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welches mit einer einzigen Aufnahme, die sich in nichts von einer gewöhnlichen photo graphischen Aufnahme unterscheidet, Bilder liefert, die, miteinfachen optischen Vorrichtungen kombiniert, die Farben der Natur mit einer Treue wiederzugeben im stände sind, wie viel leicht kein anderes bis jetzt bekanntes Verfahren. Werfen wir kurz auf das Joly sehe Ver fahren einen Blick. Bei demselben werden die drei Farbenfilter gewissermassen zu gleicher Zeit benutzt, indem an ihre Stelle ein sogenanntes Farbenrastertritt. Dieses Farbenraster, welches mit seiner Schichtseite direkt auf die photo graphische Platte gelegt wird, besteht aus einer Glasplatte, auf welcher dicht neben einander abwechselnd und direkt aneinander stossend farbige Linien, blau, grün, rot, gezogen sind. Wenn nun eine farbenempfindliche Platte von richtiger Auswahl hinter diesem Raster in der Kamera belichtet wird, so werden bei spielsweise alle blauen Stellen durch die blauen Linien, alle grünen Stellen durch die grünen und alle roten Stellen durch die roten hin durchwirken, ebenso werden Mischfarben ge mäss ihrer Zusammensetzung mit verschieden in tensiver chemischerWirkung durch verschiedene H. Brandseph - Stuttgart. Linien hindurch wirksam werden. Beim Entwickeln entsteht selbstverständlich ein schwarzes Negativ, welches gewissermassen aus Linien zusammengesetzt ist. Fertigt man nach diesem Negativ ein Diapositiv in gleicher Grösse und deckt den Aufnahmeraster wieder Schicht auf Schicht auf das Diapositiv, indem man für ein richtiges „Register“ sorgt, d. h. darauf hinarbeitet, dass jede farbige Linie wieder an ihre richtige Stelle kommt, so erscheint begreiflicherweise das Diapositiv in der Durchsicht gefärbt, und zwar vollkommen in natürlichen Farben. Selbstverständlich hat dieses Verfahren ja seine sehr grossen Mängel. Die Expositionszeit hinter dem dreifarbigen Raster ist ziemlich lang, sie beträgt beispielsweise im Freien mit einem sehr lichtstarken Objektiv unter Anwendung der nötigen Gelbscheibe mindestens 60 bis 80 Sekunden und im Atelier entsprechend länger. Anderseits ist es natürlich nicht möglich, ein Aufsich'tspositiv zu machen, sondern man ist auf die Herstellung von Diapositiven angewiesen, und schliesslich stört die Liniatur, wenn auch viel weniger, als man erwarten sollte, so doch immerhin beträchtlich die Schärfe, und das ganze Bild wird unruhig. Dagegen ist die Farben Wiedergabe in allen Einzelheiten bei richtiger Einarbeitung auf den Prozess eine so absolut vollkommene, dass in dieser Beziehung nichts zu wünschen übrig bleibt. Speziell dunklere Farben von grosser Sättigung und Mischfarben aller Art in dunklen Tönungen kommen mit absoluter Naturtreue. Schwierig sind photographische Aufnahmen, bei welchen sehr helle und sehr dunkle Farben und zugleich auch Weiss und Schwarz vorkommen. Alles in allem aber giebt es kein Verfahren der farbigen Photographie, welches sich so leicht ausführen liesse und verhältnismässig so vorzügliche Resultate lieferte. Wir möchten daher unsern Lesern, wenigstens denjenigen, welche sich für die Fortschritte in der Photographie interessieren, den Rat geben, sich einmal mit diesem Verfahren, welches keiner grossen Vor bereitungen bedarf und keine grosse manuelle Geschicklichkeit erfordert, zu befreunden.