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Nr. 71 DieMag, den 31. August 188» Tagesgeschichte. Ersetze nt wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). AbonnementSpreiS Vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. weshalb denn auch ihr Chef blos Sr. Majestät dem Kaiser verant wortlich war. In Petersburg wurde das berüchtigte „Schwarze Buch" geführt, auf dessen Blättern die Censur der Moral eines jeden Staats bürgers eingetragen ward. Mit Hülfe dieses Spionirsystems, all ihre Handlungen in tiefe Schleier hüllend, unumschränkt von ihren Rechten zur Verbannung auf administrativem Wege und zu Diüciplinarstrafen Gebrauch machend, glaubte die 3. Abtheilung factisch, das Gewissen Rutzlands in ihren Händen zu halten. Wie sehr irrte sie sich aber! Es kam zum Kampse mit dem Sozialisnnls, und die ganze Ohnmacht der 3. Abthcilnng trat klar zu Tage. Keinem der Verbrechen gelang es ihr vorzubeugen, während die gewöhnliche Stadtpolizei viel mehr Takt und Uebung bei Ausdeckung und Verfolgung der politischen Ver brechen bewies, als die Gendarmerieverwaltungen. Es lag daher klar auf der Haud, daß die 3. Abtheilung nichts nützte, aber sehr viä durch mmöthige Aufreizung der Gemächer schadete, und ihr Eingehen war in letzter Zeit blos noch eine Frage der Zeit, I Dun, Stenay und Mouzon vorging. Schon bei dem Vormarsche er- j gab sich die Festung Bitty den Avantgarden der dritten Armee. Die j Großartigkeit des Planes zur Umstrick«ng des Gegners tritt deutlich ! hervor, wenn man einen Blick auf die Karte wirst. Das Genie des großen Schweigers Moltke hatte nicht nur die Möglichkeit einer Um gehung des Feindes voraus berechnet, sondern auch dessen gänzliche Einschließung, die Verlegung eines Rückzuges auf Paris durch den Rechtsabinatsch der deutschen Armee unvermeidlich gemacht. Daran erinnert das „Berliner Tageblatt". Bochum, 27. August. I» der verflossenen Nacht hat auf der Zeche „Julie" bei Herne eine Explosion schlagender Wetter stattge sunden, wodurch drei Bergleute geiödlet, zehn schwer verletzt worden sind. Von diesen sind drei bei ihren Familien, sieben in den hiesigen beiden Krankenhäusern untergebracht worden. Mehrere Verunglückte sollen noch nicht ans Tageslicht gebracht sein. Bern, 26. August. Auf einer Gondelfahrt auf der Arae bei Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). ÄbonnemrntSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannabme Montags u. Donnerstags bi« Mittag 12 Uhr. der Sohn des Professors Dutzmann aus Wien und die Tochter des Besitzers vom Hotel de Bellevue Schmidt in Thun, erstere ertrank ebenfalls, beide letztere wurden mit Anstrengung gerettet, die Leichen sind bis jetzt nicht ausgesunden. Professor Held's Frau, auf dem rechten Araeufer spazieren gehend, war ohnmächtige Zeugin der Katastrophe. Der am 25. Juli bei einem Sturme auf dem Bieler See ver sunkene Dampser „Neptun" ist in der vergangenen Nacht gehoben worden. Heute Mittag findet die Beerdigung von 13 bei dem Unter gang.' des Dampfers um's Leben gekommenen Personen statt. Nach den neuesten in London eingetroffeneu Drahtnachrichten aus Kandahar haben bei dem Ausfall d-r dortigen Besatzung vom 16. d. nicht die Afghanen, sondern die englischen Truppen selbst schwere Verluste erlitten. Acht englische Offiziere und 180 Mann sind ge fallen, 5 Offiziere verwundet, und ein Offizier gerieth in afghanische Gefangenschaft, soll aber von Ayub Khan gut behandelt werden. Die Afghanen schießen mit Bomben und unterhalten durch ihre Scharf schützen ein heftiges Feuer gegen die Wälle, sollen aber wenig Schaden thun. Am 21. d. wird das Eintreffen General Roberts bei Kan dahar erwartet. Ganz Rußland athmet auf wie Jemand, von dem ein Alp ge wichen ist. Ein solcher Alp war die Geheim-Polizei in Petersburg, die den Titel führte: „Dritte Abtheilung Sr. k. Majestät höchst eigene > Kanzlei". Diese ist aufgehoben und dem Ministerium des Innern untergeordnet worden. Loris Melikoff hat es durchgcsetzt. DieRuss.- Deutsche Correspondenz sagt von jener Polizei: Sie war eine Riesen- spinne, welche ganz Rußland mit einem Netze von Gendarmen und politischen Spionen umspannt hielt, es war ein Riesenauge, welches, ohne je zu schlummern, über das Gewissen Rußlands wachte. Um letzteres durchführen zu können, waren über ganz Rußland die Mit glieder des Gendarmeriecorps (3. Abtheilung) zerstreut. Sie lebten in Städten und Dörfern, auf Eisenbahnstationen wie ans den Dampfer anlageplätzen, knrz, waren allgegenwärtig und verpflichtet, direkt nach Petersburg über Alles zu berichten, was sie nicht nur über Privat personen, sondern auch über die höchsten Würdenträger und Offiziere erfuhren. Sogar der Gouverneur, der oberste Chef einer ganzen großen Provinz, stand unter ihrer Controle und kein Beamter durfte ohne Einwilligung der 3. Abtheilung im Reiche angestellt werden. Es war das also eine Institution, welche über den Ministern stand, Bekanntmachung. 8om«»H»vm«I, «le« 4. 8eptvi«l»ei L88V Vormittags S Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, 26. August 1880. Königliche Amtshauptmannschast. —— von Bosse. Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Die „Dr. Ztg." schreibt: Einen zehnjährigen Gedenktag feiern wir in den nächsten Tagen, die zehnjährige Wiederkehr des Sedantages. Ein zehnjähriger Gedenktag! — er hat sprachlich nur dann die richtige Bedeutung, wenn wir bei seiner Feier »ns nicht nur dessen erinnern, was vor zehn Jahren geschehen ist, sondern auch in großen Zügen der Ereignisse und Wandlungen gedenken, welche das verflossene Jahrzehnt gebracht hat. Im Meer der Ewigkeit sind auch diese zehn Jahre nur ein Tropsen, aber in der Geschichte des Deutschen Reiches werden sie verzeichnet bleiben als die einzige und nie wieder kehrende Zeit der Jugend des geeinigten Deutschlands. In dieser Kindheit des neuen Deutschen Reiches war jeder Schritt in der Er ziehung des Volkes von Werth, hatte jede Maßregel einen bestimmen den Einfluß auf die Zukunft und erst spätere Geschlechter werden an erkennen, wie das neugebornc Reich mit jugendlichem Eifer, aber auch , — ...... „„ mit fester Hand und mit weiser Voraussicht sich ein trauliches Heim Thun ertrank gestern Abends Professor Adolf Held aus Deutschland, gezimmert, eine feste Hausordnung geschaffen und versucht hat, den — Auf derselben Gondel besanden sich Fräulein Voigt aus Rotterdam, Sturm und Drang der Entwickelungsperiode so zu leiten, daß auch l ° > die Zukunft in der festen Bahn wandeln kann. Es ist dabei vielleicht ! nicht Alles so gekommen, wie wir es geplant und erhofft haben, denn der kalte Reif der Enttäuschung, der giftige Mehlthau widriger Ge schicke und der Sturm reichsfeindlicher Gewalten hat Manches zerstört, 'was treue Vaterlandsliebe und redliche Arbeit der Regierungen und des Volkes zu schaffen gedacht, aber „trotz alledem und alledem" — trotz Militärlast und Steuern, trotz Zwietracht und Neid, trotz Ultra« montanismus und Sozialismus, trotz mancher geschäftlichen Bedräng niß und wirthschaftlicher Calamität, ja trotz Noth und Elend können und dürfen wir uns der nationalen Errungenschaften von Herzen freuen. Und welcher Tag wäre geeigneter, dieser Freude des Volkes, -den Hochgefühlen der Dankbarkeit gegen die gütige Vorsehung, der -patriotischen Erinnerung, der Treue an Kaiser, Landessürst und Reich, wie endlich dem Vertrauen auf eine bessere Zukunst Ausdruck zu geben, als der Sedantag? Die Sedanfeier ist längst nicht mehr eine Ver herrlichung der Tapferkeit und des Schlachtenglücks allein; sie ist nicht mehr ein Triumph über die äußeren Erbfeinde des Reiches, über den Sturz Napoleons, der längst in kühler Erde ruht, nein, sie ist die Verherrlichung der Geburt des Reiches, sie ist das Symbol für unsere Einigkeit und für unser Selbstvertrauen, für die innere Kraft des Volkes, die in Jubel austönt, weil sie hoffen darf, wie einst über den Erbfeind endlich auch über die inneren Feinde des Reiches, über Alles) was seiner gedeihlichen Entwickelung feindselig sich gegenüber stellt, zu triumphiren! In diesem Sinne begehen wir die Sedansseier, und nur in diesem Sinne kann sie sich als Nationalfest erhalten! In überwältigend rascher Aufeinanderfolge brachte vor zehn Jahren der Telegraph Nachricht auf Nachricht von erfochtenen Siegen unserer braven Truppen. Der Patriotismus berauschte sich an den gewonnenen Erolfgen, die Begeisterung lohte bei jeder neuen Nachricht m Hellen Flammen empor, aber man ließ sich an den Thatsachen genügen und forschte nicht weiter, welche Kombination von musterhaft durchgeführten Plänen schließlich zu jeuen Ereignissen führte, die den Feind vernichteten. So sei denn heute auf die genial erdachte Marschbewegung hingewicsen, welche als Resultat die Kapitulation von Sedan hatte und zn der am 24. August vor zehn Jahren die Befehle ausgegeben wurden. Dieses glänzende, großartige Manöver, die ungeheure Rechtsschwenkung einer Armee von 250,000 Mann, ist ein unverwelkliches Ruhmesblatt in der Geschichte des deutsch-französischen Krieges, welches dem Genie der leitenden Feldherrn wie der Tüchtigkeit jedes einzelnen Mannes zu danken ist, denn nur von solchen Feldherren konnte eine solche weit sichtige Bewegung erdacht und nur von solchen Truppen so genau aus geführt werden. Alle bis zur Stunde dieser Aenderung erth eilten Be fehle galten nicht mehr, sie wurden durch neue ersetzt, und doch voll zog sich Alles in einer solchen Ordnung, mit einer solchen Genauigkeit, daß nicht die geringste Stockung bemerkbar wurde. Der Vormarsch der dritten Armee über Vitry auf Chalons mußte zum Theil durch den Argonner Wald geschehen, was die Schwierigkeiten noch vermehrte. Der Argonner Wald, etwa 10 Meilen lang, hat schwer zu überschreitende Pässe, von denen der nördlichste der von Chever-Populeüx ist; zwischen diesen bewaldeten Bergen bewegte sich die dritte Armee in sehr be- tngttn Aufmärschen, aber von. dem Feinde imbeobachtet, während der König, damals Kronprinz von Sachsen, mit der vierte« Armee über für die Königl. Amtshauptmannschast zn Meißen, das Kömgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff Vierzigster Jahrgang.