Im wiedervereinten Deutschland arbeitet der Leipziger Synagogalchor seit 1991 als eingetragener Verein ohne Anbindung an eine jüdische Institution. Die hohe künstlerische Qualität des Chores und das große ihm entgegenge brachte internationale Interesse einerseits -die Tatsache erschreckend zunehmender Präsenz von Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Rechtsradikalismus in Deutschland andererseits, überzeugten auch die gegenwärtigen staatlichen Behör den von der unverändert wichtigen kultur politischen Bedeutung dieses Ensembles. Der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig tragen deshalb durch eine regelmäßige institutioneile Förderung des Ensembles seit den frühen 90erJahren zu dessen Erhalt bei. Hinzu kommen Förderer und Sponsoren, die die Konzerttätigkeit in Deutschland und vor allem die zahlreichen Auslands gastspiele unterstützen: So konnte das Ensemble seit 1993 u.a. zwei mal in Israel und den USA, in der Schweiz, in Luxemburg, Südafrika, Brasilien, Schweden, Belgien, Tschechien, Spanien und Portugal gastieren. Schon traditionell sind die jährlichen Konzertreisen nach Polen, die bereits zu DDR-Zeiten began nen. Hohe Wertschätzung wird dem im ver einten Deutschland wieder frei tätigen Ensemble weiterhin auch von jüdischen Institutionen entgegengebracht. Struktu relle Veränderungen durch die verstärkte Einwanderung vonjuden vor allem aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion seit den frühen 90er Jahren führten aller dings zu einer allumfassenden Suche nach einer neuen jüdischen Identität innerhalb der jüdischen Gemeinschaft Deutschlands. Mit der religiösen Neuorientierung in den einzelnen Gemeinden geht eine Rückbe sinnung vor allem auf Werte des traditi onellen Judentums in seinen Anfängen einher. Mit dieser Art Renaissance des Judentums schließt sich für den Leipziger Synagogal chor der Kreis seiner eigenen Entwicklung wieder hin zu seinen Anfangsjahren unter Werner Sander: Das Ensemble pflegt und bewahrt einen Teil des jüdischen Kulturer bes in Mitteleuropaals Konzertchor, der nicht in den jüdischen Kultus eingebunden ist. Angesichts chronisch knapper Fördergeld kassen und Wirtschaftskrise, aktuellem Vereinsrecht und fehlenden behördlichen Freistellungsmöglichkeiten für Ensemble mitglieder zur Absicherung der Konzert tätigkeit, demografischen Wandels und der Etablierung ähnlicher Ensembles sieht sich der Leipziger Synagogalchor heute zunehmend Aufgaben und Maßnahmen zur eigenständigen Zukunftssicherung gegenüber. Möge es unverändert vor allem die Freude an der Musik des Judentums sein, die die Mitglieder dieses interessanten Ensembles auch zukünftig - allen Widrigkeiten zum Trotz - zusammenbringt und zusammen hält. Mazel tov zum Doppeljubiläum! Kerstin Plowinski