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MMM für Mskllsf Warandt, Aossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den ^tadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tbarandt. für rvusorug, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkbardrswalse Groitzsch, Grumbach, Grund b«, Herorgssors, HerzogswaUse mit Landberz, Hühndoxf, Kaufbach, Kefselsdorf. Kleinschönbera, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Loyen, Mohorn, Miltitz-Roitzsche», Munzig, Neukirchen, Neutarmeberg, Niederwartha, OberhermSdorf. Pohrsdorf Röbrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönberg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Hora, Stebach bei Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn ' " Seeligstadt, Spechlshausen, Taubeuhei«, UnkeMorf, WeMropp, Wildoerg. ^Erscheint wöchmtlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich l Ml. 30 Pfg., durch die Post be zogen 1 Mk. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. Druck und Verlag von Martin Berger L- Friedrich, Wilsdruff. Für Politik and Feuilleton verantwortlich: Hugo Friedrich, für Oertliches und dm Inseratenteil: Martin Berger. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommm. Jnsertionsprcis 15 Pfg. pro viergespaltene Korpuszeile. Ro 126 Dienstag, den 24 Oktober 1WS. «4. Jahrg. politische Rundschau» Wilsdruff, 23 Oktober 1905. Deutsches Reich. Ein deutsch-russischer Grenzzwifchenfall. Von der oberfchlesischen Grenze kommt der Bericht über einen neuen deutsch-russischen Grenzvorsall. Die „Oberschles. Ztg." berichtet: „Am Montag befanden sich der 17 jährige Bergpraktikant Schmidt ausSchoppinitz und der18jährtge Schlosser Lama auf einem Spaziergang pon Myslowitz nach Schoppinitz, immer auf preußischem Gebiet. Plöslich kam ein Kosak, der ihnen von weitem winkte, stehen zu bleiben. Dies taten die jungen Leute, worauf der Russe auf polnisch rief: „Näher kommen!" Beide Leute, von denen der eine gut polnisch versteht, machten einige Schritte und blieben dann, noch auf preußischem Gebiet, stehen. Der Posten frug, warum sie über die Grenze gekommen seien. Sie erwiderten: „Wir sind noch in Preußen!", worauf der Soldat rief: „Nein Ihr' seid in Rußland. Springt über den Graben und kommt her, sonst schieße ich." Mit diesen Worten legte er an. Alsbald erschien eiligst eine Patrouille von vier Infanteristen, geführt von einem Kavalleristen, die die jungen Leute nach dem nächsten Grenzkordon, etwa 200—300 Meter weit, führten. Umer- Wegs sagte der Patrouillcnführer zu ihnen, es werde ihnen nichts passieren, wenn sie sofort 9 Rubel hinterlegen könnten. Dies konnten sie nicht. Nachdem beide revidiert und ihrer Habseligkeiten beraubt worden waren, steckte man sie in eine Zelle mit 5 schmutzigen Subjekten zusammen, von ^enen sie mehrfach mißhandelt wurden. Nach Verlauf von einem Tag und zwei Nächten wurden Beide wieder in Freiheit gesetzt. Sie gaben den Aall bei der Polizei in Katlowitz zu Protokoll, wobei der Beamte meinte, viel Zweck werde die Geschichte wohl nicht haben, da sich alles im Sande verlaufen werde, doch solle der Bericht an die Regierung in Oppeln gesandt werden. Beiden jungen Leuten war nicht gestattet worden, während ihrer Haft ihre Angehörigentelegraphisch benachrichtigenzukönnen." Der 8Uhr-Ladenschluß ist bisher in 30 S'äocen, darunter Bromberg, Fulda, Gotha, Hannover, Dessau, Lübeck, Weimar und Jena für alle Geschäftszweige eingeführt worden. Eine Ausnahme davon wird nur an den Sonnabenden und den Tagen vor den hohen Festen gemacht. In weiteren 30 Städten, darunter in Bochum, Elberfeld, Gießen, Halle, Kassel und Magdeburg gilt der 8 Uhr-Ladenschluß, für alle Läden mit Ausnahme der Kolonialwaren-, Backwaren-, Fleisch- und Zigarrengeschäfte. In 50 Städten, darunter in Berlin, Charlottenburg, Schöneberg, Frankfurt a. M., Leipzig, Marburg, Heidelberg, Posen und Danzig ist der 8 Uhr-Ladenschluß für einzelne Branchen, insbesondere die Lederbranche, den Nähmaschinenhandel usw. eingeführt. Endlich ist in 80 Städten eine 8 Uhr-Ladenschlußbewegung im Gange, in einigen Ortschaften ist sie bereits soweit gediehen, daß Abstimmungen über den früheren Laden schluß aller oder einzelner Geschäftszweige statlfinden. jEiu klerikales Schildbürgerstückchen. Aus München wird berichtet: Der liberale Gemeinde- bevollmächtigte Dr. Wacker hatte bekanntlich erklärt, er werde den klerikalen Gemsindebevollmächtigten Kellner verklagen wegen des Ausrufes „Schmterbub", den er gegen ihn in jener stürmischen Rathaussitzung gebraucht hat. Nun veröffentlicht der klerikale „Bayerische Kur." ein Schreiben des Obermeisters der Münchener Schuhmacher- Innung, worin entschieden Einspruch dagegen erhoben wird, daß die Bezeichnung „Schusterbub" eine Beleidigung sei. Der „Bayer. Kur." ist sehr entzückt davon. Er druckt das Schreiben im Sperrdruck ab und erklärt, es sei ganz gut, daß dieser Einspruch erfolge, er habe es immer für eine Beleidigung des ehrsamen Schuhmacherhandwerks ge halten, wenn man jeden dummen Menschen, von dem man glaube, daß er nichts gelernt habe, einen Schusterbuben nenne! Die Heirat des Großfürsten Cyrill von Rußland mit der Prinzessin V-kloria Melitta v. Koburg, ge schiedenen Großherzogin von Hfffen, hat natürlich in Ko burg böses Blut gemacht. Die Bekanntmachung dieser Heirat soll nach einer „hofamtlichen" Mitteilung aus Koburg erfolgt sein. Das „Wolffsche Telegr -Bur." ist nun ermächtigt, die Etikette zu wahren und bekannt zu geben, daß diese Mitteilung nicht vom Hofmarschall amte, d. h. von der Hofbehö^de des regierenden Herzogs von Koburg, sondern lediglich von dem Hofamt der Herzogin-Wilwe Marie, Mutter der Prinzessin Viktoria Melitta, erfolgte. Ausland. Ueber die Niedermetzelung von 24 Bulgaren in der Umgebung von Bodena (Makedonien) wird aus Konstantinopel gemeldet, daß die griechische Bande, die sich dieser Tat schuldig gemacht hat, den vom Markte in Vodena heimkehrenden bulgarischen Landleuten an drei verschiedenen Stellen Hinterhalte gelegt hatte. Auf einer der Leichen wurde ein von der Bande mit Absicht zurück gelassenes Schreiben des Inhalts gefunden, das Land sei von den Bulgaren, die statt der versprochenen Freiheit nur Unglück gebracht hätten, betrogen worden, und die Griechen seien ausgezogen, es von ihnen zu befreien. Die Griechen kämen als freunde, würden aber ungehorsam strafen. „Ihr müßt," heißt es dann, „dem Despotm (griechischen Bischof) Eure Ehrfurcht beweisen und an den Kaimakam eine Petition richten, in der Ihr erklärt, daß Ihr nur aus Furcht Schismatiker, im Herzen aber treue, orthodoxe Griechen seid." Das mit allen Abzeichen von Ärmlichkeit ausgestattete Schreiben führt an der Spitze die Bezeichnung: „Griechisch-makedonische Verteidigung" und trägt die Unterschrift „Kosta Akritas, Kapitän". Ein Schlachtenbild aus dem russisch-japanischen Krieg. Dis Russen waren m oec Mandschurei oft derartig bedrängt, daß sie das Fortschaffen der Gefallenen und Ver wundeten nach der Schlacht nolsns volsns in aller Eile ausführen mußten. Daß dabei nicht immer korrekt ge handelt werden konnte, versteht sich von selbst. Was aber jetzt ein ehrenwerter Invalide in seiner ungekünstelten Sprache als seine Erlebnisse schildert, das übersteigt alle Vorstellungen. Die in der letzten Zeit aus der Mandschurei zurückkehrenden Krieger behaupten fast einstimmig, daß zahlreiche Russen auf dem Kriegsschauplätze lebendig begraben worden sind. Diese Behauptung ist bisher von der russischen Militärbehörde nicht nur nicht widerlegt worden, sondern auch von der russischen Zensur unbean standet geblieben. Nun erzählt der Augenzeuge folgendes: Nach jeder Schlacht sucht man nach den Toten, die mit einem schwarzen Strich bezeichnet wurden, d. h. so sollte es sein, in der Tat aber suchte man Leichtverwundete heraus, die man mit einem roten Strich zeichnete, die übrigen, sowohl Tote wie Schwerverwundete, die aber noch am Leben waren, wurden mit dem schwarzen Strich versehen und in die gemeinsame Gruft ge- legt. „Auch mich hätten sie beinahe lebendig begraben", sagt der Invalide. „Liege ich da verwundet. Plötzlich höre ich Schritte. Man kommt zu mir und rüttelt mich; ich fange an zu stöhnen. Nun sehe ich, daß der Sanitär nach der schwarzen Farbe greift. Wie denn, sage ich, ich bin doch lebendig, darf man denn so tun? . . ." „Und Geld hast Du?" fragte der Sanitär. „Jawohl!" „Wie viel?" „Zehn Rubel." „Gieb her!" Er nahm das Geld, zeichnete mich mit einem roten Strich und entfernte sich. Kaum war aber der Sanitär gegangen, da sauste ein japanisches Schrapnell vorüber, das ihn traf und auf der Stelle tötete. Ich horche — alles ist still. Warum, denke ich, soll mein Geld verloren gehen? Ich kroch also zum getöteten Sanitär, untersuchte seine Taschen, fand aber nicht nur zehn, sondern dreihundert Rubel. Na, dachte ich, mein Glück — und nahm das Geld mit." Typhusepidemie in Nordafrika. In Ceuta herrscht der Typhus. Es sind an der Epidemie bereits 200 Menschen erkrankt, von denen 10 starben. Die Behörden treffen umfassende Maßregeln gegen die Seuche. Mädchenhandel nach China. Aus Chicago wirv der „Nat.-Ztg." berichtet: Einem Handel mit weißen Mävchen nach China sind die hiesigen Behörden auf die Spur gekommen. Es ist bereits fest gestellt, daß 49 amerikanische und kanadische junge Mädchen regelrecht als Sklavinnen nach China verkauft worden sind. Ferner wurden als verkauft ermittelt drei Kellnerinnen aus Montreal, die unter Vorspiegelungen zuerst nach Chicago gelockt worden waren. Die Seelen verkäufer verfahren offenbar folgendermaßen: Arglosen Mävchen werden hohe Stellungen in vornehmen chinesischen Häusern angeboten, und wenn die Mädchen nach China gelangt sind, werven sie unter strengster Aufsicht an die Käufer gesandt, die vorher 500 bis 1000 Dollars für jedes Mädchen zahlen. Man vermutet, daß zahlreiche auf diese Weise nach China gelangte weiße Mädchen in den Palästen reicher Chinesen gefangen gehalten werden. Aus Stadt und Land. Mitteilungen aus dem Leserkreise für diese Rubrik nehmen wir jederzeit dankbar entgegen. Wilsdruff, den 23. Oktober 1905. — Dank des Königs. Der Präsident des Königlich sächsischen MtlNäroereinsbundes, Justizrat Windisch, erläßt im „Kamerad" eine Bekanntmachung, in der es unter anderem heißt: „Mit der Reise Sr. Majestät des Königs am 12. d. M. nach Reichenbach haben die diesjährigen LondeSreisen Sr. Majestät ihren Abschluß gefunden. An allen Orten, welche Se. Majestät durch seinen Besuch aus- zeichnele, waren unsere Bundesvereine unter Führung ihrer Bezirksvorsteher und Vereinsvorsteher in den ersten Reihen derer, die Sr. Majestät huldigen durften. Se. Majestät der König hat herzliche Freude über diese erfreulichen Wahrnehmungen, über die zahlreiche Teilnahme und treue Anhänglichkeit empfunden, die ihn von den Kameraden unserer Bundesoereine entgegengebracht worden sind, und hat mit der Uebermtttelung seiner Anerkennung und des königlichen Dankes hierfür an die beteiligten Kameraden Bezirksvorsteher, Vereinsvorsteher und Mitglieder der Ver eine des Königlich sächsischen Milttärvereinsbundes den Präsidenten beauftragt." — Für den feierlichen Empfang des Kaisers in Dresden bewilligten die Stadtverordneten in geheimer Sitzung ein vom Rate aus geworfenes Berechnungsgeld in Höhe von 30 000 Mark. — Die nächste Feil-post iür Briefe nach Afrika geht wieder am Freitag den 27. Oktober von Berlin ab. Sie benutzt wie die letzte Feldpost einen englischen Dampfer der Union-Castle Mail Steamship Company. — Ein Zwang zur ärztlichen Hilfeleistung? „Der Arzt yai unter allen Umständen, auch wenn andere Aerzte am Orte sind, für seine Vertretung bei der Be handlung eines Kranken zu sorgen, wenn er seinen Wohn ort verläßt." So hat in einem Erkenntnis der preußische ärztliche Gerichtshof geurteilt. Es konnte nicht ausbleiben, daß gegen das Urteil von den Aerzten Einspruch erhoben wird. Der Aerztliche Standesverein zu Spandau veröffentlicht in der „Mediz. Reform" den folgenden Be schluß: „Der ärztliche Standesverein zu Spandau hat von dem Urteil des preußischen Ehrengerichtshofes vom 15. April 1905 Kenntnis genommen, nach dem ein Arzt zu einer erstaunlich hohen Geld- und einer schweren Ehrenstrafe verurteilt worden ist, weil er seinen Wohnort verlassen hat,