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Dünemark, den Donau ftaa len, Italien Luremdur^ «lederiand^ Norwegen. »iub> land. Schweden Lchwei« und Spanien. Ja alle» übrigen Staate» nur direkt durch dch «lve». d. «l. rrhültlich. »bo>ln«a«nt.Lnnad««, PuguHu.plau «d b« »nleren Drüger^ Fiiiaiea, Spediteure» «id «nnahmeitellen, Lwt, vogümtern ua» lvrwi «rügeen. Die en^eiu« «»«»er kovei 10 Mfg. «edakttv, au» »rpedttiont Johann,»gast« 8. r«le°don Nr. I4SSL Nr. 14SV3, Nr. 14SS4. Abend-Ausgabe v. UtWMrTWMaü Handelszeitung. Ämtsbkatl des Rates und des Rotizeiamtes der Stadt Leipzig. Nr. 23». Donnerstage 20. August 1908. Anzeigen-Preit iiir Inserate au« 2«i»,ta und Umgebung die »«spalten« Petit,eil, 2ü PI., finanziell« «neigen 30PI., Reklamen IM.; von autwürtt 30 PI., ReNamen 1.20 M.; vom«u»land50PI., finanz. Anzeigen 7SPs. Reklamen 1.60 M. Inserate v. Behbrdenii amtlichen Dell 40 Pi. Beilagegcbübr ü M. p. lausend ex kl. Post- gebühr. S>eschüst»anzeigen an bevorzugtet stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Lar, Festerteilte Austrüae können nicht zurück- gezogen werden. Für da» Erscheinen an bestimmten Lagen und Mühen wird keine Sarantie übernommen Anzeigen-Annahme, Pugufiusplatz 8, bei sümtlichen Filialen u. allen Annoncen- Expeditionen de» In» und Anriandel. Haupt.Stltal« vrrltn: Sarl Duncker, tzerzogl. Bapr. Hosbuch- handlung, Lützowfirafie 10. (Telephon VI, Nr. 4W3). Haupt-Filtal« Lrrsten: Secstrabe 4,1 (Telephon 4621). m. Jahrgang. Das wichtigste. * Der dänische Zeitungsstreik ist beendet. (S. Ausl.) " Im Zusammenhang mit dem Beratungen über die Angliede rung des Kongo st aates droht in Belgien eine Minister krisis. lS. Ausl.) »Truppen Abdul Aziz' sollen nach siegreichen Gefechten Marrakesch besetzt haben. (S. Ausl.) * Die amerikanische Schlachtflotte ist in Sydney angekommen. * Die Mansfeldschc Kupferschieferbauende Ge werkschaft in Eislcben verteilt für das erste Halbjahr 1908 keine A bs ch l a g s a u sb e u t e. lS. Handelsteil.) * Der Dichter Ludwig Jul da ist an Herzneurose nicht unbe denklich erkrankt. Dar Zentrum alr Schrittmacher -er Sozialdemokratie. Die Kandidatur des Grafen Posadowsky im Reichstagswahlkreise Speyer-Ludwigshafen ist gescheitert. Um das gleich vorweg-zu nehmen: gescheitert am Zentrum, das aus seinem kleinlichen Parteiegoismus keinen Ausweg fand. Die Nationalliberalen — das wird man wohl, ohne in die leidige Gepflogenheit des Selbstlobes zu verfallen, aus- sprechen dürfen — waren selbstlos vorgegangcn. Sie verzichteten auf die Nominierung eines eigenen Kandidaten, obschon der Mann, den sie ursprünglich im Auge gehabt hatten, gerade der spezifisch pfälzischen Eigenart besonders entgegenkam. Statt dessen knüpften sic Verhand- lungen an mit einer Persönlichkeit, von der sie annehmen mußten, daß sie dem Zentrum vor allem sympathisch war. Das ist nicht so zu ver stehen, als ob auch wir uns die törichte Legende von der Zentrums- freundschaft des Grafen Posadowsky zu eigen machen wollten. Gewiß ist Graf Posadowsky nicht mehr Zentrumsfreund gewesen als in jenen Zeitläuften, da Zentrum Trumps war, alle anderen Mitglieder der Re gierung auch. Und sicher hat er mit den Führern der damals regieren den Partei nur dann unterhandelt, wenn es im dienstlichen Interesse — um Vorlagen der verbündeten Regierungen zu fördern — geboten war. Allein das Zentrum hatte alle die Jahre hindurch die Politik des Grafen Posadowsky gern und anscheinend auch freudig unterstützt. Noch bei der Etatsberatung im Frühjahr 1907 rief ihm Herr Trimborn zu: „Graf im Bart, Ihr seid der reichste", und als er dann in den letzten Juni tagen aus seinen Aemtern schied, ward des Wehklagens in der klerikalen Presse kein Ende. Wie sich jetzt herausstellt, war diese Klage nur Schein. Man wollte die Gelegenheit nicht ungenutzt lassen, um dem Fürsten Bülow einen Streich zu versetzen. Deshalb band man die Maske des Tiefbekümmerten sich vor und jammerte über den Schaden, den das ge meine Wesen nun erfahre. In dem Moment aber, wo der Suaden in etwas repariert werden konnte, wo sich die Möglichkeit eröffnete, die Kenntnisse und Tüchtigkeiten des Grasen Posadowsky wieder für die Allgemeinheit nutzbar zu machen, ist das Zentrum nicht zu haben. Da 'chlägt, nachdem seine Presse mit verteilten Rollen einen irreführenden Lärm vollführt hat, es sich seitwärts in die Büsche und läßt mit kühlem Achselzucken vermelden: die parteipolitische Konstellation verbiete schon vom Standpunkt der Selbstachtung dem Zentrum ein Zusammengehen mit den Liberalen. Gegen solche Argumente ist natürlich nicht aufzukommen. Wer innerlich so armselig konstruiert ist, daß er auch in ernster entscheidungs- schwerer Stunde seine kleinen Empfindlichkeiten nicht zu unterdrücken vermag; wer lieber seiner verletzten Parteicitelkeit frönt, als daß er mit den Mitbürgern zu einer der Gemeinschaft nützlichen Tat sich ver bindet, den muß man einfach ziehen lassen. Für bürgerliche Parteien sollte er wenigstens nicht mehr bündnissähig sein. Fast sieht es ja auch so aus, als ob das Zentrum mit Bewußtsein seinen Anschluß nach links suchte. Und zwar — für eine im Preußischen den Konservativen so eng liierte Gruppe immerhin eine Leistung — ganz nach links. Für die Nationalliberalen wird in Speyer-Ludwigshafen nunmehr wieder der Landtagsabgeordnete Buhl kandidieren. Der er freut sich in seiner pfälzischen Heimat einer starken Beliebtheit, und man kann gewiß sein, daß von den Nationalliberalen des Wahlkreises nichts unversucht gelassen werden wird, ihrem Kandidaten den Sieg zu sichern. Immerhin kämpft er — genau wie übrigens der Zentrumsbewerber auch — nicht gerade unter günstigen Sternen. Siegt aber der sozialdemo kratische Kandidat, dann kann das Zentrum diesen Erfolg sich getrost ins Haben buchen. Dann hat cs zu den verschiedenen Mandaten, die es schon vorm Jahre bei den Hauptwahlen blutbrüderlich der Sozialdemokratie in die Hände spielte, ein neues gefügt, und die zarten Bande, die neuer dings von Herrn Spahn zu Herrn Singer sich zcgen und von Singer zu Spahn, sind abermals und feierlicher als vordem geknüpft worden. „Lieber irgend ein Namenloser, als Graf Posadowsky": fürwahr ein stolzes Motto für eine bürgerliche Partei. Darüber sollten sie einmal in Düsseldorf reden, wo das Zentrum mit den alten, hundertfach erprob ten Belcuchtungseffekt.'n sich uns wieder als das keusche Gefäß aller christlichen und vaterländischen Tugenden präsentiert. Oesterreich rrn- -ie Türkei. Die Antwort des österreichisch-ungarischen Ministeriums aus die russische Zirkularnote vom 25. Juli alten Stils über die mazedonischen Angelegenheiten hat, wie bereits kurz telegraphisch gemeldet, folgenden Inhalt: Die kaiserliche und königliche Regierung hat die Zirkularnote des Petersburger Kabinetts vom 25. Juli alten Stils mit lebhaf testem Interesse zur Kenntnis genommen. Sic teilt vollständig die im Schlußresümce dieser Note zum Ausdruck gebrachte Ueberzeugung und ist ebenso wie die kaiserlich russische Regierung der Ansicht, daß jeder auf die Ergänzung des Reformwerks abzielende Schrittbei der Pforte bis zu dem Zeitpunkte, wo die Mächte in gegenseitigem Einvernehmen eine neue Entscheidung treffen würden, zu vertagen wäre. Indem das Wiener Kabinett der Auffassung der russischen Regie rung zustimmt, benutzt es diese Gelegenheit, um auch seinerseits die Ge sichtspunkte der österreichisch-ungarischen Politik in Ansehung der letzten Ereignisse in der Türkei, deren nächster Zeuge die Monarchie ist, kurz zu präzisieren: Als — es war vor nahezu fünf Jahren — das Wiener Kabinett gemeinsam mit der kaiserlich russischen Negierung es unter nahm, in den Wilajets von Saloniki, Monastir und Kossowo die als not wendigst befundenen Reformen auHuführen, so tat es dies nicht nur zum Schutze der mazedonischen Völkerschaften, sondern auch im Interesse des ottomanischen Reiches selbst, und war dabei von einem eminent fried- lichen und konservativen Gedanken geleitet. Es handelte sich darum, die türkische Verwaltung in den drei Wilajets zu verbessern. Die neueste politische Bewegung in der Türkei verfolgt augenscheinlich denselben Zweck. Ihre Methode ist indes eine verschiedene. Das Nebel wird an der Wurzel gefaßt, und die Reform der Verwaltung in Konstantinopel selbst begonnen, um alsdann über das ganze Reich ausgedehnt zu werden. Wir könnten uns nur beglückwünschen, wenn diesem neuen, durch die Entscheidung Seiner Majestät des Sultans sanktionierten System ein Erfolg beschicken sein und es gelingen sollte, auf diese Weise zu einem für alle Untertanen des türkischen Reiches ohne Unterschied der Kon fession und der Nationalität gleich vorteilhaften Zustand z» gelangen. Dies-war stets in den Intentionen unserer Politik gelegen. Schon vom Anfang der jetzigen Krise an war das Wiener Kabinett der Meinung, daß die Mächte eine reservierte Haltung einnehmen müssen, und jeder unzeitgemäße Schritt, der die Lage verschärfen konnte, z» vcr- meiden sei. Es hat nicht ermangelt, diese seine Auffassung dem Peters- burger und den übrigen Kabinetten mitzuteilcn. Ter Entschluß der kaiserlichen Negierung, die Uebcrreichung ihres Newrmplancs aufzu schieben, entspringt demselben Gedankcngang, und die kaiserliche und königliche Regierung beeilt sich daher, denselben mit Befriedigung zur Kenntnis zu nehmen. ALonigspava-e bei Zeithain. u. Zeithain, 20. August. (Pnvattel.) Bei prächtigem Wetter nahm am heutigen Donnerstagvormittag der König, umgebe» von einer glänzenden Generals- und Ojsisierssuite, auf dem Truppenübungsplätze Zeithain eine Parade über kie Truppen der 4. Division Nr. 10 mit der kl. Maschinen - Gewehr - Abteilung Nr. 19, der 2. Kavalleriebrigade Nr. 21 und dem 2. Pionier bataillon Nr. 22 ab. Die Parade stand unter dem Befehle des Divisionskommandeurs Sr. Exz. Generalleulnant Barth. Die 7. In- santerie-Brigade Nr. 88 kommandierte Generalmajor von Kaufmann, die 8. Jnfanteriebrigade Nr. 89, der das 2. Pionierbataillon Nr. 22 und die 2. Maschinengewehrabteilung Nr. 19 unterstellt worden waren, Generalmajor Müller, die 2. Kavalleriebrigade Nr. 24 Generalmajor Gadegast und die 4. Feldartillcriebrigade Nr. 40 Generalmajor Hilgen dorff. Die Paradeaufstellung, östlich vom Barackenlager, war in zwei Treffen erfolgt. Im ersten Treffen standen die 7. Jnfanteriebrigade Nr. 88, bestehend aus dem 5. Infanterieregimente „Kronprinz" Nr. 101 (Oberst Oeser) und dem 15. Infanterieregimente Nr. 181 (Oberst Ullrich), die 8. Jnfanteriebrigade Nr. 89, bestehend aus dem 9. In fanterieregimente Nr. 13.3 (Oberst von Watzvorf) und dem 10. In fanterieregimente Nr. 134 (Oberst Graf Vitzthum von Eckstädt), die 2. Maschinengewehrabteilung Nr. 19 (Hauptmann Auenmüller) und das 2. Pionierbataillon Nr. 22, Major Brehme. Das zweite Treffen bildeten die 2. Kavalleriebriaadc Nr. 24, bestehend aus dem Karabinierregiment (Oberstleutnant Freiherr von Bodenhausen), dem 2. Ulanenregiment Nr. 18 (Oberstleutnant Graf Vitzthum von Eckstädt) und dem 3. Ulanenregimenr Nr. 21 „Kaiser Wilhelm II. König von Preußen" (Oberstleutnant Gras von der Schulenburg-Hehlen), unv die 1. Feldartillcriebrigade Nr. 40, bestehend aus dem 3. Fcldartillerie- regiment Nr. 32 (Oberstleutnant Devrient) und dem 0. Felcartilleiie- regiment Nr. 68 (Oberst Hentschel). Die Fußtruppen standen in Breit kolonne, die Maschinengewehrabteilung Nr. 19 in geschlossener Abteilung, die Kavallerie in Paradekolonne und die Feldartillerie in Breitkolonne. Laut Frontrapport standen in der Parade 299 Offiziere, 878 Unter offiziere, 159 Spielleute bzw. Trompeter, 6008 Mannschaften, 2173 Pferde, 8 Fahrzeuge der Maschinengewehrabteilung unv 60 Geschütze. Di« Truppenteil« stammten aus Chemnitz, Zwickau, Plauen i. Bogil., Riesa unv Leipzig. Se. Maj. der König, der von Moritzburg un Auto mobil kam, stieg mit dem Gefolge im Barackenlager zu Pfcrve. Als der Monarch sichtbar wurde, gab Se. Exzellenz Generalleulnant Barth durch Säbelschwingen das Kommando „Das Gewehr über" unv wenige Augenblicke danach stand die Parade unter präsentiertem Gewehr und in Achtung, ein brausendes Hurra tönte dem Kriegsherrn von den Truppen huldigend entgegen, die Musikkorps und Spielleute bliesen und schlugen den Präsentiermarsck bezw. die Paradcpost. Dann erklang die Nationalhymne. Unterdessen hatte Se. Maj. der König mehrere Generäle begrüßt und den Frontrapport entgegengenommen. Es folgte das Abreiten der Fronten in der üblichen Weise, wobei cer Monarch die einzelnen Truppenteile mit einem freundlichen „Guten Morgen" begrüßte, das mit einem frischen „Guten Morgen, Ew. Majestät" be antwortet wurde. Noch während teS Abreitens der Fronten rückte zunächst die 88. Jnfanteriebrigade über den Platz und durch die sogenannte Borntelle, einen breiten Graben, nach der Ablaustrasse zum Vorbeimarsch. Die 89. Jnfanteriebrigade und das zweite Treffen folgten alsbald dahin. Für die Vorbeimarsch: war eine Linie am Boden bezeichnet, und außerdem gaben hohe Flaggen die Richtung an. Als der König auf dem Platze zur Abnahme der Vorbei- Feuilleton. Jeder Mensch hat seinen Schildbürger In sich. Kuno Fischer. * Vathek. Eine der genialsten Dichtungen des achtzehnten Jahrhunderts ward der Vergessenheit entrissen, die sinnverwirrende Pracht des Kalifenromans „Vathek" von John Beckford, dem englischen Millionär, dem des Laradichters Harfe in „OstUcie Lurolck's kilb>-üus«o" klingt, ihm, „Englands reichstem Sohn", der im Jreudenfchloß zu Cintra nicht ahnte, „daß von des Reichtums Schimmer der süße Friede flieht und nimmer wiederkehrt". Und Lord Byrons Gedicht wiegelt des seltsamen Phantasten einsame Meervilla, die „jetzt wie eine gott verfluchte Szene dastcht". Schon vor dem Canto wurde unsere Neugier nach diesem un gewöhnlichen Schicksal und seiner Hinterlassenschaft locker. Franz Blei, der seine Literat, enthüllt jetzt dem Auge der Gegenwart wieder den berauschenden Goldschimmer des Vathekmärchens, der reinen Imagi nation, die neben dem bestrickenden, schwülen Orientprunk, der aus sprühender Sonne und Purpurfarben gewebten Phantasien Scheheze- radens nicht verblassen wird. John Beckfords Geschichte ward rasch erzählt. In Fonthill- Abbey wächst er auf, unermeßliche Reichtümer vergeuden die blassen, zarten Dandyhände. Er will das Leben als Rausch, von fabelhaften schätzen umklirrt, in betörenden Träumen der Fcenpalöste, die seine Begierden bauen. Er hat jährlich zwei Millionen Mark zu verzehren, welche ihm seltene Kunstschätze aller Völker erwerben. Der britische Krösus bereist Europa, „allein, mit einer Frau". Melancholie umflort ihn, als seine Gattin Margaret Gordon stirbt. Er kehrt nach Eng land zurück, nach Wiltshire, baut einen Palast auf dem Lansdowne- hügel, einen Gigantenturm, und hüllt sich in eines Anachoreten Wunderlichkeit. Auch Beckfords Erscheinung läßt untrügliche Kenn zeichen des starken Künstlers nicht vermissen: ihm fehlt völlig der Sinn für Intimität; im Raffinement der Wollust, allein, einsam zu sein, verblutet er. Menschen duldet er nur im Glanz seiner Feste, die den Trafalgarsieger und seine Geliebte, die Hamilton, sehen. Als jenseits des Kanals der Revolutionssturm gellt, taucht John Beckford, hoch zu Roß, in den Gaffen von Paris auf, im Gewimmel roter Freiheitsmützen, nach den wilden, grausamen Sensationen empörter, von Blut dampfender Tage spürend. ..Die Karikaturenzeichner der Zeit kannten ihn so, als den exzentrischen Lord: als den Dichter des ..Vathek" kannte man ibn so wenig, wie den „Vathek" selber." Am 2. Mai 1844 tilgte der Tod die starken Farben dieses LebenS, das für uns Nachgeborenen schon Lcgendenschein um schmeichelt. John Beckford wurde 85 Jahre alt. 20 000 Menschen um ringen seinen Leichenzug. Lange Zeit war die Erinnerung an den Vakhckdichter erloschen, wenn auch seines Erbes Strahlen in kommenden Generationen winkten. Es wird erinnert an die Sensationen des beichtenden Opiumessers de Ouincey, an ein verspätetes Spiegelbild fast, an Oskar Wrlde, Londons AlcibiadeS mit den roten Boxerfäusten, an Beardsleys ero tische Groteske, seine grausame, verwegene, hohnlachendc Linie, in Zart heit hingehaucht. Sic alle können ihre Verwandtschaft mit „Vathek" nicht leugnen. In Frankreich wollte Mörimöe, der kalte Stendhalschüler, das Werk dem Publikum bescheren. „Er mußte ein seinem eisgekühlten Temperament Verwandtes darin spüren, wie da die Dämonie eines Schicksals mit moralischer Gleichgültigkeit, aber ästhetischem Raffine ment erzählt wird und die Ironie des Weltmannes dem Ganzen die Distanz gibt." Und Stephane Mallarme, der Lyriker glühendster Wortpyramiden, schwärmt von „Vathek": un 6m ierix les plus kicu-s 6« I» naissarit« imtueinatiou ruoclerne. Drei Jahrzehnte nach Beck fords Tod sucht also flammender Enthusiasmus dem Werke eine Bahn zu bereiten. Ein gewaltiges, von kühlem Intellekt gebändigtes künstlerisches Temperament entlad sich in dem Roman. Seine Geburt war tiefste Notwendigkeit: Der zwanzigjährige John Beckford schreibt ihn „hinter einander und auf Französisch in drei Togen und zwei Nächten inten sivster Arbeit — ich habe die ganze Zeit die Kleider nicht vom Leib getan und wurder schwer krank davon. Aber die schaffende Phantasie, der erbarmungslose Treiber, hat das Objekt mit Erzkraft in eine ein zige große, einheitliche Stimmung aufgelöst. Darf man von einem Pleinair-Roman sprechen? Hier ist er Erscheinung geworden — in der lichtdurchfluteten, luftigen Struktur des „Vathek , in der über mäßigen, sinnblendenden Helligkeit seiner flirrenden, sprühenden Farben, der Leuchtkraft, die die harte, höhnische Linie der Groteske birgt. Die ganze Architektur dieses Kunstwerkes einer reinen Ima gination, die aufblitzende Fülle der, kaleidoskopartig flimmernden und verstrahlenden Ereignisse hängen im Abstrakten. Des Schöpfers iro nische Phantasie beschwört den tönenden Orient im Goldrausch seiner gleißenden, fabelnden Herrlichkeiten, mit seinen fiebernden Maßlosig keiten, seinen ungeheuren, gaukelnden Perspektiven, die dröhnend sich den Sinnen nahen. Es ist jene seltsame Stimmung vor „Vathek", wie vor kostbaren Teppichen des Morgenlandes in schwüler Brokatpracht, ihren glänzenden, wollüstig erschauernden Farben, diesen leisen De lirien, ihren abstrakten, seltsam träumenden Ornamenten, die Gebete wurden. Der Traum des britischen Millionärs sei knapp skizziert. Vathek ist der neunte Abassidenkolif, Haru Al-Raschids furchtbarer Enkel, der mit einem Blick töten kann. Die Sinnlichkeit zu übermäßigem Ge nuß ward ibm zuteil: ein starker Erotiker, ein starker Esser Er baut stins Paläste, deren trunkene Wunder alle Leidenschaften und Begier den küblen, mit ihren Fontänen, ihren singenden Dichtern und Musi kern, den kostbaren Bildern und Statuen, Wohlgerüchen, aromatischen Lampen und Fackeln, betäubenden Blumcnzephiren, verführerischen, von Eifersüchten belauerten Frauen. Er baut auch einen babylonischen Turm, der die funkelnden Sternenketten am Firmament streifen soll. Die Freuden des Unersättlichen aber gehen in Scherben, als eines Tages ein der Unterwelt entronnenes Ungeheuer mit Verheißungen den Taumel seiner Wollust stört: „Willst ou dich mir ergeben, die irdischen Kräfte anbeten und Mahomed verleugnen? Tust du das. so werde ich dir den Palast des unterirdischen Feuers öffnen. .Hier wirst du in ungeheuren Gewölben die Schätze sehcn^ welche dir die Sterne versprochen haben; von da her habe ich meine Säbel; und da ist es, wo Suleiman ruht, der Sohn des Daud, von den Talismanen um flehen, welche die Welt beherrschen." Und Vathek opfert dem gespensti schen Inder fünfzig Knaben. Seine Mutter, die döse Earathis, stürzt ihn in das Blendwerk, die Zaubcrschätze dem Erdschoß zu rauben. Gen Jstakhar, wo sie schimmern, zieht mit prunkender Eortögc der Kalis, der den Sternen ihr Geheimnis entreißen wollte. Die Läadt dröhnt beim Mschied von Trompeten, überall Fahnen und wehende Federn, im Mondlicht glitzernde Agraffen der Kalif im goldklirrenden Zcrcmo- niengowand, von Wesiren umringt, geschmückte Kamele, schreiende Eunuchen, verschleierte Damen, Pagen und Zwerge. Zwanziglauscnd Lanzen blitzen. „Der große Platz glich einem Blumenbeet, das mit den schönsten Tulven des Orients gan^ bedeckt war." Und Io eilt der Zug in seines Abenteuers bunte Fährnis. Der Himmel rollt von Stürmen und Gewittern, Tiger verlieren des Kalifen K'arawane, die sich durch brennende Zedernwälder schlängelt. Zwerge mit Melonen und Orangen nahen sich dem zermürbten Vathek, der bald den Zweck feiner pompösen Reise vergißt und im Zauber eines lieblichen Idylls für eine schöne Nuronihar entflammen wird, aus dem ihn die Gier der nach den Schätzen der vvradamitrschen Sultane gierenden Carathis aufschreckt. Und endlich gelangt Vathek zu den mondumflimmerten Ruinen Jstakhars und steiat im Kerzenlicht und höllischen Dünsten in die Unterwelt. Goldener Sand und Safran knirrscht unter seinen Füßen. Ambra und Aloe brennen. Laszive Tänze der Geister, unter irdische Musik. Frauen und Männer mit Leichengesichtern und brennenden Herzen gespenstern vorüber, bis der abtrünnige Kalif vor den entfleischten Leibern der berühmten vorabainitiichen Sultane, die in Zedernholzbetten rubcn, steht. Und Vatbek kann noch einmal über die fahle Pracht der Unterwelt gebieten, bis lein hof- särtiges Herz ein brennendes Becken wird und er die Ewigkeiten seiner Pein durchirrt. Ter Gedanke, der silberne Traum „Vathek" sei das Produkt einer plötzlichen Aesthetenlaune, irgendein großer Viveur, ein geistreicher Bummler habe sich in plötzlicher Schöpferlehmucht zu dem Werk auf gerafft, weilt nicht in der Ferne, aber die Geschichte weiß um das grau- samc, zerrüttende Tempcramentsopser, das den jungen Beckford in zwei Nächten seines grandiosen Künstlerrausches bleichte. . . . Beckfvrds Roman ist bei Julius Zeitler in Leipzig erschienen. Franz Bleis geistvolle Vorrede bebt den besonderen Wert deS Buches. ZV a l tvr LÄrrovck.