Erich Mendel/Eric Mandell Erich Mendel/Eric Mandell: Freude an der Musik der Synagoge Erich Mendel entstammt dem westfälischen Landjudentum. Die Vorfahren seiner Mutter lebten am Hellweg zwischen Hamm und Lippstadt, die Familie des Vaters war im Münsterland zu Hause. In Gronau, einer Kleinstadt nördlich von Münster, wurde Erich am 14. Juni 1902 als Sohn der Kaufleute Julius und Karoline Mendel • geboren. Aus wirtschaftlichen Gründen zog die Familie im Jahr 1912 nach Herne. Der Wechsel ins Ruhrgebiet bedeutete für Men dels religiöse Sozialisierung den Übergang aus der orthodoxen Tradition einer Landgemeinde in das liberale Judentum des Indus triereviers. Die Jüdische Gemeinde Herne war liberal ausgerichtet. Ihre Synagoge verfügte über eine Orgel, die auch Konzertansprüchen genügte. Musikalischen Einfluss auf den jungen Mendel übten sowohl das Elternhaus als auch das gottesdienstliche Leben der Gemeinde aus: Die Mutter sang im Synagogenchor, und den Volks schullehrer Jacob Emanuel, der zugleich Kantor war, hat Mendel später als seinen ersten Lehrer im synagogalen Gesang bezeich net. Diese Einflüsse, nicht zuletzt aber die eigene Begabung, ließen bei Erich Mendel den Entschluss reifen, selbst Kantor und Lehrer zu werden. Im Jahr 1916 begann er seine Schul- und Studienzeit an der Marks- Haindorf-Stiftung in Münster. Nach dem Examen suchte der junge Kantor seine Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich synagogaler Musik zu vervollkommnen. Er nahm Unterricht bei so bekannten Kantoren wie Magnus Davidsohn in Berlin und Emanuel Kirschner in München, die auch als Komponisten tätig waren. Kirschner und Davidsohn standen in der Tradition so bedeutender Komponisten wie des Wiener Oberkantors Salomon Sulzer (1804-1890) und des Musikdirektors an der Neuen Synagoge in Berlin, Louis Lewan dowski (1821-1894), die beide eine Synthese von jüdischer Musik und europäischer Musikkultur suchten. Im Jahr 1922 berief der Vorstand der Jüdischen Gemeinde Bochum den eben zwanzigjährigen Erich Mendel als Kantor. Später wurde er zugleich Lehrer und schließlich auch Leiter der Jüdischen Volks schule in Bochum. Trotz starker beruflicher Beanspruchung als Lehrer und Kantor nahm Erich Mendel zwischen 1927 und 1933 Gesangunterricht, legte das Examen als staatlich geprüfter Ge-