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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 13.08.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080813021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908081302
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908081302
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-08
- Tag 1908-08-13
-
Monat
1908-08
-
Jahr
1908
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Bezu-t-Prei« m L«iv»ia au» oocuru o«a «s« Lrtg« uai vrxd'lrur, in» k>au« ^drachtr >la»,al>« t tour morsen») oreneltttrltch S M.. monoilich I M.; Llltaab« 8 (morsen» an» »bead«) viertel, t-drliid <Su M.. mon-ilt-d >.L «. Var« »« G»a ,u »e,»ede>! fl »al kL,Ii«) «anerdald reatlchlaud» an» »er deurlchen »olonien merleliädrlich S,2b M., moaarli« 1,7b M. aullchl P»ft- beftellgel», ür Leüerrel« » » «S tz, Ungarn 8 li »terteliidrli« Herne, in aten. Dtnemsrl, den DonauUaaien. ^lallen, Luremdurg. «lederlande. Norwegen. «u^> land Schweden, Sch««» an» Spaaiea. I» alle» adrigen Staarea nur direkt durch di» «rve».». «l. «rdtltlich. Ldonnemeat^klnnalnae> VagaikalplaH ki» dm anieren krLger». film en. Svedueurra and vanahmeüellrm «an« PoltLmrern aa» «neirrLgera. Di» etageln« Namurer ioltri Iv Nedakrioa „» «rvedttloui IodannXgaft« v. K«>b»n Rr. I4E Nr. lEl. Nr. I4SS4. Abend Ausgabe S. KipMerTagtblaü Handelszeitung. Amtsösatt des Rates und des Volizeiamtes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis Nr Jnlerar« aa» lleiMa au» iliugeduug di»»«ivalten. N«tit»«iäL«., «tuau»leli« Sugeigr» dÜ PI.' Neklsmen l »m» »utwtrrl N Pt.. Neklsoren UNi FV; vom »ul land LOW., liuau». An»eigeu7LW., UeÜgmLU M. Jnierstev. vetzdrd«, ii smlltche»r«0«c)VI- veilagegedadr bNl. ». Daulend exkl. Poft, gebühr. Gelchtfrlaureigen au beoorzugler Stelle im Preise erhöht. NabaN «ach Lari, 8«f>erteilt« »uitrüg« küaneu nicht ,urüch> gktoge» w«d«a. gür da« itrichetne» «» «maouteu lagen su» Blühen wir» tetu» Garantie übernommen »njeigrn- »anahme i Nugaaal»l«tz 8Z bei sümtliche» Filialen a. allen ülanance» Eixedttioaea de« I»» au» Luslaad««. verltui Tarl Da»s»r, Herlogt. Baur. H»fda^ haudluag, Lühowkrah« IO. (Televhon VI. Nr. 4SM). vauPt-SNial« Dresden: Seeilrahe 4,1 (Lel-ohou «62V- Nr 223 Donnerstag 13. August 1908. 102. Zabrqanq. D<r» WLehtigste. * Wie aus absolut zuverlässiger Quelle verlautet, gedenkt der KriegSmini st ervon Einem noch vor Beginn der neuen Reichs, tagskampagne zu demissionieren. Als sein Nachfolger kommt der Kölner Generalleutnant GaIlwitz in Betracht. (S. Letzte Dep.) * Die Ankündigung des englischen Königsbesuches in Berlin hat in London Enthusiasmus erregt. Man spricht dort bereits von der Anbahnung einer Art Entente mit Deutschland. sS. Leit artikel.) * Die Sammlungen für Zeppelin in Leipzig haben, wie in der heutigen Sitzung des Leipziger Zeppelin-Komitees mitgeteilt wurde, de» Betrag von rund 80 000 erreicht. sS. Leipz. u. sächs. Angel.) * Aus Stettin wird gemeldet: Der Arbeiterausschuh erklärte den Nieter st reik für beendet. Der „Vulkan" eröffnet am Freitag früh zunächst versuchsweise wieder den Betrieb. * In Oberwiesenthal hat Prof. Schiffver von der Berg akademie zu Freiberg heute mit der Untersuchung der Wässer des Zechengrundes auf ihre Radioaktivität hin begonnen. sS. Sächs. Angel.) * Wie aus London gemeldet wird, dürfte der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand demnächst in London einen Besuch abstatten. Eduard in Berlin. Die Zusammenkunft -wischen Onkel und Neffe ist vorübergegangen wie ihre beiden Vorgängerinnen. Man ist einen ganzen Tag lang bei- einancrr gewesen, man hat sich gegenseitig auf die Wangen geküßt, und abends zur Abfahrt ist man durch eine von bunten Lampions umkränzte Dorfstraße gefabren. Und außerdem — alle Reporter berichten'- — ist man sehr herzlich und sehr aufgeräumt gewesen. Freilich: ungefähr da«- selbe baben sie uns auch vorm Jahr, auch vor zwei Jahren erzählt. Hernach bat sich dann doch wiecer manches begebe», was die so neu be kräftigte Intimität Lügen straft«. Ob's diesmal ander- wird? Man sollte e- wuutchen. Es für sicher zu halten würde unklug st«. Selbst wenn sich bewahrheitete, waS König Eduard beim Abschied erklärt haben soll: er würde künftighin, um alles EinkreisungSgerede zu wider legen, alljährlich vor Ischl und Marienbad auch in Deutschland Hand werk und Verwandten grüßen. Auch dann noch, wenn eintrifft, WaS im Grunde selbstverständlich ist: daß König und Königin zu Anfang kommen den Jahres ihren Staatsbesuch in Berlin machen. DaS einzige, was man gerechterweise sagen kann, ist: die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kaiser und seinem königlichen Ohm von England haben an scheinend von Jahr zu Jahr an Schärfe verloren. Sie sind offensicht lich jetzt wieder leiblich normal. Vielleicht erwächst daraus auch »och einmal unserer Politik ein Vorteil. Dann würden wir das dankbar und freudig begrüßen als einen Gewinn für unsere gesamte Kultur, die Schaden nehmen muß, wenn Deutschland und England einander feind selig, von Mißverständnissen zerklüftet, gegenübeistehen. Vorläufig aber sinv, wie uns scheinen will, trotz der friedlich verbinvlichen Reden, die gelegentlich von jenseits des Kanals zu uns herüberdringen, die Dinge noch nicht so weit. Stimmungen, Stimmungen: hüben und trüben Feuilleton. Für heilig halte es nicht, dir selbst zu schaden durch Rechttun. Shakespeare. * Neue Romane. Von Otto Flake. lieber einen neuen Roman von JohannesSchlaf läßt sich immer viel sagen. Nur wird der Kritiker meist nicht Schlafs Beifall finden, und doch selbst auf die nicht zum ersten Mal drohende Gefahr hin, in eine von Schlafs Seite recht nervös geführte Kontroverse verwickelt zu werden, seine Aussetzungen in der größten Schärfe Vorbringen. ES liegt nun einmal in Schlafs Produktion, daß sie den Leser unmutig und gereizt macht. Nach dem neuesten Werke des Schriftstellers, dem zweibändigen Roman „Der Prinz", der soeben im Verlag von Georg Müller in München erschienen ist, darf man wohl das begründete Urteil aus- sprechen, daß Johannes Schlaf sich nicht mehr ändern wird, daß von ihm kein ruhiges Werk mehr zu erwarten ist, daß er nicht mehr Herr über seine krankhaften Nerven werden wird. Johannes Schlaf erweckte einst starke Hoffnungen; er breitete in einigen Novellenbänden alles, was in seiner start künstlerischen Seele an lyrischem Reichtum ruhte, aus, und verriet auch schon in diesen ruhigen, gesättigt und vor allen Dingen mit formaler Selbstzucht geschriebenen Büchern, daß er Talent für größere Komposition, für ideelle Konstruktion, Entwickelungen und Zusammenfassungen besitze. Es war für ihn eine innere Notwendigkeit, über das kleinmeisterliche Fixieren des Moments, das wenigstens für ibn der Naturalismus bedeutet hatte, hinauSzugehen und den Versuch zu machen, den Geist dieser neuen, gärenden Epoche zu erschöpfen und zu bändigen. Heute wissen wir, daß diese Aufgabe für Johanne- Schlaf zu groß gewesen ist. Der Brennpunkt des ganzen Schlösschen Denkens und Fühlens ist der: ich bin — und er hat damit unzweifelhaft recht — unter allen Be. gründern und Zeitgenossen der Moderne derjenige, der in das EhaoS der zusammenstürzenden alten und der sich unter Schmerzen entwindenden neuen Ideen am tiefsten eingedrungen, von ihm am heftigsten umher- geworfen, seine tausend verschlungenen Fäden am nächsten in der Hand ge habt hat. Ich bin Sachverständiger in dieser großen Revolution von 1889, ich möchte — ihr Napoleon sein. Ich bin damals, al» wir, um die Auf. merksamkeit des deutschen Publikums zu erregen, als übersetzte Skandi- navier auftraten, der Entdecker und konsequente Ausbauer de» naturansti. schen Prinzips gewesen — warum versagt man mir die Krönung und ge stattet sie Usurpatoren und glücklicheren Nebenbuhlern? freundliche Stimmungen, aber dazwischen doch wieder solche, durch die es wie Eiskalte weht. Und die englische Politik bleibt dauernd ohne Deutschland orientiert. So war die Lage bis jetzt, und die Tage von Ischl haben bisher eine Wendung zum Besseren oder Schlimmeren nickt geb'acht, wenn auch natürlich die offiziellen Toaste nicht als sichere Wegweiser der Beziehui gen gelten können. Aber etwas anderes bat sick m wisch n ereignet. Die Ankündigung ist gekommen, daß kaS engliscke Kön gSpaar der Residenz des Kaisers, der Hauptstadt deS Deutsch n Reickcs, semen offiziellen, freilich schon längst fälligen. Besuch abstauen wolle. Und daS darf man immerhin als ein Ereign S von eini. er polnischer Be deutung ansehcn. Auch in England tut man dies, wie jolgendeS Telegramm unseres Londoner L Korrespondenten zeigt: * London, 13. August. (Privattel.) Des „Graphic" Ankündigung, KönigEduard habe die Initiative zu dem Berliner Besuch, der wabrscheinlrch im nächsten Februar staltfinven wird, er riffen und damit stehe HareingeS Dekoration in Verbindung, erregt hier geradezu EntbuliaSmus, da bisher die Gesamtpresse einschließlich der offiziösen Organe dcS„Foreign Office",offenbar von der Cron berger Entrev ue enttäuscht, bas Besuchsthema aufs kühlste beurteilt halten. In gut unierrlckteten diplomatuchen Kreisen hält man jetzt den 'Weg zu positiven Verständigungen geöffnet. Mithoffen können wir ja. Aufschiebung -er Aussperrung. Bon unserem Hamburger R.-Korrespondenten wird uns ge schrieben: Die Aussperrung von Tausenden deutscher Arbeiter in Be trieben, deren Arbeitsverhältnisse keinen Anlaß zu Differenzen zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern boten, stand kurz davor, traurige Tatsache zu werden. Gerade in Hamburg sah man dem schon ganz nahen Tage entgegen, da viele fleißige, ruhige Arbeiter zur Untätigkeit verdammt seien, da Not und Elend in manche Familie einziehen würde. Wie ein erlösendes Aufatmen ging cs da durch die Hamburger Bevölkerung, als am Mittwoch die Nachricht publiziert wurde: Die Aussperrung der Werftarbeiter ist auf acht Tage verschoben! Dieser erfreuliche Beschluß war das wichtigste Ergeb nis der Beratung der Gruppe Deutscher Seeschiffswerften, die am Mittwoch in den Räumen des Arbeitgeberverbandes in Hamburg- Altona absehalten wurde. In dieler Zusammenkunft der Arbeit geber wurde beschlösse», den Arbeitern i in der Angelegenheit des „Balkan" ein Entgegenkommen zu zeigen und folgende Vorschläge zu machen: 1) Der „Vulkan" eröffnet versuchsweife am Freitag, den 14. August, den Betrieb mit einem Drittel seiner Leute, schließt ihn aber wieder am Dienstag, den 18. August, abends, falls die Nieter bis dab n die Arbeit nicht in ausreichendem Umfange wieder ausgenommen haben. 2) Die Gruppe Deutscher Seeschiffswerften verschiebt ihre Aus sperrung bis zum Mittwoch, den 19. August, abends. 3) Die Vereinigung der Eisenindustriellen Stettins läßt ihre Be triebseinschränkung in einer Höhe von 60 Proz. ihrer Leute bis auf weiteres bestehen. 4s Der Gesamtverband Deutscher Metallindnstrieller beschließt, un verändert an Len in Aussicht genommenen Tagen, nämlich am 15. August im Vorstand und am 25. August im Ausschuß über eine sechzigprozentige Generalaussperrung. Die Gruppe Deutscher Seeschiffswerften trat über diese Vorschläge in Beratung und nahm sie an. Diese Verschiebung der Aussperrung bei den Werften ist nur anzu erkennen und aufs wärmste zu begrüßen. Man muß nun, wenn man unparteiisch sieht, auch zugeben, daß die Arbeitgeber das Bestreben zeigen, den Nietern eine Brücke zu bauen. Es ist ja auch keine kleine Im „Prinz" ist die Theorie, um deren Priorität der Streit entbrennt, eine von Gobineau ausgehende Weiterentwickelung der Nassenfrage. Jürg Deubel wächst als Sohn eines thüringischen Windmüllers aus. Er soll einmal die Mühle übernehmen, zeigt aber eine solche Neigung und Be gabung für die gelehrten Fächer, daß er, um dem väterlichen Machtbcfehl zu entgehen, bei Nacht die Heimat verläßt und bei einem Onkel in Halle Zuflucht sucht. Er kommt auf die Latina und seine Zukunft ist gesichert. DaS ist die ganze Handlung des Romans und sic entwickelt sich trotz aller Breite, die hier schon wuchert, doch noch immer auf dem verhältnismäßig angemessenen Raum von 260 Seiten. Bis hierhin ist die Darstellung auch reich an lyrischen Einschlägen, heimatlicher Liebe und vor allem in dem Verhältnis Jürgs zu der jungen Baronesse Jrmelin au feiner und jugendlicher erotischer Spannung. Alles verspricht, daß ein gründlich durchdachter Vorwurf thematisch, in organischer Entwickelung durch geführt werde. Statt dessen setzt nun eine unleidliche, verworrene und erdrückende Darstellung des Chaos an, das Ende der 70er Jahre in den Köpfen derer tobte, die dann die Vorhut des Naturalismus, des ganzen wüsten Suchens nach der sich ankündigcnden neuen, modernen Welt wurden. Tas beginnt sofort auf der Latina in Halle, wo die höheren Jahrgänge der Pennäler einen „Klub der Modernen" gegründet haben, der seine Wüstheit nicht nur in Diskussionen entlädt. Haarklein und doch natürlich unkontrollier bar werden all die Phasen, die momentanen Stimmungen, die pathetischen Theorien, die geschwollenen, stürmischen Phrasen dieser Jugend borge- tragen. Man darf dergleichen erleben, aber man darf es nicht realistisch schildern wollen; eine Auflösung aller Ideen, die sich in einem Kopse zu gleicher Zeit vollzieht, ist nicht klar zu gestalten, sie muß von einer reifen Hand viel geschickter und einfacher angefaßt werden, als cs Schlaf tut: nur ein Querschnitt, der eine Hauptader illustrieren will, kann hier einen Einblick geben. E» wird uns noch mehr zugemutet. Nach dem Abiturium begleiten wir Jürg Deubel nach Berlin. . Den Anachronismus, daß Schlaf schon das Berlin von 1878 als die brausende und mit dem Hochdruck einer giganti. schen, schrill pfeifenden Maschine arbeitende Weltstadt, die es erst seit zehn Jahren ist, hinstellt, sei als erlaubter Kunstgriff hingenommen. Aber un. verzeihlich ist, daß der ganze zweite Band von 360 Seiten kaum ein Sechstel Handlung enthält und im übrigen nichts als die Verranntheit und den Kampf Jürg DcubelS, der inzwischen Doktor der Naturwissenschaften geworden ist. Seinen Kampf in sich selbst und gegen Kurt Wittig, der ihm den ersten Anstoß zu der Beschäftigung mit der Rassenidec ge geben hat. Dieser Kurt schillert in der phosphoreszierenden Beleuchtung eine» Opernmephistopheles. Man sieht deutlich, Schlaf möchte ihn als den bösen Geist Jürgs hinstellen, aber er scheut auch wieder davor, ihm die finsteren bezwingenden Züge offen und ehrlich zuzuerkcnnen, denn Kurt ist ja Jöig-Schlaf .'Schlaf hat sehr viel persönliche Jugenderinncrungcn im Roman verarbeitet) Rivale, Konkurrent, der nicht als Genie und nicht al» — Sieger triumphieren darf. Beide Jünglinge arbeiten dieselbe Arbeit über das genannte Thema aus und Kurt bringt sie natürlich unter. Sache, wenn wegen einer Bagatelle, denn weiter ist doch die lleber- stundenverwcigerung der 500 Stettiner Nieter nichts, ca. 45 000 völlig unbeteiligte Arbeiter ausgesperrt oder schlimmsten Falles gar 250 000 Personen brotlos gemacht werden. Die Werften waren darauf angewiesen, sich an die Mitteilungen des Arbeiterausschusses des Stetliner „Vulkan" zu halten, die besagten, daß der Streik der Nieter „als beendet erklärt" sei, da die Versammlung der Nieter am Montag nicht die erforderliche Dreiviertelmajorität ge- sunden hat, die nach den Statuten der Metallarbeiterorganisation für die Fortführung eines Streikes erforderlich ist. Nun bleibt nur noch abzuwarten, ob tatsächlich am Freitag eine hinreichend große Zahl Nieter zur Arbeit erscheinen wird. Leider hat der Arbeitgeberverband uns im Zweifel gelassen, welcher Umfang „ausreichend" ist. Auch muß sich zeigen, ob es den zum Frieden geneigten Arbeiterführern aelinzt, die erforderliche Anzahl ihrer Genossen zum Friedcnsschluß zu bewegen. Erfüllen sich diese Erwartungen der Derftleitungen und des Arbeiter ausschusses nicht, so ist allerdings nicht nur die vollständige Schließung der Vulkanwcrst, sondern auch die Aus- sperrung der Arbeiter in den übrigen Betrieben der Metall industrie ohne weiteres zu erwarten. Der am Mittwoch mittag hier in Hamburg gefaßte Beschluß ist durch die in der letzten Versammlung der Werftarbeiter in Stettin am Dienstag zutage getretene, einer Annahme der Bedingung der Vuilkanverwaltuna abgeneigte Stimmung offenbar unbeeinflußt ge blieben, die sich eher zuungunsten der Arbeitgeber verschoben hat. Während nämlich in der Montagversammlung der Nieter 99 Mann für Annahme der Wünsche der Bulkandirektion, 275 gegen eine solche Zustimmung sich erklärten und vier Mann sich der Stimm abgabe enthielten — die erforderliche Dreiviertelmehrheit also nickt zu- stände kam — hat sich in einer Versammlung am Dienstag abend nur noch eine Minorität von 65 Nietern für Aufnahme der Arbeit aus- gesprochen, während die opponierende Mehrheit auf 327 Stimmen an wuchs. Von der Vulkanwerst gehören in Summa 424 Nieter dem Deutschen Metallarbeiterverbande an und 392 von ihnen nahmen an der genannten Abstimmung teil. Wenn nur wieder 99 von ihnen sich für die Wiederaufnahme der Arbeit ausgesprochen hätten, wäre eine statutenmäßige Verpflichtung der Nieter zur Wiederaufnahme der Ar beit vorliegend gewesen. Den Vorstellungen ihrer Führer gegenüber erklärten aber die Arbeiter, es liege gar kein «streik vor, von dem das Statut spricht, sondern eine Aussperrung. Die Arbeiter- sichrer sind jedoch zu der Uebcrzeugung gelangt, bah es sich um einen A na r i f f s st r e i r handelt, denn die Nieter haben im Laufe der Verhandlungen mit der Direktion Forderungen gestellt, die über die Ursache der Aussperrung — nämlich die Regelung der Ueberstundcn- arbeit — hinausgingen, u. a. die einer Lohnerhöhung. Die Arbeit geber haben jegliche Forderung der Nieter für unberechtigt er- klärt, da die Löhne durch noch gültige Vereinbarungen vom 4. Mai 1907 vertraglich sestgeleat sind. Die Stettiner Nieter wollen aber im Gegen satz zu dem Vorstande des MetallarbeiterverckandkS die Bewegung nicht als einen Angriffsstreik anerkennen, und so erklärt sich, daß sie nicht aus der ersten Versammlung die notwendige Konsequenz zogen und bedingungslos zur Arbeit zurückkehrten, sondern eine weitere Ver sammlung abhielten, die zu einer Verschärfung der Gegensätze führte. Die Arbeiterführer bemühen sich mit allen Kräften, die Arbeiter gesamtheit zu einer versöhnlicheren und nachgiebigeren Haltung zu bestimmen, und hoffen, trotz der kurzen Zeit, bis Freitag doch noch in „ausreichendem Umfange" die Nieter zur Aufnahme der Arbeit zu be wegen. Auch wir erwarten und hoffen das und vertrauen darauf, daß die Stettiner Arbeiter sich beiden und um der Tausende ihrer unschuldig mitleidenden Genossen willen nun nachgeben werden. Es ist schon bitter genug, daß jetzt bereits Tausende auf die Straße geworfen sind, die unbeteiligt an der Kontroverse der Stettiner Nieter mit ihren Herren sind. Denn den von der Aussperrung mitbetroffenen un schuldigen Arbeitern fehlt doch das Mittel, ihre halsstarrigen Genossen zum Nachgeben zu veranlassen. Jedes humanitäre Gefühl empört sich dagegen, daß Unschuldige Not leiden müssen. Und deshalb mögen die Stettiner Nieter genug Einsicht und Verstand zeigen, um die drohenden drakonischen Maßnahmen sich und ihren unschuldigen Genossen zu er sparen! während Jürg zurückgewiescn wird. Zuletzt trägt freilich Jürg doch den Preis davon und Schlaf gestaltet mit einer naiven Selbstenthüllung seine geheimsten Wünsche; die Sache geht ihm so nahe, daß er den Schluß eines Gartcnlaubcromans findet: Er ist Herausgeber einer auf seiner Theorie basierenden wissenschaftlichen Zeitschrift, „und bekommt ein JahreSgehali von 6000 Mark". Er hat sogar Jrmelin heiraten können, die er im Roman auch dem Rivalen hat abjagen können. Kurt aber ist unter den Vielzuvielcn verschwunden. Eine der unleidlichsten Zugaben zu dieser unmöglichen Lektüre ist die Schlafschc Manier, durchgehend mit Sperrdruck und Ausrufungszeichen zu arbeiten. Jede Idee, die ihm für seinen Helden charakteristisch er scheint, und wieviel sind es nicht, wird durch den Druck hervorgehobcn. Ein zweites Bedenken ist das eigenmächtige Deutsch, das sich bei einer solchen jedes Maß überschreitenden und jeder Klarheit entbehrenden Her- ftellung eines Monstermanuskripts natürlich nicht anders denken läßt. * * * Aus dem stark produzierenden Verlag Georg Müller liegen noch einige andere neue Ron.anc vor, die einiges Interesse beanspruchen. Hermann Wagner hat — wenigstens meiner Kenntnis nach — seine ersten Novellen gesammelt und unter dem Titel „Die rote Flamme" im genannten Verlage erscheinen lassen. War Schlag ein Schriftsteller auf absteigender Linie, so ist Wagner ein Künstler der aufsteigenden Bahn. Verschiedene dieser Novellen hatte man schon im „SimplizissimuS" gelesen und wohl selbst bei flüchtigem Lesen im Kaffeehaus aufgemerkt, wenigsten» wenn man vom Fach war: da stellte sich ein tüchtiges neues Talent vor Der Eindruck wird durch eine ruhigere Lektüre endgültig bestätigt. Soviel man Andeutungen in den teil» persönlich gefärbten Novellen entnchinen kann und auS einer Vorliebe für gewisse Milieu» und Figuren schließen darf, hat sich Hermann Magner aus engen und verständnislosen Verhältnissen herausgearbeitet. Seine Heimat ist wohl Oesterreich. Er scheint kaum die nicht immer einwandfreien Wohltaten eines geschlossenen und geordneten Gesellschaftskreises genossen zu haben, sondern vor noch nickt langem ein junger Angestellter gewesen zu sein, der sich als Outsider fühlte und damit der natürlichen Anlage dessen, der über die anderen nach, denkt, sie einfängt und zergliedert, die tägliche Nahrung zuführte. Wenn er sich zerstreuen wollte, unter Menschen gehen wollte, dann blieb der abendliche Strcifzug durch dunkelnde, warme Gassen, der impressionistiscke Genuß eines leuchtenden und lärmenden CafSs, die unbekümmerte, auf be stimmten Genuß ausgehende Gesellschaft anderer junger Leute, die selt same und an ursprünglichen Gefühlen reiche Stimmung der Häuser mit den roten Laternen. Nach Dickterart nimmt er dabei freilich mehr an den Erlebnissen der anderen teil, als daß er sie selbst sucht und folgt. Seine Stoffe sind daher auch immer stark mit erotischen Elementen verbunden und spielen ost an eindeutigen Orten. Wagner» Grundzug ist überhaupt der erotische, aber er ist von der Art, die wir von bestimmten modernen Malern kennen. leuchtend, sinnenfreudig, warm und durchaus start künstlerisch, intim. Es kommt vor, daß man durch Kunstsalons geht und diel Wall«
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