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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.08.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080820027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908082002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908082002
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-08
- Tag 1908-08-20
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Monat
1908-08
-
Jahr
1908
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Märsche angelangt war, begann der erste Parademarsch. Die Spitze der Parade bildete der Kommandeur der 4. Division Nr. w mit dem (Seneralsiaböosfizier Major Jahn und dem Adjutanten Major Lommatzsch. Ten folgten hinter wehenden Fahnen mit klingendem Spiel in prächtige» Kompaniefronten die Regimenter der beiden Infanteriebrigadcn, die 22 er Pioniere, das Karabinierregiment, die 2. Ulanen und die Chem nitzer Kaiseruianen in EskadronSsronten, die beiden Feldarlillerie- regimenter Nr. 32 und 88 mit je 8 Geschützen in jeder der drei Batterien der ersten Abteilungen und je 4 Geichützen in jeder der drei Batterien der zweiten Abteilungen in brillant fahrenden Baiterieirouten, und den Schluß der langen Reibe machte die 2. Maschiuengewehrabteilung Nr. 19. Wie eine mächtige Kette mit blitzenden Gliedern bewegte sich die Parade in großem Bogen zum Ausgangspunkte des Parademarsches zurück. Die Fußtruppen formierten die machtvollen Regiments» und Bataillonskolonnen, brigakeweise die Spielleute und stolzen Feldzeichen vor der Front, wahrend die Kavallerie in EskadronSsronten, d e Feld artillerie in AbteilungSfronten und die Masch rr-mgew.hrabteilung in geschlossener AbteilungSfront antraten. Eine kurze Pause, der Divisions kommandeur reitet an die Front der wahrhaften Phalanx in blitzender Wchr und Waffen, weithin schallt sein Kommando „Parademarsch" und in imposanter Weise ziehen zunächst die Fußtruppen vor dem König vorüber und dann folgten in langem Trabe die Kavallerieregimenter, die Artillerierezimenter und die Maschinengewehrabteilung. Tie 88. und 89. Insanteriebrigade rückten nach dem zweiten Desilee in das Lager des Truppenübungsplatzes ab, wohin die Kaoallerieregimenttr und die Maschinengewehrabteilung folgten. Die Artillerieregimenter fuhren, nach dem Vorbeimarsch Batterien in Marschkolonne formierend, geradeaus und verloren sich im Dorfe Zeithain, um dann nach ihrer Garnison Riesa zurückzukehren. In der gleichen Weise verschwanden die Pioniere vom Paravefelde dem Gesichtskreise. Die anwesenden Generäle und Stabsoffiziere mit ihren Adintanten versammelten sich nm den König zur Kritik. Sodann kehrte der Monarch ins Barackenlager zurück zum Frühstück. Der Parade wohnten viele Zuschauer teils zu Wagen, teils zu Pferde und teils zu Fuß bei. Der Paradeplatz war in gioßem Umkreise durch eine Postenkette abzesperrt worden. Im Barackenlager herrschte von früh zeitig bi« nachmittags lebhafte- Treiben und Schaffen infolge der Parade, ein reizvolles Bild besonders für die vielen Paradegäste Zeit- Hain-, die auf bistorischem Boten ein glänzendes militärisches Schanipiel mit erlebten. Bei den Truppen wird die Erinnerung an diese prächtige Parade vor Sr. Majestät dem König sicher noch lange sortleben, denn eS ist den außerhalb der Residenz garnisonierenden Truppenteilen eine König-parate ein besonders ehrenvolles Ereignis. Deutsches Reich. Leipzig, 20. August. * Kaiser Wilhelm und König Sdnard. Der Londoner „Daily Telegr." bespricht in einem längeren Artikel nochmals die Begegnung Kaiser Wilhelms mit König Eduard in Cronberg und will erfahren haben, daß dieselbe durch einen Gedenkstein, den man im Park errichten will, verewigt werden soll. Das Blatt fügt dann noch hinzu, die Unterredung sei als eines der wichtigsten Ereignisse unseres Zeit alters zu betrachten. Man habe England vorgeworfen, eine Aition vorzubereiten, um Deutschland einzukreisen. Aber endlich sei den beiden Regierungen die Ueberzeugung von der Unrichtigkeit dieser Vermutung gekommen. Die Angelegenheit könne als erledigt gelten. Der Kaiser und ter König seien Monarchen, welche gewohnt sind Ereignisse und Menschen ihrem Willen uoterzuordnen. Sie seien entschlossen, den Frieden zu erhalten. Jede Gegnerschaft sei geschwunden. * ReichSfiskus und Gemeindesteuern. Daß ein Rcichsgesetzentwurf über die Heranziehung des Reichsfiskus zu den Gemeindesteuern in Arbeit genommen ist, ist schon im vorigen Reichstagstagungsabschnitte von einer Regierungsstelle mitgeteilt worden. Ob er jedoch bald fertig gestellt werden wird, und ob er, selbst wenn dies der Fall sein sollte, iw der nächsten Tagung dem Reichstage unterbreitet werden wird, ist schon mit Rücksicht auf die Fülle anderer dem Parlament bevorstehender Aus-., gaben fraglich. Auf reden Fall wird im NeichshaushältDetat,sur Msi noch immer eine ganze Anzahl von Gemeinden ausgeführt werden, die gewisse Beihilfen von der Heeres- und Marineverwaltuna deshalb be ziehen, weil deren Betriebe ihnen bedeutende, nicht durch Steuererträge ausgeglichene Ausgabevermehrungen für Schulen, Armenpflege usw. bringen. Einzelne dieser Gemeinden, die schon seit Fahren diese Bei- Hilfen beziehen, so die um Wilhelmshaven gelegenen, durften sogar, weil die bisher gewährten Bezüge die Ausgabenerhöhung nicht ganz aus glichen, für das nächste Jahr auf eine Beihitsencrhöhung zu rechnen haben. « * Bei den Plroduktionserhebun-en, welche in den Jahren 1898 bis 1900 innerhalb der deutschen Industrie veranstaltet wurden, ist es als selbstverständlich betrachtet worden, daß derartige statistische Ermitte lungen, um zur Beurteilung wirtschaftlicher Vorgänge wirksam beizu- iragen, periodisch wiederholt werden müssen. Nachdem nun- mehr annähernd ein Jahrzehnt seit dem ersten, durchaus befriedigend verlaufenen Versuche verstrichen ist, besteht, wie die „N. Pol. Eorr." hört, bei der Reichsverwaltung die Absicht, nach und nach bei einzelnen In dustriezweigen mir den Produktionscrbebungen von neuem zu beginnen. Ein besonderes Bedürfnis hierzu besteht zurzeit in der Baumwloll- sp inner ei: aber auch für die Eisenindustrie erscheinem er- neute statistische Ermittelungen für die Beurteilung der gegenwärtigen Lage durchaus notwendig. * Zum bevorstehenden Rücktritt des Berliner türkischen Bot schafters Ahmed Tewfik Pascha wurde dem „Lok.-Anz." auf der Botschaft mitgeteilt, daß Tewfik Pascha vor zehn Tagen dem Sultan sein Ent- lassungsschreibcn einsandte. Die Entscheidung darüber stehe noch auS. * „Parlamentarischer Kretinismus." Unter dieser Ueberschrift teilt de „Leipz. VolkSztg." über ihren badischen Genossen Landtagsabgeordneten Kolb, „der sich als Vorkämpfer der badischen Taktik berufen fühle", folgende Geschichte mit: „Am Anfang voriger Woche bischte der „Karls ruher Vol'sfreund" einen vom LandtagSabgcordneten Kolb geschriebenen Bericht über eine Sitzung des Landtag-, die gar nicht stattgesunden hatte. Er sprach von ferner Rede in dieser Sitzung, die er gar nicht gehalten batte, und berichtete über eine Abstimmung, die gar nicht vorgekommen war. Dock) das muß man selber lesen." „Von dieser ganzen Verhandlung ist auch nicht ein Wort gefallen. Genosse Kolb halte eben den Bericht vor der Verhandlung ge schrieben und in Satz gegeben. Die Verulkung durch seine ParlamentS„lollegen" nahm der Abgeordnete Kolb mit kalt blütigem Lächeln entgegen. Ein Glück für ihn, daß am folgenden Tage das Unglück mit Zeppelin erfolgte, wodurch die allgemeine Ausmersam- keit von diesem Skandal abgelenkt wurde. In der badischen Partei wurde über dieses skandalöse Verhalten eines ihrer Abgeordneten kein Wort teö Tadels laut, geschweige denn, daß man nach einer solchen Blamage die Niederlogung des Mandats von ihm verlangte. Wir aber meinen, ein so b!amagengekrönter Feldherr hätte alle Veranlassung, sich bei irgend einer dunkel» Parteiecke zu verkriechen und n.cht noch dre all gemeine Aufmerksamkeit vurck schnoddrige Rechtfertigungsversuche des nadischen Disziplinbruchö auf sich zu ziehen." * Ein kirchlicher Boykott k Jedenfalls aus Weisung des Vatikans haben sämtliche Erzbischöfe und Bischöfe Bayerns in einem Hand schreiben an die Geistlichkeit daö allerschärfste Vorgehen gegen die Monisten angeordnet und eine Belehrung aller Katholiken anbesohlen, daß rieie jeden Umgang mit Monisten, die Gottesleugner sind unv die Lehre Christi veiwerfen, vermeiden; ferner jede geschäftliche Ver bindung mit Monisten sogleich abbrechrn, da sonst Gefahr für ihr Seelenheil vorhanden ist. (Äerl. Tgbl.) * Die armen Botenfrauen. Den Groll der gewerkschaftlich organi- fierten Genossen haben Botenfrauen der „Vorwärts"- Spedition in C h a r l o t t e n b u r g auf sich geladen. In der letzten Sitzung der Gewerkschaftskommission zu Berlin wurden bittere Klagen darüber laut, daß die Frauen sich hartnäckig geweigert haben, der Organisation beizulreten, ja sogar andere noch vom Vertritt abge redet haben. Das soll fürchterlich gerochen werden; die armen Frauen sollen aus der Stellung entfernt werden; die „Vorwärts"-Abonnentcn sollen von ihren Delegierten ersucht werden, daß sie den „Vorwärts" nur von solchen Frauen cntgeaennehmen, die sich als gewerkschaftlich organi siert durch Legitimationslarte ausweisen. Ausland. * TuS Ende des dänischen Zeitungsstreiks. Alle Moraenzeitungen in Kopenhagen sind am Mittwoch, nach Beendigung des Streiks, wieder erschienen. Die ZeitungSsetzer nahmen die Arbeit am DienStagnackmittag wieder auf, die übrigen Drucker, Buchbinder und Arbeiter bei den Papierfabriken Mitt woch morgen. Die anderen Ausständigen wollen erst Donnerstag beginne». Die Typogravhen ha^en in einer Gehilfenversammlung den Beschluß gefaßt, dem Buchdrnckerkongreß den Austritt aus dem Bunde vorzuschlagen. Die separa tistischen Tenden-en innerhalb der dänischen Sozialdemokratie machen weitere Fortschritte. * Freiherr v. Achrenthal über die auswärtige Politik Oesterreichs. Wien, 19. August. Wie die „Neve Freie Presse" meldet, hielt der Minister des Aenßern, Freiherr v. Arhrentyal, im allgemeinen Mlnlsterrat über die gesamte auswärtige Lage, insbesondere über Vie Rückwirkung der türkischen Ereignisse auf Bosnien, einen ausführlichen Vortrag, an den sich eine längere Debatte anknüpfte. Neber die bosnischen Angelegenheiten wurde keine Entscheidung gefällt. In einer vorauSgegangenen Beiprechung zwischen Freiherr» v. Aehrenthal und dem Ministerpräsidenten Freiherrn v. Beck und Tr. Meckerte über Len serbischen Handelsvertrag wurde Freiherrn v. Beck , freie Hand gelassen, mit Rücksicht auf die parlamentarischen Schwierigkeiten , in Oesterreich hinsichtlich der Aktivierung de- BrrtrageS nach den Erforder nissen der jeweiligen Lag« vorzugehen. * Belgien hat durch die Angliederung des Kongostaates bisher nur schwere Sorgen gebgbt. Nun scheint nar eine Ministerkrise bevorzustrhen. Brüssel, 19. August. (Tel.) Bei der Verhandlung über Artikel 1 des Kolo nialgesetzes, der von der Kongoschuld handelt, wurde von derRegierung die Ansicht vertreten, daß Belgien sich den Verpflichtungen gegen Dritte nicht entziehen könne, doch zugestandrn, daß Belgien der Kolonie Unterstützung nur in Form von Vorschüssen zu produktiven Zwecken und zu Zinszahlungen leisten dürfe. Der Vorschlag der Regierung, Artikel 1 in diesem Sinne zu ergänzen, wurde mit 75 gegen 51 Stimmen bei zehn Stimmenthaltungen abgelehnt und sodann der Artikel in zweiter Lesung angenommen. — Man betrachtet die Lage jetzt als äußerst ernst und erwartet den Ausbruch einer Ministerkrisis. * Tie früheren Tmnamitglieder, die wegen de- bekannten Wiborger Ausrufs ins GesängniS gesetzt wurden, sind jetzt entlasten worden, worüber be richtet wird: Petersburg, 19. August. »Tel.) Den 18 Wiborgern, die heut« früh 6 Uhr das Gefängnis verließen, war ein merkwürdige- Geleit beschieden. Eine lange Reihe von Polizisten war am ganzen Newa-Ufer und an der Alexanderbrucke ausgestellt. Publikum war fast gar nicht zu sehen, da alle die Entlassung für spätere Morgenstunden erwarteten. Als erster verließ Peirunkcwilsch das Gefängnistor, dann Lomschakow, Lilwinow, Ognew, Jmschenizky und nach einer kleinen Pause, stark zusammengrfunken und ab- gemagerh Schilkin-. Darauf folgten in kleinen Zwischenräumen Borodin, Wtnawer, Protopopow, Grede-kul und andere. Aeußerllch waren alle wenig verändert. Sämtliche Deputierte sind während der Haft literarisch tätig gewesen. Borodin Hai auf Bestellung de- Finanzministerium» zwei Fachschriften aus gearbeitet, die au» dem Gefängnis abgeholt wurden. Ueber die korrekte Be handlung seilen» der Administration äußern sich die meisten lobend. * In der Türket macht die Beruhigung weitere Fortschritte. Konstantinopel, 20. August. (Tel.) Da« junqtürkische Komitee hat seit gestern auf die weitere Ausübung der Polizeikontrolle verzichtet. — Die Regierung dementiert die Meldung, daß sie streikende Ausländer mit der Ausweisung bedroht habe. — Wie verlautet, wird Riza Pascha zum Kriegsminister ernannt werden. — Ter Setzerstreik ist beendet. Die Zeitungen in Pera erscheinen wieder. * In Marokko scheint Sultan Abdul Aziz mit französischer Hilse einen größeren Erfolg über die Truppen feines Bruder- errungen zu haben, worüber folgende Meldungen vorliegen: Tanger, 19. August. (Tel.) Der Katd Mtugi lagert unter den Mauern von Marrakesch. Er gab Glaut drei Tage Bedenkzeit bis zur Uebergabe. Nach Ablauf dieser Frist werde er die Stadt bombardieren. Tie Einwohner verlangen die Uebergabe, aber Glaui kündigte ihnen an, sein Bruder käme mit einer Mahalla von Fez zu ihrer Befreiung heran. Abdul Aziz lagert acht Stunden von Marrakesch entfernt, umgeben von Anhängern aus allen Stämmen. Parts, 19. August. (Tel.) Wie au» Marrakesch vom 15. August gemeldet wird, vernichtete die Mahalla Abdul Aziz' die Truppen El Glauis bei Sidi Guellal und eine zweite hasidische Mahalla bei Sidi Rahrl. Zu derselben Zeit zog Kaid Mtugi in Marrakesch ein. Weniger bestimmt klingt folgende Pariser Meldung: Pari-, 19. August. (Tel.) Noch fehlt die Bestätigung de- durch Boten nach Casablanca gelangten Gerüchte-, daß Mtugi al-Quartiermacher des Sultans Abdul Aziz in Marrakesch eingezogen sei. Eine gewisse Wahrscheinlichkeit erhält da- Gerücht durch die jüngsten Meldungen auS Marrakesch, wonach der zur Verteidigung de- wichtigsten Punktes Sidirahal aus Moralen nach Marrakesch entsandte Kaid Sekiarri sich nach überaus tapferer Gegenwehr zurückziehen mußte. Solang« nur Nachrichten au- französischen Quellen vorliegen, wird man sich eines gelinden Zweifels an der Sieaesnachricht nicht enthalten können. — Tendenziös klingt auch folgende Nachricht von der marokkanisch-algerischen Grenze: Lalla Marnia, 19. August. (Tel.) Unter den Stämmen »wischen Fez und dem Fluß Muluja herrscht vollständige Anarchie. Die DfulS er heben erhöhte Abgaben auf Viehherden, die von Fez durch ihr Gebiet nach dem Markt in Lalla Marnia getrieben werden, und andere Stämme folgen diesem Beispiel. * Venezuela unter seinem Präsidenten Castro kommt au» den Kon- slikten mit den europäischen Mächten überhaupt nicht mehr heran-. Nun hat Castro auch den schon älteren Gegensatz zu Frankreich wieder verschärft. New Nork, 19. August. (Tel.) Einem Telegramm auS Caracas zu folge hat Präsident Castro es abgelehnt, dem brasilianischen Gesandten die Wahrnehmung ter, französischen Interessen in Venezuela zu gestalten. Der venezolanische Minister des Aeußern hat, trotzdem er ursprünglich dem Ar rangement geneigt war, in seiner Note erklärt, daß die Regierung die An nahme desselben verweigere, weil die französisch-venezolanische Streitfrage in engem Zusammenhang mit der amrrikanisch-venezolanischen Streitfrage stehe und da» vorgeschlagene Arrangement daher die Fortdauer der freundschaft lichen Beziehungen zu Brasilien gefährde. Leipziger und sächsische Angelegenheiten. Wetterbericht -er rr-uigl. SSchs. lkan-es-wetterwarte zn Dresden. Voraussage sür den 21. August 1SV8. Ostwind, heiter, warm, trocken. * Herr Poltzetdirektor vretschnetder hat seinen Urlaub beendet un heute die Leitung der Geschäfte Le» Polizeiamtes wieder übernommen. * Bürgermeisterwahl. Herr Ratsassessor Wimmer Hierselbst wurde mit großer Mehrheit zum Bürgermeister der Stadt Schöneck im Vogtlande gewählt. ' * Die nächste Sitzung des Bezirksausschusses findet amDonners- tag, den 27. d. M., vormittags 9 Uhr statt. Auf der Tagesordnung steht u. cr. das Biersteuerregulativ für Priesteblich, ferner das Regulativ über die Ausschließung säumiger Abgaben pflichtiger von öffentlichen Vergnügungsvrten , in Dölitz, Dösen, Holzhausen, Lieberiwolkwitz, Wachau und Zuckelhausen. * Feier des Sedantages. Die Vorbereitungen für die patriotische Feier des SedantageS sind durch den Birrgerausschuß zum Mschlusse gekommen. Es findet am Dienstage, den 1. September, abends 8 Uhr, im Saale des Zoologischen Gartens, auch in diesem Jahre ein großer öffentlicher Festkommers statt, hei dem Herr Direktor Dr. Helm die Festrede halten wird. Die Gesänge hat der Leipziger Lehrergesang, verein unter Leitung des Herrn Direktors Max Engel gütigst über nommen, während die Kapelle des 106. Regiments unter Direktion deL Kgl. Musikdirektors H. Matthey den musikalischen Teil bestreitet. An der regsten Teilnahme der Bürgerschaft ist um so weniger zu zwei- sein, als auch erstklassige Vorführungen von Turnern und Turnerinnen den patriotischen Abend, verschönern helfen werden. * Personalverändernngen im Bezirke der Kaiserlichen Vber-Post- dircktiou-Leipzig. Etat-mäßig angestellt die seither gegen Tagegeld be- schästlgten Telegraphengedilfinnen Dörner und Pannrwltz, sowie der Tele- grapbenhilfSmechaniker Schmitz unter Ernennung zum Telegraphenmechaniker * Ludwig Fulda schwer erkrankt. Aus Wien meldet un» ein Privat- telegrainm unsere- L.» Korrespondenten: Ludwig Fulda, der zurzeit auf seiner Besitzung am Karersee (Südtirol) weilt, ist nicht unbedenklich er- krankt. Zu dem chronischen Herzleiden, das den Dichter seit längerer Zeit be fallen hat, hat sich nunmehr Neurose gesellt, die dem Kranken große Be schwerde verursacht. * Biktar Harduin Aus Pari- meldet rin Telegramm: Der Jour- nalist Victor Harduin, der täglich im „Matin" eine Plauderei unter der Spitzmarke „Parisien" erscheinen ließ, ist gestern nachmittag gestorben. * Tie Esperauta-Aufführung van Goethes „Iphigenie". Unier ^.-Korrespondent meldet ans Dresden: Gestern sand im König!. Opernhaus die schon längere Zelt angekündigte Ausführung von Goethes „Iphigenie" in Esperanto statt. ES war ein Experiment, da- jedenfalls von der lebhaftesten Zustimmung der Zuhörer begleitet war. Freilich wird niemand behaupten können, daß die Uebertraguna der Goethrscheu Verse in die jüngste Sprach« mit dcm Original, wa» küusilerische Qualität anlangt, überhaupt nur in einem Atem zu neunen sei. Die Darsteller beherrschten alle ihren Part mit völliger Sicher- beit. Sowohl Emauuel Reicher, wie auch Bruno Tecarli, der von Leipzig herübergrkommrn war, die Hauptdarsteller, wurden mit Beifall überschüttet. ' Französische Tristan - Lichtungen. Wagner« Musikrrama „Tristan und Isolde" hat nicht nur die musikalischen Kreise des Auslandes zu höchster Anerkennung gezwungen, sondern auch lediglich durch den in ihm behandelten Stoff das Interesse der literarischen Welt erregt. In neuester Zeit sind nament- lich in Frankreich Bühnruwerke entstanden, die den gleichen Stoff — allerdings in einer modifizierten Gestalt — zum Borwurf haben. So bat der Komponist Claude Debussy, desfrn „PeleaS und Melisande" oroße» Aufsehen gemacht hat, nach einem Textbuch von Gabriel Mouscy die Partitur einer großen Oper „Tristan und Isolde" geschrieben, di« in der großen Pariser Oper in der kommruden raison zur Uraufführung kommen soll. Ferner hat der französische Dramatiker Loni» Artu» für die Sarah Bernhardt ein Drama „Tristan" geschrieben. * Hegel» Philosophie in Italien. Von unserem römischen ?.-Korre» spondenten wird uns geschrieben: Tie Bücher, die in einer auf die Gunst de» großen Publikum» angewiesenen ..Sammlung" veröffentlicht werden, rechtfertigen in dec Regel die Annahme, daß ihr Inhalt der Gedanken, weit weiter Kreise nicht fremd ist oder zumindest sehr entgegenkomint. Unter diesem Gesichtspunkte wäre der Umstand, daß neuerdings in der von Benedetta Lroce und Giovanni Gentile herausgegcbenen Sammlung ...Klassiker der Philosophie" (Verlag Laterza e Figli in Bari) eine italie nische Uebersetzung von Hegels „Enzyklopädie" und von Schelling« „System de» transzendentalen Idealismus" herausgekommen ist, schon an und für ich bezeichnend. Wa« im besonderen die Geltung von Hegels Philo- ophie, der man ja auch in Deutschland jetzt in Ansehung ausländischer Literatur wieder einigermaßen gerecht zu werden beginnt, in Italien be- trifft, so ist aber außerdem zu bemerken, daß sie heute so groß ist wie die keine» anderen deutschen oder ausländischen Autors. Professor Vertrando Lpaventa ist wohl der bedeutendste Faktor dieser Tatsache gewesen. Von ihm haben, wie das meist so zu gehen pflegt, die Schüler die Anhänglichkeit an Hegel wie ein Dogma übernommen, umd die Idee al» das Absolute und al« Natur, sowie die Dialektik al« philosophische ErkenntniSform sind die vorherrschenden intellektuellen Prinzipien einer geraumen Epoche dec Entwicklung der italienischen Nation geworden. Es blieb nicht aus, daß einesteils der lebendige Sinn und die sachgemäße Verwertung dieser Pein, zipien sich verflüchtigte und andernteils der aufkommende Materialismus dem alten Idealismus auch das italienische Feld mit großem Erfolge be stritt. In den jüngsten Jahren hat nun Hegel einen neuen und ebenso gewichtigen wie angesehenen Verteidiger in Italien gefunden in der Person von Benedetto Crore. Keinen Verteidiger g<i sioe, sondern um des in seinem Gedankensystem dauernd bzw. unwiderlegt Guten und Lebens- kräftigen willen. Es zeigt sich das in Croces „Aesthctil", die in Deutsch land nicht nur sehr rühmende Kritiker, sondern auch eine Uebersetzung fand, in seinen „Grundzügen einer Logik als Wissenschaft des reinen Be griffs", die die Logik als durchaus spekulative Wissenschaft und als Philo sophie der Philosophie darsiellen, in zahlreichen Aufsätzen der von ihm herauSgcgebcnen philosophisch-literarischen Zeitschrift „Critica" und vor allem in einem soeben erschienenen Buche unter dem Titel „Das, was von der Philosophie Hegels lebt, und da-, was von ihr tot ist". In diesen« letzten Buche entwickelt und verteidigt Croce Hegels Hauptproblem, die „Logik der Philosophie", und beweist, sowohl aus der Geschichte der Philo. sophie wie rational, daß man über Sinn und Ausgabe der Dialektik auch heute gar nicht ander» denken könne wie Hegel. Croce gibt sich des weiteren Mühe, die bedeutsamen Konsequenzen für die Auffassung von Wirklichkeit und Leben, die aus der Dialektik sich ergeben, eindrucksvoll herauSzustcllen und zu zeigen, wie mit ihr das Problem der Transzendenz, dcS TuolismuS, des Optimismus und Pessimismus und der geschichtlichen Entwicklung einfach und definitiv erledigt wird. Er unterläßt des weiteren freilich nicht, eine ganze Reihe von Irrtümern Hegels und von deren Tragweite darzulegen, kommt indessen zu dem interessanten Schluß, daß er selber Hegelianer sei und glaube, daß man Hegelianer sein müsse. Croce unterläßt nicht, seinen Lesern eindringlichst zu raten, wa» übrigen« auch in Deutschland zu raten sehr angebracht scheint, die Werke Hegel selbst zu lesen und sich alrdann und erst alsdann über, für oder gegen ihn auszulafsen. Immerhin erhellt au« einem Gesamtverzeichnis der internationalen Literatur über Hegel, das 400 Nummern zählt, daß nicht weniger wie sechzig Nummern au» italienischer Feder stainkben, mit anderen Worten die Tatsache, daß Hegel in Italien sehr viel ernster ge nommen und gepflegt wird wie alle anderen Philosophen. * Schicksale eines preisgekrönten Librettos. Mit aroßem Reklnmc- qeschrei verkündeten vor etwa zwei Jahren die italienischen Zeitungen, daß ein italienischer Dichter ein Opernlibretto von wunderbarer Pracht gedichtet habe: der bekannte Mailänder Verleger Eduard Sonzogno, der schon frübrr mehrere- inal rin Wettkomponieren vrranstalieir, hatte zur Abwechslung einmal riu Wrttdichten arrangiert und dem römischen Journalisten Fausto Salvatort, der auS dieser poetischen Konkurrenz mit seinem Libretto „La Fest« del grano" (Das Erntefest) al- guter Erster hervorgrgangen war, eine Prämie von 20000 Lire in den Schoß geworfen. Ter Jubel in Italien wurde noch größer, al- man erfuhr, daß Pietro MaScagni, der vamal» mit Sonzogno zufällig nicht verfeindet war» sich bereit erklärt hab«, da» „Erntefest" zu verlonen. Wenn das kein epochemachende- Ereigni« wart Allmählich begann sich jedoch die Begeisterung stark, sehr stark sogar, abzukühlen. Literarisch geschulte Männer fanden berauS, daß die »Peatn «lei xiavo" gar nicht so herrlich sei, wie man anfangs geglaubt hatte, und besonder» krittlig veranlagte Geister behaupteten sogar, daß sie als Libretto geradezu jämmerlich sei. Und dann kam ein noch schwererer Schlag: MaScagnl der Große sollte irgendwo erklärt haben, daß er einen solchen Text nicht komponieren könne, und nun regnete es wochen lang in der Presse Nord« und Süditaliens Dementis und Gegendementis, die alle die welterschütternde Frage betrafen, ob Maseagni das, was er gesagt haben sollte, auch wirklich un- wahrhaftig gesagt habe. Und er scheint cs in der Tat gesagt zu haben, denn man erfährt jetzt aus sicherer Quelle, daß er die Vertonung deS „Erntefestes" endgültig abgelehnt habe. Es Kat sich aber sofort ein anderer Komponist gefunden, der die Sache machen will, und dieser Komponist ist ein ,.. Kanonikus. Die Italiener haben in Perosi sä on einen geistlichen Komponisten von nicht gewöhnlichem Talent, und nun soll ihnen in Fino — so heißt der neue Mann — sogar ein geistlicher Opern- komponist erstehen. „Fino", so liest man in dem Theaterblatt „Jl Tirso", „hatte schon früher die Absicht kundgegeben, die „Festa del grano" in Musik zu setzen; die ersten Verhandlungen führten aber nicht zum Ziele, weil man damals noch nicht wußte, woran man mit MaScagni war. Dazu kam noch, daß Fino schon mit der Komposition einer im Ricordischrn Verlage erscheinenden Oper begonnen hatte, und da Rleordt und Sonzogno scharfe Kolurrrnten waren, mußte er den Ausbruch eine» Kriege» befürchten, wenn er sich ganz plötzlich der Kom position eines dem Feinde Ricordi» gehörenden Libretto» zuwendete. Mit einem Schlage hat sich aber alle» geändert; MaScagni lehnte definitiv ab, und Ricordi und Sonzogno, die unversöhnlichen Feinde von gestern, lagen sich plötzlich in den Armen. Nun hätte Fino recht» und link- komponieren dürfen, wenn nicht noch ein anderes Hindernis zu überwinden gewesen wäre: Giocondo.Fino glaubte, daß er al» Priester nicht wagen dürfe, eine weltliche Oper ohne die Zustimmung der geistlichen Behörden zu komponieren. ES sanden langwierige Unterhandlungen statt» und Salvatori, der Textdichter, erklärte sich, „aus Rück sicht auf da» Priesterkltid de» Komponisten", bereih einige Szenen de- Libretto» ganz au-zumerzen und andere zu ändern. Man muß nämlich wissen, daß der Held de« „Erntefeste»" eine Art Arbeiter-Christu» ist, ein Mann, der in Er- löserart die Arbeiter befreien und böherrn Zielen zuführen will. Nach der Reinigung de» Texte» hatten die kirchlichen Behörden gegen die Komposition durch Fino nicht» mehr rinzuwendrn, und so wird die „Fefta del grano", mit einem geistlichen „Rrimprimatur" versehen, das Licht der Rampen erblicken. * Kleine Chronik. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht, wie uns ein Telegramm meldet, die Ernennung LeS außerordentlichen Professor» an der Universität Göttingen Dr. Hergloh zum außerordentlichen Professor an der Technischen Hochschule Wien. — Der Ortrntalisteukongreß beschloß einem Telegramm au» Kopenhagen zufolge den nächsten Kongreß in Athen abzu halten. ES lagen Einladungen auS Kalkutta, Athen und Deutschland vor. Un mittelbar nach der Beschlußfassung lief die offizielle telegraphische Einladung der griechischen Regierung ein. — Al» nächste Premiere deS Deutschen Theater« in Berlin wird eine Aufführung von Grillparzer» „Mrdea" vorbereitet. Die Titelrolle spielt Adele Sandrock. — An das Residrnz-Thratrr in Köln (Direktion: Annie Neumann-Hofer und Erwin Baron) wurde Wilhelmine Wüllner engagiert, nachdem sie dort mit großen Erfolgen al» „Nora" gastierte. Ferner treten noch in den Verband de« Theater» Betty L'Arronge, Charlotte Lilienthal-Landen und Herr Mareell Golz. Die neue Direktion eröffnet die Saison am 1. September.
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