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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.08.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-08-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080814011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908081401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908081401
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-08
- Tag 1908-08-14
-
Monat
1908-08
-
Jahr
1908
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Bezugt-PreiS üe Leipjia »ad Äorart« dur» e»trr« Träger und kpedite«, A» van« gevnu-ti «u»,,de ä («« »wr«u») »tertetjthrlich » «., msnatNq 1 Äu»qab« U (morgen» und abend») »irrtet» lährli» «.SO M„ «mmtlich ILO M. Durch dt» Pell ,u de,««»»,, st mal täglich) innerhalb Dentichland» und der deutschen Kolonien vieneliadrlich .',.25 M., monatlich l,7ü M. auischl. Post- bellellgeld, ür Oesterreich v L tiö lr, Ungarn 8 U vierteltährlich. gern« in Bel gien, Dänemark den Donanftaalen, Italien, Luxemburg, «lederiande, ««wegen, «ich» land, Schweden, kchwet» and Spantmi. I» allen übrige» ktaateu „r direkt durch die d. Bl. «dültltch. ilbonnement-Annadmei Bngnknüplntz b«> unseren Lräaera, Filialen, Spediteure» und «nnahmestelle^ wwt» Dostümtrrn und Dt« «tngeln« «Ummer kicher 10 Redaktion „» Grpedtttoui Iohannilgassed. lelevbon Rr. I4VV2, Rr. 14SSL Rr. 14SS4. Morgen Ausgabe 8. MWger.TagMM Handelszettung. Nmlsvratt des Nates ««- des Nolizeiamtes der Ltadt Leipzig. 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R.) * Graf Zeppelin veröffentlicht ein Dank streiken an das deutscheVolk. lS. d. bes. Art.) * Der König von England ist gestern kn Marienbad eingetroffen. lS. Letzte Dep.) * Das Ottomanische Komitee veröffentlicht eine Erklä rung, in welcher gegen eine angebliche russisch-französische Intervention protestiert wird. lS. Ausl.) * Eine MahallaMuleyHafids von 8060 Mann mit 50 Geschützen ist aus Jez abmarschiert, um gegen Abdul Aziz vorzugehen. iS. Ausl.) Die Gebühren -er Rechtsanrvälte. Vo einem Rechtsanwalt wird uns geschrieben: In der gegenwärtigen Zeit, in der jeder Beamte, jeder Arbeiter höheres Gehalt und höheren Lohn verlangt und auch erhält, in der sich nicht nur die Wohnungs- und Lebensverhältnisse wesentlich verteuert, sondern auch der Geschäftsaustvand fast verdoppelt hat, in solcher Zeit hält man es für selbstverständlich, daß die Rechtsanwälte mit den alten, seit dem Jahre 1879 geltenden Gebühren sich bescheiden. Mel liegt daran, daß dem Publikum die wahre Sachlage nicht bekannt ist. Selbst in gebildeten Kreisen stößt man aus große Unkenntnis. Mancher läßt sich durch eine falsche Vorstellung abhalten, sein gutes Recht zu suchen: er fürchtet die hohen Prozeßkosten. Davon, daß ein Anwalt nicht den geringsten Vorteil aus möglichst vielen Terminen zieht, hat man viel fach keine Ahnung. Im Gegenteil meint man, jeder Termin koste Geld und ein Anwalt warte doch nicht umsonst einen Termin ab. Daran freilich denkt man nicht, daß mancher Anwalt, der um ein Objekt von etwa 15 streitet, auch dann, wenn 10 Termine stattfinden, nur 2 ^l, also für den Termin 20 '-Z, und wenn eine Beweisaufnahme vorgenom men wird, für diese, mag sie auch viele Stunden dauern, und alle folgen- oen Termine nur 1 .L erhält. An Schreibgebühr kann er 10 «Z sür die Seite rechnen. Bei Ken hohen Löhnen, die er zum Teil auf Erfordern der Anwaltsvcreine, z. B. in Dresden, zahlen muß, setzt er zu. Führt er also einen Prozeß um ein niedriges Objekt, so verdient er meist über haupt nichts. Einen geringen, durchaus nicht angemessenen Ausgleich bringen die höheren Objekte. Allein sie sind selbstverständlich dünner gesät: auch liegt der Fall meist schwieriger und erfordert größere Arbeit. In welcher Höhe ein Anwalt Gebühren fordern soll, darüber steht ihm selbst, in der Regel wenigstens, keine Entscheidung zu. Er »st an feste Gebühren gebunden, die ihm die seit dem Jahre 1879 geltende Ge bührenordnung vorschreibt. Gewiß kann er, soweit er nicht einer Partei vom Gericht beigeordnet oder zum Verteidiger bestellt ist, eine höhere -Vergütung schriftlich sich ausbedingen. Allein einmal braucht eine Par» tei darauf nicht einzngehcn, anderseits kann die Vergütung im Prozeß wege nach Einholung eines Gutachtens der Anwaltkammer herabgesetzt werden. Unter den Gebührensatz herunterzugehen, setzt den Anwalt ehrengerichtlicher Verfolgung ans; das würde gegen die Standesehre verstoßen. Wie im allgemeinen, so herrscht auch im besonderen vielfach Unklar heit, wie sich die einzelnen Gebühren berechnen. Für die Berechnung der Gerichts, wie der Anwaltsgebühren bestehen sog. Weltklassen: sie steigen mit dem Werte des Streitgegenstandes. Für jede Wertklasse gilt eine besondere Gebühr, die bei den Gerichtskosten übrigens erheblich schneller steigt als bei den Anwaltskosten: während z. B. die Differenz in der 5. Wertklasse — also zwischen 200 und 300 A — noch 1 A beträgt, steigt sie in der 10. bereits auf 6 .ll, in der 20. sogar auf 38 und be trägt bei einem Streitgegenstände von 30 000 sogar 78 ^l! Nicht die Anwalts-, sondern die Gerichtskosten verteuern die Prozesse! Dem Anwalt stehen überhaupt grundsätzlich nur drei Gebühren zu: DDieProzeßgebühr. Er erhält sie für die oft recht an strengende Information und die Anfertigung der Klage oder der Klage beantwortung, alle anderen Schriftsätze muß er sich mit dieser Gebühr bezahlen lassen; auch dann, wenn er nach einer Beweisaufnahme zur Würdigung deren Ergebnisse einen oder mehrere Schriftsätze einreicht, wird er für diese nicht besonders bezahlt. Für die ganze Schreibarbeit, auch für den oft recht umfangreichen Briefwechsel, steht ihm nur eine Gebühr, die Prozeßgebühr, zu. Das übersieht das Laienpublikum und glaubt zudem oft, daß es im Interesse des Anwalts liegt, möglichst viel zu schreiben: im Gegenteil, der Anwalt setzt dabei zu; denn di« Schreib gebühren entschädigen ihn nicht für den ganz wesentlich gestiegenen Bureauaustvanb. Noch schlimmer würde es werden, wenn die Novelle zur Zivilprozeßreform Gesetz würde und der Anwalt nur eine Pauschale für die Schreibgebühren zuzüglich Porto — das wenigstens jetzt noch voll ersetzt wird — erheben dürfte; denn eS würde völlig unzulänglich sein und den wirklichen Aufwand keineswegs decken. 2) Di« Verhandlungsgebühr kann der Anwalt für alle Verhandlungstermine nur allein erheben: jede -weite und weitere Ver handlung muß er also kostenlos abwarten. Wie man unter solchen Um ständen daran scsthalten kann, der Anwalt habe an möglichst vielen Ter- minen ein Interesse, ist ganz unbegreiflich. Im Gegenteil, er setzt di« Zeit der Verhandlung und di« Zeit, während der er auf deren Beginn warten muß, zu und verdient währenddem nichts. Wer selbst sich nn Prozeß vertritt und die Prozesse selbst abwartet, der weiß ja aus eigener Erfahrung, daß, zumal an großen Gerichten, zum Vergnügen man Ter mine nicht abwartet. Für eine nicht kontradiktorisch«, d. h. für eine solche Verhandlung, in der der Gegner nicht erschienen ist, oder in der er die Forderung sofort anerkennt, kurzweg, kein Streit entsteht, erhält der Anwalt sogar nur di: Hälft« der Gebühr. 3) Die B e w e i S g ebn h r. Sie kommt aber niemals zum vollen Ansatz, vielmehr nur zur Hälfte, und überhaupt nicht, wenn bloß Ur kunden vorgelegt werden, die in den Händen des Beweisführers oder seines Gegners sich befinden; in der Hauptsache entsteht die Beweis gebühr also nur dann, wenn Zeugen oder Sachverständige vernommen werden oder ein Parteieid geleistet wird. Auch die Beweisgebühr steht dem Anwalt nur einmal zu, mögen Beweisaufnahmen vor demselben oder auf Requisition vor anderen Gerichten noch so oft stattsinden. Nicht die Bsweisgebuhr, sondern die Verhandlungsgebühr erhöht sich um die Hälfte, wenn nach der Beweisaufnahme über deren Ergebnisse und über sonstige Dinge nochmals streitig verhandelt wird, sonst nur um ein Viertel. In einem normal verlaufenden Prozeß stehen also dem Rechts anwalt nur drei Gebühren zu. Der Prozeß kann aber auch ohne Urteil, und zwar durch Vergleich, erledigt werden. Dann steht aber dem An walt nicht etwa immer die volle Vergleichsgebühr zu, vielmehr nur die Hälfte, wenn er einen Vergleich, nachdem streitig verhandelt worden ist, abschließt. Nur dann, wenn der Beklagte einen Antrag, die Klage ab zuweisen, nicht gestellt hat und ein Vergleich zustande kommt, kann er die volle Vergleichsgebühr in Ansatz bringen. Wer sich vergleichen und Kosten sparen will, der tut gut, nicht erst zu streiten, sondern sich sofort zu vergleichen; dann muß er zwar die volle Vergleichsgebühr, braucht aber weder die ganze noch die halbe Verhandlungsgebühr zu bezahlen. Ueberhaupt kann eine Partei recht wohl selbst Kosten sparen. Un nützerweise wirft sie Geld für Gerichtskosten zum Fenster hinaus, wenn sie im Termine nicht erscheint. Sie wird durch Versäumnisurteil ver- urteilt, und das Gericht fetzt eine volle Gebühr ai. Würde sie erschienen sein und den Anspruch sofort anerkannt haben, so würde sie nur drei Zehntel der Gerichtsgebühr haben zahlen müssen. Dagegen steht dem Anwalt ebenso wie übrigens bei Anerkenntnis auch bei Versäumnis nur die Hälfte der Gebühr zu. Das Gericht erhebt also im Falle der Ver säumnis die ganze und der Anwalt die halbe Gebühr, wenn aber der Beklagte erscheint und anerkennt, nur drei Zehntel bzw. fünf Zehntel der Gebühr. Schon um einen Vergleich tunlichst anzubahnen, soll der Beklagte im Termin erscheinen. Auch dann erhebt das Gericht nur drei Zehntel der Gebühr. Der größere Vorteil liegt aber darin, daß der Beklagte Stundung oder Ratenzahlung anstreben kann und meist auch erhalten wird; das ermöglicht ihm die Befriedigung des Gläubigers und ist ge eignet, ost seine ganze Existenz zu retten; denn wen,, er nicht erscheint, muß er jeden Tag gewärtig sein, wegen der ganzen Summe auSge- pfänket zu werden. Der Anwalt wird dem gutwilligen Schuldner auch im Interesse des Gläubigers gern entgegenkommen. Das sind Lehren, die man beherzigen sollte. Man sollte aus ihnen die Erkenntnis ziehen, daß die schiefe Auffassung, die man in vielen Kreisen über den Anwaltsstand hegt, völlig unzutreffend ist und einer gerechten Auffassung Platz einräumen. Der deutsche Anwaltsstand hat den Zopf, an dem man ihn noch einmal fassen zu können glaubt, längst abgeschnitten und kann verlangen, daß er so gewürdigt und so entlohnt wird, wie er es verdient. I>r. D. Sschl. Die Zusammenkunft des Königs Von England und des Kaisers von Oesterreich und deren Reden bei der Galatasel werden in der Presse ziemlich gleichlautend kommentiert. Die Reden konnten in dieser Fassung sowohl in Deutschland und Oesterreich, als auch in England und Frank reich einer sympathischen Aufnahme sicher sein. So schreibt die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung": Der warme Ton der in Ischl ausgetauschten Trinksprüche wird allenthalben, wo die friedliche Entwickelung unseres Weltteiles angestrebt wird, herzlichen Widerhall finden. Mit aufrichtigerBefriedigung ist man in Deutsch land der Jschler Begegnung gefolgt, die sich unmittelbar an das unter ebenso erfreulichen Umständen verlaufene Beisammensein unseres Kaisers mit dem König von England anschloß. Hier wie dort haben die gepflogenen Unterredungen ergeben, daß die gegenseitigen Beziehungen durch politische Differenzen nicht belastet sind, und daß namentlich hin sichtlich der Stellung der Mächte gegenüber den jüngsten Geschehnissen im Ottomanischen Reiche die Auffassung übereinstimmende Geltung ge funden hat, daß es angezeigt erscheint, sich von Eingriffen in die durch den Umschwung der Dinge im Orient gegebene neue Lage zurückzuhalten und die Bemühungen der Ottomanen, ihre Verhältnisse nach eigenem Bedürfnis zu regeln, mit Sympathie zu verfolgen. Die Wiener Presse bringt ähnliche Stimmen. In einer Besprechung des Besuches des Königs von England in Ischl schreibt das „Neue Wiener Tagblatt": Nach den Besuchen des Königs in Eronberg und Ischl ist die S pa n n u n g gewichen. Die Souveräne und ihre verantwortlichen Ratgeber bekennen sich in der großen internationalen Frage zur Politik des Friedens, sodann in der Balkan politik zu Ansichten, die eine Harmonie verbürgen dürften. — Die „Neue Freie Presse" schreibt: Bedeutungsvoll ist, daß die Jschler Begegnung sich unmittelbar an die Begegnung in FriedrichShof anschließt. Man kann feststellen, daß der wärmere persönliche Verkehr der beiden Herrscher und daS Entgegenkommen, das in der Ankündigung des Besuche- in Berlin liegt, auf den ernsten Willen hin weist, über di« Periode d«r Trübungen und Reibungen hinwegzukonnnen. Oesterreich-Ungarn müsse ein friedliches Verhältnis zu seinen Verbündeten und England anstreben. Wenn das türkisch« Reich sich verjüngt und dadurch Fragen auS der Welt geschafft werden, die bisher Befürchtungen verbreiteten, so wird damit auch einer der Gegensätze zwischen England und Deutschland aufgehoben. Die englische Presse spricht nicht minder ihre lebhafte Befriedigung aus über den Verlauf des Besuche- in Ischl und äußert insbesondere ihre Freude über de» warmen Ton, der in den Trinksprüchen, welche di« beiden Herrscher tauschten, geherrscht habe. Ueber die Haltung der Pariser Presse wird uns gedrahtet, da? „Journal" betone, daß die Lage in der Türkei der alleinig« Nnter- haltungsgegenstand zwischen König Eduard und dem Kaiser Fran- Joses gewesen sei. — „Siöcl e" erklc rt ein Einvernehmen zwischen England und Deutschland, dem naturgemäß sich auch Oesterreich-Nngorn an schließen würde, für eine ausgezeichnete und wünschenswerte Sach«. — „Auror e" schreibt: Die Lage in Marokko wie auf dem Balkan recht fertigt die Friedensversichernngen, die nach dem Eronberner Aufenthalt in Ischl zum Austrag gebracht worden sind. * Ueber die Zusammenkunft in Ischl selbst wird uns noch berichtet. Man hatte erwartet, daß die Trinksprüche der beiden Herrscher beim gestrigen Festmahle in Ischl, wie üblich, in französischer Sprache gesprochen werden würden, und cs überraschte sehr, als Kaiser Franz Josef Deutsch zu sprechen begann. Alles hatte sich erhoben und der König hörte mit sichtlicher Bewegung die Worte des Kaisers an. Als der Kaiser mit dem Trinkspruche zu Ende war, nahm König Eduard ein vor seinem Gedeck liegendes Blatt blauen Briefpapiers, entfaltete cs und las seinen Trinkspruch ebenfalls in deutscher Sprache vor. Ter König sprach die deutschen Worte deutlich und im ganzen Saale vernehmbar, ohne fremdländischen Anklang. Man hatte den Eindruck, als ob man einen Deutschen, nicht einen Engländer hören würde. Donaueschingen. Ll. III. Donaueschingen, 12. August. Eine Woche ist vergangen seit jenem fürchterlichen Unglückstag, da Zeppelins Schöpfung ein Raub des Windes und des Feuers wurde und da zur gleichen Stunde die Flammen ein blühendes Gemeinwesen zu einem Dritteil zerstörten. Während aber in Echterdingen nur noch zer stampfte Felder auf das Geschehnis vom 5. August Hinweisen, bietet Donaueschingen noch heute das Bild der Zerstörung: rauchgescywärzte Giebel umsäumen und durchkreuzen das gewaltige Brandseld, während aus den dazwischen ausgetürmtcn Trümmerhaufen noch immer Rauch aufsteigt und zum Teil noch Flammen 1>«rauszünaeln. Während die Pioniere von Kehl eifrig am Werk sind, die zum „Umsturz neigenden" Giebelmauern einzureiben und damit das ganze Stadtviertel dem Boden gleich zu machen, kehrt langsam wieder Leben und Uebcrlegung in die von dem Unglück so hart betroffenen Bürger des oberbadffchen Städtchens zurück. Die fatalistische Stimmung der ersten Tage nach dem Brande weicht langsam dem gesunden Optimismus, der es erst wieder zuläßt, daß ruhig und vernünftig die Pläne für die Zukunft geschmiedet werden. W i e und wodurch eigentlich das Feuer entstand, weiß mem heute immer noch nicht, w o cs ausbrach, ist jedoch bekannt: im Holzschuppen, der einer Witwe gehörte. Kurz vor 3 Uhr verkündete das in langsamen, dumpfen Schlägen die Glocke im Rathausturm. Es war ihre letzte Pflichterfüllung, eine Stunde später ichmolz ihr Metall dahin, der Turm stürzte ein und nur wenige Umfassungsmauern zeigen die Stelle, wo das Rathaus stand. Derselbe Sturmwind, der in Echterdiugcn das Unglück herbeiführte, machte den lokalen Brand in dem Holzschuppen zu einem allgemeinen; durch Flugfeuer wurden mehrere, räumlich von einander getrennte Feuerherde geschaffen, die den bis aufs äußerste an gestrengt arbeitenden Löschmannschaften es unmöglich machten, dnrcki- areiiende Hilfe zu bringen. Der Rauch war so dicht, daß man Len Nachbar nicht sehen konnte, nun verfinsterte sich auch noch der Himmel und zwei schwere Gewitter vermehrten die Schrecken der Katastrophe; der Sturmwind peitschte die Flammen aus den brennenden Hau ern hinaus und warf di« feurige Lohe den Rettungsmannschaften entgegen. Zwischen den Witzen und dem Donner des Gewitters ertönten ain ein» mal dumpfe Detonationen: große Sprit- und Bcnzinlagcr flogen in die Luft. Nun brannte auch das Amtsgefängnis, mit Mühe und Not rettete man die Insassen, die ohnedies während der vorausgeaangeucu Zeit als unfreiwillig ins Haus Gefesselte genug Angst und Schrecken ausgestonden hatten. In manchen Häusern lagen Kranke, mit vieler Mühe konnten sic gerettet werden, so daß kein Menschenleben zu bc» klagen ist. Die Donaueschinger rühmen besonders das werktätige Ein greifen des Fürsten von Fürstcnberg und seiner Familie. Die Fürstin soll geholfen haben, Wohnungen zu räumen, während die Kinder Wasser hcrbeischlcppten. Aber schließlich war das in diesen Momenten der all gemeinen Gefahr einfach Bürgerpflicht, und Bürger ist auch dieser reichste unter den deutschen Magnaten. Bedaucrlichcrwci'c Hot aber die aktive Tätigkeit des Fürsten auf dem Drandplatze einen Vor fall gezeitigt, der erkennen läßt, daß der Fürst mit seinen Anschauungen trotz alledem noch stark im Mittelalter zu stecken scheint: Ans dem Brandplatze war u. a. die Feuerwehr von Tri berg im Schwarzwatv erschienen, st« hatte mit der Räumung eines Hames begonnen; als aber die Flammen bereits stark hcrauszirschlagen begannen und ein alsbaldiger Einsturz der Decken zu befürchten war, ließ der Komman dant, ein Architekt aus Triberg, das Signal geben, das Haus sofort zu verlassen. Neben dem Kommandanten standen zwei Herren in Touristenkostüm, der eine von ihnen fragte den Kommandanten, ob er tatsächlich seine Leute aus dem Hause zurückziehe, worauf dieser höflich die Erklärung für sein Verhalten dem ihm unbekannten Herrn gab. Hieraus brach letzterer in eine Flut von Schimpfworten aus und appli zierte schließlich dem Kommandanten eine — Ohrfeige. Ter Tri berger Architekt, ein Hüne von Gestalt, der dem Angreifer körperlich weit überlegen war, wußte sich dennoch zu beherrschen und sandte ledig lich dem sich rasch entfernenden Herrn einen Feuerwehrmann zur Feststellung des Namens nach. „Ich bin der Fürst von F ü r ste n b c rg!" gab der Fremde darauf zur Antwort. Die Feuer wehr von Triiberg verließ hierauf den Platz, da die Mannschaft au- gesichts der ihrem Hauptmann angetanen Schmach sich weigerte, weiter zu Helsen. Am nächsten Morgen traf bei dem Architekten in Triberg ein höherer Beamter des Fürsten ein — nicht etwa, um für den Fürsten Abbitte zu leisten, sondern um ein Geschenk von 500 .<l zu überbringen. Natürlich wurde dieses Almosen entrüstet zurückgewicscu. Man wird auf den unvermeidlichen gerichtlichen Äustrag der An- geleaenheit, deren richtige Wiedergabe mir von einem Fürstcnbergischcu Hofbeamten bestätigt wird, gespannt sein können. Die materielle Lage der durch den Brand geschädigten Familien ist noch immer recht trostlos. Selbst diejenigen, welche genügend versichert sind, hoben genug Schaden an Einkommen unk besonderen Kosten wäh rend der langen Zeit bis auf ihrem Grund und Boden wieder ein wohnlich Haus stecht. Nun aber erst die vi«len andern, dia nur mangel haft ok«r gar nicht versichert waren. Die Hilfstätigkcit hat bisher außerhalb Badens noch nicht so kräftig eingesetzt, wie dies sonst bei elementaren Ereignissen der Fall ist; daS Zusammentreffen zweier Katastrophen an einem Tage bat das vom Standpunkt der Gesamt nation kleinere Nnfflück für die Betroffenen doppelt schwer gemacht, da sie nicht in der Weise das Interesse ihrer Mitmenschen fanden, wie zu normalen Zeitläuften. Mögen deshalb auch diese Zeiten dazu beitragen, daß den Donaueschingern Hilfe in reichlicherem Maße, als bislang, zuteil werde. Zeppelin» Dcnrk. Aus Frierdriichshkfen wird uns telegraphisch berichtet: Gras Zeppelin versendet folgendes Dankschreiben: Aus Anlaß meiner Fernfahrt nach Mainz und der Vernichtung meines Luftschiffes sind mir aus allen Teilen meines Vaterlandes und selbst auS dem Aus land« überaus zahlreiche Beweise der Teilnahme und des un- erschütterlichen Vertrauens zu meinem Werk übermittelt worden, daß ich nicht imstande bin, allen, die meiner so gütig gedacht, persönlich zu danken. Deshalb bitte ich, auf diesem Wege die Versicherung auS- drücken zu dürfen, daß neben meinem eigenen festen Glauben an die Richtigkeit meiner Idee nichts so sehr imstande war, mich nach dem großen Unglück zum Wiederaufrichten und zu schleuniger Wiederauf-
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