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1899.] DAS ATELIER DES PHOTOGRAPHEN. 29 Prof. C. Kollers Nach/. St. Gäljy - Budapest. Am besten macht man mit einem scharfen Messer und mit Hilfe eines Lineals an zwei gegenüberliegenden Stellen am Rande des Nega tivs je ein Kreuz (—), welches auf der ersten Kopie eine dunkle Kopie erzeugt. Dieses schneidet man so aus, dass auf der Kopie zwei scharfe Ecken ( ) stehen bleiben. Mit diesen beiden Ecken legt man die Kopie wieder auf die entsprechenden Ecken der auf dem Negativ eingeritzten Kreuze. Es macht einen sehr guten Eindruck, wenn man einen ersten Abdruck mit ganz dünnem Aufstrich recht weich herstellt und darüber in dunklerem Ton einen kürzer belichteten Abdruck macht, welcher nur die dunkleren Partieen deckt. Das Negativ. Von verschiedenen Seiten ist die Behauptung ausgesprochen worden, dass die Negative für Gummidruck besonders weich, ja dünn sein müssen. Ich habe im Gegenteil gefunden, dass sozu sagen jedes Negativ verwendbar ist, sowohl weiche wie auch kräftige, man hat nur seine Präparation danach einzurichten, und zwar für kräftige Negative weniger, für dünne Negative mehr Farbe zu nehmen. Ueberblick über das ganze Verfahren. Es lässt sich frei heraussagen: Beim Gummi druck giebt es keine Präparationsgeheimnisse, wie vielfach angenommen wird. Jeder präpariert sich sein Papier und handhabt seine Entwicklung, so wie es ihm nach den ersten Versuchen für am bequemsten und am besten scheint. Ich selbst mache meine Präparation fast jedesmal anders. Kürzlich sagte mir ein Freund, dem ich die Grundprinzipien mitgeteilt hatte: Ihre Vorschriften sind alle falsch ; man nimmt einfach etwas Gummi, etwas Farbe und ein wenig Bichromatlösung, das giebt die besten Gummidrucke. So drollig diese Beschreibung eines Verfahrens • sich anhört, so wahr ist dieselbe. Damit soll aber nicht gesagt sein, dass ein jedes Bild so mir nichts dir nichts gelingen muss. Ich selbst habe viele Dutzende Kopieen gemacht, ehe ich eine für gut erklären konnte. Vor allem aber muss man von Anbeginn sich die Idee aus dem Kopf schlagen, solche oder ähnliche Kopieen machen zu wollen, wie man mittels irgend eines der bisherigen Kopierver fahren gemacht hat. Es ist wohl zu bedenken, dass man es mit einem ganz verschiedenartigen Verfahren zu thun hat, welches ganz eigenartige Resultate liefert. Der Anfänger darf sich nicht durch flaue oder harte oder grobkörnige Bilder abschrecken lassen. Ich empfehle dringend kein entwickeltes Bild wegzuwerfen, und wenn es auf den ersten Blick auch noch so schlecht, ja lächer lich erscheint. Gerade der Fachphotograph gewöhnt sich sehr schwer an derartige Effekte, wie sie der Gummidruck liefert. Ich rate sogar, alle, auch die unvollkommensten, Resultate aufzuziehen und fertig zu machen, d. h. mit einem Passepartout, wenn auch nur einem provisorischen, zu ver sehen, denn erst dann wird man das Resultat richtig beurteilen können. Gerade der Mangel an Haarschärfe und Details, die kühne breite Art der Zeichnung oder die zarte kraftlose Weichheit mancher Kopien bilden den Wert derselben. Die Theorie des Gummidruckes. Dass Bichromat-Leim-Gelatine oder - Gummi schichten lichtempfindlich sind, weiss jeder Photo graph. Beruhen ja doch verschiedene photo graphische Prozesse, wie der Pigmentdruck, der Lichtdruck, auf dieser Eigenschaft der Chromsalze in Verbindung mit Klebestoffen. Anderen Ver fahrenwiederum dienen die gleichen Präparationen ganz oder zum Teil als Grundlage, wie die Photo zinkographie, Autotypie, Heliogravüre, Photolitho graphie u. s. w. 5