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Montag, S. April 1009. Leipziger Tageblatt. Mr. VS. 103. Jahrg. Mußestunden. Ich finde den Weg. 32^ Roman von Hans v. tzekethusen. „Mo — es mutz jemand da sein, der Stimmung in die Lache bring: Die Geschichte mit den Buden soll einen jahrmarktmatzigen Anstrich de. kommen. Dazwischen müllen lustige Elemente herumstrcichen, die zum Hausen anrcizen und den Leuten allerlei Wippchen vormachen. So eine Art von künstlerhastcm C'own oder dergleichen! Ich habe mir nun aus- gedacht, wir zwei, du und ich, kommen als Zigeuner oder Savoyarden. Ich mit der Violine und ou mit einem Dudelsack! Dazu müssen wir noch jemanden finden, der mit : inem Teller herumgeht und Gelder einheimst." Hans war ans Fenster getreten und sah hinaus. Er merkte es gar n cht, datz Hella drüben gleichfalls am Fenster lehnte, den Hopf gegen die Scheiben pretztc und zu ihm hinüberstarrte. „Ein feiner Plan, nicht wahr, Hansi?" fragte di Pablo, dem es zu lange dauerte, ehe er eine Antwort erhielt. „Ja, der Plan ist gut und macht auch sicherlich den nötigen Effekt — nur mich latz aus dem Sprcl, ich tauge nicht in die Rolle." Nun lachte di Pablo laut und warf sich in den Schaukelstuhl. „Aber Hansi, hast du denn ganz vergessen, was wir damals zusammen bei dem Fürsten für Furore erregten, als wir beide als die musika lischen Vagabunden in di: stiselige Gesellschaft traten, der man anmerkte, datz sie sich bis dahin halb tot gegähnt hatte — wie uns der Fürst dankte, und wie dich die schöne Gräfin Anna und die sützc kleine Sängerin Lolettc und die tolle Katze Adele und wie sie alle hietzcn, an jenem Abende am liebsten gleich in die Arme geschlossen hätten! . . . Weitzt du das nicht mehr? Es war doch ein köstlicher Streich, und für Streiche warst du doch sonst immer zu haben!" „Tempi padsati —" sagte Hans ungerührt. „Es war sehr nett und sehr lustig — und patzte eben in jene Zeit! Aber das ist vorbei, ich hab- gar keinen Sinn mehr dafür, ich gäbe eine ganze schiefe Figur, ohne Stimmung und verdürbe d:r den Spatz. Du kennst mich doch, ich kann nur etwas tun, wo ich auch wirklich mit Lust dabei bin — und das fehlt.' Di Pablo stand auf und trat zu ihm ans Fenster. Er hatte Hella tofort entdeckt und grützte lebhaft zu ihr hinüber. „Ein sainv'es Visavis, ich beneide dich!" Hans trat ärgerlich in ' Zimmer zurück. „Also du willst wirklich nicht mittnn, Hansi? Tas ist mir aber ein grotzer Strich durch die Rechnung." „Nein, es geht nicht, es tut mir ja leid, aber" — er stockte. Ti Pablo, der nun halb mit dem Rücken am Fenster lehnte, b> obachtctc ihn und überlegte. Nach einer Weile sagte er: „Tann werde ich mir alfo einen anderen Kompagnon suchen müssen — vielleicht finde ich sogar einen weiblichen!" „Was willst du?" fragte Hans. Er kannte di Pablo zu gut, um nicht zu wissen, datz es ihm auf einen wirklichen Streich gar nicht ankam. Er war ja ein liebenswürdiger, oft bezaubernder Mensch, aber von einer ikrupelloscn Durchtriebenheit, wenn er seinem hcitzblütigen Naturell du Zügel schießen ließ. „Erst gehe ich zu deiner Landrätin und frage Sic", sagte di Pablo ausweichend. „Latz mich nur machen. Ich habe ihr versprochen, da- Publikum zu amüsieren. Wenn du nicht mittust, brauchst du auch nicht zu wissen, was ich vorhabe." Hans beruhigte sich mit dem Gedanken, die Landrätin werde ver hindern, datz etwas Tolles geschah. Als Hans am anderen Mittag aus dem Bureau kam, teilte ihm d: Pablo mit, er habe inzwischen lange mit der Landrätin beraten, sei dann beinah zwei.. Stunden bei Pescatores gewesen. Hella habe sich bereit erklärt, mit ihm als hausierende Musikantenfrau aufzutreten, nur daS Kostüm mache ihnen vieles Kopfzerbrechen, bei ihren sehr blonden Haaren usw. Hans hörte schweigend zu. Ter ganze Plan schien ja gut und aus. juhrbar, aber es gefiel ihm irgendetwas in di PabloS Wesen nicht, als er ihm davon erzählte. Er machte ein so leichtsinniges, übermütiges Ge sicht und Hatto entschieden etwas vor, was nicht mit in den Rahmen der Mummerei für jenen Tag gehörte. Sie hatten beide mit den Vorbereitungen viel zu tun. So machte es sich von selbst, datz ein Besuch des Künstlers bei Maria vor dem Basar tage unterblieb. Er sprach zwar oft davon, aber es kam nicht so weit, und Hans lat nichts dazu, daß er ansgeführt wurde. „Es wundert mich", meinte di Pablo, als sie am Abend vor dem Basar wieder in der Wobnung znsammentrafen, „datz du mich nie nach Hella Pcscatore sragst. Sie ist ohne Zweisel eine interessante Person, kann bildschön aussehen, wenn sie böse wird. Ich sehe sie ja nun jeden Tag, probe mit ihr und halte es geduldig aus, datz die alternde Mutter sich in mich verliebt. Wenn s die Tochter wäre — das wäre mir lieber, aber die hat nnr Gedanken für dich — ich hätte die größte Lust, zu ver suchen, dich anszustechen." „Ditte", sagte Hans und machte eine zustimmende Handbcwegung. „Das ist nicht so leicht", meinte di Pablo und lachte vor sich hin. „Aber wie gesagt, ich begreife es nicht, daß dir das wirklich so vollstänöig gleichgültig ist. Eindruck macht es doch, wenn man so geliebt wird. Streite, so viel du willst, aber ich glaube cs dir nicht ganz." HanS zog die Stirn in Falten und schritt im Zimmer auf und ab „Warum kommst du eigentlich immer wieder daraus zurück? Merkst du nicht, wie fatal mir die ganze Sache ist? — Das ist der Eindruck, den ich davon habe. Ich werde abgestotzen durch diese unweibliche, beinahe wilde Zuneigung. Ich habe sie nicht geweckt und habe ein reines Ge wissen. Aber datz das Mädchen nicht den Stolz hat, sie zu überwinden, verletzt mich. Ich will nicht umworben sein — das ist Mannessache. Nach meinem Gefühl erniedrigt solche Zuneigung eines Mädchens nicht nur dieses selbst, sondern auch den Mann, dem sie gilt. Das ist's, was mich innerlich so dagegen empört und mir die Frage vorlegt — bin ich wirklich io wenig Mann, datz es möglich ist . . . ." Er war sehr erregt und schritt hastig hin und her. Ti Pablo rauchte und sah ihm zu. Er war sehr froh, daß der Freund endlich etwas darüber sagte. Nun warf er gelassen hin: „Früher war es dir ganz bequem, wenn sie dich anschwärmten, Hansi. Tu ließest dich auch umwerben und warst dann sehr gnädig und herab lassend." „Aber so laß doch drs Früher", siel ihm dieser schnell ins Wort „Tas war alles Spielerei — aber dies!" „Du hast wohl gelernt, daß so etwas keino Spielerei ist — ich habe den Sinn dafür noch nicht. Ich nehme die Lebensfreude da, wo ich sie finde — und kann es mir vorläufig noch gar nicht vorstellen, daß mich einmal etwas so ernsthaft erfassen könnte, um diesen Sinn zu zerstören — wie bei dir!" Hans zuckte mit den Schultern und schwieg. Di Pablo hatte gehofft, er würde von Maria reden, aber er hatte ihren Namen in all diesen Tagen nur flüchtig genannt, wenn er nach ihr tragtc. Tas war etwas, was den Künstler geradezu ausregre. Sie hatten sich sonst immer ihre kleinen und großen Herzensgeheimnisse mit geteilt. Aber dies war ein Punkt, den er geheim hielt, wie einen köst lichen Schatz — und di Pablo war zartfühlend genug, zu verstehen, datz er darüber nicht sprechen wollte. Er kam wieder auf Pescatores zurück und sagte: „Eine wunder bare Familie ist es! Als wir beim Kaffee saßen — die Mutter ruhte nicht eher, als bis ich blieb — erschien plötzlich der Onkel. Ein unan genehmer Mensch! Zuerst gab es eine Szene, weil man ihn nicht er- . . - wartet hatte — sein Brief, der ihn anmeldete, lag nämlich noch uner öffnet da — und dann aßen wir weiter. Sympathie für mich hat er sicherlich nicht, seine Augen funkelten mich die ganze Zeit an. Wenn wir den morgen in ein Kostüm stecken könnten, der müßte jedem als Wauwau oorgehalten werden, der nicht ordentlich zahlen will — ein reiner Tatarcnhäuptling mit blonden Haaren!" HanS hatte es förmlich durchzuckt, als di Pablo deS Majors er- wähnte. Er wußte, wie unangenehm es Maria sein würde, ihm auf dem Basar zu begegnen. Natürlich kam er nur, um sie zu sehen. Dort konnte sic ihm ja nicht answeichcu. Jedenfalls wollte er sie vorbereiten Sic konnte sich dann ja noch immer entscheiden, ob sie kommen oder d'ahcim bleiben wollte. „Hansi, du bist schon wieder still", sagte di Pablo nach einer ganzen Weile. Seine Blicke glitten suchend über Kirdorfs hin. Es fing an, ihn nervös zu machen, daß dieser nachdenklich und wenig mitteilsam war. „Wir wollen schlafen gehen", sagte HanS, „morgen ist auch noch ein Tag." „Morgen ist auch noch ein Tag!" wiederholte der Künstler singend in der Melodie des Korneliusschen Liedes. „Hansi, cS war doch siitz, als die liebe, melancholisch- Frau das aus dem Konzerte sang — was?" Hans nickte ungeduldig, er wollte cs um jeden Preis vermeiden, datz die Rede heute noch auf Maria kam. Er gab dem Freunde ein Licht in die Hand und geleitete ihn bis zur Treppe. Singend stieg dieser langsam hinab. HanS merkte cs wohl, es waren lauter Melodien aus den Liedern, die Maria gesungen hatte. Zollte ihm ihr Gesang einen so nachhaltigen Eindruck gemacht haben, oder wollte er ihm nur zu verstehen geben, daß er ganz genau wisse, wem seine Ge danken galten ? So gern er den Freund hatte, der Wunsch, er möchte bald wieder abreisen, wurde immer lebhafter. ES war ihm peinlich, sich beobachtet zu wissen. Sein ganzes Verhältnis zu Maria war noch so zart, so unausgesprochen, ihr selbst wohl kaum bewußt. Wenn jetzt etwas Plumpes störend dazwischen kam, wie würde sie das auffassen? Der^ Gedanke peinigte ihn geradezu. Früh am anderen Morgen ging er zu ihr. Sie stand im Garten und schnitt Rosen. Als sie ihn erkannte, winkte sic ihm zu und öffnete ihm selbst die Pforte, an der sie beide stehen blieben. Er ließ seine Blicke über das reparierte Gitter gleiten und sagte: „Ich freue mich, daß es wieder heil ist. Es war zwar leichter für mich, Sie zu besuchen, als man so einfach über die beschädigte Stelle sortspringcn konnte — aber im ganzen ist es doch besser, es steht wieder trotzig abweisend aufrecht da. Mir öffnet es sich ja — nicht wahr?" Sie nickte. „Ich will Ihnen etwas zeigen", sagte sie fröhlich. „Hier am Schloß ist ein Schnepper, wenn Sio von links dahinter fassen, springt die Tür auf. Nur wer das weiß und den Druck kennt, kommt herein — sehen Sie hier!" Sie zeigte ihm die geheimnisvolle Feder und ließ sie ihn selbst probieren. „Das weiß hoffentlich niemand?" fragte er. „Ich denke nicht. Fürchten Sie einen Ueberfall für mich?" fragte sft lächelnd. Er nahm ihre Hand und ging mit ihr ins Haus. Während sic lang sam so Hand in Hand dahin schritten, sagte er ihr den Grund seines Kommens. „Ich mußte Ihnen das sagen, nicht wahr? Nun wissen Sie, daß der Major wieder im Lande ist und können Ihre Entschlüsse fassen." (Fortsetzung folgt.) * * * (Auf Wunsche wirb der Anfang dieses Romans neu hinzutreten-en Abonnenten kostenlos nachgeliefert.) Hsiillill» iw au«I SINiTltvit. Kis8sn-^u8^atü in gsrnisrtsn unö ungsrnierten »amen- u stinlieetzMen ru dstemvt dlUlxeu Dreir,eu 6144 «sliMiM - still. ksürili-I-SM ^IleinveeßAuf nur 8 ^ogo5tusplatr 8 Krö88t88 8PKÄMSII8 Ser ArMMiMedk. Leipzig Otmrttirse »-4. 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