Zur Einführung Die Tempelmusik der Israeliten des Altertums ist verlorengegangen. Deshalb mußte sich der Synagogalgesang von jeher in den Haupt zentren jüdischen Lebens jeweils mehr oder weniger den musikalischen Formen der Umwelt angleichen. Dennoch geht durch die von jüdischer Hand stammenden Vertonungen der hebräischen Gebets- und Bibel texte ein sehr charakteristischer Zug hindurch, ein eigentümlicher Klageton, der selbst in Freudengesängen anzutreffen ist. Es ist, als ob die jüdische Seele aus der Ghetto-Enge in die Welt der Töne entweichen wollte. Besonders ausgeprägt findet sich dieser elegische Charakter in der mehr improvisatorischen im europäischen Osten beheimateten Synagogenmusik, aber auch die in geschlosseneren Melodieformen auftretenden Gesänge enthalten solche Züge. Ja, sogar der ins Tänzerische weisende sogenannte chassidische Ritus ist nicht frei davon. - Als die klassischen Vertreter der Gattung gelten Salomon Sulzer, Oberkantor in Wien und Louis Lewandowski, Chor dirigent in Berlin. Ihre traditionellen Werke bilden die Grundlage für die zahlreichen meist im freien Stil gehaltenen Kompositionen bedeutender Gesangskantoren wie Nowakowski, Spiwak, Weißer, Aiman u.a. - Für das diesjährige Konzert wurden insbesondere Werke dieser Stilrichtung ausgewählt, für die ein oft orientalisch anmutendes Kolorit im Kantorengesang wie im Chorsatz typisch ist. W. S.