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4 Geschichte, weck und Aothwendigkeit der Relouchhe. feiner Manier durc gewisse Regeln zu vergegenwärtigen, die man um so lieber jur Nichtschnur nahm, als man fie auc theilweise in den Erzeugnissen anderer Retoucheure ent- deckte. Sin und für sic wäre ja ein solches Streben jur Einsicht und Vervollkommnung durchaus fein verwerfliches, wenn es nur nicht gar zu leicht jur Schablonenarbeit ge- führt hätte, infofern, als man anfing, nac denselben Regeln, die vielleicht für dieses ober jenes Gesicht gut waren, gleich- mäßig alle Gesichter zu bearbeiten. Es bauerte jedoch nicht lange, fo fiel diejer llebelstand dem Einsichtsvollen auf, aber jn ipät, die Wacht der Gewohnheit hatte schon zu sehr um sic gegriffen. Es war ja fo schön und bequem, sic gewisse Regeln einzupauken, wie ber Schüler feine Grammatit, und bann durc gleichmäßige Ausübung derselben sic den Ruf eines tüchtigen Megativretoucheurs zu erwerben. E$ ist merk- würdig, wie schwer es oft fällt, Leuten, welche an einem bestimmten Shsteme hängen, bie einfachsten Wahrheiten klar zu machen, bie mit ihrem Shstem nicht in Ginklang stehen; fie sind meist dafür fo unzugänglic und schwerfällig, baß man ein solches ©ebneren nicht begreifen könnte, nähme man eben nicht auf ihr eingepauktes Shstem Rücksicht. Sine solche einfache Wahrheit ift j. B. bie, baß es nicht zwei Gesichter gibt, bie sic in allen ihren Theilen voll- kommen gleichen, ober mit anderen Worten, baß bie Gesichter ber Menschen untereinander fo sehr verschieden sind, baß man unter ber großen Mannigfaltigkeit nicht einmal zwei heraus- finden kann, bie sich ganz gleich sind, fo gleich, das man die Nase des einen in’s Gesicht des anderen, das Auge des einen Gesichtes mit beut des anderen vertauschen könnte, ohne dadurc einen lnterschied in dem Aussehen ber beiden Ge- sichter hervorzurufen, lnd fo wahr und einfach wie biefe Ehatsache, fo einleuchtend ift jener lmstand, baß aus dem genannten Grunde individueller Verschiedenheit das Gesicht des Cinen nicht genau fo in ber bildlichen Darstellung be- arbeitet werben darf, wie das des Anderen, baß Dasjenige, was für das eine Gesicht paßt, für das andere geradezu ver- werflic ift, baß das Sicht auf ber (Stirn und Mase ber einen Person nicht ebenso aufgesetzt werben darf, wie auf das