Datumsvermerk die den Monat an- gebende Zahl fehlt. Der Mann ist nalürlich bestürzt und läßt es, da er doch an dem Umlaufe des Wechsels in wechselrechtlicher Weise nicht theilgenommen, auf gerichtliche Entscheidung ankommcn und wird straf- und kostenfrei gesprochen. Der Staatsanwalt legt indessen gegen das Urtheil Berufung ein und das Landgericht Bautzen verurtheilt den Boten zur Zahlung von Strafe und Kosten. Es haben außer dem Betreffenden noch drei Personen an dem Umlaufe des Wechsels Theil gehabt und die im Ganzen zu zahlende Strafe beziffert sich also auf 300 M. wegen einer einzigen fehlenden Ziffer. Darum also Vorsicht! — Döhlen. Der Todtengräber in Pesterwitz ersah am Diens tag Nachm. vor. W. aus der eingedrückten Fensterscheibe an der auf dem dortigen Friedhöfe befindlichen Gruft, daß daselbst Diebe eingebrochen waren und zwar vcrmuthlich in der Nacht vom Montag zum Diens tag. Graf Luckner auf Altfranken nahm eine Besichtigung vor, wo bei sich nach Oeffnung der Grube ergab, daß die den unteren Raum abschließende Metallplatte bei Seite gedrückt worden ist und daß die in der Gruft befindlichen drei Särge geöffnet worden sind. Die Ein brecher, welche die Ruh e der Gebeine nicht weiter gestört haben, haben höchstwahrscheinlich nach Schmuckgegenständen gesucht, aber nichts fin den können. Es fehlen nur die metallenen Leuchter, welche auf dem im oberen Raume der Gruft befindlichen Altartische standen; das eben falls daselbst stehende Kruzifix haben die Diebe stehen lassen. Außer dem ist die an der Altardecke befindliche goldene Tresse abgetrennt und mit fortgenommen worden. — Riesa. Am 12. Juni Nachmittags Uhr erfolgte zwischen der Röderauer Signalstation und Bahnhof Röderau ein Zusammen stoß des Elsterwerdaer Pcrsonenzugs Nr. 516 mit dem von Stettin kommenden, nach Chemnitz bestimmten Extrazug für Circus Herzog. Beide Zugsmaschinen, sowie ein Packmeisterwagen und 4 Güterwagen sind vollständig zertrümmert und einige Güterwagen weniger bedeutend beschädigt. Menschenleben sind glücklicherweise nicht zu beklagen, jedoch kamen einige nicht bedeutende Verletzungen theils durch Herabspringen, Heils durch den Zusammenprall der Züge vor. Der Verkehr von und nach Röderau wurde einstweilen über Zeithain geleitet. — Roßwein. Am 6. Juni wurde die 19 Jahre alte Clara Anna Fischer, in Diensten bei dem Gutsbesitzer Mehnert inHaslau stehend, nachdem sie Tags vorher Abends von dort fortgegangen, un mittelbar an dem Mühlengrundstück Kühne's, zur Ossiger Flur gehörig, todt aus dem Wasser gezogen. Mehrfache an der Fischer sichtbare Verletzungen und eine in der Wohnung derselben Vorgefundene Post karte zum Stelldichein stießen vermuthen, daß das Mädchen durch fremde Hand ums Leben gebracht worden war. Der Thäterjckaft verdächtig, wurde der Sohn des Gemeindcvorstandes in Ossig, Wirthschaftsgehilfe Karl Bernhard Wagner, auf Anordnung der Staatsanwaltschaft sistirt und an das königl. Amtsgericht Roßwein abgeliefert. Derselbe hat bereits ein reuiges Geständniß abgelegt. — Meerane. Am 11. Juni verließen wiederum 16 hiesige Familien, aus 70 Köpfen bestehend, unsere Stadt, um sich in Hamburg einzuschiffen und die ferne Reife nach Amerika anzutretcn. — Pulsnitz. Ueber eine leichtsinnige Wette berichtet die „Kam. Wchschrft." aus Weißbach Folgendes: In einem zweistöckigen Wohn hause wurde eine neue Esse aufgeführt. Als diefelbe fertig bis zum Kopfaufsetzen war, äußerte ein dort beschäftigter Zimmermann zu den Maurern: „Wenn ich 50 Pf. bekomme, werde ich in der Esse aufsteigen und oben 'rausgucken." Gesagt, gethan, aber die noch nicht trockene Ziegelmauer leistete den Tritten des unbefugten Essensteigers keinen Widerstand, borst auseinander, und unter fürchterlichem Gekrach lag er, mit Ziegelsteinen bedeckt, jammernd am Boden. Infolge Rippen- druchs und fast am ganzen Körper davongetragener äußerlicher schwerer Verletzungen wird der Unglückliche längere Zeit das Bett hüten müssen. Wäre er nicht so glücklich gefallen, daß der größte Theil der Ziegel masse neben ihm lag, so würde er gewiß todt aufgehoben worden sein. Getrennte Herzen. Erzählung von E. Heinrichs. Nachdruck verboten. '(Fortsetzung.) „Mein Name ist Leidensrost; — Frau Konsul Wohlfahrt bat mich, hier herzugehen, um anzufragen, ob irgend ein Zwischenfall Sie und den Vater vielleicht an dem Kommen hindere?" „Ist es denn schon so spät?" fragte Elisabeth erstaunt. .„So weit schon! — bitte Herr Leidenfrost treten Sie näher, — ich lasse Sie auf der Schwelle stehen, für wie unartig müssen Sie mich halten! —" Sie lud ihn ein, Platz zu nehmen, und erzählte dabei, daß der Vater mit einem seiner Schüler noch einen nothwendigen Weg habe machen müssen, worauf er sich sogleich zum Konsul begeben würde. Doch war ihr dabei so beklommen und ängstlich um's Herz. Was hatte denn der einfache, so ganz gewöhnliche Mann nur an sich, um sie, die stets ruhig und selbstbewußt war, zu verwirren? Sie nahm einen fast trotzigen Anlauf und versuchte es mit ihrer gewöhnlichen Schalkhaftigkeit ihn zu fragen: „Also sind Sie der böse Herr, welcher uns die kleine liebe Erika entführen will? — Man könnte Ihnen deshalb recht gram sein." Doch war's nicht der alte Ton, ihre Stimme klang leise und zitternd. „Das würde mich sehr betrüben, mein Fräulein!" versetzte Leiden- srost, schwcrmütbig lächelnd; „ich handle nur im Auftrage eines Vaters, der sich in der That recht darnach sehnt, das einzige Kind wieder zu sehen. — Doch könnten Sie, mein Fräulein, den Trennungsschmerz sich leicht ersparen, wenn Sie Miß Wilkms Begleiterin würden und Amerika, wo es wirklich viel schöner ist als hier, zu ihrer zweiten Heimalh erwählen? —" „Und mein aller Vater?" fragte ihn Elisabeth leise. „Er ginge mit uns.' Wie seltsam das klang, — er ginge mit uns. Elisabeth schaute ihn groß an, doch mußte sie den Blick rasch senken, seine Augen weilten mit einem selsamen Ausdruck auf ihrem Gesicht, daß sie zu ihrem unaussprechlichen Aerger eine Purpurgluth darauf fühlte; es wurde ihr so heiß, als müßten im nächsten Augen blick Flammen aus den Wangen emporlodern. „O, mein Vater verließe eben so wenig seine Heimath, als ich es thäte," sprach sie mit einem tiefen Athemzuge; „wie kann man irgend in der Welt einen Ort schöner finden, als die Heimath?" Leidenfrost schwieg, dies Wort schnitt ihm wie ein Messer durch die Brust; er war bleich geworden und zerdrückte seinen Hut krampf haft mit den Händen. Elisabeth schaute ihn an, sein Blick wurzelte ja am Boden; hatte sie ihn den beleidigen wollen? Sie dachte an sein Zerwürfniß mit dem Vater, das ihn so unglücklich macht, und ein tiefes Mitleid durchzog ihr Herz. „Sie zürnen mir, Herr Leidensrost?" fragte sie, selbst der Name klang ihr aus einmal nicht so abscheulich mehr. „Ich Ihnen zürnen, mein Fränlein!" fuhr er mit einer heftigen Bewegung empor; „v nein, Sie sind eins jener Wesen, denen man niemals zürnen kann. Und hatten Sie nicht Recht? — Muß die Hei math dem Menschen nicht immer am schönsten und thenersten bleiben? — Wer Alles verläßt, leichtsinnig vergißt, der findet gewiß kein einziges Herz mehr in der Heimath, das für ihn schlägt. Doch verzeihen Sie, mein liebes Fräulein! ich habe bestimmte Ordre erhalten, Sie witzu- bringen, es scheint," setzte er mit einem trüben Lächeln hinzu, „als wäre ich vom Schicksal ausersehcn, unwillkommene Missionen zu erhalten." „Das sagen Sie nicht, Herr Leidenfrost!" versetzte Elisabeth hastig; „es sreut mich, Sie ohne Zeugen kennen gelernt zu haben; Sie scheinen ein gutes Herz zu besitzen." „Für diese Meinung danke ich Ihnen herzlich," rief Jener, ihre Hand an seine Lippen ziehend und sie küssend. Elisabeth entzog sie ihm erröthend; nun hatte er sieganzaus dem Concept gebracht, sie hätte so gern noch etwas gesagt. „Ich habe noch eine Bitte an Sie," sprach sie zögernd. „Sie ist Ihnen im Voraus erfüllt, mein Fräulein!" versetzte Lei denfrost, sie unverwandt anblickend. „Verlangen Sie nie von Miß Wilkins ein Opfer, das sie nicht erfüllen kann." „Mein Fräulein!" Leidenfrost blickte sie erstaunt und fragend an, daß sie das rasch ausgesprochene Wort schon bereute. „Verzeihen Sie," setzte er nachbenkend hinzu, „die Bitte ist miN unverständlich und geht so dicht an die Grenze der Mannesehre, daß" sie mich überraschte. Doch, wenn Sie es beruhigen kann, so nehmen Sie mein Wort aus die Erfüllung derselben; denn nie, unter keinen Umständen, würde ich ein erzwungenes Opfer mir bringen lassen, ge schweige denn gar verlangen; es müsse denn sein, daß die Liebe es mir freiwillig brächte, und darauf werde ich niemals rechnen können." „Und warum können Sie darauf nicht rechnen?" fragte Elisabeth mit wehr Wärme, als sie beabsichtigte; „haben Sie so wenig Vertrauen zu den Menschen?" Leidenfrost schwieg, er sah sie an mit einem Blicke, der sie auf's Neue zittern und verlegen machte. „Die Frau Konsulin hat mir vorhin viel Gutes und Liebes von Ihnen erzählt, mein Fräulein!" sagte Leidenfrost endlich langsam; „ich glaube darnach fest annehmeu zu dürfen, daß Ihr Herz, wo es liebt, auch wirklich opferfähig ist. Sie sind eine gute Tochter —" „Mein Herr!" unterbrach Elisabeth ihn verwirrt, „wollen wir nichtfortgehen? — aber es geht ja nicht," setzte sie fast erfreut hinzu; „mein Vater hat seine Geige vergessen und nun muß ich mich erst nach einem dienstbaren Geiste umschauen —" „Den Sie in mir sogleich finden können, liebes Fräulein!" fiel Leidenfrvst ein; „Sie würden mich glücklich machen, wenn Sie mir die Geige anvertrauen wollten; desto früher gelangen wir auch an'S Ziel." Elisabeth wollte noch Einwendungen machen, welche der junge Mann indessen nicht gelten ließ. Sie mußte sich in ihr Schicksal er geben und mit ihm das Haus verlassen. Ob es ihr so unangenehm und zuwider war, wollen wir uner- örtert lassen. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Mittel gegen Kolik der Pferde. Von einem praktischen Landwirth wird ein sehr einfaches Mittel gegen Kolik der Pferde mit- getheilt, das derselbe selbst in verzweifelten Fällen mit glänzendem Er folge angewendet hat. Eine hinreichende Quantität Honig und eine Kleinigkeit Butter werden in einem Blechgcsäß über Feuer gestellt, bis Beides vollständig zerflossen und gemengt ist. Hierauf wird mit Hilfe eines Mechlöffels aus der Masse eine hühneretgroße Kugel gemacht, die, nachdem sie erhärtet und mit etwas feinem Oel bestrichen worden, so tief in den After des Pferdes hineingebracht wird, als dies möglich ist. Die Wirkung war in allen Fällen eine sehr rasche, so daß bei spielsweise ein edles junges Pferd, das anscheinend bereits verloren war, schon 3 Minuten nach Empfang der Honigpille aussprang, sich heftig und ausreichend entleerte, und nach ganz kurzer Zeit zur Krippe trat und Futter begehrte. * Ein dem Feuer widerstehender Mörtel wird nach der „Bauge werkszeitung" aus Lehm und Syrup bereitet, und haben die angestellten Versuche vorzügliche Resultate ergeben. Die Bereitung dieses Mörtels geschieht, indem man feinen trockenen Lehm mit gewöhnlichem Melasse- Syrup zu einer gleichmäßigen konsistenten Masse mit dem Spaten durcharbeitet. Die Anwendung ist dieselbe wie die jeden anderen