Volltext Seite (XML)
DAS ATELIER DES PHOTOGRAPHEN. 1899.] 3 Entdeckungen von Verress bis zu den jüngsten Posaunenstössen, die von dem Amerikaner Ives ausgehen, zeigt sich eine endlose Kette von Hoffnungen und Enttäuschungen, die teils unwissentlich, teils auch wissentlich genährt worden sind und Praktiker und Publikum immer wieder von neuem an die Lösung des grossen Problems erinnern und dieselbe in nahe Aussicht gestellt haben. Die Versuche, naturfarbige Gegenstände in natürlichen Farben zu photographieren, haben die Photographie mit einem ausserordentlich schönen Verfahren beschenkt, welches in gewisser Weise die Lösung der Aufgabe in sich birgt. Es ist das Verfahren des Dreifarbendrucks, welches heute bereits in den graphischen Gewerben eine hervorragende Stelle einnimmt und für diese Gewerbe eine Lösung der Aufgabe auf photographischem Wege geboten hat. Leider sind bis jetzt die Aussichten, den Dreifarbendruck für den direkten naturfarbigen Druck des Praktikers nutzbar zu machen oder ihn für wissenschaftliche Zwecke in grösserem Massstabe zu verwerten, noch gering. Die Herstellung von drei Aufnahmen hintereinander hinter drei verschieden gefärbten Farbenfiltern, die Kombination dieser drei Aufnahmen auf irgend einem der bekannten Wege, beispielsweise auf dem Seileschen oder dem ältesten derselben, dem von Ives jetzt wieder neu aufgenommenen, ist so schwerfällig, ausserdem in der Hand des weniger Geübten so schwierig, dass an eine praktische Ausnutzung dieser schönen Entdeckung für die photographische Tagesarbeit nicht gedacht werden kann. Aber dies sind ja bekanntlich nicht die einzigen Farbenverfahren. Das Lippmannsche Verfahren, welches mit einer Aufnahme naturfarbige Bilder liefert, ist jedenfalls noch nicht an der Grenze seiner Entwicklungsfähigkeit angelangt, und wenn es einmal gelingt, die Bilder, die jetzt nur in der Aufsicht sichtbar sind, auch in der Durchsicht oder im gewöhnlichen Licht sichtbar zu machen, und wenn es anderseits gelingt, die Belichtungszeit entsprechend herunterzudrücken, dann kann von diesem Verfahren noch Grosses erwartet werden. Denn dieses Verfahren ist uns seiner ganzen Theorie nach durch sichtig, seine Ausübung ist nicht an die schwierige und oft un mögliche Auswahl unter den vor handenen Farbstoffen mit ihren für die Farbenphotographie so ungünstigen physikalischen Eigen schaften gebunden, sondern die Bilder verdanken ihre Farbe einem vollkommen erkennbaren, in allen seinen Einzelheiten erforschten und nachgewiesenen physikali schen Vorgänge, so dass man höchst wahrscheinlich von diesem Verfahren für die Zukunft noch weitere bedeutende Errungen schaften erwarten kann. Momentan am interessantesten und in seinen Resultaten jeden falls mit am besten ist ein Ver fahren, welches, als es bekannt wurde, zunächst als Humbug be zeichnet wurde, dessen gross artige Tragweite sich aber mehr und mehr deutlich zeigt. Es ist dies das Jolysche, ein Verfahren,