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174 DAS ATELIER DES PHOTOGRAPHEN. [Heft 11. sich, bei überexponierten Platten alten Ent wickler an Stelle von Wasser anzuwenden. Wenn dann der Hervorrufer die Details in den Schatten nicht genügend herausbringt, ist der Entwickler bei Seite zu stellen und neuer Ent wickler 1:40 zu benutzen, der dann bestimmt alles herausbringt, was überhaupt aus der Platte zu machen ist. Die Hervorrufung sehr kurz belichteter Platten ist jedenfalls für das Verhalten des Rodinals am glänzendsten und charakteristischsten. Hier handelt es sich darum, alles zu thun, um den Schatten Zeit zu lassen, Kraft zu bekommen und die Lichter entsprechend zurückzuhalten. Dieses geschieht am leichtesten durch entsprechende Verdünnung des Rodinals. Der beste Weg ist der folgende: Man bringt die Platte in eine Rodinal-Lösung 1:80 und lässt sie in dieser Lösung so lange, bis die Halbschatten kräftig hervorgerufen sind. Hierauf überträgt man sie je nach dem Charakter der Platte in alten oder frischen stärkeren Rodinalentwickler (1:30), in alten, wenn die Platte wider Erwarten reichlich belichtet war, in frischen, wenn thatsächlich Unterexposition konstatiert ist. Viele Operateure verfahren wie angegeben, benutzen aber zur Kräftigung der Lichter nicht Rodinal, sondern irgend einen anderen alkalischen Entwickler, z. B. einen passend zusammengesetzten Hydrochinon entwickler. Allerdings verläuft dann der ganze Prozess sehr rasch, und die Platte gewinnt sehr an Kraft, aber ich habe vielfach gefunden, dass gerade unter diesen Umständen eine Neigung zu Gelbschleier hervortritt, zumal wenn zum Nach entwickeln Hydrochinon-Pottasche benutzt wird. Die Benutzung des verdünnteren Rodinal- entwicklers für die unterexponierten Platten führt auf die Standentwicklung. Bekanntlich beruht das Wesen der Standentwicklung darauf, dass man die Platte senkrecht in eine Küvette taucht, in welcher sehr verdünnter Rodinalentwickler 1:500 bis 1:1000 enthalten ist. Nach längstens 6 bis 8 Stunden ist dann die Platte vollkommen entwickelt, ohne dass eine Gefahr vorhanden wäre, dass sie zu dicht würde. Für die Stand entwicklung darf nur abgekochtes Wasser be nutzt werden, weil sich sonst während der überaus langen Entwicklungszeit leicht Gasbläschen an der Schicht ansetzen, die Flecke erzeugen. Die Standentwicklung scheint auf den ersten Blick für die Zwecke des Porträtphotographen wenig geeignet zu sein. Sie ist es aber in der That in hohem Masse, besonders dann, wenn es sich um gleichzeitige Hervorrufung einer grösseren Anzahl von Platten handelt, beispiels weise, wenn am Montag Morgen die Sonntags arbeit hervorgerufen werden soll. Zu diesem Zwecke benutzt man einen Nutenkasten, ähnlich einem Negativwässerungsgestell, und kann un besorgt die Platten in einem Rodinalentwickler 1:1000 am Sonntag Abend einstellen und sie am Montag früh meistens als fertig entwickelte Negative herausnehmen. Selbstverständlich muss der Raum vollständig verdunkelt sein, was sich am besten durch Überstülpen eines Pappkastens bewerkstelligen lässt. Diejenigen Platten, welche dann noch nicht genügende Deckkraft haben, werden mit konzentriertem Rodinal in wenig Sekunden fertig hervorgerufen. Wenn es sich um die Hervorrufung wirklich stark überexponierter Platten handelt, so macht O. Suck - Karlsruhe. dieses bei Rodinal ausserordentliche Schwierig keiten. Das Bild schiesst oft so schnell hervor und belegt sich so rasch mit einem dicken Schleier, dass ein Abspülen des Entwicklers zu spät kommt. In solchem Falle empfiehlt sich folgendes Verfahren: Man lässt die Platte ruhig im Entwickler, bis sie in der Durchsicht fast ganz schwarz geworden ist, wässert sie gut aus und fixiert. Nach dem Fixieren erscheint dann gewöhnlich wider Erwarten ein zwar dichtes, aber in den Abstufungen brauchbares Negativ, selbst wenn die Platte vorher in der Durchsicht kaum noch Spuren eines Bildes zeigte. Dieses Negativ wird im gewöhnlichen Abschwächer mit rotem Blutlaugensalz behandelt und giebt dann fast immer ein äusserst druckfähiges, zartes und dabei doch kräftiges Gliche.