Perspektivische Aufnahme von Landschaften. 195 dieses sieh nicht nur seitwärts, sondern auch beliebig nach oben und unten bewegen lässt. Das vollkommenste perspektivische Bild indessen liefert uns die Camera obscura, bei welcher das Objektiv das Auge, die auffangende Fläche die Netzhaut vertritt, nur dass auch hier diese Fläche stets eine Ebene ist, deren Bild ganz den Gesetzen der malerischen Per spektive gehorcht, über die einiges zu sagen hier am Platze ist. Wenn die Fläche, auf welche das perspektivische Bild projicirt wird, eine senkrechte ist — und das ist mit seltenen Ausnahmen so regelmässig der Fall, dass man die photographischen Aufnahmen, bei welchen die Visirscheibe nicht senkrecht gestanden hat, fast aus nahmslos als fehlerhafte zu betrachten hat — so erscheinen darauf alle in der Wirklichkeit senkrechten und deshalb unter sich parallelen Linien gleichfalls parallel. Sobald aber unter sich parallele Linien von dieser senkrechten Lage abweichen, convergiren ihre perspek tivischen Bilder alle nach einem Punkte, den man, weil er einer in Wirklichkeit unendlich grossen Entfernung entspricht, den Ver- schwindungspunkt nennt. Ein jedes System solcher nicht senk rechten Parallelen hat seinen eigenen Versehwindungspunkt; für sämmtliche Verseh Windungspunkte gilt aber die Regel, dass sie auf ein und derselben Geraden liegen, welche die senkrechten Linien rechtwinklig durchschneidet und den Namen Horizont führt, weil sie in der Horizontalebene liegt, die man sich durch den Mittel punkt des Auges oder des photographischen Objektivs gelegt denken kann. Sie ist somit die Durchschnittslinie der Projektionsebene und der Horizontalebene. Bei allen perspektivischen Konstruktionen spielt neben der Projektionsebene diese Horizontalebene eine grosse Rolle. Um aber bequem in ihr zeichnen zu können, denkt man sie sich um den Horizont in die Projektionsebene herabgeklappt und nimmt alle Konstruktionen in dieser vor. Den Punkt nun, wo ein vom Mittel punkt des Auges oder des Objektivs auf die Projektionsebene gefälltes Loth diese trifft, und welcher selbstredend in der Horizontallinie liegen muss, nennt man den Augenpunkt, während man den Abstand desselben vom Auge oder Objektiv mit der Horizontalebene in die Projektionsebene herabklappt und als die Distanz bezeichnet. Die Linie endlich, welche durch den Endpunkt der Distanz parallel zum Horizont gezogen wird, nennt man die Grundlinie. Es soll nun kurz gezeigt werden, wie man aus einer photo graphischen Aufnahme eines Gebäudes unter gewissen Voraussetzungen den Grundriss und den Aufriss in höchst einfacher Weise finden 13*