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Wochenblatt für für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Vierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Er) cheint wöchentlich L Mal (Dienstag und Freitag). AbonnementSpreis dierteljährlich 1 Mark. Eine einzeln« Nummer kostet 10 Pf. Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. «4. 188«. Frei lag, den «. August daß die katholische Kirche mit diesem Orden nichts zu thun hat und der ihr einen schlechten Gefallen thut, der sich bemüht, die Jesuiten rein zu waschen. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen! Wir ver kennen nicht ihre Dienste für die Heidcnmission, theilweise auch für die Wissenschaft; wir staunen vor der Taktik und Energie, die alles, was dem Menschen theuer und heilig ist: Vaterland, Verwandtschaft, Freundschaft, Neigung, eigenen Willen, ja selbst das eigene Gewissen von Tausenden von Ordensleuten in aller Welt mit eiserner Hand unter einem Willen beugt und einem Zwecke dienstbar macht — aber wir erschrecken vor einem solchen Geiste, der den Einzelnen zum Skla ven macht. Vor einigen Wochen hatte in Bern eine Versammlung von So zialdemokraten stattgefunden, in welcher eine sehr unverblümte Sprache geführt wurde, da von einzelnen Rednern ohne Umschweife die Revo lution gepredigt wurde. Dieser Tage nun fand, wie der „Magd. Ztg." aus Bern gemeldet ist, wieder eine solche Versammlung statr, in der es aber doch etwas anständiger zuging, indem die ärgsten Schreier diesmal nicht anwesend waren. Das Wort wurde hauptsächlich ge führt von Bernstein aus Zürich, Georg (Redaeteur des „Sozialdemo krat") und Gutsmann in Basel, welche Redner sich einer etwas ge mäßigten Sprache befleißigten. Die Diskussion bezog sich zuerst auf den Stand und die Taktik der deutschen Sozialdemokratie und es wur den die früheren bluttriefenden Reden eines Reinsdorf und anderer unbändiger Revolutionäre zurückgewirsen, indem durch eine solche Taktik die sozialdemokratische Partei nur sich selber den größten Schaden zu füge. Die Einigung der Partei und der Friede im Schooße derselben sei das zunächst unzustrcbende Ziel, und um dieses zu erreichen, bleibe nichts übrig, als sich von gewissen überspannten Wortführern (speziell Most ii> London) loszusagen. — Die Idee eines sozialistischen Welt kongresses, der im nächsten Jahre abzuhaltcn wäre, sand allgemeine Zustimmung. Diese Idee ist vom letzten Kongreß der belgischen so- ziaustischen Arbeiterpartei ins Praktische übersetzt, d. h. zum Beschluß erhoben worden. Es scheint überhaupt, daß in allen sozialistischen Kreisen der Gedanke eines Weltkongresses lebhaft Anklang findet, so daß an der Ausführung desselben kaum mehr zu zweifeln ist, trotzdem der zürnende Achilles in London Thersitesmaniren annimmt und in seiner „Freiheit" den Kongreß und seine Veranstalter nach Kräften be schimpft und lächerlich macht, lieber die Tagesordnung, sowie Zeit und Ort des abzuhaltenden Kongresses ist noch nichts bestimmt, doch hat der „Landesralh" der belgischen sozialistischen Arbeiterpartei die Sache in die Hand genommen und bereits die einleitenden Schritte gethan. Die „Wiener Abendpost" schreibt über den Stand der montene grinischen Angelegenheit und die beabsichtigte Flotten - Demon stration: „Von mehreren Seiten wird die Ueberreichung einer iden tischen Note der Mächte an die Psy-rie, betreffend die türkisch-montene grinischen Grenzdifserenzen, ylS unmittelbar bevorstehend bezeichnet. Es heißt, sie enthalte die Aufforderung an die Pforte, binnen drei Wochen vom Tage der'Ueberreichung entweder die Convention vom 12. April d. I., durch welche die Abtretung des Zem-Gebietes an Montenegro stipirlirt worden war, zur Durchführung zu bringen oder die Cession^von Dulcigno ins Werk zu setzen. Für den entgegenge- setzten. Fall werde das Erscheinen einer aus Kriegsschiffen der Ber liner Signatarmächte combinirten Flotte an der Küste von Dulcigno angekündigt." Da die Pforte, nach Allem, was sie seit Jahr und Tag in Aufwiegelung der Albanesen geleistet, nicht im Stande sein wird, das gesorderte Gebiet an Montenegro auszuliefern, beginnt also, wie nun von dem halbamtlichen Blatte bestätigt wird, Ende August die Flotten-Demonstration. Paris, 1. August. Als die Negierung beschlossen hatte, die Dekrete vom 29. März gegen die Jesuiten in Anwendung zu bringen, ließ der Justizminister Cazot allen Generalprokuratoren eine bestimmte Anweisung zukommen, wie die Gerichtsbehörden sich dabei zu ver halten hätten. Dieselbe war so durchaus korrekt und hielt sich fo ge nau innerhalb der Grenzen der Gesetzlichkeit, daß kem eniziger Oene- ralprokurator dagegen etwas einzuwenden gehabt haste. ^^)e Beamten waren nämlich schon vorher, bevor sie die Weisung amtlich em pfingen, von deren Inhalt in Kenntniß gesetzt worden und alle hatten sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt. Damals hatte der Jesu itenorden freilich noch nicht die Loosung ausgegeben. Als die Prasekteti Tagesgeschichte. Die Koburger Konferenzen sind beendet. Alle Mittheilungen in den Blättern, nach denen es sich in Koburg lediglich um eine soge nannte „Zollkonferenz" gehandelt haben sollte, stellen sich nachträglich als irrthümlich heraus. Vielmehr lautete das Programm der Kon ferenz: „Fortsetzung der Zoll- und Steuerreform des vorigen Jahres". Stach unseren Informationen ist in Koburg zunächst die Frage eingehend diskutirt worden, wie hoch das finanzielle Bedürfnis, im Reiche sich stelle, um die Etats der einzelnen Bundesstaaten ent lasten und damit auch jene geplante Reform und Reduktion der direkten Steuern vornehmen zu können, deren Nichteintritt so viele Wähler kopfscheu gemacht hat. Namentlich soll in Koburg entscheidendes Ge wicht darauf gelegt worden sein, ein gleichmäßiges Vorgehen betreffs der Herabminderung resp. Beseitigung der direkten Steuern unter den Bundesstaaten zu regeln. Hierzu war eine eingehende Diskussion der Frage nothwendig, auf welche Weise im Reiche die Einnahmequellen zur Deckung herbeizuschaffcn seien. Es verlautet, daß cs hierüber zu keiner allgemeinen Einigung gekommen wäre. Es heißt, daß unter diesen neuen Einnahmequellen auch die Einführung des Tabak- Monopols neben anderen Steucrerhöhungen resp. anderen Steuern figurirt habe und zur eingehenden Diskussion gestellt worden sei. Ueber die von der Konferenz gefaßten Beschlüsse, wenn solche überhaupt vor liegen, wird vorläufig tiefes Stillschweigen beobachtet. Das offizielle Organ der badischen Regierung, die „Karls ruher Zeitung", meldet lakonisch: „Die Konferenz der Finanzmiuistcr, die in Folge einer Einladung des preußischen Finanzministers in Ko burg stattgefunden, hat die ihr gestellte Aufgabe in zwei Sitzungen von mehrstündiger Dauer erledigt." Ueber die Art dieser Erledigung schweigt natürlich das Organ und begnügt sich mit der Bemerkung, daß die Finanzminister von der gastlichen und freundlichen Aufnahme, welche sie in Koburg gefunden, in hohem Grade befriedigt gewesen seien. Ob diese Befriedigung ebenso groß ist über die materiellen Er folge der Konferenz, das steht auf einem anderen Blatte. Aus Nassau. Der Nassauer Bote tritt in einem Leitartikel für die Jesuiten auf und sucht sie von der weltgeschichtlichen Anklage: „Der Zweck heiligt die Mittel" rein zu waschen. Wir wollen dem „Boten" nicht auf die zum Theil sehr dunklen Pfade von Gurys Moraltheologie und Busenbaums Medulla folgen, wo im Prinzipe der Satz gar oft vorkommt; wir halten den Verlheidigern der Jesuiten gegenüber uns einfach an den Ausspruch unseres Heilandes: „An ihren Früchten sollt ihr sie Erkennen!" Und welches sind ihre Früchte? Weiß der „Bote" nicht, daß, nachdem man in den Tagen der „Bar tholomäusnacht" 40,000 Protestanten in Frankreich uä majorem ckoi gloriam abgeschlachtet hatte, der von den Jesuiten beherrschte Papst Gregor XIU. in der Peterskirche ein „Tedeum" singen und eine Denk münze mit der Umschrift: „Ugonottorum 8trage8" prägen ließ? Dürfen wir ihn an den Dolch Ravaillacs, an das Mordgcwehr Gerards, an den von einzelnen Jesuiten sogar in ihren Schriften erlaubten „Tyrannenmord" erinnern, was selbst ein katholischer Religionslehrer, der dem „Boten" sehr nahe steht, in seiner Kirchengeschichte öffentlich zugestanden hat? Und wenn der Jesuitenorden ein solcher Segen für die Welt sein soll, warum wird er aus aller Weit vertrieben und zwar ans den katholischen Ländern zumal? Portugal machte nach der Em pörung in Paraguay und den: Attentat auf seinen König 1759 den Anfang und schickt ganze Schiffsladungen von Jesuiten dem Papste zu. Frankreich folgt im Jahre 1764, weil man nach der Affaire La Valette die Jesuiten als staatsgefährlich erkannt; Spanien, Neapel und Parma vertreiben 1766 alle Jesuiten und das Geschrei in allen Län dern über ihre Sünden ist so groß, daß der edle Papst Clemens XI V., derselbe, der auch die berühmte Nachtmahlsbulle abgcschafft hat, sich genöthigt sah, durch die Bulle „Dominus ao rockomtor voster" 1773 den Jesuiten-Orden aufzuheben. Bald darauf starb der edle Mann bekanntlich „mit allen Anzeichen des Giftes". Die Jesuiten ändern nun ihren Namen, aber sie bleiben die Alten. 1830 müssen sie wie der aus Frankreich wandern, Gregor XVI. veranlaßt 1845 ihren Or densgeneral zur Auflösung aller Kollegien in Frankreich, 1847 verlieren sie ihre Feste in der katholischen Schweiz, 1848 werden sie auch aus Bayern und Oesterreich vertrieben und heute räumt Frankreich wieder mit ihnen auf. Und das alles thun katholische Länder, Beweis genug, Der Schuhmacher Fridrich August Zieger, am 14. April 1855 in Dahlen geboren, zuletzt in Wilsdruff, jetzt unbe kannten Aufenthaltsorts, wird beschuldigt, — als beurlaubter Reservist — ohne Erlaubniß ausgewandert zu sein, Uebertretung gegen tz 360 No. 3 des Strafgesetzbuches. Derselbe wird auf den 21. September 1880, Vormittags 10 Uhr, vor das Königliche Schöffengericht Wilsdruff zur Hauptverhandlung geladen. Bei unentschuldigtem Ausbleiben wird derselbe auf Grund der nach 8 472 der Strafproceßordnung von dem Königlichen Landwehr- Bezirks-Commando zu Leipzig ausgestellten Erklärung verurtheilt werden. Wilsdruff, den 3. August 1880. Das Königliche Amtsgericht. . Friedrich, Nfdr.