Volltext Seite (XML)
Sehr geehrder Herr Redakdähr! Nu sind se alle, de Fer chen. Vorbei is die schehne Zeid des Nichtstuns, des Ignorie rens der Schulbicher einschließlich Schulgebäude und ooch der klohne Fritz, derde off den Schdandpunkt fchdand, daß er fei nen Lehrer während der Ferchen nich kennd und demzufolge ooch nich ze grietzen braucht, Wutz diese Ansicht nu wieder korr- chiern. Eis off dieser Weld ähmd alles vergänglich. Das ward ooch die Gaslampe gedacht Hamm, die mei Fremd Milly bei seiner Abreise vor vier Wochen vergessen had auszelöschen und diede nu vier Wochen lang so fier mir nischd dir nischd ge brannt had. Der Lampe kanns ja schließlich ooch egal sein, die is ja zum Brenn da, aber die Gasrechnung mechtch derwegen nich bezahln. Aber das is das Schlimmste noch nich, es gwt noch schehnere Zerchenieberraschungcn. Mei Gartennachbar had zen Beischbiel vor vier Wochcu noch fix Bohnen gesteckt, weil die erschden von den Hühnern rausgescharrt warn. Er had sich ooch extra noch neie Bohnenstang gekooft, had'die mid viel Schweiß in de Erde gedreht und wie er sich jetzt nach vier Wo chen Abwesenheit den Schaden besah, finds Buschbohn, diede iebers Beet kriechen wie de Schnecken, und die nackchen Stang gucken in de Hehe, als wollten se de Sterne zähln. Noch dim- mer aber gings mein Schwacher Heinrich. Der had korz vor seiner Abreise dreitzch Liter Stachelbeerwein ausgesetzt und had nu gegloobt, datz das Zeich sich in vier Wochen schehne aus- gährt. Das hads ooch werklich gemacht, aber so sehr, daß min destens zehn Liter in de Kiche geloofen sind, de Diele zerweccht Hamm und daß dadurch paar Hunderttausend solche klehne Fliechen zum Leben erweckt wurden, die sei ganses Kichcn- meebel unregelmäßig punktiert Hamm. Solche Lleberraschungen sind werklich dazu angetan, von der Ferchenerholung wieder verzig Prozent ze streichen. Cs had ehmd jede Jahreszeit ihre besonderen Mucken- Das had ooch mei Nachbar Richard erlebt, derde beim Drombeersuchen midn Fuß in Stacheldraht getreten und dadurch midn Gesicht in soh ehn Streichergefitze gestochen is, datz er aussah wie ehn verbrauchtes Nadelkissen. Das bring nu die paar Brombeeren ein. Er had sich aber nich abhalten lassen und isn andern Tag in de Bilze gegang. Wie er so Sticker finf Pfund hadde, fings an ze regnen, erschd ehn kleh- nes bissel, dann immer mehr. Da is er mid sein.Bilzen in den nächsten Gasthof gegang, had das Säckel ofsn Schduhl gelegt und had sich was ze Trinken gekooft, denn er hadde Dnrschd. Erschd ebn kühnes bissel, dann immer mehr, genau wie dein Regen. Wie er nu schließlich doch hehm gehn wollt, warn de Liste weg, bis er sich off ehnmal ieberlegte, daß er das Säckel vsf ehn Schduhl gelegt hatte. Off den saß aber jetzt de Groß mutter von den Wirt, diede ebn bissel korzsichtg is und die das Säckel mid den Bilzcn.als Kissen angesehn hadde und zwar sckdunbenlang. Aus den' schebnen Bilzen war inzwischen aber Til-brei geworden und mei Richard zog in jeder Hinsicht „ge laden" ab. Was er derhehme fier ehne Ausrede erfunden had, habch bis Heide noch nich erfahr«, wenn mern aber fragt, wies Heier midn Bilzen is, da kriechst schlechte Laune. Wie gesagt: Jede Jahreszeit hat ihre Mucken und sorgt aber trotzdem fier humorvolle Abwechslung, mer derf bloß nich selber Objekt des Humors und der Schadenfreide sein, diede andere Hamm. Vor acht Dagen da hattch doch von der Fahrt ins Blaue geredt. Es gibt ooch Fahrten ins Griene un ins Schwarze, das is allgemein bekannt. Aber hamse schon mal was von ehner Fahrt ins Graue gehört? Nee das habch mr gedacht. Aber ich kann Ihnen was von enner Fahrt ins Graue erzähln. Je wei ter die gegang. is, desto grauer wurden nämlich die Gesichter des Wilsdruffer Kaffeekränzchens „Immergrün . Kn das kam so Wenn alles fährt, da kann „man" — in diesem Falle die immergrünen Schwesterchen — doch nich drheeme blcim. Da's Geld nich in Allgäu oder an de Ostsee langte, da leistete man sich eben enne Fahrt ins Blaue. Mitn Bostaudo gings an ehn scheen Middewoche um eens nach Dresden. Öffn Wiener Blähe da schdanden schon die scheen großen Bostwagen. Rin mit Vergnügen un bald schon gings los. Wo warn mir blos landen. Nach Löbte gings zu, ne Gorbtzer Berg raus. Was, nach Kesselsdorf. Mr wärn doch nich? Freilich, jetzt gings nach Wilsdruff, ausgerechnet nach Wilsdruff, das mr vor kaum ehner Schdunde erschd verlassen hätte. Um den Markt gings emal rundum, als ob mr den Wilsdruffer Marchd noch nich kcnndn. Dann gings nach Grumbach, na das war ne scheene Fahrt ins Blaue, da brauchtmer doch nicht mitzefahrn. Da isfes wärklich schade um das scheene Geld. So ereiferte man sich un daderbei da wurden de Gesichter grau. Das kann mr doch ver- schdehn. s ging dann noch nach Tharandt un e Schdickel weiter un das verseehnte dann e bissel. Eene eenzge die verlor ihrn Humor nich un die meente: wißtr, nächsten Middewoch da fahrn mr noch emah, vielleicht kommer da ins Blaue! Off Wiederhärn Ferchdegodd Schdrammbach. Das neue Abzeichen des Deutschen Noten Kreuzes Für die aktiven Mitglieder der freiwilligen Sani- tätskolsnnen vom Noten Kreuz ist dieses neue Ab zeichen geschaffen worden: der Reichsadler auf schwarzem Grund, der auf der Brust ein Haken kreuz trägt und in den Fängen das Rote Kreuz hält Saardentsche im Reich, anfgepaßt! Brachtet den 31. August! Der 31. August, der Endtermin für die Ein sichtnahme in die A b st i m m u n g s l i st e n, die bei den saarländischen Gemeindebehörden aufliegen, rückt immer näher. Das Verantwortungsbewußtsein an der deutschen Saar-Sache fordert gebieterisch, daß auch der letzte Saarländer an die Wahlurne geht. Wir richten des halb an alle im Reiche ansässigen Saardcutschcn den ein dringlichen Appell, nicht lässig zu sein und sich recht zeitig um die Sicherung ihres Wahlrechts z u k ü m m e r n. Aller Patriotismus ist unnütz, wenn sich die Saar länder nicht voll und ganz für ihre Belange einsetzen. So ist es an der Zeit und dringend geboten, durch einen Bekannten im Saargebiet zu erfahren, ob der Eintrag in die Wahlliste dort auch wirklich erfolgt ist. Es empfiehlt sich, eine schriftliche Bestätigung darüber besorgen zu lassen. Keine Mühe darf zu viel sein, wenn es gilt, eine Stimme zu sichern. Sammelformulare genügen in keinem Falle; jeder Stimmberechtigte muß vielmehr seine Unterschrift gesondert abgeben. LowM E lckrkebörreoktssokutLr Lüuk Türme-Verlag, Halis (Laals) s57 Es war ein ganz warmer Tag, und es sah eher aus, als ginge man in den Frühling als in den harten Winter. Lind war die Luft, obwohl es Ende November war, und die Sonne leuchtete auf die Erde herunter. Patrick Johnston fuhr mit seinem Kabriolett durch die Heide. Er lam von Hannover, wo er Bert West im Unter- suchungsgefängnis besucht hatte. Es drängte ihn immer wieder, dem Westhofer seine Zuneigung zu bezeugen und ihm zu zeigen, wie sehr er das Verhalten seiner Schwester mißbilligte, ohne datz er es hätte ändern können. Jetzt fuhr er in die Villa nach Paddyscholle. Er wollte Viola besuchen, um zum tausendsten Wale ihr Vor haltungen zu machen und sie auf Ehre und Gewissen zu fragen, ob sie wirklich von Bert Wests Schuld über zeugt. war. Wie der Prozeß West auch ausgehen würde — er wollte nicht ruhen, bis Viola diese Gegend hier verlassen würde; sie hatte nichts mehr hier zu suchen, und sie sollte die Westhofer nicht mehr durch ihre Gegenwart an die Unbill erinnern, die sie durch sie erlitten hatten. Neben Johnston saß Ingenieur Speier, der mit Jahresschluss nun Paddyscholle verlassen und auf John- stons Angebot hin in die englischen Bergwerke eintreten wurde. Eine führende Stellung wartete dort auf ihn. Speier bereute keinen Augenblick, was er getan hatte. Der Zettel von Dietmar Wests Hand ruhte geborgen im innersten Fach seiner Brieftasche, die er nie, auch des Nachts nicht, aus seiner unmittelbaren Nähe ließ. Er stand,' so glaubte er, dicht vor dem Ziel, das ihn »«»«««>I»W >" . .u. . ..-««.»»Mil» seit Jahren umgaukclt hatte. Er liebte Viola West; sie war eigentlich die erste Frau, die er wirklich liebte, und die er ganz zu besitzen trachtete. Sein Blut brannte, wenn er nur an sie dachte, und es gab nichts, was er nicht getan hätte, um sie zu erringen. Nun, da er die Stellung in England hatte, die sehr gut bezahlt wurde, da er der Zuneigung Patrick John stons sicher war, lag der Weg zu Viola offen. Um so mehr, als sie endlich Bert West zu hassen schien, und da der Gegner unschädlich gemacht war. „Es ist gut, daß meine Schwester bald von hier weg kommt", sagte jetzt Patrick Johnston ans seinen Gedanken heraus. „Sie hat hier nichts verloren; sobald der Prozeß zu Ende ist, nehme ich sie mit fort und werde zuerst mal ein wenig mit ihr in der Welt herumreisen." „Ist Frau Viola mit diesen Plänen einverstanden, Mister Johnston?" „Sie wissen ja, Doktor, so einfach ist das nicht mit ihr. Aber ich werde es schon fertigbringen." „Und beabsichtigen Sie, Ihre Schwester später mit nach England zu nehmen?" „Ja — das wäre mir das liebste. Auf die Dauer kann sie ja doch nicht herumreisen, und in meiner Nähe ist sie am besten aufgehoben." „Darf ich ein offenes Wort mit Ihnen reden, Mister Johnston?" „Bitte, selbstverständlich/ „Ich — ich liebe Ihre Schwester, seit langem schon. Ich wäre glücklich, wenn sie meine Frau werden würde. Darf ich mit Ihrer Zustimmung rechnen, Mister Johnston?" Der Irländer sah den Mann an seiner Seite scharf an. Dann sagte er: „Ich bin ja ein wenig überrascht, Doktor Speier. Aber Sie gefallen mir recht gut, und ich habe eigentlich nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie mein Schwager würden. Von meiner Seite steht Ihrer Werbung also nichts im Wege. Es handelt sich nur darum, ob Viola Sie Haven will., Sie können ja ruhig mit ihr reden, noch ehe wir We mündige Aran muß abstimmen! Ter Führer und Reichskanzler hat mit dem Ableben unseres unvergeßlichen Generalfcldmarschalls eine weiters Bürde auf sich genommen. In Worten, in denen sich die Gefühle der ganzen Nation widerspiegeln, hat er uns ge sagt, daß die Gestalt Hindenburgs dem Titel Reichspräsi dent eine einmalige Bedeutung gegeben hat. Es ist des halb Adolf Hitlers Wille, zwar die vielfachen Funktionen und Arbeiten auf sich zu uehmen, die mit dem Amt des Reichspräsidenten verbunden sind, das Volk jedoch soll ihn auch weiterhin Führer und Reichskanzler nennen. Am 19. August will Adolf Hitler sein Volk befragen, ob es mit seiner Entscheidung einverstanden ist und die Vereinigung der beiden höchsten Ämter billigt. Zu dieser Volksabstimmung rüsten wir uns in einer anderen Weise als zu den Wahlkämpfen einer versunkenen parlamentarischen Zeit. Hier gibteskeinStreit- objekt, nm das Parteien seilschen, in Einmütigkeit er warten wir den Tag. Was einzig zu tun bleibt, ist die Ermahnung, nicht im Vertrauen auf die Selbstverständ lichkeit, mit der wir alle Adolf Hitlers Führerschaft an erkennen und wünschen, lau und säumig zu sein; denn es handelt sich bei dieser Abstimmung nicht um ein Für oder Gegen, sondern es handelt sich wieder einmal darum, dem immer noch mißtrauischen, ja zum Teil feindseligen Ausland zu beweisen: wir sind alleda, wenn der Führer ruft; wie stehen alle zu ihm. Vielleicht gibt es noch eine kleine Anzahl Unbelehr barer, die mit ihrem abgestandenen Pessimismus das gesunde Gefühl der Frauenwelt irre machen wollen. Sie gehen mit reaktionären Behauptungen hausieren, nach Venen beispielsweise der Nationalsozialismus die Politik als Männersache betrachte und die Frauen lediglich ins Haus und an den Herd gehörten. Diese Menschen wollen damit uns Frauen weißmachen, datz wir nicht abzu stimmen brauchten und einfach zu Hause bleiben könnten. Aber hat denn der Nationalsozialismus uns Frauen etwa vas Wahlrecht genommen? Im Gegenteil! Auch von uns Frauen und gerade von uns als den Müttern der kommenden Generationen will der Führer hören, datz wir seinem Entschluß beistimmen. Und falls sich wirklich hier oder da noch eine Frau nicht von vorn herein zur Abstimmung entschlossen haben sollte, dann soll sie sich sagen: gerade sie ist dem Führer wertvoll; denn sie beweist ihm durch ihre Abstimmung doppeltes Vertrauen und zeigt damit, datz sie verantwortungs losen Demagogen keinen Einfluß auf ihr Gewissen er laubt. Ganz falsch — wir sagen es noch einmal — ist die Einstellung: ach, Adolf Hitler ist ja unbestritten unser Führer und diese Abstimmung ist doch nur „Formsache", da brauche ich als Frau mich nicht zu beteiligen, das machen die Männer schon allein. Wer so denkt, verstößt gegen diePflichten, die der Führer jedem einzelnen von uns auferlegt hat, nämlich mit ihm und hinter ihm für ein freies Deutschland zu kämpfen. Jene Frau, die so denken würde, überlegt sich zudem nicht, daß die reich liche Hälfte der deutschen Wählerschaft ans Frauen besteht und datz es somit zur Hälfte von den deutschen Frauen abhängt, dem Ausland wieder ein geschlossenes Bild deutscher Staatsgefinnung zu geben. Die politische Rolle, die die Frauen bei dieser Abstimmung zu spielen haben, ist demnach genau so wichtig, wie die der Männer. Sorgen wir dafür, daß wir uns am Abstimmungstag der Verantwortung würdig erweisen, mit der der Führer und Reichskanzler uns deutsche Frauen betraut! Fehle keine von uns, wenn cs gilt, der Welt zu zeigen, datz Deutschland einiger ist denn je! Jlsemarie. „Ich scheide von meinem deutschen Volk in der festen Hoffnung, das? das, was ich im Jahre 1919 ersehnte und was in langsamer Reife zu dem 30. Januar 1933 führte, zu voller Erfüllung und Vollendung der geschichtlichen Sendung unseres Volles reisen wird. In diesem festen Glauben an die Zukunft des Vaterlandes kann ich be ruhigt meine Augen schließen." sHi,Idenburgs politisches Testament.) unsere Reise antreten werden. Mit der Verlobung müßten Sie natürlich warten, bis das Trauerjahr um ist. Das hat der Dietmar verdient — nicht wahr?" „Das ist selbstverständlich, Mister Johnston. Ich habe dasselbe Empfinden, und das war auch der Grund, wes halb ich zuerst mit Ihnen sprach und noch nicht mit Frau Viola. Sie hatte in der letzten Zeit Aufregungen genug, und es ist wirklich besser, wenn sie vorerst reist, ehe ich diese Frage an sie richte. Sie soll erst ganz ruhig werden, dann werde ich sie fragen. Nun ich Ihrer Zustimmung sicher bin, will ich gern warten." Sie waren mittlerweile durch Westdorf gekommen und fuhren jetzt ganz unmittelbar in der Nähe des Westhofs vorüber. Plötzlich grüßte Mister Johnston tief und ehrerbietig. Eine schmale, schwarzgekleidete Frauengestalt stand an ein Gitter gelehnt und sah mit so weltfernen, abweisenden Blicken herüber, daß es der zartfühlende Patrick für richtiger hielt, mit stummem Gruß vorüberzufahren uno nicht anzuhalten. Wie blaß das Gesicht Frau Monikas geworden war und wie eingefallen ihre Wangen!, dachte er, und heißes Mitleid mit der Frau, für die er innerlich immer noch sehr viel übrig hatte, erfüllte ihn. Auch Speier war unmerklich zusammengezuckt. Diese Frau war das einzige, was in seinen egoistischen und häßlichen Berechnungen nicht ganz stimmte. Daß er sie mit traf, wenn er Bert West zu vernichten suchte, tat ihm leid. Aber es war nicht zu ändern; man mußte über sie hinwcggehen, es ging nicht anders. Viola West lag auf der Couch ihres Wohnzimmers, ^n^ einem sehr verführerischen Anzug, der zu ihrer Witwen trauer schlecht paßte. Der lichtgrüne, seidene Pyjama schmiegte sich dicht an ihre wundervollen Glieder. (Fortsetzung folgtH