Archiv für wissenschaftliche Photographie. I. Jahrgang. i. Dezember 1899. Heft 12. Über Radium und Polonium. Von Dr. F. Giesel. 1 ) 196 ald nach Veröffentlichung der ersten Curieschen Arbeit, in welcher nach- 866 gewiesen wurde, dass sich aus Pechblende durch Schwefelwasserstoff' im Verein mit Wismuth eine Substanz, das Polonium, in Spuren gewinnen lässt, welches die Eigenschaft hat, Becquerelstrahlen in erhöhtem Masse auszusenden, gelang ein Gleiches auch Elster und G eit el. Da sich hierbei aber zeigte, dass keine Aussicht bestand, im Laboratorium genügend Material für weitere Untersuchungen zu erlangen, so versuchte ich mit Hülfe der chemischen Industrie, die namhafte Mengen Uranerze verarbeitet, das Ziel zu erreichen. Die Firma de Han in Hannover stellte mir auch in an erkennenswerter Weise Material zur Verfügung, an welchem ich feststellen konnte, dass dasselbe bereits eine entladende Wirkung auf das Elektroskop ausübte, also radioaktive Substanz enthalten musste. Ich konnte daraus auf chemischem Wege eine geringe Menge Substanz extrahieren und zur Abscheidung bringen, die weit stärker radioaktiv wirkte, als alle natürlichen und künstlichen bisher bekannten Uranverbindungen und z. B. den Baryumplatincyanürschirm bereits zum Leuchten brachte. Eine spektroskopische Prüfung zeigte mir Baryumlinien. Dieser Befund und besonders die Art der Gewinnung, welche von der Curie schen ganz abweichend war, liess die Substanz als nicht identisch mit dem Polonium erscheinen. Dies bestätigte sich durch die zweite Veröffentlichung von Herrn und Frau Curie, welche nun auch aus der Pechblende einen zweiten aktiven Körper mit den Eigenschaften des Baryums erhalten hatten. Nach Curie haften am Baryt Spuren eines neuen Elementes, dem er bekanntlich den Namen. Radium gegeben hat. Polonium habe ich später ebenfalls aufgefunden in Gesellschaft mit Blei, dem es in Spuren anhaftet. Die weitere Herstellung dieser radioaktiven Körper in etwas grösseren Mengen durch fabrikmässige Verarbeitung nach meinem in nicht unwesentlichen Punkten von dem Curieschen abweichenden Verfahren, hat in dankenswerter Weise genannte Firma übernommen und mich mit reichlichen Mengen gut gereinigten Radium- Materials versehen. Die bislang von mir gewonnenen Resultate lassen sich in folgender Weise zusammenfassen: 1. Durch fraktionirte Krystallisation lässt sich aus relativ schwach wirkendem radioaktiven Brombaryum ein von Krystallisation zu Krystallisation immer wirksamer werdendes Präparat herstellen. 2. Unmittelbar nach der Krystallisation der Radiumpräparate ist die Intensität der ausgesandten Becquerelstrahlen nur schwach. Erst nach einigen Tagen tritt das ) Vortrag gehalten auf der 71. Naturforscher-Vers. München, Physikal. Sektion,