I'haudauß sind Bearbeitungen historischer Melodien nach dem Vorbild europäischer Kompositionen. Auch Salomon Jadassohn hatte wiederholt für den „Tempel" geschrieben. Seine Werke erklangen aber ebenso in evangelischen Got teshäusern wie der Thomaskirche oder in Konzertsälen. Die Motette Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen op. 128 nimmt einen Vers aus Psalm 121 auf. Max Jaffe, Kantor am „Tempel", charakterisiert die Musik Samuel Lampels, des Schöpfers von Tauw I'haudauß, 1928 als moderne Musik im Stil der Zeit: „Von der Orgelempore und der Orgel her drangen an das Ohr der betenden Gemein de mit einem Male Melodien und Harmonien, die aufmer ken ließen, die nicht mit,süßem Schmelz' beinahe einlullend wirkten, wie man's jahrelang gewohnt war, sondern die mit herben Intervallen, mit kräftigen Akkorden, mit farbigem Wechsel der Tonarten hier die Ergriffenheit eines gottdurch drungenen Beters, dort den Schrei eines unerschütterlichen Herzens Wiedergaben. Diese Tonsprache des Gottesdienstes führte hinaus aus der Sanftheit und Weichheit der Alten ... hinein in den Stil unserer Zeit." Besonders lagen den damaligen Veranstaltern die Werke Salomone Rossis am Herzen. Von ihm erklingen zwei Psal men, Al naharot bawel (Psalm 137) und Lamnazeach al hagitit (Psalm 8). Kennzeichen der Musik des viel zu wenig bekannten Komponisten, der zur Zeit Claudio Monteverdis am Hofe zu Mantua wirkte, war die sorgfältige Durcharbeitung im Sinne des großen katholischen geistlichen Meisters Giovanni Pierluigi da Palestrina. Dirigent Barnet Licht widmete im Vorfeld der Aufführung dem kaum bekannten Rossi einen engagierten Artikel. Mit Musik von Johann Sebastian Bach, Arcangelo Corelli, Georg Friedrich Händel und Felix Mendelssohn Bartholdy ging die Programmplanung weit über synagoga le Musik hinaus. Die Vielfalt des Schaffens jüdischer Musiker sollte als Teil europä ischer Kulturentwicklung begreifbar gemacht und zugleich Beispiele für die wech selseitigen Berührungspunkte und Einflüsse verschiedener kultureller Traditionen vorgestellt werden.