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gut gelernt haben, was auf einer kleineren Bühne ein um so wesentlicheres Erfoderniß ist, als da durch die Thätigkeit des Souffleurs, der übrigens sehr brav ist, dem Publikum auf eine weniger empfindliche Weise bemerkbar wird. Wir müßen in der That bekennen, daß in den drei Vorstel lungen, welchen wir beiwohnten, der „Mann im Kasten" uns fast gar nicht gestört hat, obschon wir uns in der nächsten Nahe des Theaters be fanden. Da fast alle Mitglieder seit längerer Zeit bei Hrn. Mathes engagirt sind, hat er dadurch den Vortheil vor vielen anderen Bühnen, die oft mit den Personen wechseln, voraus, daß seine Vorstellungen, weil die Darstellenden in ihre Rol len sich „eingespielt" haben, abgerundeter sind, als man sonst hier wahrzunebmen gewohnt war. Die Garderobe ist gut und nett, und entsprach bisher möglichst dem Stück und der Zeit der Handlung desselben. In der Ueberzeugung, daß es dem hiesigen Publikum nicht ganz uninteressant sein dürfte, wollen wir eine kurze Kritik der drei Vorstellun gen, welche wir bisher gesehen haben, versuchen. „Der Heirathsantrag auf Helgoland, Lebens bild in drei Tableaux von L. Schneider" begann auf eine höchst ominöse Weise, und wir fürchteten fast, daß die unvorhergesehene Störung nachthci- lig auf die Gemüther der Darstellenden einwirken würde, bemerkten aber mit Vergnügen, daß wir uns in unserer bösen Vorahnung getäuscht hatten. Das von neuem begonnene Stück schritt ohne alle fernere Störung über die Brcter. Der „Heirathsantrag" ist gewiß eins der besseren neueren Lustspiele, wiewohl wir das Stück nicht von allen Mängeln freisprechen wollen. Nament lich ist die Haltung des dritten Aktes etwas ge mein, und die Jntrigue geht ihrer Entwickelung auf ziemlich unwahrscheinliche und gesuchte Weise entgegen. Die Darstellung war eine fast durch aus gelungene zu nennen; namentlich zeichneten sich Clare (Mad. Mathes), Hans Pump (Herr Willig), Jack Trolle (Herr Lutze) und William (Herr Wagner) vortheilhast aus. Der erste Akt war besonders sehr gut. Im zweiten Akt hatten wir gewünscht, daß die Grogtrinkendcn nicht all zusehr mit den Glasern beschäftigt gewesen wären, um der von William recht gut vorgetragenen Be schreibung der Schlacht von Navarin etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken, was um so nöthiger gewesen wäre, als Hans Pump durch seine Mi- mik und seine Pantomimen die Zuschauer ohnehin hinlänglich fesselte. „Die Schule des Lebens, Schauspiel von Raupach" wurde ganz vorzüglich gut dargestellt. Das ganze Stück ist durch und durch voll dra matischen Effects und wird wohl selten seine Wir kung auf das Publikum verfehlen. Die recht gut geschriebenen Verse wurden eben so gut ge sprochen, was alle Anerkennung verdient, wenn man bedenkt, daß Jamben nicht nur gut gelernt, sondern auch vorgetragen werden müssen, wenn man nicht bei jeder Strophe hören will, daß es eben Verse sind. Angehende Schauspieler ver fallen sehr leicht und auf sehr begreifliche Weise in den Fehler des Scandiercns, welche Methode des Vortrags das Ohr fortwährend beleidigt. Hier hatten wir auch Gelegenheit, Herrn Schi- mang als Don Alfonso zu sehen, dessen Rolle er, namentlich im ersten Akt, recht brav durchführte. Das Spiel der Mad. Mathes als Donna Jsau- ra war ganz vorzüglich, auch stand ihr Herr Wagner als Perez würdig zur Seite. Schade, daß'das Stück ohne Applaus endigte! „Der Talismann, Posse mit Gesang in zwei Abtheilungen von Nestroy. Musik von Wenzel Müller." Es ist zu bedauern, daß Nestroy sein Talent an einem Sujet verschwendet hat, das sich nicht für die öffentliche Darstellung auf dem Theater eignet. Obschon das Stück reich ist an komischen Situationen, wollte es uns doch fast immer bedünken, als müßten wir uns des La chens enthalten, nicht wissend, ob nicht Personen in diesen Räumen sich befinden könnten, denen die dem ganzen Stück zum Grunde gelegte Idee, die sich durch dasselbe wie ein langer, nie enden der Faden schlingt, wehe, sehr wehe thun müßte, je schuldloser sie von den Pfeilen der oft derben Witze getroffen werden. Herr Willig erregte als Barbiergcselle Feucrfuchs, so oft er sich zeigte, die Lachlust des Publikums auf ungewöhnliche Weise und legte dadurch hinlänglich für seinen Beruf als Komiker Zeugniß ab. Alle andern im Stück vorkommenden Personen sind zu untergeordneter Natur, um hier besprochen zu werden und drehen sich um Feuerfuchs, wie die Planeten um die Sonne. Nur bemerken wir noch, daß Dem. Schmidt als Gänsehirtin nicht übel war; doch vermag diese Partie keinen besonder» Effect her vorzubringen. (i^as störend und abkühlend wirkt der Schluß des Stücks auf die Zuschauer, wo plötzlich der Barbiergeselle Fcuerfuchs, der durch die Freigebigkeit seines Verwandten aus einem armen Schlucker in einen gemachten Mann um gewandelt worden ist, der armen Gänschirtin Hand und Herz anbietet, weil sie gleich ihm rothe Haars bat. Die Musik zu den eingelegten Ge sangstücken ist übrigens nur höchst mittelmäßig. Endlich können wir die Bemerkung nicht un terdrücken, daß die Stimme des Hrn. Heide etwas belegt zu sein schien, sodaß das von ihm vorge- tragcne Gcsangstück nicht gerade den Glanzpunkt in diesem Stück bildete. Vielleicht haben wir später Gelegenheit, Hrn. Heide's Leistungen mehr anzuerkcnnen. Auch möchten wir Mad. Heide freundlichst anrathen, ihre Rollen etwas sorgfäl tiger zu lernen. Die übrigen aufgeführten Stücke haben sich gleichfalls des Beifalls des zahlreichen Publikums zu erfreuen gehabt. Wir wünschen, spater gleich Günstiges über