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WscheMM für für für die König!. Amtshauptinnnnschnst zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Vierzigster Jahrgang. Nr. 47. 1880. Dienstag, den 8. Juni Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). AbonncmentspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratcnannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonnemcntspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratcnannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Thumudt, Nossen, Siedenlehn und die Umgegenden Bekanntmachung. «len LZ. Meses Monsts, Bormittags S Uhr findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 3. Juni 1880. Königliche Amtshnuptmannschaft. , .von Boffe. Tagesgeschichte. Der Kampf zwischen dem preußischen Staate und dem Papst- thume, welche Wendung er auch augenblicklich nimmt, bringt keine Entscheidung, er ist eine Etappe in einem 1000jährigen Kriege. Fürst Bismarck kann den Prozeß vielleicht beschleunigen, Papst Leo ihn vielleicht aufhalten; zu beseitigen aber ist er weder durch einen Erlaß des Einen, noch durch ein Breve dis Andern, weder durch Sieg noch Niederlage; denn er hat nicht gestern begonnen und wird nicht morgen enden. Fürst Bismarck weiß dies so gut wie Leo XIII. Als der deutsche Kaiser I873 jenen berühmten Brief an Pius IX. schrieb, wo rin er die Anmaßungen des Papstthums zurückwies, als der deutsche Kronprinz während seiner Regentschaft 1878 in einem anderen Briefe die Unabänderlichkeit des Kampfes zwischen Staat und Kirche hervor hob, da hatten Beide den Kanzler zum Berather. Und heute, da Rom sich weigert, auf einen Llockus vivoncki einzugehen (d. h. auf Beding ungen, wie man einstweilen friedlich mit einander leben kann), da aut- wortet Rom: der Staat müsse sein Schwert senken vor der gött lichen und ewigen Einrichtung des Papstthums. Schärfer kann der Streitpunkt zwischen weltlicher und geistlicher Macht nicht gefaßt werden; gerade so bestand er, als die kaiserlichen Hohen- stanffcn an dem Bestreben, die Macht Roms zu brechen, verdarben; als Ludwig der Bayer sich beugen mußte; als das Papstthum gede- mnthigt nach Avignon in Frankreich übersiedelte; als Napoleon Bono parte dem Papstthum seine Ucberlcgenheit zu spüren gab. Wenn der Kampf einst zu Ende geführt sein wird, so wird es ein Sieg der Menschheit über sich selbst sein. Wie die heute in unsere Hände gelangten Berliner Zeitungen Mittheilcn, ist Berlin nunmehr definitiv für den Zusammentritt der Konferenz ausersehen worden; der Tag des Zusammentrittes der Kon ferenz konnte noch nicht genau festgestellt werden. Dagegen ist darüber vollständige Einigung erzielt und auch Rußland hat seine Uebcrein- stimmung hierüber bereits notifizirt, daß die Konferenz sich lediglich mit der griechischen Grenzfrage zu befassen habe und das Programm derselben nicht über diese Frage hinaus auszudehnen sei. Auf Schloß Babelsberg bei Berlin, der Sommerresident des deutschen Kaisers, fand vergangenen Mittwoch ein Galadiucr statt, an dem die Mitglieder der kaiserlichen und königlichen Familie, die schleswig-holsteinischen Herrschaften, die Hvfchargcn, die Minister, die hohe Generalität und andere hervorragende Personen Theil nahmen. Während der Tafel proklamirte der Kaiser die Verlobung des Prinzen Wilhelm von Preußen mit der anwesenden Prinzessin Augusta Victoria Von Schleswig-Holstein-Augustenburg, woraus die hohen Verlobten so fort die Glückwünsche der Anwesenden entgegennahmen. Unter den Gästen des Kaisers befand sich auch der Reichskanzler Fürst Bismarck, was deshalb hervorgehoben zu werde» verdient, weil Fürst Bismarck seit zwei Jahren keinem Hvffeste beigewohnt hat. Am Donnerstag hatten sich der Kaiser und Kronprinz nach Mageburg begeben, nm der Feier der zweihundertjähriqen Zugehörigkeit Magdeburgs zum Königreiche Preußen beizuwohnen. Ein Gast, dem im vergangenen Winter wohl sämmtliche Berliner Zeitungen einen nicht gerade sehr schmeichelhaften Tvdtengcsang ge- Mngcn, hat zu aller Erstaunen wieder zwei Tage in Berlin geweilt: der russische Reichskanzler Gortschakoff. Personen, die ihn gesehen und gesprochen, können den Eindruck nicht traurig und betrübend ge nug schildern, den der körperlich und geistig völlig gebrochene Mann auf sie ausgeübt. Nur eine Frage, wie kann dieser Mann die Neise- strapazen ertragen; und nur eine Ansicht, man will ihn eben als Reichs kanzler sterben lassen, politisch ist er bereits ein todter Mann. Wäh rend des Besuches, den Fürst Gortschakoff dem Reichskanzler Fürsten Bismarck abstattete, mußte übrigens der berühmte Rcichshund Tyras das Zimmer meiden; er hätte sonst in den Stöcken und Maschinen, auf die sich der russische Staatsmann stützen muß, nur allzu viele Waffen gesehen und seinen Herrn in höchster Gefahr geglaubt. Bei dem großen und das öffentliche Interesse lebhaft bewegten s Imfange, den dies Jahr die überseeische Auswanderung ans Teutsch- j and anrimmt, hat es erwünscht scheinen müssen, daß die amtliche ! Deutsche Statistik über diese Vorgänge raschere Berichterstattung, als onst üblich ist, bringt. Das statistische Amt hat eine solche Zusammen- tellung publizirt, wonach im ersten Quartal 1880 auswandcrten 13,062 Personen, und zwar meist über Bremen, Hamburg, Stettin. Vergleicht man diese Zahl mit der im gleichen Zeiträume des Vor« ! jahrcs, so stellt sich 1880 eine Zunahme von 8575 Köpfen heraus. ! Von den Auswanderern gingen 12,889 noch Nordamerika. Die czechischen Studenten, die neulich einigen Berliner Technikern in Prag eine Katzenmusik gebracht haben, konnten sich selbst während der Anwesenheit des Kaisers in der Hauptstadt Böhmens nicht ent halten, Dummejungenstreiche zu begehen. Sie demonstrirten gegen ihre deutschen College« und bewarfen dieselben mit Steinen. Im anatomischen Institute verursachten sie in Gegenwart des Herrschers einen so heidenmäßigen Spektakel, daß der Rektor Professor Mach lange Zeit die Begrüßungsansprache an den Kaiser nicht halten konnte. Der Rektor sprach deutsch, und sie unterbrachen ihn fortwährend mit den Rufen, er solle czechisch sprechen. Die Sache war so arg, daß in anderen wissenschaftlichen Instituten, welche der Kaiser besuchte, die Studenten nicht eingelassen wurden. Die deutschen Hochrufe über lärmten sie stets mit ihrem „Slava", und einmal riefen sie dem Mo« nabchen: „Heil unserem böhmischen König" entgegen. Bei dem jüngsten Empfange fragte der Kaiser den Handelskammerpräsidenten nach dem Einfluß der deutschen Zollpolitik auf die Industrien. Der Präsident wies in seiner Antwort auf das Schicksal der Weber in den böhmischen Grenzbezirken hin. Ein Kammcrmitglied berührte die Frage eines Handelsvertrags-Abschlusses mit Deutschland, worauf der Kaiser antwortete: „Die Sache steht leider noch weit im Felde, denn sie ist erst in Fluß gekommen". — Ein neues Privattelegramm aus Prag berichtet, daß Kaiser Franz Josef es ablehnte, eine Deputation der Obmänner der czechischen Bezirks-Vertretungen zu empfangen, welche um Einführung der „vollen Gleichberechtigung" bei den Aemtern, natürlich im czechischen Sinne, bitten wollte. Der Kaiser wies da rauf hin, daß ein Empfang leicht als eine Demonstration aufgefaßt werden könnte. Pest, 4. Juni. Den im Handelsministerium eingetroffenen Be richten über den Stand der Saaten zufolge ist in Öberungarn be« sonders in Weizen eine sehr gute, in Roggen, Hafer und Gerste eine gute Mittelernte zu erwarten. Die Zustände in der gegenwärtig in England herrschenden libe ralen Partei werden immer zerfahrener und unbehaglicher, wie selbst von hervorragenden liberalen Blättern Englands konstatirt wird. Auf den glänzenden Wahlsieg der Whigs ist ein sonderbares Unbehagen im liberalen Lager cingetrelcn, welches noch durch den Umstand ver stärkt wird, daß die so geschwächte Torypartei durchaus nicht den Muth verloren hat, sondern sowohl in ihrer Presse wie im englischen Par lamente dem jetzigen Cabinct Gladstone immer energischer und kühner Oppositionen macht. Die Anhänger des englischen Premiers find all gemein enttäuscht, daß derselbe lus jetzt so wenig den Wünschen und Absichten derer entsprochen hat, denen er seine Macht verdankt und die geschickte Opposition des frühren Premiers Beaconsfield dürfte nicht ohne Einfluß auf die sich in England unleugbar regende Miß stimmung gegen Gladstone sein. Der König Georg von Griechenland weilt augenblicklich in London, um bei der dortigen Regierung die Ansprüche Griechenlands auf Vergrößerung nach Maßgabe des Berliner Verlrags geltend zu machen, nachdem er vorher bei der französischen Regierung in gleicher Weise sich bemüht. Wie er dem Pariser Korrespondenten der „Daily News" bei einem Interview mitgetheilt, haben die Herren de Freycinet und Gambetta die griechischen Ansprüche vollständig anerkannt. Der König vertraut, daß die Wünsche Griechenlands in Erfüllung gehen werden, weil dieselben mäßig und vernünftig seien. Griechenland ver lange kein Territorium, dessen Einwohner nicht Griechen sind. Die Erwerbung Janinas betrachtet der König als selbstverständlich. Grie chenland will keinen Zoll breit Bodens durch Gewalt erobern nnd ver- i langt nur jene Theile, welche selbst griechisch werden wollen. H. Rochefort, der Laternenmann, hat sich mit dem Fabrikanten Köchlin duellirt und einen bitterbösen Degenstoß in den Magen erhalten. Ein lang erwartetes Ereignis) hat sich vollzogen. Ihre Majestät die Kaiserin von Rußland ist am 3. d. in der dritten Morgen stunde ihren langen Leiden erlegen. Die Kaiserin Maric Alexandrowna war die Tochter des verstorbenen Großherzvgs Ludwig II. von Hessen. Geboren am 8. August 1824, vermählte sie sich am 24. April 1841 mit dem damaligen Großfürsten-Thronfvlger Alexander Nikolajewitsch, dem jetzigen Kaiser von Rußland. Es gibt allerlei Jubiläums; von dem neuesten aber, obgleich'es