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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 08.11.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190811087
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19081108
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19081108
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-11
- Tag 1908-11-08
-
Monat
1908-11
-
Jahr
1908
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Rr. rvv. 1VL. Jahrg. Leipziger Tageblatt. Vevliii-v Ravrtnten. Berlin im November 1908. In diesen Tagen ist Berlin die Stadt, in welcher die HandlunaS. gehilstn und auch d,e Handlungsgehilsinncn, deren Zahl t'ck hier immer schneller vergröbert, die Abendstunde regieren. DaS lüngsl geborene Kind des Berliner BerkebrslebenS, der Acht- Ilhr-Ladenschluß, ist beute, da diese Zeilen geschrieben werden, erst ein paar Tage alt. Aber cS ist schon ein „strammer Junge , — Art schritte in der sozialen Entwicklung sind immer männlichen Geschlechtes — keimkräftig und mit besten Aussichten auf eine glückliche Freilich ist dieses Kind auch unheimlich ruhig, so still und geräuschlos, wie jedes Geschöpf, das von seiner Existenzberechtigung überzeugt ist, und nicht erst danach trachten muh. seinen Daseinswert den Menschen durch lautes Geschrei deutlich zu machen. Seltsam, wie der Lärm der Friedrichstraße sogleich wie erwürgt scheint, wenn nun abends um die achte Stunde hinter den Glasflächen der Fenster die hunderttausend Licht- äugen dieses belebten Antlitzes plötzlich erlöschen. Es ist, wie wenn eine harte Faust einem fröhlichen Sprecher mitten während einer jubelnden Rede an die Kehle fährt: wie wenn ein schönes lebensfrohes Antlitz plötz lich erblindet. Und diese Agonie, dieses im Dunkel Erstarren und Unter- tauchen setzt sich von Haus zu HauS fort, bis nur daS kaltweihe Polar licht der Bogenlampen in Zwischenräumen flimmernd die schwarzen Häuserfronten bestreicht, an deren Firsten die Irrlichter der Reklame buchstaben auslebcn und absterben. . . Ich muh freilich sagen und kann eo beweisen, dah mein Vetter aus Danzig, der bei seinen häufigen Ber liner Besuchen gerade aus dem Honig dieser vor dem ersten November io bunten Stunde seine Lust zum Nachtbummel zu destillieren pflegte, mit dieser jüngsten Berliner Rarität sehr wenig einverstanden ist. Er be hauptet, Berlin sei überhaupt nur für die Fremden da und nicht als Eden für Angestellte mnsouliui und feminin, gsnvri». „Jetzt . . nach acht Uhr . . . Eure Friedrichstraße" zetert er, „dann kann ich ja auf 'n Kirchhof gehen!" Und der Mann wollte allen Ernste- Stimmen sam meln, um den „Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs in Berlin" — Sie wissen ja, der Verein, dessen Präsiden noch mehr reden als . . . na, als der Kronprinz von Serbien — gegen den Acht-Uhr-Ladenschluh mobil zu machen. Aber dann hat er plötzlich den bereits konzipierten Bitt- ichristentwurs zerrissen. Tie Liebe, ach, die Liebe hat ihn so weit ge bracht. . . . Punkt acht Uhr verläht natürlich auch „sie" das Geschäft. Und nun muh der arme Kerl jeden Abend Ecke Mohren- und Friedrich- ftrahe achthaben . . ., ob wir schon acht haben . . . Ich glaube übrigens nicht, dah Herr von Stubenrauch, Polizei präsident von Berlin, geneigt sein wird, wenigstens den bekannten Ber liner Hoflieferanten von seiner Verpflichtung zum Acht-Uhr-Ladenschluh zu entbinden, dem der deutsche Kronprinz den Verkauf seiner frisch er fundenen und von einem richtiggehenden „Deutschen Reich-Patent'' ge schützten Manschettenknöpfe übertragen hat. Schade: denn ich kann mir vorstellen, dah man gerade um 8 Uhr 15 Minuten von einer wahren Gier nach diesen Manschettenknöpsen und nach keinen andern befallen wird, und dah man aus das Tragen von Manschettenknöpfen überhaupt verzichtet, wenn man diese nicht haben kann. So wird der Sohn den Vater als Industrieller bald überflügelt haben. Denn eS ist doch klar, dah Manschettcnknöpse mehr „gefragt" werden als Kadiner Majolika- Kacheln, für die ja schlichlich auch die treu ergebenen Untertanen beim besten Willen nicht in jedem Falle Verwendung haben können. Mit den Manschettenknöpsen ist daS eine andere Sache, und ich habe mir bereits überlegt, ob man sich nicht durch Vertrieb dieser Rarität für den Som mer einen lohnenden Nebenverdienst schassen kann. Zu diesem Zwecke habe ich — sonst als „Techniker" für jede Nervenanstalt reif —auch be reits versucht, mich mit der sogenannten Eigenart der von deS Thrones Glanz bestrahlten Erfindung vertraut zu machen. Aber je mehr ich da- bei ermittelt habe, dah nur die Art des zu ihrer Befestigung notwendigen Druckes diese Manschettenknöpke von ollen andern Manschettenknöpsen unterscheidet, um so mehr bin ich selber, verzeihen Sie daS harte Wort, „in Druck" geraten. Tenn — ich bemerke ausdrücklich, dah Kiese Einwen dung laut genauer Information den MaiestätSbeleidigunqSvaragravhen nicht im geringsten tangiert — denn dies« Manschettenknöpfe sind ,n ihrer Form ausgesprochen unmodern! Und der Berliner Dandy kirst rat« wird sich von ihnen, aber nicht sie selber drücken, wird auch weiterhin die beiden -älsten der am Plätthemde „festgewachsenen" Manschette durch e,ne Ne,ne Kette verbinden, an deren einem Ende ein Plättchen, an deren andern, Ende e,n Knebel sitzt. Aber schliehlich: warum soll nicht auch einmal ein Kronprinz dem Umsturz huldigen, zumal wenn e« innerhalb der engen grenzen der Modeströmungen geschieht? Da fügt man sich n,cht dem <-ch,ck, sondern man macht ibn. Kurz: jeder norddeutsche Patriot sollte stir leidenschaftliche Beteuerungen hinsüro das alte sächsische Schlagwort „Weeh Knevvchen" annektieren, es nur in seinem Wortlaut le.se andern und statt „Weeh Knevvchen", „Weeh Manschettenkneppchen" sagen... ,. d*" Raritäten darf man erfreulicherweise auch noch jenen deut ¬ schen Dramatiker zahlen, der soeben ein« abfällige ZeitungSkritik mit einem wringen Lchreibebrief veraast, Herrn Frank Wedekind. Er Hot einem Berliner Blatt, das die Erstaufführung seiner Bühnen-VSnkel- langer«, „Musik genau so unliebenswürdig begrüßte, als eS zuvor die Zweifellos lieg, in dem Verlangen einer Prüfung der Belegstücke implioitS der Anipruch, dah diese nun alle urkundenmäßig karrest sein mühten, dah Aenderungen jeder Art und Rückbuchungen, wie sie in dem Anzeigenverkehr bei einer emiaermaßen lebhaften Zeitungs- expedition tägliche Regel sind, nicht mehr Vorkommen dürfen, und tür den armen Verleger und Steuererheber droht hier ein Eingreifen des Strafgesetzes, das ihm allerdings das Leben erheblich sauer machen könnte. Wozu noch die Möglichkeit kommt, dah er als Steuerbeamter sich Amtsvergehen «chuldig machen kann, die natürlich besonders streng geabnddt werben. Tie Bestellung des Verlegers zum Steuerbcamten ist asio ein schwacher Trost und wird ihn um so weniger mit der Vor lage befreunden können, als er gar nur Stenerunterdeamter werden soll. Tenn nach dem Tert des Entwurfs sind Steueroberbeamte seine Kontrolleure. Vielleicht entschlicht sich die Regierung wenigstens, die Verleidung einer geschmackvoll ausgcfünrtcn Dienstmütze für die Ver- leger-Steueverbeber in den Entwurf mir auszunebmen. Dir glauben zwar k-ium, dah die Verlegerscha't den Entwurf deshalb ernster nehmen wird, als sic ihn in dieser Fassung nehmen kann, die io unglaublich er scheint, dah auch keine Par,ei im Reichstag dafür wird eintreten können. Die Betrachtung der wirtschaftlichen Folgen, welche die Annahme eines solchen Gesetzes haben würde, geht über den Rahmen dieser ersten Ausführungen hinaus. Sie werden bei dem ausgesprochen verlehrs- »eindlichen Ebarakter deS Gesetzes und bei ''einen ganz unglücklichen Differenzierungen in der Belastung auf Grund der Auflagen uiw. ganz erhebliche sein und verdienen deshalb eine eingehendere Unter- nichung in einem besonderen Artikel. Ten Geist der Vorlage charakterisiert aber bereits zur Genüge ihre geradezu monströse Fassung, die der unzweifelhafte Ausdruck für die Unbekanmbeit ihres Verfasser- mit dem Zeitungswesen und für die Hilflosigkeit ist, den Versuch einer Sondervelastung der Presse zu ver schleiern und in ebrbare Form zu bringen. Bezeichnend für dielen Geist ist, dah der Redakteur der Vorlage außer dem Anzeigenteil der Zeitung anscheinend nur noch den Nachrichtenteil kennt, von dem immer die Rede ist, wenn die Möglichkeit einer Abwanderung der Inse rate in den Text gestreift wird. ES macht stift den Eindruck, als ob damit ein Postulat der Obrigkeit ausgesprochen werden sollte, der es allerdings oft wohl erwünscht sein könnte, daß die Zeitungen nur auS einem Anzeigen- und N^chrjchtenteil beständen und für die böse Kritik keinen Raum fänden. Vielleicht wird das Eintreten eines solchen Zu standes von der Wirksamkeit einer Anzeisensteuer erhofft. Geradezu naiv spricht sich solche Anschauung von der Presse in der Verwund- rung des Verfassers der Begründung über die Bestimmung des Ab- iatzes 1 deS 8 30 des ReichsvrehgesttzeS aus, durch die eine Abgabe von Jnstraten ausgeschlossen ist. „Wodurch diese Vorschrift veranlaßt war", heißt es. „ist weder aus der Begründung des Gesetzes, noch auS den Verhandlungen deS Reichstages ersichtlich." DaS können wir d"*Tie Gesetzgeber deS ReichspreßgesetzeS waren sich bewußt daß die Freiheit des Anreigenteil? von besonderen Lasten und Abgaben e ne Bedingung der Preßfreiheit überhaupt ist, und haben auS dieser Er- wäguna den Abiatz 1 des 8 30 in daS ReichSpreßge'eh ausgenommen, der erst zu Falle kommen muß, wenn eine Sonderbesteuerung der Presse angenommen werden soll. . , .... ' Daß zu solcher Rückwärtsrevision des ReickSpreßaesetzez die Zeit gerade besonders günstig wäre, möchten wir dock lebhaft bezweifeln, denn wenn nicht alle Zeichen trügen, braucht die Nation jetzt mehr wie je eine Presse, die nicht nur aus einem Anze genteil und e,n/m Nack- richtenteil besteht, sondern die auch einen auSaede'mten kritischen T',l hat und zur Durchführung ihrer Ausgaben wirtschaftlich ungeschwacht da steht. Press« von Nürnberg, BreSlau und München tat, in wildem Grimme den Fehdehandschuh kingeworfen und sich besonders darüber beschwert, daß iene Kritik von der Ansicht des Publikum- keine Notiz genommen habe. Go konstruiert also jetzt auch der Stürmer und Dränger Webe- kind jenen Gegensatz zwischen den Meinungen der amtlich oder privatim beteiligten Theaterzuhörer, zu welchen einmal ein Scherz Oskar Blumenthal« mit dielen drastischen Worten Stellung nahm: „Da hat Eener jesch'rieben, dem Publikum hat mein Stick jesallen, der Presse nich . . . Na, umjekehrt wäre ooch 'n Malheur jewesen" . . . Ich will mich nun gewiß nicht gegen die Temperamentsausartungen deS gekränk ten Poeten zur Wehr setzen, der ja heute ohnehin allen seinen früheren Verbündeten, den Leuten vom Simplizissimus, der Stadt Berlin, dem Theaterdirektor Max Reinhardt usw. usw. zornwütig die Zähne entgegen- bleckt. Wenn er aber so sehr daraus Wert legt, verbrieft zu haben, daß am letzten Samstag über seinem Krachstück >m „Kleinen Theater" die Sonne des PudlikumsersolgeS ausgegangen sei, so möchte ich ihm dagegen halten, daß eS in diesem Sinne Mißerfolge in Berlin fast überhaupt nicht mehr gibt. Ja, ich möchte sogar sagen, daß heute eigentlich nur noch diejenigen Autoren den vormals fo leicht rege gemachten Grimm der Berliner Premierenmeute zu fürchten haben, die als „Stud. Kram.", ohne jede Beziehung und „Ansprache" unfern Kunsthoden betreten. Längst haben unsere Theaterdirektoren sich gegen den Run der ner vösen Premierensippe durch eine Barrikade von Freunden und Freundes freunden, von Verwandten, Anhängern, Schleppenträgern der Direktion und des AutorS verschanzt, die mit ihren Händen — Handschuhnummer meist 9^4 bis IN — dem Verfasser die gröbsten Feinde vom Leibe halten. Diesen Protest bat der Selbsterhaltungstrieb geschaffen: die Einsicht, daß gegen die früheren, unter dem Motto „Schon faul" vor sich gehenden Nempel-Premierenabende der Berliner Theatersaison Abwehrmittel ge schaffen werden mußten. Natürlich ist man nun in den Tagen der zu sammengeladenen Premierenparkette mitten drin im anderen Extrem, und e« gibt nur noch „Erfolge", über deren Wahrheit und Verlogenheit erst daS spätere Schicksal deS Stückes die Beteiligten ausklärt. Tiefe Tat sachen kennt Herr Wedekind natürlich, wie wir sie alle kennen. Und er spielt nur deshalb, wider besseres Wissen, den wilden Mann, weil die Mißlaune in ihm ihr Abzugsrohr sucht. So teilt er die Nervosität der modernen Dühnenschriststeller, von denen der eine — in München — den Kollegen einen „neidischen Schriftsteller" heißt, weil er das Stück eines Freundes nicht goutieren konnte, von denen der andere — in Berlin — seiner Premiere fernbleibt und oar nach dem Kadi ruft, weil der Theaterdirektor nach bestem Wissen und Gewissen durch kleine szenische Aenderungen dem Stücke zu nutzen suchte. Suat pueri guori . . . ! 1. Deutsches Reich. Leipzig. 8. November. - Der »ationalltberale Verein ,u Ltchkensten-Eallnberg untz llmg. dielt am Freitag eine sehr .ut besuch!« B.rsammluug ab. in ver Re dakteur Dr. Günther-Leipzig unier leddafter Zustimmung der An wesenden einen Borirag ü er die geg nwär ige Lage in Sadsen und ,m Reiche bi>lt. Bon der Beriammluug wurven zwei Resolutionen ang nommen. Die erste r>ck>te« sich gegen den neuen Wabl- »echtsv o rscblag und die Wal lkreiSeinteilung d?r Regierung und erwaite», daß die naiionalliberate Fraktien re» Landtags nur einem ein heitlichen Piuraiwahlrechr mit mäg'ger S immenadstusung sowie einer na b vem Giundsav auSgle chender Gerechtigkeit vorgenommenen Wahl- kreiseint.ilung runimml. Dre zweite bezieh! sich auf die Vorgänge im Reiche. Da man in 8 chtenstein, wie auch v, stach anderwärts — zadlreiche Zu ckiinen an die Redaktion des „Leip,. Tagebl." b.weisen d>« — die ernste Befürchtung begt, daß sich der Reichstag der großen Aufgabe nicht g wachsen zeig!, die anfangs nachher Woche zu listen ist, unv ra man noch in levtrr stunde vor erner argen, durch unangebrachte Leisetreter« erzeugten Verstimmung warnen will, wurde folgende Reso lution angenommen: Der nationailiberale Denin zu Lichienstein Callnberg und Um gebung spncht die bestimmte Erwartung au-, ras! d e national liberale Fraktion des Reichstag« bei d.r Begründung der anläßl ch der Enthüllungen im „Daily Telegraph" eingebi achten Interpellation mit aller Entschiedenheit auf der Forde rung untweiveutiger Garantien zur Verhütung äbuticher, die Stetigkeit der Entwicklung de« Deutichen Richt» schwer beein- trächiigenver Vorkommnisse besteht. * Erhöhung der veamtenpensione». Dem Sächsischen Landtage wird in dieser Session noch ein besonderer Gesetzentwurf zugehen, der eine Erhöhung der Pensionen für Beamte, Beamten-Witwen und Be- amten-Waisen vorsiebt. Bei Kapitel 108, Pensionen, werden dafür im Nachtragsetat auf 1908/06 insgesamt aemeinjährig 338 300 nachge fordert, außerdem sind be, Kapitel 16, Titel 10 (Eisenbahnen) für Pen- sionen und Unterstützungen 815 600 °L, bei verschiedenen Kapiteln aus dem Geschäftsbereich de» Kultusministeriums 327 234 mehr eingestellt worden. Die gesamten Nachforderungen an Pensionen betrage» mithin gemeinjährig 981 134 demnach die gesamten Pensionen für 1908/09 abzüglich der Einnahmen, auf jährlich 19 899 206 ^ik. Bei den einzelnen Kapiteln sind die Erhöhungen, oie die Pensionen nach der dem Landtage noch zugehenden besonderen Gesetzesvorlage erfahren sollen, in der Weise veranschlagt worden, daß der Betrag von 10 Prozent (der durchschnittliche Pensionserhöhungssatz) von dem seinerzeit für da« Jahr 1909 angenom menen PensivnSaufwande festaestellt und die Hälfte davon (nach oben ab- gerundet) al» gemeinjährige Wirkung eingestellt worden ist. * * Da« ^Re»lre«entE 1« Auswärtigen Amt Die „Norddeutsche Allgemeine „Zeitung" meldet: Der SiaatSseiretär de-Auewäriiaen Amte« v. Schoen tritt heute abend einen EiholungSurlaud nach rem Güven an. Der „ReichSan:eiger" meldet: Der taiseilicke Gesanrte in Bukarest v. Kivrrlen Wach er >st hier e ngetroffea und übernahm die Leitung d « Auswärtige» Amte« für die Dauer ver Erkrankung de« CtaatSsikretär« v. Schoen. * Aiuerikantschc Sensationsmeldungen über Kaiser Wilhelm. Der im Sommer vom Kaiser empfang«»« amerikanische Jomnalist William Hale veröffentlicht >m „Ee-.ituiy Magrz nn" in New Ao>k in der Dezemb rnummer einen Artikel, der augebl ch ein iniimes Bil» de« Kaiter« in Worten malt. W r sehen von einer W ereigabe de« Inhalt« Li se« Artikel« vorläufig ab, da wir in dieser Änkünvigui'g weiter n chi« al« eine plumpe Reklame der genannten amerikanischen Zeit- sh,ist erblicken. * Ter Altzentsche verbantz hat au die Mitglieder de« Reichstag« einen offenen Brief gericht t, worin er der Freude über die fast ein- he tliche, tapfere Haltung der deutschen Presse und seinem lebbaiten Be dauern über da« Fehlen einer einheit ichen Kundgebuna zu den ungeheueilichen Ereignissen der letzten Woche Ausviuck aib». Er gib« jedoch der Hoffnung Raum, daß noch »ine Besserung in dieser Beziehung möglich sei. Wörtlich beißt r» rann: „Wir ditteu dader den Reichstag, der Welt zu ze>g-n, daß er vor der ihm bevorstehenden Aufgabe nicht zu rück schreckt. Die kraftvolle, riamütige Haltung der deuisckeu Pieffe entbindet den Reichstag nicht von ter Noiwenv gkeit, ra« auSzuspreckea, wa« die B«tk.se.1e bewegt. Wo alle anderen Stellen versagen, auf die da« Volk mit leider unberechtigtem Beiirauen blickte, ist der Reichs tag der letzte Träger deutscher Hoffnung. Wir können un« nicht denken, daß in diesem wichtigsten Zeitrunkt« seit Bestehen de« deutichen Reichstage« die BollSveittetung sich irgendwelche .Zurück haltung auierlegen und damit ihrer Bereutung und Wertung vor dem In- und Auelande eine« unhelbaren Stoß verletzen tollte. Ja banger Besorgnis diit » vir ren deutschen Reichstag, um unsere« Bolles und um sei, er sektst willen, so v e> an ibm ist, ra« erlchüiterte Aniebeu der Nation wiedrrherzustrllen. Möge e« d m deutschen Reich«- tage beichitdeu »ein, dieser Ausgabe IN vollem Umfang« grr cht zu werden. Da« ist zweifel o« der eian.sstige Wuntch deutschen Volke«." * Die Ne chcta erOmmtsston ,,r vOrt«'«tnnG »es A«to»Obtltzaf1- tzßl chlßesetze« wird sich beute 'onstituienen, sie wird die 27. Reichstag«- tommi ston der lausenden Session sein. * Nattonalliderale -r aktkon nn» «eichesinanzreform. Innerhalb der «aiioaalliberale» Fiattiou sind die Reterate über die einzelnen Sieueiprosekte wie folgt verteilt worden: Tabak: Tr. Eontz«, Beck (Heidelberg); Zigaretten: Dr. Streiemann; Bier: Dr. Weber, Dr. Seniler, Neuner; Wein: Dr. Blankenborn, Hau«mann, Sckellborn; Branntwein: Dr. Paasch«. Dr. Semler, Sieg; Matriiular- beitra-: Dr. Jimck, Wetzel, Schwabach; Nachlaßsteuer (Vermögen«- Gountag, 8. November 1S08 steuer): Dr. Weber, Horn. Dr. Paasch«; Erbrecht: Dr. Heinze. Quarck» Inserate: Schwabach, Wötzl, Dr. Görcke tBrandenburg; Ga«- und Etetlrizitäl: Dr. Arning, Lmck, Wöl.l. Wer lür vie Fraktion bei ver kriteu Lesung mr Plenum ras Wort lühren soll, stebr noch nicht test. * Die Reich-tags-Denkschrift über di« „Brüsseler WeltauSftel- lung 1919." Ter Inhalt der Denkschrift, die den Forderungen sur Zwecke der Brüsseler Weltausstellung beigefügt ist und dem Reichstag in nächster Zeit zugehen wird, ist, wie die „Inf." mitteilt, in großen Gesichtspunkten folgender: Zunächst wird darin auf die wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands und Belgiens hingewiescn und der besondere Wert des belgischen Absatzgebietes für deutsche Produkte betont. Belgien hat eine Aufnahmefähigkeit für ausländische Produkte, die sehr bedeu tend ist, trotz des geringen territorialen Umfange« diese« Lande-. Die lst auf die Dichtigkeit der Bevölkerung zurückzuführen, die die Dichtig keit Deutschlands weit über das doppelte übersteigt. Außerdem ist der Jndustriefleiß dieses Landes hervorzuheben, der stets neue Lieferungs möglichkeiten eröffnet. Auck als Vermittler für den Absatz deutscher Provukte nach anderen Ländern kommt Belgien stark in Betracht, da die weit verzweigten internationalen Beziehungen dieses Landes einsn sehr großen Zwischenhandel zur Folge haben. Bei dieser Ausstellung handelt cs sich ober für Teutjchland nicht lediglich darum, neue Be ziehungen in Belgien selbst zu schaffen, sondern auch darum, die deutschen Handelsbeziehungen mit anderen aufnahmefähigen Ländern zu beben, da sich fast alle großen Staaten Europas an dem industriellen Wett- kamps in Brüssel beteiligen. Brüssel selbst ist als Zentrum der größten Verkehrsstraßen und als Hauptstadt eines gewerbetüchtigen Landes ein hervorragend günstiger Platz für eine Weltausstellung, so daß ein außerordentlich großer Zustrom von Interessenten und Touristen aller Länder zu erwarten ist. Für die deutsche Abteilung ist ein Platz von mehr als 20 000 Quadratmeter an g lustiger Stelle vorgesehen. Die Ausstellung wird gegen Ende April oder Anfang Mai eröffnet werden und soll mindestens 6 Monate dauern. Die vorbereitenden Arbeiten für die deutsche Ausstellung stehen unter der Aufsicht des Regierung« rates im Reichsamt des Innern Albert. Er wird vom „Deutschen Komitee" unterstützt, daS sich im Herbst gebildet hat und an dessen Spitze der Geh Kommerzienrat Ravens steht. * Aenderung de» ^54 der Nrichsverfassung. Wie die „Berl. Univ.- Korr." an zuständiger stecke hört, wird die Regierung demnächst an den Reichstag herantreien und eine authentische Interpretation des tz 54 der Rcichsvcrfassung, der die 2 ch i f f a h r t S a b g a b e n regelt, fordern. Die Notwendigkeit einer authentischen Auslegung hat sich heraus gestellt, weil die preußische Regierung die Meinung ver tritt, daß 54 die Wnsserstraßenabgabcn nicht verbiete und verschiedene angesehene StaatSrcchtSlehrer oie entgegengesetzte Ansicht vertreten. Preußen beruft sich auf die schon von Bremen auf der Unter weser erhobenen LchiffahrtSabgabcn als Präzedenzfall, hat sich aber schließlich einverstanden erklärt, vom Reichstage eine unanfechtbare Aus legung zu verlangen. Inzwischen ist im Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Vorlage über die LchiffahrtSabgabcn auf dem Wege, fertig- gestellt zu werden. Die süddeutschen Staaten, insbesondere Bayern, drängten in letzter Zeit wiederholt auf baldige Vorlage des Gesetzes. Bayern ist in hohem Grade interessiert, oaß die Schiffahrtsabgaben bald eingeführt werden, denn bevor diese nicht Gesetz sind, wird der Kanal Offenbach-Aschaffenburg, der für Bayern eine Lebensfrage bedeutet, nicht in Angriff genommen werden können. Größere Konferenzen über da neue Gesetz finden nicht mehr statt, nur Detailfragen harren noch der Erledigung. * Reue Zehnmarkscheine. Die auf Veranlassung de« ReichS'chat'- amte« in der R ickSrruckerei vor ie»ommenen Bei suche mit neuen, der Abnntzuna weiger unierworl'en^n Papieitorten zur Herstellung der aus 19 Mark lautenden RnchS-Kasstnsch>ine haben, wie wir bören, b ren« -u einem befrievi,.euren Resultat gefühlt, welche« jur künftig eine größere Dauerhaftigkeit vie e« Zahlungsmittel« geaeiiüber rer bi«berigen gewähr leistet. Ter Umiauich der bisher au«„g denen Scheine dürfte nach und nack in der Weste erfolgen, raß die Re chsbank und deren offen« i chen Kassin rie einlausendeu Sche ne einbehalten und vurch solche neueren Musters ersetzen werren. Au'rrnck und Größe der Schrine bleibt unver- ändert; lediglich ra« neue HeistellungSmateiial bedingt unter Beibehaltung d.r bisheriaen D bnbarterisarenre ohi-e wetenrlich dicker zu sein, die größere Haltbarkeit und bessere Beschaffenheit rer Noten. * Verkehr mit vfsigfäure. Dem Reichstage ist «in« Kai erliche Berorrnung, betreffend den Verkehr mit Emaiäure, zuaegan ien. Sie bestimmt, daß für ren Berkaus rober und gereinigter Esi'gsäure, die in 100 G-wiLtSt ilen mehr als 15 GewichlSt ile reine Säure entuält. in Mengen unter 2 Liter nur weiß-, länglichrund geformte und gerippte Flaschen verwendet werden dünen. Der Inhalt muß gek nnzeichnet ,ein. * Konnte d»r Harden-Prozetz „verjähren"? Der Termin zum Harden-Prozeß, der jetzt wieder vertagt wurde, wurde nach Erklärung de« LandgerrchtSdirektorS Lehmann nur deshalb angesetzt, weil eine Berjährungsgesahr vorlag. Wir glauben indes zu aussen, daß die 4. Strafkammer zunächst die Aussetzung deS Harden-Prozesses Lis zur rechtskräftigen Entscheidung des Schwurgerichtsversahren- wider den Fürsten Eulenburg wegen Meineides beschlossen, und daß gegen diesen Beschluß der Nebenkläger, Gras Kuno Moltke, bzw. sein ReckstSbeistand Iustizrat Dr. Sello, die Beichwcrde beim Kammergerich« eingelegt hatte, und zwar mit Erfolg. Ob diese Tertwinaw'etzung aber not wendig war, darüber dürften, wie die „Inf." von juristischer Seite e«. fährt, di« Ansichten lehr verschieden s«n. Unser Stvafrecht unterscheidet zwischen „Berfolgunasverjährung", der Verjährung de« Strafanspruchs vor rechtskräftiger Feststellung, und „Vollstreckungsverjährung", d. h. der Verjährung des Strasanspruchrs nach solcher. Für diese Ver jährung existieren bestimmte Fristen, hier interessieren nur die über di« Versolyung-verjÄhrung. Im allgemeinen verjährt da« Vergehen der Beleidigung, dessen Händen angeklagt ist, in fünf Jahren, sofern der die Voraussetzung zu seiner Verfolgung bildende Strafantrag seitens des Verletzten rechtzeitig, d. h. binnen drei Monaten seit Kennt nis der Straftat und der Person de« Täter« gestellt ist: ist e« aber durch di« Verbreitung von Druckschriften strafbaren Inhalt« begangen, so beträgt di« Verjährungsfrist nur sechs Monate. Unsere- Erachtens kann jetzt, während das Verfahren gegen Harden im Gange ist, eine Verjährung gar nicht eintreten. Ter Beschluß auf Aussetzung deS Moltke-Harden-Prozesse« bis zur Beendigung de« Eulenburgschen Meineid-prozesses ist jedenfalls durchaus geeignet, einer Verjährung vorzubeugen. Dieser Aussetzungsbeschluß ist offenbar auf Grund deS 8 264 der Strasprozeßordnuna ergaugen, der bestimmt, daß das Ge richt auf Antrag ober von Amt- wegen die Hauptvevhandlung auS- znsetzen hat, falls dies infolge der veränderten Sachlage angemessen erscheint. Eine Verjährung aber kann di« Aussetzung untere- Er achtens gar nicht bewirken. Aber selbst wenn di« Befürchtung de« Herrn Landgerichtsdirektors Lohmann zutreffen sollte, daß ihr Ein tritt binnen 6 Monaten, nachdem im Juli d. I. da- Reichsgericht in Sacken wider Harden entschieden, zu besorgen sei, so ist dem doch durch 8 68 deS Strafgesetzbuches ein Riegel vorgeschoben: denn danach unter- bvicht jede Handlung des Richters, die wegen der begangenen Tat gegen den Täter gerichtet ist, die Verjährung. Solche richterlichen Hand lungen zur Unterbrechung und Verhütung einer Verjährung können sich ans den verrschjedensten Gsbieten bewegen, und keinesfalls ist «S deshalb notwendig, daß sie in der Ansetzung de» HauptverhandlungS- termineS bestehen! Es hätte auch aenügt, wenn Herr Landgericht«- direktor Lehmann irgendeine andere Handlung vorgenommen, wie j. B. die kommissarische Vernehmung eine« der von Harden zahlreich neu- beantragten Zeugen, angeordnet hätte, und da« um so memr, wenn, wie e« den Anschein gewinnt, auch di« Ansetzung de« HanptversirndlunqS- termins auf den 24. November 1906 doch nur lodigkich formellen Cha rakter trägt. . Ausland. Oesterreich-Unqar«. * Der Netionelitätenkamvf. Au« Graz berichtet unser T.-Kor- respondent über neuerliche Ueberariffe geaen da« Deutschtum vie folgt: Graz, 7. November. (Prtvattelegramm.j Der Landes- auS schuß de« KronlandeS Krain genemigte im Gegensatz zu de» deutschfreundlichen Versprechungen de» Statthalters du. Entfernung aller zweisprachigen und die Anbringung nur einsprach,ger n,chtdeutscher Gtraßentafeln in Krain. Bürgermeister Hribar von Lai dach hat infolgedessen mit der Entfernung der deutschen Straßrntafrln in Laibach be gonnen. Rußland. Aterval« et»» Moufterproreß. Au» Kiew wird un« gemeldet: Unter den zadlloirn politischen Massenaduiteilnngrn, die in der letzten Zeil in ganz Rußland und iveziell im Eüdwesten d»S Reiche» von der vureaukroti» zur Untervrückung jeglicher FrriheitSwünsche auf Grund verjährter Vorgänge durch-
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