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den Humboldthain mit „Viergroschenbroden" pflastern könne. Weit verbreitet ist der folgende Witz: „Wat sagen Se blos, Frau Nachbarn, zu die hohen Fleischpreise? Beinahe 20 Mk. for een Pfund Rindfleisch, wo sollen wir det be zahlen!" Die Nachbarin wird wüthend. „Woll'n Semir uzen? Sowat verbitte ick mir! Wer hat Ihnen denn den Bären uffjebunden?" Und mit tiefem Ernst erwidert die Andere: „Erloben Se jefälligst, et is keen Bär. Ha'm Se denn noch nich den Ochsen in Humboldthain jesehen? Wenn Se da überhaupt blos 'n Stick Schwanzende for 20 Märker abkriejen, denn könn' Se sich noch de Zehne dran ausbeißen!" * Ein böses Legat. Man schreibt dem „B. B.-C." aus München: Vor einigen Jahren machte eine hier eng»« girte Bühnenkünstlerin die Bekanntschaft eines reichen öster reichischen Magnaten. Man sah das stattliche Paar sehr oft zusammen; nach einiger Zeit aber verschwand der Freund der Künstlerin. Man sagte, er lebe, durch Familien- Verhältnisse gezwungen, in Wien. Vor wenigen Wochen erhielt nun die Künstlerin die Mittheilung, daß de?Magnat gestorben sei und ihr ein Legat von 30000 Kronen ausge- setzt habe. An dieses Legat ist jedoch eine merkwürdige Bedingung geknüpft. Es hieß, das Vermächtniß solle steuerfrei der Künstlerin ausgezahlt werden, wenn der Nachweis erbracht werden könne, daß sie dem Erblasser — nicht die Treue gebrochen habe. Nun hat sich die Künstlerin vor einem Jahre verheirathet, die Verwandten des Mag naten fochten das Legat an, und der Gatte der Künstlerin, welcher keine Ahnung von dem Dasein des Magnaten hatte, da ihm seine Frau über ihren früheren Freund keine Mit theilung gemacht hatte, strengte den Ehcscheidungsprozeß gegen die Künstlerin an Nicht nur, daß diese, wie es den Anschein hat, um das Legat von 30000 Kronen kommt, sie wird auch wahrscheinlich ihren Gatten durch das Vcr- mächtniß ihres früheren Freundes verlieren. * Die Tragödie eines Grafen. Graf A. war einer der glänzendsten Kavaliere der Wiener Gesellschaft, von Allen gefeiert und verehrt, von den Frauen verwöhnt und verhätschelt. Der junge, schneidige Dragonerleutnant schien in jeder Weise der Auserkorene des Glückes zu sein, eine brillante Carrisre schien ihm sicher, wie ihm die vor- theilhafteste und vornehmste Parthie, eine Verbindung mit einer der schönsten Damen der hohen Kreise zugefallen war. Doch er, der so hoch gestiegen, war auch zu einem jähen Sturz bestimmt. Irgend etwas Unerhörtes war geschehen — was, erfuhr nie Jemand. Der elegante Ka vallerieoffizier schied urplötzlich aus der Gesellschaft, seine Frau trennte sich von ihm, er nahm seinen Abschied aus der Armee, zog sich von aller Welt zurück und lebte nun mehr in der größten Abgeschiedenheit. Kaum einer wußte, was aus ihm geworden war, selbst seine intimsten Freunde vermieden jede Gelegenheit, auch nur seinen Namen zu nennen. Seitdem sind Jahre vergangen. Nun ist plötzlich die Erinnerung an den Grafen A. wieder geweckt worden; man erfährt, daß er verdorben und gestorben, geradezu dem langsamen Hungertode verfallen. Während der letzten zwei Jahre hatte er in einem kleinen Hotel der Josephstadt gelebt, in welchem der Wirth ihm ein Zimmerchen über ließ, wiewohl der Graf kein Geld mehr zum Bezahlen hatte. Das Aeußere des Grafen war verwahrlost, sein Anzug fadenscheinig, sein Körper zu einem wahrhaften Skelette abgefallen. Als einmal ein Arzt ihn untersucht hatte und erschrocken rief: „Herr Graf, Sie sind ja halb verhungert!" brach der Unglückliche schluchzend zusammen. Er pflegte nur noch des Nachts auszugehen, und das auch nur während der Sommerszeit, weil er keinen Ueberzieher mehr besaß. Leute, die ihn kannten und bemitleideten, sandten ihm von Zeit zu Zeit einige Nahrungsmittel. Zuletzt war sein Körper so geschwächt, daß er überhaupt nichts mehr zu sich nehmen konnte. Er verfiel in Siech thum' man brachte ihn nach dem Krankenhause und dort ist er jetzt gestorben. Da Niemand da war, der die Kosten seiner Beerdigung bezahlt hätte, so wurde der einst so hoch- gestellte Mann auf dem Armenkirckhofe eingescharrt. * Zebras als Zug- und Reitthiere. Hr. Fr. v. Bronsart der sich am Kilimandscharo u. A. der Zähmung Schwer geprüft. Roman von Georg Gertz- 1 Nachdruck verboten. 1. Einquartierung. Es war ein schöner, klarer Herbsttag; die Sonne schien hell herab auf die große, alte Handelsstadt und tauchte die hohen, spitzgiebigen Häuser, welchen den „Langen Markt" umgeben, in ein Meer von Licht. Hundertfach brechen sich die Strahlen der Septembersonne in den hohen Bogenfenstern des Artushofes und ließen jede Kante, jede vergoldete Stein- vrrzierung des alten Baues deutlicher hervortreten. Wie flüssiges Silber erglänzten die Wasserstrahlen des alten Neptuns brunnen, der sich dickt vor dem Artushose erhebt, gleichsam «in Wahrzeichen alter Meeresberrsckaft der Stadt. Wohl nur wenige Städte in Deutschland haben den Charakter des Mittelalters in Mauern und Thürmen, an Thoren und Thüren, in Farben und Formen so treu bewahrt, wie die alte Hansestadl Danzig. Es erfrischt Herz und Ge- müth, wenn man, ermüdet von den steifen, charakterlosen Palastbauten der neuern Großstädte und von dem Kascrnenstyl ihrer Wohnhäuser, in eine Stadt kommt, die noch die alte, deutsche Eigenschaft sich bewahrt hat. Zw-r schlingt sich auch hier schon ein Kranz von Neubauten um den alten Kern, zivar fällt auch hier ab und zu ein Hans als „altväterisch", um nach dem „verfeinerten" Geschmack des Besitzers in den „gefälligeren" Formen des neunzehnten Jahrhunderts neu zu erstehen, aber im Ganzen und Großen ist doch, und nament lich in den öffentlichen Neubauten, ein Festhalten an dem alten Baustyl zu rühmen. Und wohlthuend bleiben sie dock für den Besucher alle die traulichen, isinnigen Formen des deutschen Baustyls mit ihren Erkern und Thürmchen, mit den wechselnden Fornien der Strebepfeiler und Simse, der Fenster und spitzen Giebel von Zebras widmet, scheint Erfolg mit feinen Versuchen zu haben. Er empfiehlt in der Deutsch-Ostafrikanischen Zeitung 30 solcher Thiere zum Preise von 300—500 Rupien ab Mombassa oder Meruni. Die Thiere, 20 Hengste, 10 Stuten, sind 3-6 Jahre alt, und, wie das Inserat besagt, eingefahren, theilweise reitbar. * Die Steuern der Milliardäre. Die Steuer commission in Newyork veröffentlicht eine Liste der directen Steuern, die von etwa hundert der reichsten Leute der Vereinigten Staaten bezahlt werden. Die Familie Vander bilt steht an der Spitze und schlägt den Record der Steuer pflichtigen. G. W. Vanderbilt bezahlt 8000000 Mk., W. K Vanderbilt 4000000 Mk., Alice Vanderbilt 4000000 Mk., A. G. Vanderbilt 2000000 Mk., B. C. Vanderbilt 1000000 Mk., und der arme C. Vanderbilt nur 400000 Mk. Carne gie und Rockefeller bezahlen jeder 4000000 Mk. Hauswirthschaftliches. Brunnenkresse als Gemüse. Die Vorbereitung der Brunnenkresse als Gemüse besteht in dem Abzupfen der Blätter von den gröberen Stielen, dem Waschen, Verlesen und dem Weickkochen in vielem Wasser und auf starkem Feuer. Sie schwindet beim Kochen wie der Spinat. Nach dem Kochen wird sie sehr behutsam, damit sie mög lichst ganz bleibe, in kaltem Wasser ausgekühlt, leicht ge drückt und einmal durchgeschnitten, dann in 250 Gramm Butter geschwitzt, mit einer von drei Eßlöffel voll Mehl bereiteten Mehlschwitze vermischt, zunächst mit einem halben Liter kräftiger und schmackhafter Fleischbrühe durchkocht und mit Salz und ganz wenig Muskatnuß gewürzt; bei dem Anrichten wird das Gemüse noch kurz zuvor mit Butter durchgeschwungen. Es soll bündig, aber nicht mehlig und von angenehmem Geschmack sein. Frühlings.Gemüse. Man nehme Löwenzahn, solange die Blätter noch weißlich sind und sich noch keine Blüthenknospen zeigen, ferner die eben aus der Erde kom menden Sprossen von wildem Hopfen, jungem Sauerampfer, Brunneukresse und Rapunzeln zu gleichen Theilen, über brühe sie zusammen mit kochendem Wasser, übergieße sie mit kaltem Wasser, drücke sie aus, dämpfe nun 1 Eßlöffel Mehl in einem guten Stück Butter weiß und rühre mit Fleischbrühe an, würze mit Salz und Muskatblüthe, lasse das Gemüse in dieser Sauce gut durchkochen und ziehe sie mit einem Ei und 1 Eßlöffel Rahm ab. Sauerampfer. Sauerampfer wird gut verlesen, indem mau die Blätter von den Stielen befreit, mehrmals in klarem Wasser tüchtig wäscht, mit kochendem Salzwasser aufsetzt und aufkocht. Man nimmt ihn vom Feuer und schüttet ihn auf ein Sieb. Nun dämpft man Butter mit geriebenen Zwieback- oder Weißbrotkrumen gelb, rührt dies mit süßer Sahne, Milch oder auch Fleischbrühe aus, giebt Salz oder Muskat dazu, schüttet den gut ausgedrückten Sauerampfer in die Brühe und läßt ihn darin durchkocheu. Beim Anrichten verziert man ihn mit in Butter gelb ge bratenen Weißbrotstreifen, giebt Wurst, Zunge oder Kote letts dazu. Allerlei Luftiges. Geographie schwach! Saßen da vor Kurzem in einer Speisewirthschaft zu Zürich mehrere Herren mit einigen Damen vom Theater in fröhlichem Kreise zusammen und unterhielten sich lebhaft über Alles und noch einiges andere. Da bestellte sich eine der Künstlerinnen nach dem Abendbrot noch etwas Obst. Einer der Herren, entzückt, eine Gesinnungsgenossin zu sehen, sagte freudig erregt: „Fräulein, Sie sind wohl auch Vegetarierin?" -- „Nein ich bin eine Münchnerin", erwiderte im vollen Ernst die kleine Schauspielerin. Mißverstanden Herr (vor einem Kartoffelfelde, auf welchem zahlreiche Leute beschäftigt sind): Sehen Sie Fräulein Emilie, hier ruht die Stärke Deutschlands'" - Dame: „Ach ja - die wird ja wohl aus den Kartoffeln gewonnen?! Das auch noch! (Auf dem Gemeindeamt.) Frem- der: „ M - Auf dem Wege zwischen dem Jagdhaus und der Forststraße wurde ich überfallen und beraubt!" — Gemeindevorstand: „So, so — gerade auf dem „verbotenen Weg — das kost' Ihnen 3 Mark Straf' oder 1 Tag Haft!" Im Streit. Commis (zum Chef): „. . . Ich ver stehe vielleicht mehr wie Sie — ich war schon sechsmal selbständig!" UuerhLrt. A: „Denken Sie sich, der Diurnist Meierle wagt es, einen Champagnerbrecher in seinem Taschenmesser zu haben!" Begreiflich. Mutter: „Nun, Fritzchen, welcher Hauslehrer gefällt Dir nun besser, der vorige, oder dee- jetzige?" — Fritzchen: „Der vorige." — Mutter: „Warum denn?" — Fritzchen: „Weil mir der nun keine Arbeiten mehr aufgiebt." Casernenhofbotanik. Unteroffizier (zum schlecht rasirten Rekruten): „Kerl, Du bist ja die reine Cacteen- sammlung!" Dreisilbige Charade. Wer liebte meine beiden Ersten nicht, Die Prosa dieses Lebens auszuschmücken! Sie würden fehlen uns wie Luft und Licht, Und tausendfach kann uns ihr Gruß entzücken! — Die Dritte ist ein wohlbekanntes Thier, Doch hier zu Lande ward es nicht geboren. Es dient zu mancher schönen Zier Und ist zum Liebling auserkoren. Sein Name auch ein Mensch und sehr beliebt, Weil er stets Munterkeit und Freude giebt, Das Ganze schmückt wohl alle Feste Und zeichnet aus die Ehrengäste! — Auflösung folgt in nächster Nr. Auflösung des Rächsels aus voriger Nr.: kleetboven. Kall, ttecks, Aktien, 8kat, Uakn, Nose, Vali, iVest, Ilaria. Schlachtviehpreife auf dem Viehmarkte zu Dresden am 24. April 1902. Marktpreise für 50 KZ in Mark. Thiergattung und Bezeichnung. f Lebend- Schlacht- Gewicht Ochsen: 1s. vollfleischige, ausgemästete, höchsten Schlachtwerthes bis zu 6 Jahren 1b. Oesterreicher desgleichen 2. junge fleischige, nicht ausgemästete — ältere ausgem. 3. mäßig genährte junge, gut genährte ältere 4. gering genährte jeden Alters Kalben und Kühe: 1. vollfleischige, ausgemästete Kalben höchsten Schlacht werthes 2. vollfleischige, ausgemästete Kühe höchsten Schlacht werthes bis zu 7 Jahren 3. ältere ausgemästete Kühe und wenig gut entwickelte jüngere Kühe und Kalben 4. mäßig genährte Kühe und Kalben 5. gering genährte Kühe und Kalben Bullen: 1. vollfleischige höchsten Schlachtwerthes 3. mäßig genährte lungere und gut genährte ältere 3. gering genährte , Kalber: t. feinste Blast- Vollmilchmast- und beste Saugkälber 2. mittlere Mast- und gute Saugkälber 3. geringe Saugkälber 4. ältere genug genährte (Fresser) Schafe: 1. Mastlämmer 2. füngere Masthammel 3. Aeltere Masthammel 4. mäßig genährte Hammel und Schafe (Merzschafe) Schweine 1. a) vollfleifchige der feineren Rassen und deren Kreuz ungen im Alter bis zu 1^ Jahren 1. b) Speckschweine 2. fleischige 3. gering entwickelte, sowie Sauen und Eber 4. Ausländische Auftrieb: 120 Rinder (und zwar 62 Ochsen, Kühe, 40 Bullen), 1235 Kälber, 70 Stück Schasvieh, zusammen 2773 Thiere. Mk. 32-35 33-37 28—31 25-27 22—24 30—33 27-29 24—26 21-23 31-34 27-30 23-26 43 -46 40 -42 35-39 34—35 49-50 50-52 46-48 42-45 .8 Kalb 1348 S Mk. 59—64 60-66 55—58 51—54 46-50 57—62 54-56 50—53 46-49 40—45 56—60 53-55 48-52 65-68 60—64 55-59 64—65 62-63 56—58 61-62 62—64 58-60 54—57 en und chweinc, Geschäftsgang: Bei Ochsen, Kalben, Kühen, Bullen, Kälbern und Schweinen l-mainm. mit ihrer reichen Bildhauerarbeit, und die vielen Thürme end lich schauen heute noch wie vor fünfhundert Jvhren auf das geschäftliche Leben und Treiben der Menschen wie ernste, treue Hüter herab. An einem Fenster der zweiten Etage eines Hauses, dessen hohe Giebelfronte sich durch reichere Bildhauerarbeit vor den Nachbarhäusern auszeichnete, stand ein junges Mädchen von vielleicht achtzehn Jahren. Eine Fülle dunkelblonden Haares umrahmte das jugendsrische, rosige Gesichtchen und siel in zwei langen, dicken Zöpfen über den Nacken herab. Aus ihrem Antlitz sprechen herzgewinnende Freundlichkeit und Milde wenn auch die tiefdunklen Augen ein munteres Temperament ver- riethen, so konnten sie doch bisweilen recht träumerisch blicken. Auch jetzt schaute das Mädchen sinnend hinab auf das bunte Gewimmel Les Marktes; aber in seinem Blick lag jener eigen- thümliche Ausdruck, welcher verrieth, daß die Gedanken keinen Antheil nahmen an dem engen Treiben dort unten, sondern in die Ferne schweiften, über „Thäler weit und Höhen", hin zu den rebenumkränzten Usern des Rheines, wo ihre Wiege gestanden und wo sie ihre Jugend verlebt hatte. Martha Kraft war die Tochter eines reichen. Kaufherrn in Köln am Rhein. Ihr Vater aber war frühe gestorben und nur noch dunkel konnte sie sich feiner erinnern. Desto leb- bafter stand das Bild ihrer Mutter vor ihrem Auge, die ihre Erziehung geleitet und mit sorgender Liebe sie beschirmt und beschützt hatte, bis auch diese vor zwei Jahren ihr durch den unerbittlichen Tod war entrißen worden. Dann hatte ihr Onkel, der Bruder ihrer sAgen Blutter, Kommerzienrath Wilhem Behrends, Chef des weitbekannten Handelshauses Jakob Behrends in Danzig, sie zu sich genommen, und der alte Herr war bemüht, der Waise, so gut er konnte, den Vater zu er setzen. Aber Ersatz für die Mutter fand sie nicht, denn die Tante war auch schon lange Jahre tot und so Hütte das junge Mädchen sich wohl sehr einsam in dem großen Hause gefühlt, wenn es nicht an Brigitte, der langjährigen, treuen Haus- tzülteriu, eine liebe, mütterliche Freundin gefunden hätte, der es nun stets alle seine kleinen Sorgen anvertraute. So hatte sich denn der Aufenthalt Marthas im Hans« des Onkels zu einem recht angenehmen gestaltet; die dunklen Schatten, welche der Tod ihrer Mutter auf ihr junges Leben geworfen hatte, waren allmählig verschwunden und nun wiegte sie sich wieder im Hellen, goldigen Frühlingslicht der Jugend und wand sich aus den Blüthen und Blumen am Wege den bunten Kranz des Lebens. In der letzten Zeit hatten sich freilich einige stachlichte Ranken und Zweige in diesen Kranz gedrängt, Sorgen und Befürchtungen, wie sie wohl jedes Mädchenherz in diesem Alter mehr und minder beschleichen, und diese waren es auch wohl, welche heute ihr Herz bewegten, so daß sie gar nicht hörte, als die Thür ihres Zimmers aufging und die alte Brigitte eintrat. Leisen Schrittes ging sie auf Martha zu, die noch immer gedankenvoll zum Fenster hinaussah, legte ihr sanft die Hand auf die Schulter und sagte: „Nun, was bewegt denn das Herz meines Liebling», daß es gar ss tief in Gedanken verloren dasteht und nicht einmal hört, wenn seine treue Freundin kommt?" „Ach, Brigitte", erwiderte Martha, „denke Dir nur, der Onkel hat mir heute Morgen zu verstehen gegeben, daß es sein sehnlichster Wunsch sei, mich bald vermählt zu sehen. Er sei alt und könne bald sterben, da möchte er mich vor sei nem Tode noch versorgt und in der Hut eines guten, tüchtigen Mannes wissen. Und wen glaubst Du wohl, daß er mir zum Manne bestimmt hat? Niemand anders als Vetter Hermann!" „Nun, und darüber bist Du so betrübt?" antwortete Brigitte. „Ist der Vetter nicht ein junger, hübscher Mann und dazu der einstige Erbe des Onkels? Andere Mädchen würden überglücklich sein über solche Aussichten." „Aber ich kenne ja Hermann kaum; jung ist er freilich und mag auch ganz hübsch sein, aber ich liebe ihn nicht und werd« ihy auch nie lieben können. . , ...,. .......