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menschlichen Glückseligkeit zu pflegen und dahin zu pflanzen, wo er nicht von Natur wächst. Ein Mann von heiterer Laune ist überall gern gelitten, findet überall, wohin er kommt, fröhliche Gesichter oder macht sie; trifft überall Bekannte, ja Freunde, überall Unterhaltung, überall Men schen, die mit ihm zufrieden sind und er mit ih nen. Wenn in einem geselligen Zirkel von gebil detenMenschen oder den besten Freunden die Lan geweile sich einschleicht — und ist das nicht oft der Fall? — dann weiß ein heiteres Gesicht und ein launiger Einfall diese Störerin der Gesellig keit wieder zu verscheuchen und neues Leben in den Zirkel zu bringen. Tausend Dinge, die den frohen Lebensgenuß verbittern, erhalten durch die gute Laune einen bessern Anstrich oder verschwin den ganz vor ihr; und ein Mann von fröhlichem Muthe wird sich selten oder nie den Wirkungen des Zorns und der Rache überlassen. Aus man chem, an sich unbedeutenden Wortwechsel würde Feindschaft entstanden sein, wenn nicht ein Wört chen guter Laune dem Zwiste zur rechten Zeit eine gute Wendung gegeben und da Lachen erregt hätte, wo vielleicht Schwerter hätten gezogen werden kön nen. Manche Bitte, manche gute Sache, man cher gemeinnützige Vorschlag würde oft keinen Ein gang gefunden haben, wenn nicht ein scherzhaf ter Einfall den Willen des Andern bestimmt hatte. Mancher Kranke fühlt sich weniger krank, wenn seine Gattin oder sein Freund im Stande ist, mit der sorgsamen Pflege auch ein heiteres Gesicht und launige Unterhaltung zu verbinden. Manche Gat tin bereitet sich an der Seite ihres hypochondri schen Mannes gute Stunden, so bald sie durch Scherz und launige Einfälle ihn zum Lächeln be wegen kann und ihm dadurch selbst sein lästiges Dasein versüßt. Lehrt es nicht ferner die Erfahrung , daß bei Kindern und Dienstboten, wo oft die strengste Au torität Nichts auszurichten vermag, ein launiges Wort und lächelnder Blick Alles ändern kann? Werden nicht die heitern und fröhlichen Menschen auch immer am besten bedient? Bilden nicht die Erzieher und Erzieherinnen die beste Jugend, die zur rechten Zeit den Scherz neben dem Ernst mit Klugheit zu gebrauchen wissen? Gelingt nicht so manche Arbeit, so manches Geschäft besser, wenn heitere Ansichten im Gcmüthe herrschen oder von Andern angeregt werden? Wird nicht so mancher geheime Kummer weniger gefühlt, sobald angeneh me Vorstellungen die Seele erfüllen? O wer ver mag eS noch zu bezweifeln, daß fröhlicher Muth, gute Laune ein, vom Himmel wohlthätig herab gesenkter, Strahl göttlichen Lichtes sei, um dieses oft dunkle Erdenleben zu erhellen, und daß die Menschen, je mehr sie davon auffaffen, besser und glücklicher sind? Glücklich ist allerdings Derjenige, wird man sagen, der von Natur ein so heiteres Tempera ment, eine Anlage zu guter Laune besitzt. Aber wie soll Der dazu gelangen, dem dieses göttliche Geschenk versagt ist? Ich sage wohl nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß wir uns diese Gabe, stets guter Laune zu sein, erwerben können, so bald wir nur ernstlich wollen. Sowie jede andere, unS zum frohen Lebensgenüsse verliehene, Gottesgabe, liegt auch zu dieser die An lage in einem jeden Menschen; aber wir lassen sie deswegen ungenutzt liegen, weil wir es nicht recht einsehen, cs nicht stark genug fühlen, wie unent behrlich sie uns zum frohen Lebensgenüsse sei. Man richte also auch bei der Erziehung der Jugend seinen Blick aus diesen Zweig menschlicher Glückseligkeit und entwickele, nähre und bilde ihn, so weit es nur die Gebote der Pflicht und der Klugheit gestatten. Wenn wir unsere Kinder früh gewöhnen, im mer unter sich froh und heiter zu sein — und wie leicht wird das nicht bei dem sorglosen, unbefan genen Kindersinne! — und alles mürrische und eigensinnige Wesen, besonders das Schmollen und den kindischen Neid, zu entfernen und durch einen Scherz, insofern es die Klugheit gestattet, Alles in'S rechte Gleis zu bringen suchen. Wenn wir ferner die ältern Kinder immer aufmuntcrn, es sich unter einander in fröhlichem und heiterm Mu- lhe Hervorzuthun, und ihnen, ohne daß sie es mer ken, Gelegenheit und Veranlassung dazu geben. Wenn wir unserer Seils besonders den großen, noch so oft in Familien anzutreffcnden Fehler des immer währenden strengen Moralisircns, wodurch die zarte Kindesseele mehr gegen das Gute gleichgültig ge macht, als dafür gewonnen wird, vermeiden und, wie ich schon bemerkt habe, Ernst und Scherz, Strenge und Gelindigkeit bei der Kindererziehung zu vereinigen suchen. Wenn wir, Aeltcrn und Er zieher, in dieser Hinsicht selbst mit einem guten Beispiele vorangehen und darauf strenge achten, bei jedem Geschäft, insbesondere in unserm häus lichen Zirkel, fröhlichen Muth und heitere Laune zu behalten und sogleich den sich ost einschleichen den Geist des Murr- und Eigensinnes mit männ lichem Muthe wieder zu vertreiben, — wenn die ses Alles von uns befolgt wird, sollte dadurch nicht Vieles geschehen können, um bei uns in un serer Heranwachsenden Jugend Heiterkeit des Gei stes, Fröhlichkeit und gute Laune zu befördern? Im Allgemeinen möchten sich diese Andeutun gen nicht in Ausübung bringen lassen, aber doch gewiß der der Privat - und häuslichen Erziehung. Hier gilt denn nun freilich auch der goldne Aus- jpruch: Laßt uns besser werden, gleich wird's besser sein! Denn wo Aeltern und Er zieher selbst, von den bösen Geistern des finstern Ünmuths, der Unzufriedenheit, des oft eingebilde ten Krankseins beherrscht und des immerwahren den Krittelns und Moralisircns bei ihrem Erzie hen der unmündigen Pfleglinge nicht müde wer den, da läßt sich nicht hoffen, einen heitern Muth und gute Laune bei den Zöglingen zu erwecken..