Der Leipziger Synagogalchor wurde 1962 ge gründet aus Mitgliedern des Leipziger Oratorienchores; sein erster Leiter war Oberkantor Werner Sander, Kantor der jüdischen Gemeinden von Leipzig und Dresden. 1963 gab der Chor sein erstes Konzert in der Synagoge in Dresden. Es folgten Schallplattenproduktionen wie „Meisterwerke der Synagoge", „Kostbarkeiten jüdischer Folklore" und „Jü dische Gesänge". Nach dem Tod Werner Sanders 1972 übernahm Helmut Klotz die künstlerische Leitung und der Verband der Jüdischen Gemeinden in der DDR die ge sellschaftliche Trägerschaft. Der in Europa einzigartige Laien chor nichtjüdischer Bürger pflegt gleichermaßen Synagogal gesänge in hebräischer Sprache und jiddische Folklore. Er wurde mehrfach als „Hervorragendes Volkskunstkollektiv" ausgezeichnet und erhielt den Kunstpreis der Stadt Leipza Die Geschichte synggogaler Musik reicht bis an den Anfang unserer Zeitrechnung zurück. Ein erstes Zeugnis der Religi onshandlungen und Anfänge des Gesanges in der Syna goge findet sich bei Philo von Alexandria (etwa 20 v. u. Z. bis nach 40 u. Z.), der die Entstehung der „Sabbathäuser“ auf Moses zurückführt: „Moses befahl dem Volke, sich am siebenten Tage an einem gemeinsamen Ort zu versammeln und unter Scheu und Ehrfurcht die Vorlesung des Gesetzes anzuhören, damit jeder mit dem Inhalte desselben vertraut werde. Und in Wirklichkeit versammeln sie sich regelmäßig und sitzen nebeneinander, die Menge gewöhnlich schweig sam, außer, wo es üblich, in das Gelesene einzustimmen." Aus dem Sprechgesang, mit dem die Zuhörer wiederholend in das Gelesene einstimmten, entwickelte sich allmählich ein Wechselgesang zwischen Vorsänger und Chor. Während es in den Tempeln bereits reiche künstlerische Mittel zur Aus stattung von Opferhandlungen gab, fanden die Synagogen versammlungen in nüchterner, mehr auf die Verbreitung religiöser Inhalte und neuer wissenschaftlicher Lehren orien tierter Atmosphäre statt. Allmählich jedoch hielt die Musik auch in den Synagogen Einzug - der Psalmengesang der Tempel wurde übernommen, und der Wechselgesang ZW sehen Vorsänger und Chor gestaltete sich immer kunstv4 ler, so daß ein erfahrener Sänger - der Kantor den Solo- part übernehmen müßte. Um wichtige Textpassagen her vorzuheben oder die Zuhörer zum Einstimmen zu motivie ren, bediente er sich improvisatorisch frei einer Vielzahl von Koloraturen, Melismen, Tonwiederholungen, Portamenti und Glissandi. Dabei lagen seinem Gesang nicht etwa siebenstufige Dur-Moll-Tonleitern, sondern Drittel- und Vierteltöne einbeziehende „Steiger" (modoi) zugrunde, die sich allenfalls mit dem Charakter der natürlichen Mollton- leiter vergleichen lassen. Aus der Verwendung dieser „Stei ger", damit verbundener für uns üblicher Intervalle und