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k. Donners»««, 28. Mai 1908. Leipziger Tageblatt. «r. 147. 102. Jahraiuq. Mutzestunden. Seinetwillen! Roman von Fritz Gautzer. (Nachdruck verboten.) Ms sie dcrs Arbeiten in seinen Zügen bemerkte, blieb sie zaudernd stehen. Nun sprach er. Hastig und verlegen. .Sie sollten sich auf Grund meiner Skizze noch kein Urteil über meine Leistungen bilden. Ich begann vor drei Wochen an einem Bilde... „Der Herbst" heißt es . . . Es soll so etwas wie das letzte Aufflackern des erlöschenden Sonnenfeuers sein. ... So ein symbolisches Ge mälde. ... Eigentlich meine Kunst.... Ich denke es in einigen Wochen zu vollenden Und ich weiß nicht... Ich ... ich ... wage nicht, Sie um etwas zu bitten ... ." Er atmete hastig und schwer. Plötzlich trat ein entschlossener Zug in sein Gesicht. Er sprach ruhiger, als er weiterredete. „Und ich will es trotzdem tun. Ihre ganze Teilnahme, die Sie mir heute bewiesen, ermutigt mich dazu. Wollen Sie das Bild sehen, wenn es fertig ist, Fräulein Elisabeth?" Er sah sie in banger Erwartung an. Sie überlegte nicht. „Gern!" sagte sie einfach und entschlossen. Ihm schienen plötzlich Bedenken aufzusteigen. „Aber Sie müßten auf mein Zimmer kommen. Das könnte auf- iallen Und ich weiß nicht, wie es sich anders ermöglichen ließe, daß Sie das Bild sehen. Ich kenne die Anschauungen Ihres Bakers über mich und den Begriff „Kunst". Sie würden Unannehmlichkeiten haben, wenn er von Ihrem Besuche in meinem Zimmer erführe." „I ch trüge sie gern, aber um Ihretwillen täte es mir leid, wenn mein Baker von Ihrem Schaffen Kenntnis erhalten sollte. . . . Doch, ich denke, es wird sich ohne Auffälligkeit ermöglichen lassen, Ihre Bitte zu erfüllen, vorausgesetzt, daß Ihnen an meiner Beurteilung etwas ge legen ist." „Mer gewiß", sagte er freudig. „Würde ich Sic sonst darum bitten? Also nicht wahr. Sie kommen?" „Sobald ich weiß, daß Ihr Bild fertig ist. — Aber ich werde scharf kritisieren, schärfer noch, als es die Herren Kritiker mit Ihren früheren Bildern taten." Sie lachte und nicktö ihm zu. „Aus Wiedersehen, Herr Benningien! — Diana, komm! Wir haben schon viel zu lange gestört. Der Tag geht bald schlafen." „Er wird mir immer leuchten!" dachte Fred und sah sehr glücklich aus. Und auf ihre Bemerkung von dem Kritisieren zurückkommcnd, rief er ihr nach: „Ich will mich Ihrem Urtcilsspruch ganz unterwerfen. Denn Sic werden nur wahr sein. — Auf Wiedersehen!" Sie nickte noch einmal grüßend zurück, ehe ihre schlanke Gestalt hinter den Kiefern verschwand. Fred starrte noch immer nach der Stelle, wo er ihr graues Tuchkleid hatte zuletzt aufleuchten sehen. Er befand sich wie in einem Traum, den er jeden Augenblick als einen solchen zu zerrinnen glaubte. Aber nein! Dort auf jenem Baumstumpfe hatte sie gesessen, hier hatte sie vor ihm gestanden. Noch sah man deutlich die zur Erde ge bogenen Waldgräser, die ihr Fuß geknickt hatte. Es war kein Traum. Er warf sich plötzlich mit einem unterdrückten Jubelschrei inZ Moos, verschränkte die Arme unter dem Kopf und starrte glücklich lächelnd in den lichten Herbsthimmel. Ein süßes Träumen schlich in seine Seele Sein Skizzenbuch vergaß er. Nein, in dieser Stimmung heute nichts mehr, als nur das süße Träumen Alles Grau hinter ihm zerrann. Die sechs Jahre heißen Ringens und bitterer Enttäuschung versanken vor dieser einen Sonnenstunde. — Sic war wie ein rechtes Sonntagskind zu ihm gekommen. Mit Hellen Augen und hoffnungsseligem Antlitz. Sonntagsglück! Noch nie in seinem Leben hatte es neben ihm gestanden. Immer halten sich nur Mißerfolg und Uuverstandensein gleich tückischen Nornen an seine Sohlen geheftet. Und nun kam mit einemmal so gänzlich un erwartet das Sonntagsglück mit seinen strahlenden Augen gleich einer gütigen, wunderbaren Fee Es hatte ihm den ersten Menschen gebracht, der ihn verstand. Ganz verstand. Noch niemand hatte ihn verstanden. Stets hatte man ihn verlacht, unterdrückt, in Verhältnisse gezwungen, die das Gegenstück zu seinen Hoffnungen bedeuteten. Und nun war es Elisabeth Avenarius, die ihm mit ihrem seinen Bcrständnis für seelische Kämpfe, für erstrebenswerte Ideale nahe trat. Sie verstand ihn War es nicht sonderbar, daß gerade sie es sein mußte!? — Die Tochter des Hauses, in dem kein anderer Geist herrschen durfte, wie bei ihnl daheim, das Fleisch und Blut des Mannes, dessen Erziehungsgeschick man ihn als Besserungsbedürftigen anvertraut hatte — verstand ihn. tonnte sich in die Tragik seiner Lage versetzen, wollte — sein Bild sehen. Wollte ihm zu Gefallen eine Heimlichkeit begehen, hatte schon eine ycim lichkeit auf dem Gewissen .... Denn diese Aussprache im verschwiegenen Waldwinkel durste doch nie zu Ohren Eduard Avenarius' kommen. — WaS war cs also weiter als eine Heimlichkeit!? — Freilich, eine nicht gewollte. Die Göttin Zufall hatte eine ihrer glücklichen Launen gehabt, nach denen sich so viele sehnen, und deren Glück so wenigen beschicken ist. Ob nun auch Erfolge kommen würden? Sie zu bringen, hatte diese Glücksstunde nicht vermocht. Die lagen in ibm selber. In seiner Kraft und in seinem Können. Mer neuen Glauben an seine Kunst, neues Vertrauen zu sich selber hatte sie ihm in die Seele gegossen, wie heilenden Balsam. Er kam sich vor wie ein Gesundeter, wie einer, der nach jahrelangem Siechtum wieder Herr seiner Kräfte geworden ist. Der belebende Puls schlag neuer Hoffnung durchflutete ihn. Ja, er wollte seinen Stern suchen! Eine Arbeitslust, ein Schaffensdrang, wie er beides in seinem bisherigen Leben noch nie in solcher Stärke verspürt hatte, kamen über ihn und gaben ihm geistige Elastizität. Und alles das, weil ihn der erste Mensch verstand. Aus Elisabeths Hellen Augen war es wie ein neues Leben auf ihn übergegangen. Ihr klares, verständiges Urteil hatte ihn von allen bangen Zweifeln freigemacht. Er war ein anderer geworden. Einer, der fester zuschritt, zielbe- wußtcr strebte, vertrauend hoffte. Er dachte mit einem tiefen, heißen Dank an sie und mit einer — stillen Sehnsucht Leise schlich der frühe Herbstabend durch den Wald, schlüpfte durch Tann- und Brombeerhecke und durch daS gelbe Farnkraut. Ueberall ließ er seinen grauen Mantel zurück: einen dichten weißen Nebel. Er legte sich auch feucht auf Freds Kleider und mahnte zur Heim kehr Als der Sinnende sich erhob, stand über den fernen Bergen schon der Abendstern. Er sah ihn und grüßte ihn lächelnd . . Und seine Lippen murmelten: „Elisabeth? Viertes Kapitel. Die letzten sonnigen Herbsttage hatten mit einem matten, ersterben den Lächeln Abschied genommen. Ein mürrischer Novemberwind fuhr durch das Land, riß mit rück sichtsloser Jaust die letzten gelben Blätter von den Bärmen und jagte die müden Kinder des Sommers vor sich her. Ein höhnisches Lachen quoll aus seiner Kehle, wenn sie sich, vor seiner brutalen Gewalt schutz suchend, in Winkel und Ecken preßten, um dort zu sterben. DaS Vergehen führte das Regiment, und „Tod" hieß die Parole. ' Aber im Herzen Freds war es Frühling. Ein lichter, sonniger Frühling. Er sah kaum das Sterben draußen. Die hellsten Stunden des Tages, seine Freizeit vom Mittagsläuten bis um drei Uhr, gehörten seinem Bilde. Er gönnte sich kaum Zeit, um in einem in der Nähe der Gießerei gelegenen Gasthanse zu Mittag zu essen. Einige Male war er sogar überhaupt ferngeblieben, hatte über dem Malen .Hunger und Durst vergessen und — war dann erst nach drei im Kontor erschienen. Die erste Verspätung hatte Johannes Heinrich Malterhusen nur mit einem bösen Blick und einem grollenden Knurren gerügt. Beim zweitenmal gab es schon die Mahnung, die bei Eduard Avenarius und Sohn bestehende Pünktlichkeit nicht über die Achsel ansehen zu wollen. Fred ließ sie schweigend über sich ergehen und nahm sich fest vor, dem Prokuristen zu ferneren Rügen keine Gelegenheit mehr zu geben. Mer acht Tage später, als er kurz vor der Vollendung seines Bildes stand und mit einem wahren Feuereifer malte, bannte ihn die Begeiste rung doch wieder länger vor seine primitive Staffelei, als es die Punkt, lichkeit bei Eduard Avenarius und Sohn wollte. Es war schon ein Viertel vier durch, als er sich auf das graue Kontor besann. Eduard Avenarius stand neben dem Pulte des Prokuristen, als er mit einem von seiner Tätigkeit noch glühend roten Gesicht die Tür zum Kontor öffnete. Man sah auf. Ueberall strafende, vorwurfsvolle Augen, empörte Blicke. Nur Fritz Claußen nickte ihm lächelnd zu und sah dann bang zu den beiden „Scheusalen" hinüber, wie sie seinen Freund empfangen würden. Eduard Avenarius runzelte die Stirn und zog ostentativ seine Uhr. Dann sah er den Prokuristen und hierauf Fred an. „Unsere Arbeitszeit beginnt um drei Uhr, Herr Volontär", sagte er scharf. „Wollen Sie zur Entschuldigung für Ihr spätes Kommen eine Erklärung abgeben?" Fred war im Begriff gewesen, sich zu entschuldigen. Jetzt schwieg er: denn der schulmeisternde Ton verletzte ihn. Er grub die Zähne in die Unterlippe und in sein Gesicht trat ein finsterer Zug. Ein banges, drückendes Schweigen ging durch den Raum. Nur das Kratzen der Federn vernahm man. Und an den Fenstern rüttelte der Novemberwind I» M delcMlsn -- ' OrixinalMet >/, vtt. U?.I>lI,'/-NM. U big, Ükplll8ll. 60LlIlL8ll'. ö. SItzvLI Islairi8alr-KssersiL?mo °°°"""" — s/'k^e/ickeo Lc/rv/ie/i? kscke//os Sc/iu/iu/eM, we/c/ier t/eMsuken /c/i m/> semscbk bade. fürs nscb Lsürauc/i n/c/it PSLLSNckS/' 2c/iu/?e s/v Svt ll/ick sc/i/eckik- ^/c>5ms/e5 de/ me/'nes ZtSFIFRSFU c/e/r O/ike/'Lc/t/ec/ /s 6/-/7n/ns/LO/ke^ Äe/'/?u/e§ /5 fSo/ckenes L/nbo/-/?) 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