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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.08.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080813021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908081302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908081302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-08
- Tag 1908-08-13
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Monat
1908-08
-
Jahr
1908
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Di« Zeppelinspende. Von Blättern aller Parteirichtungen ist der abenteuerliche Vor schlag, dem Grafen Zeppelin ein Kuratorium aus die Nase -u setzen, eine An Vormundschaft, die daraus achte, daß der alte Herr die gesammelten Gelder auch ja richtig verwende und (darauf kommt es doch schließlich heraus) nur keine „falschen Erfindungen" mache — je nach Temperament und Stimmung — mit Spott und Entrüstung zurückgewiesen worden. Es hat in diesem Moment keinen Zweck, sich über die Gesinnung zu er hitzen, aus der ein solcher Vorschlag nur entspringen konnte. Schon darum nicht, weil man die seltene Stunde, da endlich wieder einmal ein idealistischer Zug durch unser Volk gehl, sich nicht durch die Erinnerung an das ewig Kleinliche, das unausrottbar in uns Menschen steckt, trüben lasten soll. Auch über den Takt, der aus dem Plan spricht, mit der einen Hand zu spenden, mit der andern die Kuratel zu verhängen, soll kein Wort verloren werden. Takt ist eine Gabe Gottes. Wer ihn hat, hat ihn. Tie andern müssen sich's schon zum Trost gereichen lassen, daß sie wenigstens zu einer Zeit, wo die nrise-ra ple>bs mit vornübergebeugtem Rumps in ihre Bureaus eilt, hoch zu Roß den Tiergarten durchstreifen können. Aber die Angelegenheit ist nachgerade doch wohl ln ein kritisches Stadium gekommen. Gras Zeppelin hat — vermutlich, weil ihm diese ganze metallische Unterhaltung Pein bereitete wie andern feinfühligen Leuten auch — den Reichskanzler ersucht, in dem Komitee für die Ver waltung der gesammelten Summen den Vorsitz zu übernehmen. Der Reichskanzler ist dem Rufe gefolgt und das war recht und korrekt so. Aber vielleicht findet er in seiner bewährten gesellschaftlichen Kultur eine Horm, diese Verwaltung in die Hände des Grafen Zeppelin zurückzulegen. Er würde so im Sinne der Spender bandeln, die ihr Scherflein nicht dargebracht hätten, wenn sie nicht zu diesem prächtigen alten General Vertrauen besäßen. Wenn sie vor allem nicht auch der Wunsch geleitet hätte, den Grasen Zeppelin für die sorgenvollen Mühen dieser letzten Jahre zu entschädigen. Gewiß soll Gras Zeppelin auch fernerhin Luft schiffe bauen soviel er will. Aber er soll auch nicht darben. Er hat zu einer Zeit, da alle Klugen und Hochwohlweisen ihn wie einen armen Phantasten belächelten, sein Vermögen an die Verfolgung seiner Idee gewandt. Es ist nur recht und billig, daß ihm das deutsche Volk nun seine Auslagen zurückerstattet. Und zwar ohne Kuratorium und ohne Kuratel. Die Opfer der Zeppelin-Katastrophe. Tie Katastrophe von Echterdingen 'hatte, wie von uns seinerzeit be richtet, zwei Opfer unter den Mitarbeitern des Grafen Zeppelin gefor dert, doch in der gewaltigen Erregung und in der Begeisterung für Zeppelin hatte man ihrer, nämlich der beiden Monteure Schwarz und Laburda vergessen, die, zwei tapfere Soldaten, schwer verletzt auf dem Felde der Ehre geblieben waren. Hauptmann a. D. von Krogh, der Seite an Seite mit ihnen die Auffahrten Zeppelins mitgemacht hatte, hat über ihr Ergehen Erkundigungen eingezogen und gestern aus Friedrichshafen durch einen Kollegen der beiden Männer gute Botschaft erhalten. Danach dürften sie völlig genesen. Schwarz liegt bei seinen Eltern in Friedrichshafen und wird bald das Bett ver losten können. Er hatte durch das flüssig gewordene Aluminium Brand wunden davongetragen. Noch schlimmer jedoch war eS Laburda er gangen. Teile des zusammenbrechenden Gerüstes waren ihm auf den Kopf gefallen, und er hatte einen Schädelbruch erlitten. Er befindet sich im Stuttgarter Katharinenhospital und ist bereits soweit wieder hergestellt, daß er bei voller Besinnung ist und auch schon einige Zeilen zu schreiben vermochte. Zu dem mancherlei Freudigen, das von der düsteren Katastrophe so lichtvoll sich abhebt, wird man überall gewiß auch die Hoffnung zählen, daß die beiden Männer, die zur Rettung des Luft schiffs ihr Leben in die Schanze geschlagen hatten, nun selbst bald ge rettet sein werden. Die Nationatspende. Dem Deutschen Reichskomitee, unter dem Ehrenvorsitz des Kronprinzen, gehen aus allen Teilen des Reiches Beiträge in be trächtlichem Umfange zu. Die Kaiserin hat dem Komitee 1000 überwiesen. Das Gefolge des Kaisers auf der Jacht „Hohenzollern" 1040 .1, das kolonialwirtschaftlichc Komitee 3M .kl, Rudolf Moste 3000 Mark. Siemens L HalSke und Sicmens-Schuckert-Werke 10 OM .<, Frau vom Rath 1000 .1, Fürst Hatzfeldt 1000 .kl. Hunderte von Postanwei- sungen und Geldbriesen laufen täglich beim Komitee ein. Alle näheren Mitteilungen werden erbeten an das Deutsche Reichskomitee, Berlin, Alsenstraße 10. Die „Kölnische Zeitung" überwies als erste Zahlung aus ihrer Sammlung 100 000 .tk, dem Wunsche des Grafen entsprechend, an die Allgemeine Rentenanstalt in Stuttgart; Bochum stiftete 10 OM .1; der Großherzog von Baden 2000 ^l; Staatsminister Frhr. von Podewils 500 .kl; Osnabrück 20M .1, außerdem sind in der Stadt 20 OM A ge sammelt: bei der Zentrale Mannheim des deutschen Luftflottenvereins sind bis jetzt eingegangen 63 OM .1; beim württembergischen Zentral komitee 246 OM .1; die Bank für Handel und Industrie in Darmstadt hat die bis gestern gesammelten 31 524,90 .1 an die Allgemeine Renten anstalt in Stuttgart überwiesen: der „Anhalter Courier" und die „Bern- burgische Zeitung" mit einer Stiftung von 5000 .1 durch die Deutschen Solvay-Werke zusammen 10 OM .kl; Norderney 1657,10.1, Wilhelms haven 1656 .1, Borkum 1010 .1. Der Reichstagsabgeordnete Freiherr Heyl zu Herrnsheim hat einen Beitrag von 5000 .1 zum Zeppelinfonds gestiftet. Die Stadtverordneten versammlung, die lediglich zu diesem Zweck cinberufen wurde, beschloß außer einer Spende von 5000 .1 aus der Stadtkasse dem Grafen Zeppelin das Ehrenbürgerrecht von Worms zu verleihen. Im ganzen sind jetzt an den verschiedenen Sammclstellen der Stadt, einschließlich der oben genannten Beträge 24 5M .1 eingegangen. Die Sammlungen dauern fort. Deutsches Reich. Leipzig, IS. August. * Der Besuch König Eduards in Berlin. Aus Ischl wird ge- meldet: Der bevorstehende Staatsbesuch König Eduards in Berlin wird hier eifrigst besprochen und ruft allgemeine Befriedigung hervor. Man erhofft von diesem Besuch eine weitere Verbesse rung der Beziehungen zwischen Deutschland und England. Die Absicht König Eduards, eine Reise nach Berlin zu machen, war den maßgebenden österreichisch-ungarischen Stellen be kannt, denn der König hatte bereits vor zwei oder drei Wochen davon gesprochen, und seine Aeußerung wurde damals sofort nach Wien be richtet. — Der Korrespondent des „B. T." meldet ferner ausLondo n: Nach meinen Informationen bestätigt es sich, daß in Cronberg die drei Punkte: Reise des Königs nach Berlin, Wechsel im britischen Botschafterposten in Berlin und die veränderte Situation auf dem Balkan die wesentlichsten Gegenstände der Unter haltung gebildet haben. Ganz ausgeschlossen war indessen die Frage der Flotteneinschränkungen. * Zum Konflikt in der Sozialdemokratie. Aus Karlsruhe meldet uns ein Privattelegvamm unseres T.-Korrespondenten: Der Berliner Parteivorstand hat dem Vor st and der sozial demokratischen Landtagspartei wegen besten gegen die Parteidisziplin verstoßenden Vorgehens in der Budget frage das Ausschließungsverfahren durch den bevorstehenden Partei- tag angekündrgt. * Das Strafverfahren gegen Jugendliche. Der preußische Minister des Innern hat die Oberprasidenten auf die Verfügung des Justiz ministers vom 1. Juni d. I., betreffend das Strafverfahren gegen Jugendliche, aufmerksam gemacht. Unter Ziffer I, 1 dieser Verfügung ist angeordnet, daß im vorbereitenden Verfahren be hufs Erforschung der Lebensverhältniste des jugendlichen Beschuldigten und aller sonstigen Umstände, die zur Beurteilung seiner Persönlichkeit und der Straftat von Erheblichkeit »ein können, die Beamten der Staats, anwaltschaft, sofern die in Betracht kommenden Umstände nicht bereits anderweit klargestellt sind, unter anderem auch mil dem Fürsorger oder dem Anstaltsvorsteher wegen Auskunstserteilung über den jugendlichen Beschuldigten in Verbindung zu treten haben. Durch diese Bestimmung in Verbindung mit einer bereits früher von dem Justizminister an die Beamten der Staatsanwaltschaft ergangenen Anweisung für die Frage der etwaigen späteren Strafaussetzung bereits bei der Einleitung des Strafverfahrens über die Persönlichkeit des Beschuldigten usw. um fassende Ermittlungen anzustellen, wird ausreichende Gewähr dafür ge boten sein, daß dem Fürsorger oder Anstaltsvorsteber in allen dazu ge- eigneten Fällen vor Erhebung der Anklage gegen «inen Fürsorgezögling Gelegenheit zu einer Aeußerung gegeben wird. * Der Töpferstreik in Jreienwaldau, der wegen Lohndifferenzen stattsand, ist, wie aus Görlitz gemeldet wird, nach zehnwöchiger Dauer beendet worden. * Wegen Landsriedensbraches verhaftet. In Düsseldorf wurden 14 streikende Arbeiter der Firma Wicking wegen Land friedensbruches und Mißhandlung verhaftet. Sie hatten Ar beitswillige vor der Fabrik überfallen, den Werkmeister ver prügelt, sein Fahrrad demoliert und 3 andere Arbeiter durch Messer stiche tödlich verletzt. * Rückkehr der Hochseeflotte. Die Hochseeflotte ist von ihrer vier wöchigen Sommerreise in den Nordatlantik nach Kiel zurück gekehrt. In der Zeit ihres Aufenthaltes in außcryeimischen Gewässern hat es nicht an wiederholten Gerüchten, daß die Flotte plötzlich nach Kiel zurückgerufen sei, gefehlt. Aengstliche Gemüter sahen die deutschen Küsten schon von feindlichen Geschwadern bedroht und die deutsche Schlachtflotte abgeschnitten auf hoher See. Die Hochseeflotte hatte so wohl auf der Ausreise als auch auf der Heimreise Gelegenheit zu größeren Uebungen gehabt, und wenn die Torpedoboote auch aus der Nordsee wieder zurückdetachiert wurden, hat es den Schiffen doch nie mals an den Ausgaben verschiedenster Art gefehlt. Auf den Azoren, den Kanarischen Inseln und Madeira haben Offiziere und Mannschaften eine sehr freundliche Aufnahme gefunden, so daß alle gern an die erste große Atlantikreise zurückdenken werden. Bei dem stürmischen Wetter in der Biskaya wurden wertvolle Er fahrungen über das Verhalten der Schiffe gewonnen. In Zukunft werden wohl öfter derartige Uebungsreisen stattfinden. Ausland. * Zur Monarchenbegegnung in Ischl. Bei der gestrigen Galaiairl toastete Kaiser Franz Joses auf seinen Gast und die Beziehungen zwischen beiden Ländern wie folgt: Der Beinch, welchen Eure Majestät mir beute, einer nun schon neunjährigen und mir wahrhaft lieb gewordenen Gepflogenheit folgend, abzuslalteu die Güte haben, erfüllt mich mit aufrichtiger Freude und wärmster Dankbarkeit. Ich bitte Eure Majestät, den Au-druck dieser Gefühle zugleich mit meinem herzlichen Wtllkowmgruße entgearnnrhmrn und überzeugt jein zu wollea, daß ich die mir durch diesen Besuch erwiesene so freundliche Aufmerksamkeit um so höher zu schätzen weiß al« Eure Majestät in diesem Jahre hierher ge kommen sind, um mir persönlich Ihre Glückwünsche zu meinem Regierungs jubiläum zu überbringen. Indem ich in der heutigen Anwesendeit Eurer Majestät einen neuerlichen wertvollen Beweis für die langiährigrn derzlichen Beziehungen erblicke, welch« zwischen uns und unseren Häusern bestehen, uud welche den freundschaftlichen Verhältnissen zwischen unseren Ländern ent sprechen, erhebe ich mein Glas mit dem Rufe: Seine Majestät König Eduard lebe hochl König Eduard erwiderte hierauf: Ich bitte meinen aufrichtigsten Dank Eurer Majestät aussprechen zu dürfen für Ihre so gütigen Worte, die mich tief grrühit daben. ES ist mir immer eine wahre Freude, Eurer Majestät meinen Besuch abstatten zu könne», aber ganz besonders in diesem Jahre, in welchem Eure Majestät das 60jährige Regierungsjubiläum feiern. Majestät kennen die Gesinnungen, die ich seit jeher für Eure Majestät gehegt habe, und wissen, daß mein« Gratu lationen zu dieser wichtigen Feier aus vollem Herzen kommen. Die Beziehungen zwischen unteren beiden Länder« sind gottlob immer die freund schaftlichsten gewesen. Es ist mein innigster Wunsch, daß sie ebenlo in Zu kunft bleiben, und ich hoffe von ganzem Herzen, daß Eure Majestät noch durch viele Jahre in bester Gesundheit zum Wohle und Heile Ihrer Völler erhalten bleiben. Ich erhebe mein Glas auf das Wohl Seiner Majestät deS Kaisers und König». * Ueber das Ergebnis der Miititterkonferenr wird uns gemeldet, daß es dem Frhrn. v. Aevrenthal iu der Unterredung mit dem Slaaisselretär Sir Hardinge gelungen fei, das englische Kabinett davon zu überzeugen, daß Oesterreich-Ungarn keinerlei Soncervorteile in der Türkei anstrebe. Die Miß verständnisse, die dieserhalb zwischen Oesterreich uud England bestanden haben, seien behoben worden. * Meutereien französischen Militärs werden immer häufiger: Paris, 13. August. (Tel.) Aus Gap wird über eine Meuterei im 2l. Jn'anterie-Regiment berichtet. Reservisten, welche heute entlassen werden sollten, wollten bereits gestern abend die Kaserne verlassen. Sie veranstalteten eine Kundgebung unter Absingung der Internationale. Von Len Reservisten wurden 32 zurüclbehalle» und in Arrest gesetzt; drei von ihnen wurden degradiert. * Unfall in der französischen Kriegsmarine. Die Kriegsflotte im Mittelmeer ist von einem schweren Unfall betroffen worden. Pari», 13 August. (Tel.) Bei Schießübungen an Bord de» Kriegs schiffes „Couronne" im Touloner Hafen töne sich das Verschluß«ück einer Kanone. Durch die solgente Explosion wurden 6 Mann getötet uud 10 schwer verwundet. Zwei der Sä werverwundelen sind bald daiauf gestorben. Toulon, 13. August. «Tel.) Nach Anficht der Matrosen der „Couronne" soll die Geschützexpiosion dadurch verursacht worden sein, daß die vorzeitige Entzündung einer Pulverladung durch zu große Erhitzung der Geschützrohre infolge zu starker Beanspruchung erfolgt wäre, während von technischer Seite die Entstehung des Unglücks auf die Zersetzung des Pulver- wie bet dem Un glück auf der „Jena" zurückgeführt wird. * Sine neue Spionageasfäre wird von der österreichisch-italienischen Grenze gemeldet: Udine, 13. August. (Tel.) Karabinier« verhafteten einen österreichischen Offizier namens Bohlen vom 5. Jägerbataillon unter der Beschuldigung der Spionage. Bohlen wurde von Hirten überrascht, als er photographilche Auf nahmen von Festungswerken machte. In seinem Besitze wurden angeblich zahlreiche kompromittierende Schriftstücke gefunden. * Ter spanische Ministerpräsident Maura ist nach Frankreich gereist, angeblich aus Gesundheitsrücksichten. Madrid, 13. August. «Tel.) Die Nachricht, daß der Ministerpräsideut Maura zur Besprechung der Marokkofrage nach Frankreich abgereist fei, wird dementiert. Die Reise ist aus GejundheitSrücksichien für seine Frau erfolgt. * Sin englischer Arzt iu Marokko getötet. Die „Agence HavaS" meldet: Tanger, 13. August. (Tel.) Aus Elkaiar wird berichtet: Ein eng lischer Arzt wurde auf dem von Rmiki besetzten Gebiet gefangen genommen unter der Beschuldigung, am vergangenen Montag in lem Kampf zwilchen dem azizischen Kaiv der Buanda und dem hasidischen Rmiki gegen letzteren als Anführer teilgenommen zu haben. Er wurde angespiren, mißhandelt und schließlich getötet. * Tte Bestehungen zwischen China und Japan, die seit der „Tatsu Maru"-Affäre ziemlich gespannte sind, erfahren eine allmähliche Besserung. London, 13. August. (Telegramm.) Nach einer Meldung des „Daily Telegraph" aus Tokio vom 12. August wird von einigen dortigen Zkllungen behauptet, daß die neue lapanische Regierung, geleitet von dem Wunscde, zur Ordnung der Finanzen LeS Landes die militärischen Ausgaben einzuichränken, in Verhandlungen mit England und Rußland über ein neues Abkommen zur Sicherung der Ruhe in China ein- getreten sei. In amtlichen Kreilen werde ledoch die Richtigkeit Lieser Behauptung bestritten und daraus hingewiesen, daß für Japan die be stehenden Abmachungen genügten und nur etwas wirksamer zur Anwendung gebracht zu werden brauchten. Nach allen Anzeichen erführen dir Beziehungen zwischen China und Japan eine allmähliche Besserung. Der japanische Boykott in Südchina ist in Abnahme begriffen. Wichtige Fragen, dir nach dem Kriege austauchlen, seien jetzt zum großen Teile erledigt. Japan wünschte ernstlich, mit China die beiten Beziehungen zu unterhalten. China müßte dazu gebracht werten, seine Stellung in Asien und seine Beziehungen zu Japan nud den anderen Mächten richtig zu verstehe«. Bei dem Be mühen, Chinas Freundschaft zu erwerben, werde Japan aber an dem Konzert der Mächte sesthalte«. verspürt, und plötzlich stößt man auf eine Philipp-Klein-Eckc und sich un willkürlich aufrichtet: das ist endlich ein Maler, der etwas zu geben weiß. Genau so empfindet man Wagner. Es ist dabei wahrscheinlich, daß es Wagner beim Publikum ähnlich wie Klein gehen wird: eS wird nicht viel davon verstehen, es wird sogar hier wie dort von der nackten und sinnlichen Welt, in der sich der Künstler bewegt, abgestohen werden. Eine eigentliche Analyse Wagners soll hier nicht gegeben werden, sondern nur ein Hinweis und eine Ermutigung für den jungen Schriftsteller. Das ausschlaggebende Werk wird auch hier das zweite sein, das, in dem jemand zeigt, was an sich in ihm steckt, nachdem er nicht mehr wie im ersten aus dem vollsten Born seiner Erlebnisse schöpfen kann. Freilich ist in der Figur der Elsa in der Novelle „Verlorene Leute" soviel warme Erotik, in dem Theobald der „Roten Flamme" soviel Offenbarung des Sehnsüchtigen, Einsamen und Melancholischen unseres armen, verlangenden Herzens, in dem „Nachtstück" soviel von der unentbehrlichen tiefen Romantik, die jede künstlerische Begabung bedingt, und schließlich in der Skizze „Liebe", technisch betrachtet, soviel Anlage zur Kürze und Sinn für das Wesent liche, daß man von diesem neuen Freund wohl nicht enttäuscht werden wird. Endlich einmal ein Schriftsteller, der nicht mit dem unvermeidlichen Humor debütiert, den wir von Süddeutschen nun wirklich sattsam kennen. HedwigvonSoYters scheint gleichfalls ein neuer Name zu sein. Ihr gleichfalls bei Georg Müller erschienener Roman „Die gebrochenen Herzens sind" ist originaler, als der Titel vermuten läßt. Die Seldin des RomcmeS, di: Baronesse Eickhoff, ist ein Mädchen, das den Dreißigen nahe stcbr; es ist Kraft, sowohl Liebcökraft wie Beherrschungskraft in ihr, aber sie ist noch nicht geweckt worden, vielmehr sic bat sich noch nicht auS- geben dürfen. Dies stolze und schöne Mädchen ist eine Mischung von aristokratischer Frauenhastigkeit und von LiebeSmöglickkeiten, alles in dem Augenblick kurz vor der Freiwerdunq, im Augenblick deS letzten Verhaltens dargestellt. Diese Verhaltung einer reifen Frauenieele ist nicht neu 'n der Literatur sic gibt das Thema sür verschiedene Romane ab, die sich eben daruin von dem gewöhnlichen Mittelmaß der Romanfiguren ent fernen und eine kräftigere Nahrung bieten. Die Ida Boy-Ed gehört hierher: Hedwig von SoyterS scheint um einige Grade impressionistischer, d. h. rein künstlerischer und beweglicher zu sein, aber cö läßt sich der Zweifel nicht ganz unterdrücken, ob genug Fülle in ihr ist, um weitere Ge. italten mit Blut auszustatten. Sie wird erst beweisen müssen, ob ihr nach Erschöpfung der eigensten Erlebnisse genug Material bleibt. Es ist ein geheimer Zwiespalt in ihr zwischen der aristokratischen Sprödigkeit und der ausnehmenden und froh spendenden Sinnlichkeit. Unsere schriftstellernden Frauen haben dann die meiste Aussicht aus künstlerischen Erfolg, wenn eS ihnen gelingt, alle Schranken, die sie vor Entblößung der eigenen Seele ebbalten können, niederzureißen. Diese Rücksichtslosigkeit gegen sich selbst ist der Punkt, an dem Begabungen wie Hedwig von SoyterS viel, leicht scheuen. Davon abgesehen, steckt in der Tat viel Gute» in ihrem Buck. Eine Reihe Menschen sind gut gesehen und ost glücklich hingestellt, durch wirklich rein künstlerische Mittel für einen Moment festgehalten. Vor allem aber ist eS ein kluges Buch, in dem viel verarbeitete, wenn auch nicht naive Beob achtung niedcrgelegt ist. Milieu und Thema sind eine schweizerische Nervenheilanstalt und Leute, die Psychologie des Kranken treiben. Aerztc, Pfleger und Kranke selbst werden das Buck mit gutem Nutzen lesen. Dem männlichen Helden, dem Assistenzarzt Dr. Ruthardt, wird cs klar, daß ein Nervenarzt viel Gutes tun könnte, wenn er sich statt einigen Dutzend Patienten nur ein paar angelegentlich widmen könnte, derart, daß er immer um sie wäre, nut ihnen ein ganz gemeinsames Leben führte. Es trifft sich von selbst, daß Ruthardt in München eine solche Lebensweise mit zuerst einem, dann zwei, dann drei Freunden beginnt. Es spricht viel Güte, Liebe und Aufopferung aus dieser Figur und sic wirkt dabei durchaus glaubhaft. Gut gesehen ist die Figur des jungen Leutnants Artner, der magenleidend geworden ist und erkennt, daß er nicht mehr Offizier bleiben kann. Er erschießt sich. Diese Episode ist mit melancholischem Pathos geschrieben und verrät Unabhängigkeit und bewußt gewordene Eigenart. Ueberhaupt spricht aus dem ganzen Buch, ungewollt, der geheime Kamps einer Frau gegen ihr bürgerliches, d. h. in diesem Falle aristokratisches Milieu. — Eine unbedeutende, aber störende Besonderheit verdient eine kleine Rüge: die Verfasserin beeilt sich durchgehends, Len Leuten ihr Adclsprädikat nicht zu rauben: von Artner tat dies, von SuckowSki sagte. Wenn der Vorname fehlt, klingt das selbst in einem genealogischen Almanach noch trocken und — komisch. In einem Rcman ist es eine Unmöglichkeit. O * Dresdner Theater. AuS Dresden wird uns geschrieben: In der Königlichen Hofoper, die am Sonntag ihre Vorstellung»« bei sehr gutem Besuche wieder ausgenommen hat, sind für die bevorstehende Spielzeit eine An zahl neuer Werke zur Erst- resv. Uraufführung angenommen worden. ES sind dies „Eugen Onegin" von Tschaikowsky, „Elsa Klapperzehen" von R. v. Walters- Hausen und „Elektra" von Richard Strauß. Die beiden letztgenannten Opern gelangen in Dresden zur Uraustührnng. — DaS Königliche Schauspiel- bau» eröffnet seine Spielzeit am 12. September mit einer Gesamtanfführnng von Friedrich Hebbels „Nibelungen". Am Sonnabend, den 12. September, werden da» Vorspiel „Der gehörnte Siegfried" und „Siegfrieds Tod" aus geführt. Am Sonntag, den 13. September, geht „Kriemhild- Rache" in Szene. ÄlS erste Novität gelangt Ludwig Fulda- Lustspiel „Der Dummkopf" zur Auf führung, ferner folgen noch Otto Ludwig» „Erbsörster" und „Donna Tiana" von Moreto (bearbeitet von West) in vollständig neuer Einstudierung und AuS- stattung. Weiter gelangt noch da« Lustspiel „Die Lieb« wacht" (l/awour voillv) von G. A. de Caillavet und R. d« FlerS zur Erstaufführung. Die «bonnemrnt«- vorstellungen im Königlichen Schausvieldause beginnen am 14. September. — Im Dresdner Residenztheoter gelangt am Sonnabend die Schwonknovität „Tie gelbe Gefahr" von Kurt Kraatz und Georg OkonkowSly zur Erstauf- iübrnng. In den größeren Rollen sind beschäftigt die Damen: Borchardt, Münchhrim. Conrad und Breuer, sowie die Herren Herwrgh, Bauer, Knaack, Jaada, Gähd und Olbrich. * Festspiele zu Martenh««. AuS Marienbad wird geschrieben: Dem hiesigen Kutthear-r stehen Festspiele bevor, die dem Katserjubiläum und der An wesenheit des Königs von England gelten. DaS Hauptinteresse dürste der „Richard Wagner-Abend" am 22. Augun auf sich lenken, an welchem der erste Akt „Siegfried" und Szenen aus den „Meistersingern" mit der folgenden Be setzung ifast durchwegs mit Bayreuther Künstlern) zur Ausführung gelangen: Siegfried und Stolzing: Burrian; Wanderer und HonS Sach»: Soomer aus Leipzig; Mime und David: Dr. Kubn aus München; Evchen: Bella Alten; Magdalena: Agnes Hermann aus Straßburg i. Elsaß und Beckmesser: Ludwig Wiedemann aus Köln. * 76. CftburtStag Angelo RenmannS. Der Leiter des Deulschen Landes- iheaters in Prag, Angelo Neumann, wird am 18. August 70 Jahre alt. Ein Ileiuer Kreis seiner Freunde und Verehrer hat eS unternommen, die Glückwünsche die dem in der ganzen Tbraterwelt als eine hervorragende Erscheinung bekannten und angesehenen Bühnenleiter von Künstlern und Aulorrn zukommen dürften, zu sammeln und sie vereinigt iu künstlerischer Form dem Jubilar zu überreichen. Da jedoch Direkior Neumann selbst am 18. August ebensowenig in Prag sein dürste, wie viele seiner Freunde, denen eine persönliche Teilnahme an der Feier erwünscht wäre, so hat daS erwähnte Komilee beschlossen, die Feier auf den L8. September festzusetzen. * MünchnerBtlderfälschnugen. Au» München meldet un» ein Privat telegramm unsere» Dr-Korrespondenten: Die Staatsanwaltschaft bat gestern gegen 1b Münchner und auswärtige Bilderhändler sowie deren Helfershelfer Anklage erhoben wegen fortgesetzten Verkauf» gefälschter Original bildwerke von Boecklin, Feuerbach und anderen Meistern. Die Anklage lautet ans Betrug. Ein SenjationSprozeß steht bevor. * DaS Museum her Morgue. Aus Pari» wird berichtet: Auf Ver anlassung der Aerzlr, die im Dienste der Rechtspflege sieben, soll in der alten Morgue, die jetzt durch eineu anderen Bau ersetzt und ihrer ursprünglichen Be- stimmuag entzogen werden dürste, ein Museum eingerichtet werden. Die An- sänge einer solchen Sammlung sind bereit» in dem Gebäude vorhanden. Im Aerztezimmer sieht man eine Anzahl Abgüsse, die von verschiedenen Opfern von Mördern genommen worden sind, hier einen Kopf, dort die Beine oder un definierbare Stücke von Opiern, die einem Dolchstich oder einem Revolverichuß erlegen sind. Besonder» ausfällig ist der Abguß der Lunge eine» neugeborenen Kinder, da» erwürgt worden ist, und ter Abguß eine» Kopfe» von einem gleich fall« erwürgten Manne; an dem letzteren ist deutlich die Furche einer Schnur in dem angejchwollrnen Fleisch zu erkennen. Ein anderer Kopf, der hier in Gip« nachgebtldet ist, ist vollständig skalpiert, und in Wach« sind zwei Gesichter reproduziert, aus denen man den Schußkanal von einem Geschoss« mittleren Kalibers, da» eine Mal aus 25 cm, da» andere Mal ans 50 em Entfernung abgefeuert, genau verfolgen kann. * Kleine Chronik. Die Direktion de« Neuen Nationaltheater« in New Bork hat Herr Leo Schubert übernommen. Die neue Büdne wird da» Drama, Lustspiel, dir Operette, Spieloper und da« Ballett pflegen und zu Gastspielen französischer und deutscher Ensemble« dienen. Das Han» wird beretlS in nächster Saison eröffnet. — Ein Telegramm au» Trondbjem meldet: Gestern sind au» Amrrtla große Quantitäten von Proviant für Well- man abgesandt worden. Die Expedition wird in Spitzbergen überwintern, und man nimmt an, daß Wellman im nächsten Frühjahr einen neuen Vorstoß gegen Len Nordpol unternehmen wird.
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